Ferien im Reichshof!

Der Reichshof – eine der größten Flächengemeinden der alten Bundesländer. Auf 114 Quadratkilometern leben rund 20.000 Menschen – zum Vergleich: auf den 405 Quadratkilometern der Stadt Köln leben 1.000.000 Million Menschen. Über 90 % der Gemeindefläche sind Wald und Wiesen. Mittendrin liegt die Wiehltalsperre mit seiner idyllischen Insel, die aus dem Krombacher-Werbespot bekannt ist. Entstanden ist der Reichshof im Jahr 1167 als eine Schenkung Karls des Großen. Auf der Gemeindeseite im Internet findet sich unter Geschichte folgender Text:

“Die älteste Urkunde von Eckenhagen ist vom 1. August 1167. Es handelt sich um eine Schenkungsurkunde des Kaisers Friedrich I. (Barbarossa) an den Erzbischof Rainald von Dassel zu Köln. Die Schenkung an Köln wurde am 12. Juli 1198 und am 12. Januar 1205 von den Nachfolgekönigen Otto IV. und Philipp erneut bestätigt. Die Reichs-, früher auch Königshöfe genannt, sind hauptsächlich eine Schöpfung Karls des Großen.”

Am Rande dieser grünen Gemeinde liegt das kleine Dorf Nosbach, in dem ich lebe. Seit geraumer Zeit versucht man, unsere Gemeinde zu einem Touristikziel auszubauen. Als Teil der Naturarena Bergisches wachsen hier plötzlich Infotafeln aus dem Boden. Aus Waldwegen werden Wanderwege, aus dem alten Schulweg ins Nachbardorf Wildberg wird ein Natursteig und aus der alten Eiche, die am Einstieg des Natursteigs steht, wird ein Zauberbaum. Gemerkt haben das die Touristen bislang nicht. Ich bin da mit Cooper meist immer noch ziemlich alleine. Wahrscheinlich liegen wir zu weit draußen – zu weit weg von Köln. Und vielleicht würden sich die Menschen aus Köln hier auf den Wegen auch einsam fühlen.

Mir führen diese Veränderungen längs der Wege vor Augen, dass ich inmitten einer Ferienregion wohne. Also ist jeder Spaziergang ein Stück Urlaub. So sehe ich das gerne und das Spazierengehen mit Cooper macht doppelt so viel Spaß. Vor allem, wenn wir wie heute einen Steinpilz und einen Beutel Pfifferlinge mit nach Hause bringen. Die kommen gleich in die Pfanne. Wer mal bei uns im Reichshof Urlaub machen möchte, findet hier Infos zum “Ferienland Reichshof” und kann hier ein Ferienhaus buchen.

Weitere Infos zur Gemeinde Reichshof unter Wikipedia.

Lieber Ingvar Kamprad, lieber Götz Werner…

…ich kenne euch beiden nicht, kaufe aber regelmäßig bei euch ein. Ich weiß, dass ihr regelmäßig durch die Presse geht. Mal mit Vorwürfen konfrontiert seid, mal mit Lob. Was mich heute betrifft, habe ich nur einen ganz, ganz kleinen Einwand. Macht, was ihr macht, denn das scheint ihr ja unternehmerisch gut bzw. erfolgreich zu machen, aber lernt bitte in einem Punkt. Einem wunden Punkt.

Kehrt bei euren Teelichtern zu alter Stärke zurück! Ingvar, ich sage mal du, weil du mich in deinen Häsuern auch duzt, Götz Werner: Verspielt nicht euren Ruf durch das Einsparen weniger Cent. Als Mann und Mensch in mittleren Jahren sind eure Läden und Produkte Teil meiner Geschichte, meines Lebens. Götz Werner, Sie habe ich sogar einmal live in unserer Schule erlebt, als Sie über das bedingungslose Grundeinkommen sprachen. Das hat mir gut gefallen. Und das dm-Konzept und all die schönen Sachen von IKEA mag ich auch sehr. Davon findet sich viel in unserem Haus und wir kommen auch immer gerne, um bei dir Ingvar zu essen und mit unseren Family-Cards von dir zu einem Cappuccino im Restaurant eingeladen zu werden.

Nur die Teelichter, die habt ihr in letzter Zeit versemmelt. Also wirklich. Weshalb? Weil ihr nicht nachgedacht habt? Kann natürlich mal passieren, zwischen Anzeigen-Wirrwarr, Nazibeschuldigungen, Gerüchten, Arbeit, Stress. Habe ich Verständnis für, dennoch möchte ich euch kurz darlegen, wie das bei mir ankommt. Darf ich? Ich hole kurz aus. Ich meditiere aus verschiedensten Gründen. Ich habe einen Buddha, sehr beeindruckend, vor dem drei Teelichter stehen. Die strahlen den so schön an. Die kleinen Glaskerzenständer – sehr gelungen mit optimistischem Grün innen im Glasteil – sind von dm. Als ich vor Jahren mit diesem morgendlichen Ritual begann, versuchten IKEA Teelichter meine Erleuchtung zu beschleunigen. Das funktionierte gut. Zumindest äußerlich. Ich saß in schönem warmen Licht und fühlte mich gut. Die hatten einen tollen Romantikfaktor.

Dann wurde die Zusammensetzung geändert. Ingvar!!! Never change a winning Team. Weißte doch, menno. Die brannten nicht mehr so leuchtend warm und ein Großteil des Wachses blieb im Alubecherchen. “Wer hat da Wachs in meinem Becherchen vergessen?” Das hat unsere Beziehung, also meine zu dir Ingvar, verändert. Ich meine, du warst in Deutschland der Kerzenschein-aus-Teelichtern-Pionier, der Versorger aller Links-Intelektuellen, die nur wegen der Teelichter kamen und mit ganzen Inneneinrichtungen in Ihrem Volvo Kombi nach Hause fuhren. Und dann das… Verrat an einer kompletten Bewegung. Ja – Generation!!! Ach was, zwei, drei Generationen. Musste das wirklich sein?

Gut. Ich habe dir den Teelicht-Rücken zugewandt und bin zu Götz Werner rüber in den dm. Ah, oh, dieses Licht. Wunder-, wunder-, wunderbar. Doch nun. Plötzlich. Im letzten Beutel der Wandel. Der Absturz, das Ausblasen des Heiligenscheins. Nun sind die Becherchen deutlich niedriger und auch hier verbrennt jetzt nicht mehr alles. Vor lauter Teelicht wechseln komme ich kaum noch zum entspannten Meditieren. HERR WERNER??? Bitte. Muss doch nicht. Ich meine, man schaut beim Kauf darauf, wie viel drin sind. 100, 200. Wenn die aber deutlich kleiner werden und dann auch noch nicht mehr restlich abfackeln, dann ist das… Ja, also wirklich.

Jetzt suche ich nach einem neuen Teelicht-Lieferanten, weil ihr beiden das tatsächlich verirrlichtet habt. Einfach so mit Emotionen gespielt, mit dem Feuer, weil euch irgendwelche Controller gesagt haben, das bringe so und soviel im Jahr. Dieses Controlling. Diese volle Kostenkontrolle stürzt uns noch in die Belanglosigkeit des Seins. Wie kann man Kerzenschein in Cent aufwiegen? Wenn man einen guten Ruf zu verlieren hat?

Ich bitte euch, lieber Ingvar, lieber Götz Werner – geht in euch. Fühlt die Wurzeln eurer Menschlichkeit, die Verantwortung eures Unternehmertums und bringt die guten, funktionierenden Teelichter zurück. Das dürfte doch nicht so schwer sein!!! Danke, euer Jens.

Lampedusa, Levanto, Liebe, Le Havre

Liebe wie ein großer Stern
im Zauberstaub des Schweifs verwandelt
in der Berührung
eines Augenblicks

Spielend in den Wellen
das kleine, kleine Mädchen
an der Hand
des Vaters

Wie ein Gemälde
Géricault
Lampedusa
Medusa

Angespült im weißen Schaum
der Brandung
der starke schwarze Rücken
die teure Badehose
in himmelblau
orange
und Rüschen
an ihrem Badeanzug
Der Glitzer des Abends
Sonne auf der Haut
diese Wärme im Körper

Angekommen

Weit draußen auf dem Meer
die Flöße
mit voller Mannschaft
dicht besetzt
die Hoffnung
als Segel gespannt
im Durst nach Freiheit
Menschlichkeit
nach Aki

september 2011

Le Havre von Aki Kaurismäki

Wie, wie, wie habe ich mich gefreut! Gestern auf Spiegel online entdeckte ich die Ankündigung. Heute kommt ein neuer Kaurismäki Film in die Kinos. Aki Kaurismäki. Es war Ende der achtziger Jahre, als ich in Aachen Geisteswissenschaften studierte. An einer kleinen Philosophischen Fakultät, die umgeben war von den unermesslich riesigen Instituten des deutschen Maschinenbaus und der Elektrotechnik. Wir sahen Buchstaben, sie Zahlen. Wir sprachen in Kneipen über Literatur und Filme, sie beugten sich über Gleichungen und kritzelten Formeln notfalls ins Holz der Tische. Sie belächelten uns wegen unserer Luftigkeit, der brotlosen Kunst, die wir lernten. Sie schauten herab auf ihre uniformierten Karohemden. Sie waren Snobs, wir waren Snobs:)

Das Jahr 1989. Ein Wendepunkt. Für mich. Ich ging ans Theater als Hospitant, schrieb Stücke, entdeckte Heiner Müller und sah zum ersten Mal einen Kaurismäki Film. Leningrad Cowboys go America. Schräg. Wir Geisteswissenschaftler fühlten uns mit Mitte Zwanzig ein wenig wie die Bohemiens. Wir feierten Partys, diskutierten bis in die Nacht, tranken viel, viel Kaffee immer und überall und redeten, redeten, redeten. Kam ein neuer Independent-Film, sahen wir die Premiere. In Burtscheid, dem Kurteil Aachens. Im Diana, einem alten, wunderschönen Kino mit Tischen und Tresen hinten. Biertrinken und rauchen während des Films.

Wir sahen sie alle: Aki Kaurismäki, Jim Jarmusch, David Lynch, Derek Jarman, Peter Greenaway… Europäisches Kino der Achtziger und Neunziger. Wie aufregend das war. Und nun plötzlich ist es wie ein Déjà-vu. Kaurismäki fällt mir vor die Füße. Einfach so. Vom Himmel herab aus dem Nichts. Mein Unterbewusstsein hatte ihn schon lange abgeschrieben und unter Vergangenheit abgespeichert.

Und nun kommt Le Havre. Startet heute. Kommt in die Kinos. Ein grandioser Film. Behaupte ich, nach allem, was ich auf Spiegel online gelesen und auf Youtube gesehen habe. Da ist es, dieses wunderbar intellektuelle Kino “Made in Europe” mit seiner Zeit und Ruhe, die Geschichte zu erzählen. Mit der Gelassenheit, den Emotionen der Protagonisten und Zuschauer Raum zu geben. Es kann sich entfalten. Die kleinen Gesten können wirken. Wieder arbeitet Kaurismäki mit seinen Farben, die schon in “I hired a Contract Killer” so besonders waren.

Und: Wie der Teufel es will, es geht um Einwanderung. Ein Thema des fiftyfiftyblogs – Blick von der Piper Bar auf Lampedusa und Schlaft miteinander! Allmählich wird mein Blog zur Bibliothek meines Lebens. Ich kann mich selbst zitieren. Ein echtes Tagebuch. Da war doch…

Es freut mich, freut mich, freut mich so, dass Aki Kaurismäki das Thema aufgenommen hat und es so gefühlvoll filmisch umsetzt. Mit wenigen Worten Menschlichkeit zeigt. Dass, was uns verbindet über Hautfarben und Religionen hinweg. Wie kann man einem kleinen schwarzen Jungen, der zu seiner Mutter will, nicht helfen? Da steht der Junge bis zum Bauch im Wasser. Mitten im Hafenbecken von Le Havre – was für ein Name in diesem Zusammenhang. Für die einen ein Illegaler, für den anderen ein Mensch. Er fragt den Schuhputzer: Bin ich hier in London? Ist er nicht, weil der Kleintransporter von schwer bewaffneten Fahndern geöffnet wurde. Der Junge kann fliehen, aber sein Ziel nicht erreichen. Er wird zum Gejagten und so steht ihm das Wasser bis zum Hals, als er seinen Retter trifft. Nein, kein Sozialarbeiter, keine staatliche helfende Hand, kein professioneller Samariter. Ein Mensch aus Fleisch und Blut, der die einzig wichtige Frage stellt: Hast du Hunger? JA!!! Und er teilt sein Baguette und hilft und versteckt den Jungen…

Weiter weiß ich nicht. Will ich auch noch nicht wissen. 93 Minuten dauert der Film, der in allem reduziert ist. Mein Herz macht Bumm Bumm, meine Seele lechzt nach solchem cineastischen Futter. Krise? Was für eine Krise, so lange es solche Filme und Filmemacher gibt! Ziehen wir halt ins Kino und leben die Realität des realistischen Films. Denn: Egal! Hauptsache es macht Spaß…

Hier der Trailer:

Wer gerne in seinem Leben und Werk stöbern möchte, findet auf Spiegel online die gesammelten Beiträge der Vergangenheit. Und hier noch die deutsche Aki Kaurismäki Seite.

Und was ist das mit der Angst?

Gestern habe ich den Bericht über den Börsencrash geschrieben. Daraufhin kommentierte Tine “da schwingt Angst mit”. Das hat mich beschäftigt. Aus verschiedenen Gründen. Ich denke vor allem, weil ich gerade etwas dünnhäutig bin. Am Wochenende habe ich ein Schreiben von der Polizei bekommen, im dem mir mitgeteilt wurde, dass gegen mich wegen Tankbetrugs ermittelt wird. Auf der Rückfahrt aus Italien hat ein Kassierer scheinbar irgendetwas durcheinander gebracht und so wurde meine Säule als nicht abgerechnet vermerkt und automatisch ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Unschönes Gefühl, als Betrüger verdächtigt zu werden. Und viel Arbeit, das alles dezidiert aufzuklären.

Dann hat mich meine Mutter angerufen und mir gesagt, dass mein Patenonkel gestorben ist. Ich hatte keine sehr intensive Beziehung zu ihm, habe ihn aber sehr geschätzt und gemocht. Am Freitag fahre ich zur Beerdigung. Am Montag dann der Börsencrash und die Berichte einer neuen bevorstehenden Rezession der Weltwirtschaft. Ich denke, in diesem Umfeld habe ich tatsächlich etwas wie Angst empfunden, obwohl ich dafür nicht sonderlich empfänglich bin. Einerseits. Ich bin schon Fallschirm gesprungen, auf 4.000 Meter hohe Berge geklettert, windsurfe in der Brandung oder allein weit draußen auf dem Meer, ich gehe alleine in die Berge oder klettere mit meinen Sohn frei im Fels…

Andererseits habe ich manchmal Existenzangst. Ein Relikt meiner Kinderzeit, als ich meiner Mutter am Monatsende öfter Geld von meinem Sparkonto geliehen habe, weil es sonst irgendwie nicht weitergegangen wäre. Mein Sparbuch habe ich vor meinem Vater versteckt, weil die Gefahr bestanden hat, dass er es abräumt. Mein Vater ist ein netter und in seiner Menschlichkeit durchaus beeindruckender Mensch, dem ich mich sehr, sehr verbunden fühle, der aber leider nie mit Geld umgehen konnte. Da gab es immer wieder Schwierigkeiten, in die ich mich als Kind dummerweise eingemischt habe. Deshalb ist es mir scheinbar wichtig, meine Familie besonders abzusichern. Dummerweise als Freiberufler, der keinerlei feste monatliche Einnahmen hat. Selbstverständlich arbeite ich an diesen Gefühlen und werde da auch Stück für Stück gelassener…

Neben den Dingen, die in den letzten Tagen geschehen sind, habe ich mich mit meinem Sohn Jim viel über das menschliche Gehirn unterhalten. Jim ist ein Wissenschaftler. Vom Typ her, ein wissenshungriger Informationsverschlinger. Ela hatte ihm aus der Bücherei ein dickes Buch zum Thema Gehirn mitgebracht. Das schleppt er seit Tagen mit sich rum und liest und liest und fragt mich und erklärt mir. Was ihn am meisten fasziniert, ist das Zusammenspiel von Bewusstsein und Unterbewusstsein. Dass das Bewusstsein Erfahrungen filtert und sie dann ins Unterbewusstsein einsickern lässt. Da liegen sie dann, unsere Erfahrungen und Glaubenssätze und Ängste. Zum Beispiel Spinnenphobien. Absolut irrational. Von den Tierchen in Deutschland geht keinerlei Gefahr aus. Aber: Im Unterbewusstsein fest verankert – Spinne gleich eklig gleich Gefahr also schreien und flüchten. Über Hypnose ist der Zugang zum Unterbewusstsein möglich und hier lassen sich Annahmen, Glaubenssätze, Denkmuster, Ängste bearbeiten. Jim hat mir hier ein spannendes Video gezeigt: Hypnose selbst machen! Fand ich sehr spannend, erhellend und das passte super zu dem, was mir Jim alles zur Funktionsweise und zu den Mechanismen des Gehirns erzählt hat. Wenn euch das Buch interessiert, findet Ihr es hier.

Zurück zur Angst. Wir können also mit unseren Ängsten umgehen. Die sind nicht einbetoniert, sondern wandelbar. Auch ein Grund für mich, zu meditieren. Ruhig zu werden und zu sehen, was tatsächlich ist. Der Angst das Irrationale zu nehmen. Danke Tine für deinen Kommentar gestern, der mir ein guter Impuls war.