1LIVE zockt Battlefield 3 live…

Also. Ich meine. Mir fehlen die Worte. Kennt ihr Battlefield? Battlefield 3? Das ist ein Videospiel bzw. eine ganze Serie von Videospielen. Kriegsspielen. Teils sind sie als Ego-Shooter angelegt, teils als Third-Person-Shooter. Also man schießt entweder selbst auf andere (aus eigener Perspektive) oder lässt andere auf andere schießen. Wer sich per Google über das Spiel informieren möchte, findet seitenweise nur die Werbepages. Irgendwann kommt Wikipedia auf Seite 3.

Weshalb nun fehlen mir die Worte? Nun: Dieses Kriegsgame hat eine Altersfreigabe ab 18 (USK 18). Nun scheint das das Spiel der Spiele zu sein, was realistische Darstellung angeht und es wird als Blockbuster unter den Games gehandelt. Ganz große Nummer. Und weil das nun so aufregend zu sein scheint, hat 1LIVE – der WDR-Sender für das jüngere Publikum – das Teil heute vorgestellt. Da kommt dann der Gameexperte ins Studio und schwärmt. Die Moderatoren – in diesem Fall Terhoeven und Dietz (so nennen die sich, ohne Vornamen) – dürfen dann mal eine Runde spielen. Battlefiled 3 live so kurz vor 15 Uhr. Also nach der Schule.

Super. Ich meine, da versucht man, seine Kinder von solchen Kriegsspielen fern zu halten, und 1LIVE promotet die völlig schmerzfrei. Die Jungs im Studio haben Spaß. Richtig Spaß. Da wird Krieg in Paris gezockt. “Noch steht alles, das sieht in ein paar Minuten anders aus. Ah, jetzt hat’s dich erwischt…” Super. Man kann Panzer fahren, mit dem Fallschirm springen und was weiß ich nicht alles.

Alles total easy. Kein Problem. Der Krieg wird ja nur gespielt. Das kann doch nicht sein, oder? Ist doch klar, dass die Kids, die das hören, sofort losspielen wollen. Wenn die Jungs im Radio schon so’n Spaß haben, dann scheint das doch absolut p.c. zu sein. Kein Problem. Schön rumballern. Ist heute einfach so. Aber im Nachmittagsprogramm? Kriegsspiele ab 18? In einem öffentlich rechtlichen Sender? Hey! Vielleicht mal nachdenken? Kriegsspielsehnsüchte bei Kindern wecken? Ist doch so schon schwierig genug, dieses Zeugs draußen zu halten. Ist das wirklich verbreitungswert? Da muss doch 1LIVE nicht noch Werbung machen. In der Freizeit Töten spielen als Kult. Verstehe ich die Welt nicht mehr? Bin ich jetzt total von gestern? Gibt es kein Halten mehr?

Jim kam nach Hause und wusste von den andern aus der Klasse schon, dass Battlefield 3 rauskommt. Die freuen sich schon alle auf das “Release”. Die sind 14. Wozu dann eigentlich noch die USK 18 Angabe, wenn das eh keinen interessiert? Bin ich der Einzige, der das voll superdoof findet? Der der Meinung ist, Kriegsspiele sollten nicht im Nachmittagsprogramm fett promotet werden? Also echt. Kann mir irgendjemand erklären, was für einen Sinn und Zweck das hat? Was denkt sich der WDR? Was denkt 1LIVE? Was denken Terhoeven und Dietz? Hauptsache, es macht Spaß? Prädikat “Pädagogisch wertvoll” ist nur was für Weicheier, oder was?

Ich versuche die ganze Zeit, die 1LIVE-Servicenummer 0221/56789111 anzurufen und mal nachzufragen. Besetzt. Ah!

17 Antworten auf „1LIVE zockt Battlefield 3 live…“

  1. Hallo Jens,

    ich finde es nicht korrekt, daß im Nachmittagsprogramm ein Spiel vorgestellt wird, daß erst für 18-Jährige gedacht ist. Krieg und Gewalt sind kein Spaßfaktor. Natürlich kennen sich die Jüngeren auch über neue Freigaben aus. Man ist schließlich informiert. Wir, als Eltern, sollten unsere Kinder oder Jugendliche aufmerksam begleiten und nicht einfach wegschauen.

    Viele Grüße

    Annegret

  2. Hi Annegret,

    irgendwie kann das nicht sein. Es wird so getan, als wäre das vollkommen normal, möglichst realistisch Krieg zu spielen. Ich habe das Gefühl, bei 1LIVE denken die darüber gar nicht mehr nach. Egal. Einfach egal. Merkwürdig.

    Liebe Grüße

    Jerns

  3. Moin moin Jens,

    ich höre hier in Bayern kein 1Live, aber der Sender war mir schon in Köln immer etwas suspekt, halt irgendwie komisch (im Vergleich zu SWR3 oder so). Wie auch immer, zum Thema: Ich glaube der Beitrag von denen ist schlicht ein Abstumpfungsprozess. Ich meine du hörst schon in Nachrichten ständig von Anschlag hier mit x Toten, Mord da, Gewalt da drüben, im Fernsehen wird auch immer öfter immer brutaler gezeigt wie die Welt halt nunmal ist, und dann fallen die Hemmungen entsprechende Computerspiele im Radio nachmittags zu präsentieren.

    Ich sehe hierin aber kein so dramatisches Problem solange Eltern (also im konkreten Fall ihr, denn ich habe noch keine Kinder ;)) das entsprechend begleiten. Ich habe auch in meiner Kindheit – seit dem 6. Lebensjahr übrigens, ich bin jetzt 27 – Video- und Computerspiele gespielt, teilweise auch extrem brutale, aber es hat immer ein Prozess des Begleitens zumindest durch meinen Vater stattgefunden der auch mitgespielt hat, auch mal Verbote ausgesprochen hat, beispielsweise dass nur am Freitag gespielt werden durfte oder so, wo man auch drüber gesprochen hat was da eigentlich passiert und dass es in der Realität nicht so toll ist Napalmbomben über Großstädten abzuwerfen, und vor allem wo mir und meinem Bruder entsprechende Grundwerte vermittelt wurden die uns zu aufgeklärten & friedfertigen Leuten gemacht haben die genauso viel am realen Leben teilnehmen wie andere Menschen auch. Zumindest glaube ich das. ;)
    Also, langes Tippen, kurzer Sinn: Solange Eltern ihre Kinder entsprechen beim Spielen begleiten, nicht alleine stundenlang vor der Glotze lassen oder so sehe ich eigentlich eher nicht das Problem dass irgendwann grausame kriegslüsterne Gestalten ohne Werte entstehen. Und dann kann man auch mit Kriegsspielen Spaß haben, ja, Spaß, denn es geht halt nicht nur darum in Computerspielen möglichst viele Leute möglichst brutal und fotorealistisch zu töten (im Übrigen: Das kommt beim Spielen gar nicht mehr so raus, man bzw. ich schalte so ab dass die Grafik oder so egal wird), sondern auch um solche Dinge wie Taktik, Strategie und Mitdenken. Zumindest das Mitdenken ist jetzt keine so schlechte Eigenschaft, das tun nämlich zu viele Leute nicht.

    Ach ja, und noch etwas: Wir haben damals auch auf dem Schulhof immer gewusst wie man auch an USK-18-Spiele kommt & was das neueste, realistischste und beste Computerspiel sein wird bzw. ist. Ganz ohne Radiobeitrag.

    1. Hi David,

      ich glaube nicht, dass aus jedem ein Killer wird, der solche Spiele spielt. Aber es wird zu jeder gelegenheit von Verrohung der Gesellschaft etc. gesprochen. Ich denke auch, in einer freien Gesellschaft kann jeder entscheiden, ob er das spielen möchte. Nur die Selbstverständlichkeit, mit der Krieg hier heroisiert wird, gefällt mir nicht. Schau dir die Trailer an – das ist Kriegsverherrlichung. Klar, Freidensdemonstranten werden belächelt. Wer geht am 1. Mai noch auf die Straße? Ist nicht cool. Battlefield ist cool. Mir gefällt das nicht. Klar kommen die Kids an das zeugs. Kein Thema. Aber noch promoten? Ein Spiel ab 18? Wozu gibt es dann diese Grenzen? Können wir dann doch weglassen?

      Und was glaubst du, wie viele Eltern ihre Kids am PC begleiten? Wie viele zocken das alleine? Oder heimlich? Es gibt doch Gründe, weshalb das Spiel unter 18 nicht gespielt werden soll. Zählen die nicht? Wenn 1LIVE das Spiel promotet, heißt das doch: Hey, super Ding. Müsst ihr mal zocken. Wer kann denn dann den unter 18-jährigen krumm nehmen, dass die nicht Jahre warten wollen? Aber muss man die zu Kriegsspielen verführen? Die bewerben? Ich finde nicht. Meine Kinder möchte ich so lange es geht davor schützen. Das wird durch das 1LIVE Gamepromoting nicht einfacher.

      Viele, viele Grüße

      Jens

  4. Hallo Jens,

    ich stimme Dir zu! Das ist ein Hammer! Mich würde interessieren, ob Du beim Sender jemanden erreicht hast…?

    Den Beitrag von David fand ich allerdings auch interessant. Einer aus der jüngeren Generation, der mal von der anderen Seite berichtet, und ich fand die Passage interessant, wie diese Spiele auf ihn gewirkt haben…
    Wir können uns der Problematik nicht entziehen und müssen unbedingt den Weg über die Aufklärung gehen. David hat es angesprochen, das Thema gab es schon immer, wenn auch vielleicht nicht in diesem Maße.
    Mein Sohn (10) hat zum Geburtstag von einem Freund ein Computerspiel ab 16! bekommen. Ich konnte es nicht glauben, habe es erst Tage später realisiert, da der Geburtstag bei seinem Vater stattfand. Ich wollte das Spiel zurück geben, mit der Mutter reden und habe es meinem Sohn bei mir verboten, nachdem ich mit ihm darüber gesprochen hatte. Bei seinem Vater hatte er es bereits installiert. Mein Exmann hat es sich angesehen, es mit unserem Sohn gespielt, und ebenfalls mit ihm geredet. Er selbst empfand es als nicht so dramatisch und es wurde wohl nach kurzer Zeit relativ uninteressant für meinen Sohn. Väter gehen da offenbar nochmal anders mit um.
    Das Gamepromoting des Senders halte ich dennoch wie Du für absolut kontraproduktiv und würde mich freuen, wenn Du mal ein Feedback gibst, solltest Du Kontakt gehabt haben.

    Viele Grüße
    Tine

    1. Hi Tine,

      ich habe mit der Hotline gesprochen. Die Frau fand des jetzt nicht so schlimm, weil der Sender ja nicht für Kinder gemacht ist. Sie gibt das an die Redaktion weiter und die wird mich dann kontaktieren. Bin gespannt.

      Eine Frau auf Twitter brachte ein gutes Wort – Verantwortung. Ich denke schon, dass wir alle die Verantwortung haben, verantwortungsbewusst mit solchen Dingen umzugehen. Wenn es eine Altersbeschränkung gibt, und die hat sich ja niemand mal eben so ausgedacht, sollte die auch Maßstab sein. Maßstab auch für einen öffentlich rechtlichen Sender, bei Kindern nicht den Wunsch nach “dem realistischsten Spiel derzeit” zu wecken. Natürlich wollen die dann Battlefiled 3 zocken, auch wenn sie erst 13, 14 oder 15 sind. da passt was nicht. Mein Sohn möchte gerne auch – wir sagen: Nein. 1LIVE fällt uns da in den Rücken und “verharmlost” Battlefield 3 als ein nettes Game. Dass es da um Krieg geht, ist nicht so wichtig. Das ist nicht O.K. Da kann man mich gerne Spießer oder sonstwie nennen, realistische Kriegsspiele dieses Formats haben im Nachmittagsprogramm nichts zu suchen. Über Pornos oder Gewaltfilme ab 18 wird doch auch nicht berichtet. Ich denke, mit gutem Grund.

      Liebe Grüße

      Jens

    1. Danke! Ich komme mir teils schon vor, als wäre ich ein paranoider Spinner, weil ich das nicht gut finde. Kriegsspiele scheinen eine große Akzeptanz zu haben. Auf 1LIVE hieß es mal zur Games-Convention: “Videogames sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen”. So. Und was ist mit Kriegsverherrlichung?

  5. Ich finde Du übertreibst ein wenig.
    “Kriegsspielsehnsüchte bei Kindern wecken”
    Komm schon. Bleib auf dem Teppich.
    Ich finde es gut, das endlich ein öffentlich rechtlicher Sender begriffen hat, das Videospiele relevant sind. Das mag bei mag bei manchen Leuten nicht angekommen sein, doch es ist schon seit Jahren so. Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell.
    Außerdem schreibst du zu Beginn selbst, dass es als Blockbuster unter den Games gehandelt wird. Darüber nicht zu berichten wäre unklug. Zu viele Leute interessiert soetwas, auch wenn es auf dieser Internetseite nicht der Fall zu sein scheint. Deshalb die Frage zu stellen: “Ist das wirklich verbreitungswert?” finde ich lächerlich. Nur weil es nicht dein Ding ist, darf es andere nicht interessieren?
    Das Spiel wird als USK 18 gekennzeichnet sein. Auf Konsolen kann man eine Altersfreigabe einstellen. Und auf dem PC sieht man auch schnell, was installiert ist. Wenn Eltern das nicht schaffen, liegt die Schuld nicht bei 1Live.

    1. Hi Some Guy,

      ich denke, zwischen uns liegen einige Jahre. Ich finde es einfach nicht gut, Kriegsspiele so positiv zu sehen. Du bist anderer Meinung. Kein Problem. Es mag in deinen Augen altmodisch sein, aber ich denke tatsächlich, dass solche Spiel ab 18 nicht ins Nachmittagsprogramm gehören. Wozu sonst die Altersbeschränkung? Und ich denke auch, Eltern sollten darauf achten, dass Kinder unter 18 solche Spiele nicht spielen. Wird dafür in der Form geworben, ist es für Eltern deutlich schwieriger, die eigenen Kinder von solchen Spielen fernzuhalten. Du wirst mir wahrscheinlich Recht geben, dass es immer Mittel und Wege gibt. Solche Spiel sollten zu einer Zeit vorgestellt werden, wenn die Kinder kein Radio mehr hören. Wenn sie schlafen. Ich möchte weder dich noch andere einschränken. Spiel du diese Spiele – habe ich kein Problem mit. Ich denke auch nicht, dass du deshalb zum Killer mutierst. Ich weiß aber aus der Erfahrung eines täglich Erziehenden, dass nicht alles gut ist für Kinder. Und: Kriegsspiele sind definitiv nicht kindgerecht und geeignet, Kinder gut aufwachsen zu lassen.

      Worum ich dich bitten möchte: Um einen etwas freundlicheren Ton hier im Blog. Ich weiß, das ist nicht überall üblich, aber hier schon. Wir können uns streiten und diskutieren, aber bitte mit Respekt voreinander.

      Danke für deinen Kommentar und deine Meinung.

      Viele, viele Grüße

      Jens

  6. Moin Moin allerseits,

    diese Diskussion hier wird ja vornehmlich von Leuten geführt, die offensichtlich nicht Hand-in-Hand mit Videospielen aufgewachsen sind und ist daher sicher auch ein wenig einseitig. Ich bin 31 Jahre alt und habe mein Leben lang Games gespielt, vielleicht kann ich von meiner Seite des Ufers mit ein paar Vorurteilen aufräumen.

    Videospiele stumpfen die Seele nicht ab. Wenn ein Karatekämpfer sein Leben lang mit der Faust gegen hartes Holz haut, dann tut ihm die Faust irgendwann nicht mehr weh und er kann vielleicht sogar Ziegelsteine entzwei prügeln. Aber die Seele funktioniert nicht wie eine Faust und Videospiele sind auch kein hartes Holz. Nur weil man sein Leben lang Shooter wie Counterstrike oder eben die Battlefield-Reihe spielt, empfindet man dadurch bei realen Kriegsbildern nicht weniger Entsetzen. Vielleicht hilft es einem sogar eher noch zu verstehen, wie Krieg funktioniert und weshalb es besser ist ihm am Monitor zu begegnen als im realen Leben, genau so wie es besser ist, einem Tiger im Zoo zu begegnen als in freier Wildbahn. Tiger essen nämlich Menschen.

    Ein Beispiel aus der Praxis: Vor einiger Zeit saß ich nachmittags vor dem Fernseher und wollte gerade mein Mittagsessen zu mir nehmen. Es lief (vielleicht war es sogar ein öffentlich rechtlicher Sender) eine Dokumentation über die Gerichtsverhandlung gegen den serbischen Ex-Präsidenten Slobodan Milosevic. Während des Prozesses wurden von der Anklage Videoaufnahmen von Hinrichtungen durch serbische Truppen gezeigt. Ohne Vorwarnung sah ich reale Aufnahmen, wie ein Mann vortreten musste und ihm ins Genick geschossen wurde. Er fiel nach vorne und war tot. Dann musste der nächste aus der Reihe vortreten und auch er wurde ermordet. Nochmal: Das waren reale Aufnahmen und sie liefen nachmittags im deutschen Fernsehen. Mein Mittagsessen war vorüber. Ich konnte keinen Bissen mehr herunter kriegen und auch heute – Wochen später – läuft die Szene noch manchmal in meinem Kopf ab und versetzt mir einen grausigen Schauer. So wie jetzt. Denn was da gezeigt wurde, war die Realität und kein Spiel.

    Wenn man mit einem Joypad oder der Maus in der Hand einen Titel wie Battlefield spielt, dann geht es nicht darum möglichst realitätsnah Menschen zu töten. Was diese Spiele in einem Abrufen sind andere Dinge. Dinge wie Wettbewerb, Geschicklichkeit oder Teamgeist. Im Vorgänger zum hier thematisierten Battlefield 3, Battlefield: Bad Company 2, bildet der Spieler ein Squad mit bis zu drei anderen Leuten. Innerhalb der Gruppe ist man per Voicechat verbunden. Nur wenn man miteinander kommuniziert, seine Aktionen untereinander abspricht, sich als Teamplayer verhält und dabei noch geschickter und klüger vorgeht als die andere Gruppe, kann man das Spiel gewinnen. Das sind die Punkte, um die es geht.

    Dass die Grafik in Spielen immer „realistischer“ wird ist ein Nebenprodukt. Es dient den Publishern als Möglichkeit sich von der Konkurrenz abzusetzen. Natürlich staunt man als Spieler was dabei mittlerweile technisch möglich ist. Aber die Begeisterung für eine gute Grafik liegt nicht darin begründet, dass man einem echten Krieg näher rücken möchte um irgendwelche Mordfantasien zu befriedigen. Der empfundene Spielspaß ist unabhängig von der Grafik. Vor zehn Jahren hat ein Counterstrike das gleiche Gefühl verursacht, wie heute ein Battlefield 3. Nur bleibt die Technik eben nicht stehen. Wenn man die Wahl zwischen zwei Frauen hat (oder Männern), die sich in nichts unterscheiden außer in ihrem Äußeren, würden sich die meisten ja auch für die schönere entscheiden. Das ist alles.

    Ich könnte hier jetzt noch ewig weiterschreiben, aber ich muss wohl mal zum eigentlich Thema dieser Diskussion zurück kommen.

    Videospiele sind in der Tat in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Aber nur weil mittlerweile so viele Leute selbst spielen. Es gibt immer noch eine Abgrenzung zwischen Spielern und Nicht-Spielern und das unterscheidet Videospiele von anderen Medien wie Film oder Musik. Ich als Spieler empfinde es als fast schon diskriminierend nur zu bestimmten Zeiten öffentlich über mein Hobby reden zu dürfen. Ich freue mich wenn im Radio darüber gesprochen wird. Wieso erst ab 22:00 Uhr? Da schlafen viele Menschen schon, das macht mich ein Stück weit zu einem Aussätzigen.

    Gerade öffentlich rechtliche Sender haben die Pflicht zu einer gewissen inhaltlichen Breite. Videospiele sind immer noch unterrepräsentiert. Es müsste eigentlich noch viel mehr darüber berichtet werden. Und 1Live ist in der Tat kein Kindersender. Vielleicht sollte man seinem Nachwuchs dann eben ein Radioprogramm ans Ohr geben, dass speziell für sie gemacht wird. Das funktioniert bei TV-Sendern ja auch (Kika, Nick, Super RTL etc).

    Außerdem flüchtet sich jeder hier in eine Illusion, wenn er glaubt, sein Kind würde durch 1Live dafür entflammt werden, jetzt unbedingt Battlefield 3 spielen zu müssen. Das passiert wenn sowieso woanders (Schulhof, Zeitschriftenladen etc). Gerade die Spiele, über die zu meiner Schulzeit nicht geredet werde durfte, weil sie verboten waren (durch Eltern oder Gesetze) waren die interessantesten. Das war schon immer so und das wird sich auch nie ändern.

    In diesem Sinne: 1Live, lasst Euch bitte nicht von Angst getriebenen Vorurteilen ins Boxhorn jagen.

    1. Hi Guy,

      wow – der ist lang, der Kommentar. Zu erst einmal: Ich möchte dich nicht als Videospieler diskriminieren. Deine Argumente sind überzeugend und ich kann den Spaß am Spiel nachvollziehen.

      Die von dir beschriebenen Fernsehbilder finde ich ätzend genauso wie die Kriegsberichterstattung, die – ich glaube manchmal aus Quotengründen – gerne sehr direkt auf unschöne Szenen draufhält. Diese Bilder braucht niemand im Kopf.

      Zu Battlefield 3: Das Spiel ist ab 18. Weshalb? Machen diese Altersbeschränkungen keinen Sinn? Wieso gibt es die dann? Wer denkt sich das aus? Altersbeschränkungen ab 18 stehen im Kino schon für ziemlich harte Streifen – Pornos oder Gewaltfilme. Ist das nicht vergleichbar? Die Frage ist ernst gemeint und an dich gerichtet, weil du dich mkt spielen auskennst.

      Ich gebe zu, ich habe bei Videospielen Vorbehalte und vielleicht auch Vorurteile. Ich habe mir den Battlefield 3 Trailer angesehen und mir hat nicht gefallen, was ich gesehen habe. das das Erschießen anderer Menschen gespielt wird. Nun komme ich aus einer anderen Generation und komme da vielleicht mit meinen 46 Jahren nicht mehr mit. Ich kann es dir nicht sagen. Vielleicht ist das der Beginn von Altersstarrsinn:)

      Natürlich hat mein Sohn von battlefield 3 gehört und würde es gerne spielen – ich bin dagegen, weil ich Altesbeschränkungen ernst nehme. Ich will ihn jetzt noch nich Kriegsspiele spielen lassen, die erst ab 18 freigegeben sind. Natürlich weiß ich, dass scheinbar kaum jemand diese Altersbeschränkungen ernst nimmt. 1LIVE in meinen Augen zum Beispiel nicht. Dann sollte man darüber diskutieren, welchen Sinn und Zweck die noch haben.

      Ich danke dir für deinen sehr aufschlussreichen und konstruktiven Kommentar und deinen fairen Kommentarstil.

      Viele, viele Grüße

      Jens

      1. Lieber Jens,

        Du fragst, ob eine Altersbeschränkung für Videospiele Sinn macht. Das ist ein Punkt. Der andere ist, ob Medien in Deutschland das Recht dazu haben sollten, vor 22:00 Uhr über ein Spiel zu berichten, dass eine Altersbeschränkung ab 18 Jahren hat.

        Ich fange mit Deiner Frage an. Ich finde Altersbeschränkungen sinnvoll. Es gibt ohne Frage Videospiele, die nichts für Kinder sind. Genauso wie es Filme oder Bücher (ja, auch Bücher!) gibt, die nicht in Kinderhände gehören. Nur sind Filme und Bücher etablierte Medien, Videospiele werden immer noch durch´s Dorf getrieben, sobald es wieder einen Fall von Jugendgewalt zu vermelden gibt. Nach dem Attentat von Erfurt, als Robert Steinhäuser 17 Menschen tötete, hackte die ganze Nation auf Videospiele/r ein, weil auf der Festplatte des Mörders das Ballerspiel Counterstrike gefunden wurde. Kein Mensch hat mehr nach den wahren Ursachen gefragt. Das finde ich extrem gefährlich und respektlos den Opfern gegenüber, und auch ein Stück persönlich beleidigend, weil ich selbst ja auch dieses Spiel gespielt habe. Und mit mir Millionen andere. Das Robert Steinhäuser im Schützenverein war und regelmäßig reale Waffen abfeuerte, ging in dieser Hetzjagd beinahe unter. Genau wie 2009, als Tim K. In Winnenden 15 Menschen ermordete. Auch er hatte direkten Zugang zu echten Schusswaffen. Sein Vater war im Schützenverein und bewahrte mehr als ein Dutzend Waffen Zuhause auf. Im Gegensatz zu anderen Menschen will ich daraus gar keine Schlussfolgerungen ziehen, wenn man aber mal eine Rechnung durchführen würde, wie viele Jugendliche Videospiele spielen und wie viele im Schützenverein sind, dann sind Videospiele auf jeden Fall nicht die kleinere Gemeinsamkeit der beiden Attentäter.

        Wieso erzähle ich das überhaupt?
        Um Dir einen Eindruck davon zu geben, welcher Beißreflex hierzulande einsetzt, wenn es um Games geht. Die letzten Wochen war Charlotte Roche (die, wie ich finde, eine coole Sau ist) omnipräsent in den Medien, weil sie einen Nachfolger zu ihrem Bestseller Feuchtgebiete veröffentlicht hatte. Hat jemand das Buch mal gelesen? Wieso gibt es da keinen Sturmlauf der Entrüstung? Das ist alles andere als jugendfrei und im Gegensatz zu Videospielen prangt auf dem Cover auch kein großer, roter Hinweis „ab 18 Jahren“. Es es ist halt ein Buch.

        In Deutschland gibt es die strengste Zensur auf dem Gamesmarkt weltweit. Kein anderes Land indiziert so viele Spiele aufgrund „gewaltverherrlichender Inhalte“ wie wir. Kein anderes Land setzt so oft die Zensurschere an wie wir. Das muss deswegen nicht falsch sein, vielleicht sollte man aber auch mal hinterfragen, woher das kommt und ob es nicht vielleicht unsere historisch geprägte Volkspsyche ist, die Dinge hin- und wieder dramatisiert.

        Battlefield 3 ist ab 18 und vielleicht ist es das auch zu Recht. Ich hab es noch nicht spielen können. Damit braucht man also eigentlich gar nicht mehr darüber zu diskutieren, ob es für Kinder schädlich ist. Wodka ist auch ab 18, diskutiert auch niemand drüber. Den dürfen Kinder nicht anrühren, genauso sollte es dann mit diesen Spielen sein. Für die Umsetzung sind die Eltern verantwortlich. Wer sich technisch nicht genügend weiter bildet, um seine Kinder vor dem Konsum von ab 18 Produkten zu schützen, vernachlässigt seine elterlichen Pflichten und sollte sich ggf Hilfe holen. Da kann das Spiel nichts für. Bleibt eigentlich nur noch eine Frage:

        Darf man im Radio (insbesondere öffentlich rechtlich) über ab 18 Spiele berichten?

        Da kann ich nur meine Meinung wieder geben. Ich empfinde jeden Eingriff in persönliche Freiheit im Allgemeinen und Pressefreiheit im Speziellen prinzipiell als Kollision mit meiner Lebenseinstellung. Ich bin kein Anarchist, Grenzen müssen sein, nur wie weit ist die Frage. Wenn es in diesem Land verboten sein soll, über ein Videospiel zu reden, über das derzeit die ganze Welt redet, dann kann ich das nicht gut finden. Auf dem Altar des besorgten Pädagogen wird hier die Pressefreiheit geopfert. Man muss sich das mal vorstellen: es soll verboten sein, vor 22:00 Uhr im Radio über ein Videospiel zu reden?! Wieso regt sich niemand über diese Beschneidung von Freiheit auf? Dafür fehlt mir einfach jedes Verständnis. Erzählen sie das mal einem Amerikaner, der wird aus Besorgnis sofort die nächste Luftbrücke initiieren. (Und nein, ich bin kein Freund amerikanischer Politik).

        Guy

        1. Hi Guy,

          ich kann mir vorstellen, dass dir als Videospiel-Fan dieses ganze Genöle auf den Keks geht. Und wahrscheinlich ist es auch ein Generationenproblem. Für mich ist das Spielen von Kriegsspielen einfach unvorstellbar. Für mich waren aber auch der erste und zweite Golfkrieg sowie der Serbien-Kossovo-Krieg 1999 – erstmals unter deutscher Beteiligung – unvorstellbar. In meiner Jugend gab es noch den kalten Krieg. Mit Aufrüstung und Abschreckung. Da dachten wir tatsächlich manchmal: Morgen kommt der “Russe”. Ich war ziemlich froh, als Gorbatschow mit der Perestroika kam und abgerüstet wurde. Für mich hat Krieg durchaus etwas Reales, weshalb ich die Begeisterung, Krieg am Bildschirm zu spielen, weder teilen noch verstehen kann. Ist für mich einfach weit weg.

          Zum “Beißreflex”, ein gutes Wort in diesem Zusammenhang: Das mit Counterstrike und dem Amoklauf wurde damals tatsächlich ziemlich hochgepusht. Da gebe ich dir Recht, dass der Schützenverein da dann eher “Welpenschutz” genossen hat. Ich denke, es kann niemand sagen, was die Spiele machen, was Schützenvereine machen. Wahrscheinlich ist die Wirkung einfach bei jedem anders.

          Wer in sich ruht, Selbstsicherheit hat und gut im Leben steht, dem werden solche Spiele wahrscheinlich wenig anhaben können. Aber was ist mit Leuten, die eh eine hohe Grundaggressivität haben. Die gerne schlagen. Wackelige Persönlichkeiten? Wie wirken die Spiele bei denen? Ich finde es gut, dass hier ein wenig genauer hingesehen wird. Denn amerikanische Verhältnisse mit Waffenlobby und der weiten Verbreitung von Waffen, finde ich nicht so gut. Das ist eine andere Mentalität. Wir sind schon eher ein besorgtes Volk, was uns oft aber auch gut getan hat. Wir waren im Irak nicht dabei und sind auch jetzt nicht im Irak – der Krieg wurde wegen Massenvernichtungswaffen geführt, die nicht da waren. Andere Länder neigen halt eher dazu, Krieg zu führen. Was manchmal auch gut ist, wie momentan wahrscheinlich die Libyer berichten würden. Mir ist es lieber, mit Krieg vorsichtig umzugehen. Deshalb auch meine Skepsis gegenüber Kriegsspielen. Mir sind die einfach unsympathisch. Aber das ist eben Geschmackssache.

          Was keine Geschmackssache ist, ist die Altersbeschränkung. Da macht es aus meiner Sicht keinen Sinn, battlefield 3 im Nachmittagsprogramm zu spielen, wenn viele Kinder zuhören. Für mich ist das keine Frage von Pressefreiheit. Ich spreche nicht von Verboten. Ich spreche von Verantwortung. Die 1LIVE Sendung hat das Spiel als einen so großen Spaß hingestellt, dass es eine Werbeveranstaltung war. Für einen amerikanischen Spielekonzern. 1A Promotion mit ganz wenig journalistischem Abstand. Pressefreiheit bedeutet auch, Disatnz zu kommerziellen Anbietern zu wahren. Da war sehr wenig Distanz. Auch der 1LIVE Text auf der Internetseite zum Spiel klingt fast wie von EA vorformuliert. Also da kann man Pressefreiheit auch von anderer Seite kritisch hinterfragen.

          Meiner Meinung nacht passt hier ab 18 nicht mit Nachmittagsprogramm zusammen. Das macht für mich keinen Sinn und läuft auch dem Jugendschutz, der im Radio-Staatsvertrag steht, zuwider. Die Jugend wird durch diese völlig unkritische Darstellung eines Kriegsspiels ab 18 für battlefield begeistert. So macht Jugendschutz keinen Sinn. Dann kann man den lassen, denke ich. Und gibt ein öffentlich-rechtlicher Sender dem Spiel seine Absolution im Nachmittagsprogramm, kommt doch kein Kind mehr darauf, dass dieses Spiel nicht von ihm gespielt werden sollte. Ist doch quasi offiziel freigegeben. Sogar bei 1LIVE wird das live gezockt…

          Natürlich hört mein Sohn in der Schule davon. Und seine Klassenkameraden mit 14 zocken auch bereits begeistert die Betaversion. Da sind doch längst alle Schleusen geöffnet und wer spielen will, spielt. Und gerade hier setzt Jugendschutz an, die Verantwortung des Radios, battlefield nicht in den allerhöchsten Tönen zu loben und totalen Bock auf das Spiel zu machen. Ich finde das nicht in Ordnung und das sage ich auch. Dabei akzeptiere ich deine Meinung und kann auch nachvollziehen, dass es keinen Spaß macht, als Gamer verteufelt zu werden. Spiel! Hab Spaß damit! Meine ich ernst. Ich denke, so wie du hier auftrittst, kannst du da bestens mit umgehen. Ich weiß aber nicht, ob das auch für Kinder und so manch anderen gilt. Bei 1LIVE machen sie sich gerade Gedanken, ob das so in Ordnung ist. Die Redaktion entscheidet dann in Abstimmung mit den Jugendschutzgremien des Senders. Das ist nicht Einschränkung der Pressefreiheit, sondern ein Prozess des Nachdenkens und des Findens einer Lösung, die mit unseren Regeln in Einklang stehen wird – wie immer die Lösung aussieht. Ich bin offen für Argumente – ich möchte nur, dass die Leute wissen, was sie tun. Die Jungs, die komplett enthusiatisch über battlefield 3 berichtet haben, hatten überhaupt nicht nachgedacht. Das sollten sie als Journalisten mit Verantwortung aber tun – das ist in Demokratien eben auch wichtig.

          Viele, viele Grüße

          Jens

  7. Hallo Jens,

    ich bin dagegen, daß Kinder oder Jugendliche Kriegsspiele spielen. Auf den Konsolen gibt man sein Alter ein. Aber die Kids sind nicht doof und wissen, wie sie das umgehen können. Jens, ich finde Deine Einstellung richtig.

    Viele Grüße

    Annegret

    1. Hi Annegret,

      es ist mal wieder eine interessante Diskussion. Ich glaube, die jungen Männer finden es ätzend, in ihrer Videospiel-Leidenschaft eingeschränkt zu werden. Und wir kommen aus einer Zeit, als die Friedensbewegung noch einen hohen Stellenwert hatte. Kriegsspiele im Jahr 1980 – das wäre gar nicht gegangen. So scheint das auch ein generationenproblem zu sein. Ts.

      Liebe Grüße

      Jens

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