Die Liebe des Tanztheaters der Pina Bausch.


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Tanz, Theater. …como el musguito en la piedra, ay si, si, si … (…wie das Moos auf dem Stein…) Gestern Abend in Wuppertal mit Ela und Christiane. Ein Geburtstagsgeschenk, dass ich eingelöst habe. Im Februar hatte ich bereits kurz über Pina Bausch geschrieben, nachdem ich Wim Wenders Film Pina im Kino gesehen hatte. Der Film hatte mich fasziniert und ich wollte gerne eine ihrer Inszenierungen sehen, um selbst zu spüren, was die Faszination ausmacht. Live.

Wuppertal im Juni. Ein warmer Abend, eine merkwürdige Stadt. Deutschland. Paris, Tokio, London, New York. Ein kleines Opernhaus. Ausverkauft. Wie immer, wenn ein Pina Bausch-Stück aufgeführt wird. Das Ensemble ist unterwegs, ist weltberühmt. Ein Blick in den Spielplan zeigt, es ist eine der raren Gelegenheiten, Pina Bauschs Tanztheater zu erleben. Die Komapnie ist viel unterwegs: Oslo, London, Warschau, Budapest, Ottawa…

…wie das Moos auf dem Stein… Vorletzte Woche hatte ich eine Männer-Frauen-Väter-Mütter-Themenwoche. Gestern Abend auf der Bühne – nur ein weißer Tanzboden, eingerahmt von schwarzen Wändern und Vorhängen – 9 Tänzerinnen und 8 Tänzer. Frauen, Männer, die sich im Spiel miteinander, in der Auseinandersetzung untereinander näherter, lockten, stießen, verführten, berührten, bedrängten, entzogen. Fast drei Sunden lang, unterbrochen nur von einer kurzen Pause. Und ich saß da, sog die Bilder auf. Die Frauen in langen Kleidern, barfuß oder in Stöckelschuhen. Sie schwangen ihr Haar, legten es. Männer in dunklen Anzügen, Hemden. Männer unf Frauen in immer wieder neuen Sitautionen. Das ewige Spiel.

Wir waren hier im Blog ind en Kommentaren um das Thema herum gekreist und hatten keine richtige, am Ende fest stehende Antwort gefunden. Das hat der Abend gestern auch nicht. Aber er ist einen großen Schritt weitergegangen. Er hat das Thema, das Menschengeschlecht, das Geschlecht der Menschen in aller Zartheit aufgenommen und mit einer tiefen Feinfühligkeit zelebriert. Jeder Augenblick getragen von Emotion. Jeder Solotanz durchdrungen von Erfahrung, von Annäherung, vom Ausdruck des eigenen Verstehens. Die Männer so männlich und gleichzeitig so verletztlich. In starken, großen Bewegungen. In Kreisen um das Geschenen herum. Kraftvoll, dynamisch. Die Frauen zentrierter, mittiger. Auch voller Kraft und Ausdruck, aber verletzlicher. In einer ganz anderen Körperlichkeit. Der Ausdruck weiblicher Seelen. Es war so spürbar.

Tatsächlich war es die große Liebe der Pina Bausch, die den Abend getragen hat. Die Liebe zu Menschen. Zu den Kleinigkeiten des Lebens, die das Große ausmachen. Es war ein sicherer Raum, diese Bühne, dieses Theater. Es gab so viel Harmonie, ohne der Anbiederung. Das die Geschlechter Trennende, männliche Gewalt etwa, löste sich auf in ein Empfinden. Am Anfang: Zwei Tänzer trugen eine Tänzerin über die Bühne. Berührten sie sie und hoben sie hoch, schrie si. Ließen sie sie los, verharrte sie. Das war auch das Schlussbild. Das kniete die Frau, der Mann entfernte sich ind Dunkel der hinteren Bühne. Wer ist der Stein? Wer das Moos?

Pina Bauschs Tanztheater von der ersten bis zur letzten Minute pure, konsequent inszenierte Emotion. Alles passt perfekt, ohne perfekt zu wirken. Es scheint, als hätten die Tänzerinnen und Tänzer allen Raum der Welt, um auszudrücken, was sie zu sagen haben. Dennoch greifen die Bewegungen wie zahnräder eines Uhrwerks ineinander. Mänr und Frau bewegen sich ineinander, verschmelzen ihre Körper, löen sich aus der Bewegung heraus auf in ihre eigenen Körper. Fließend, leicht. Keine Akrobatik, keine Sensationen – nur stimmige, fließende Bewegungen. Eingerahmt in fantastische Bilder. Der Mann, der sih amHochseil entlanghangelt, während die Frau weder wegkommt, noch sich zu ihm hin bewegen kann. Ein Gurt um ihre Hüfte mit einem Seil, dass sie hält. Gefesselt, angeleint. Oder das ganze Ensemble am Boden, jeweils hintereinander sitzend in langer Reihe und sih, wie bei en Affen, kraulend, untersuchend. Die bunter Kider der Frauen auf dem weißen Boden, die langen dunklen Haare. Oder diue Frau, die ihr Haar auf den Boden legt. Ein Mann legrt seinen Kopf darauf, wie auf in Kissen. Sie rutscht weg, nimmt ihre Haare, das Kissen mit. Diese Sehnsucht nach Aufgehobenheit.

Mein Kopf ist voller Bilder. Ein Fotograf, der die Kompanie während der Arbeit fotografieren darf, kann sich glücklich schätzen. Authentizität, Audrucksstärke, große Bilder in Hülle und Fülle. Das liebevolle Tanztheater der Pina Bausch ist voller großer Momente, die eigentlich so klein sind. Alltag. Pure Begegnungen. Transformierte Realität fernab jedweder Künstlichkeit. Nun wird die Kompanie einige Monate unterwegs sein. Die Welt beglücken. Ich freue mich auf die Heimkehr und darauf, den in den Inszenierungen lebendigen Geist der Pina Bausch wieder zu erleben. Ihre Stärke strahlt weit über ihren Tod hinaus, ihr Können, ihre Kunst, ihre Menschlichkeit, ihre Fähigkeit, Tänzerinnen und Tänzer zu locken, sie weit gehen zu lassen. Über ihre Grenzen hinaus. Vielleicht sind das Offenbarungen. Auf jeden Fall ist es schön, unendlich schön. Anzusehen und zu fühlen.

Love you

Manchmal
ist die Liebe ein Schrei
ein Schlag
ein Stich
ein Aufheulen
Flehen
Vergehen
Verkommen
Verblühen
zerkratzt

Manchmal

Dann
ein Flüchtiges
zärtliches
Verlangen
Bekommen
Berührtsein
Verführtsein
Verrücktsein
umarmt
umeinander
ineinander
aufgelöst
vereint
vereint
geküsst
befriedigt
bereichert
getröstet
beschenkt
der warme Hauch
auf der Haut
das leise Singen
in dir
in mir
das Streicheln
Liebkosen
ineinander
liegen
laufen
stehen
verbunden
sichtbar
unsichtbar

unfassbar

juni 2011

GarageBand vs. Klavier vs. Take That

Manchmal ist Familienleben verrückt. Da hast du einen anstrengenden Tag im Büro hinter dir, hast dir die Finger wund geschrieben, dein Kopf ist ausgequetscht wie eine Zitrone und du wünscht dir ein paar Minuten für dich. Ruhe. Einfach in der Küche am Tisch sitzen und lesen. Also nahm ich mir gestern Abend die Magazinbeilage des Kölner Stadtanzeigers vom Wochenende und entschied mich beim Durchblättern für ein Interview mit Take That. Ihr erinnert euch. Robbie Williams, Marc Owen, Gary Barlow & Co. Neunziger Jahre, die erste gecastete Boygroup, von der ich gedacht hätte, die macht es eine Saison. Falsch gedacht. Reunion 2010.

Ich saß da, trank meinen Yogitee, las Zeilen eines geläuterten Robbie Williams, der mir fast leid tat. Wie er beschrieb, wie er in den Konzerten nie angekommen ist. Wie er sich da oben allein fühlte und verloren. Ich erinnere mich, als ich die CD „Live at Knebworth“ von ihm zum ersten Mal gehört hatte, da dachte ich sofort an Koks. Der Junge war so aufgedreht, dass selbst die Stimme gepresst war. Ist ja auch ’ne Nummer, wenn da 30.000 Menschen eine Show erwarten.

Der Text lief in meinen Kopf und füllte mein geleertes Buchstabenlager wieder auf. Das Problem sind immer die Vokale. a und e sind schnell weg. Ausverkauft. Habe ich gestern alle in eine Internetseite für ein Maschinenbau-Unternehmen gepustet. Verkauft. Darf es ein wenig mehr sein? Vielleicht noch ein i? Große, schwere, starke, kraftvolle Maschinen. Immer e und a drin. Während ich also las und Buchstaben tankte, hatten sich Jim und Ela verabredet, mich Stereo zu beschallen. Jim bastelte in seinem Zimmer per GarageBand an einem Song, Ela übte in Zoes Zimmer Klavier.

Ist ja eine super Sache. Jim ist kreativ und darf sich mit 14 nun endlich und heiß ersehnt am Rechner austoben. Hören wir irgendwo Musik, überlegen wir, was den Song ausmacht. Samstagabend auf dem Weg nach Siegen zum Championsleague-Finale in der Kneipe Lousiana hörten wir Clubmusic. Lief im Radio. Fette Bässe, geschickt wechselnde Rhythmen. Extrem tanzbar. Gestern nun saß Jim am von Ela geerbten Mac G5 und testete Loops und Gitarrentracks und Drumeinlagen. Zog an den Reglern, ließ aufheulen, niedersausen. Die zarten Töne kamen eher selten vor. Nun, was sollte ich sagen? „Dein Vater braucht mal fünf Minuten Ruhe zum Buchstabensaugen?“ „Ja ’ne, is klar.“

Derweil spielte Ela wunderschön Klavier. Feine, melodische Läufe. Allmählich wird mir die Frau an meiner Seite unheimlich. Im Durchflug. Sie lernt nicht nur Klavierspielen, sie kann es mittlerweile sogar. Die Stücke hören sich immer besser an. Laufen ruhig, wohltuend. In Konkurrenz mit GarageBand allerdings wird es schwierig. Weiße Fahne. Habe einfach das Interview zu Ende gelesen und den Musikwettstreit Musikwettstreit sein lassen. Zoe hat mich mit einer Rommepartie gerettet, die sie gewonnen hat. War irgendwie nicht mein Abend. Dann hat Jim noch Gitarre geübt und am Ende Zoe Klavier gespielt. Vielleicht sollte ich doch wieder meine Trompete rausholen, sonst vereinsame ich in dieser Familie noch. Die sind doch alle verrückt…