you decide

Spiegelung V+J

Ich könnte jetzt kommen, mit dem inneren Glück und dem Weg, dem man folgt. Der Sache mit dem Karma und der Wirklichkeit, die man in jedem Moment selbst entwirft. Das eigene Morgen gestalten.

Schiefes Hochhaus

Manchmal aber, läuft man durch das Leben wie durch eine Stadt. Es ist sehr verwirrend. Überbordend, fordernd, bohrend. Die Perspektiven, die Möglichkeiten, die Lichter, die Linien. Vor allem die Linien, als wäre alles vorgezeichnet und nur irgendwann ausgemalt worden. Wer macht soetwas? Ausmalen?

Menschen

Fluchten, sind es. Teils Tunnel, die den Weg begrenzen und alle Richtung vorgeben, wenn es eh kein Zurück gibt. Wie wird es aussehen dort, dort auf der anderen Seite?

Elbtunnel II

Es hat etwas zu tun mit mir. Dieses Hamburg hat etwas mit meinem Inneren gemacht. Etwas anderes als die Städte sonst. Paris, London, Berlin, Dresden, Stockholm, Wien, Prag, New York. Straßengeflechte entwirren. Überraschungen. Wendungen. Die Differenzen der Stadt, die Armut, der Reichtum, die potenzielle Gewalt. Der Mann am Bahnhof, der seiner Frau ins Gesicht spuckt, der mich bedroht, als ich ihm sage, dass er aufhören soll. Schanzenviertel, ein wenig Berlin, Reeperbahn, Binnenalster. Protest, Sex, praller Reichtum.

Spiegelung V+J II

Mit dem Haus hat es zu tun. Momentan fällt es mir schwer, so ganz unbeschwert zu sein. Menschen schneien hier in das Leben. Hausbesichtigungen. Jedes Zimmer, jede Ecke. Eine junge Familie ist interessiert, hat sich aber noch nicht entschieden. Dann wäre es in den Sommerferien so weit.

Rolltreppe HH IV

Wohin? Keine Ahnung.

Rolltreppe HH III

Dann könnte ich mir ein Haus kaufen, ein Häuschen. Ich könnte mich freuen, es wäre bezahlt. Größtenteils. Ein wenig noch, die Heizkosten, Wasser, Strom, Müllabfuhr, Versicherungen. Aber irgendwie will sich die wahre Freude auf das Kommende nicht einstellen. Vielleicht, weil ich älter werde? Weil sich auflöst, wofür ich so lange intensiv gearbeitet habe?

Rolltreppe HH II

In meinem Leben bin ich so oft umgezogen. Meppen. Recke. Kaisersesch. Montabaur. Koblenz. Aachen. Mannheim. Köln Mülheim, Köln Ehrenfeld, Nosbach. Nun sind es aber 18 Jahre an diesem Ort. Ich weiß jetzt, was Heimat, was Wurzeln in der Erde bedeuten. Oder bin ich einfach nur zu schissig? Über 50? In wenigen Tagen 51. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten werde ich nicht feiern. Mir ist nicht danach. Ich werde arbeiten, habe schon einen Termin an dem Tag, die Zeit verstreichen lassen. Weiter überlegen. Es ist ein wenig wie Schach oder ein Rätsel in der ZEIT.

Cafe Paris

Im Job arbeite ich mit Markenkernen und Markenkernmodellen. Da geht es um strategische Ausrichtungen, Positionierungen, Visionen und kreative Umsetzungen. Es ist an der Zeit, die Instrumente für mich zu nutzen. Den Familienpapa neu zu definieren, diesen Papa, Texter, Blogger, Landmenschen Jens Schönlau. Stillstand ist der Tod, heißt es. Was soll ich sagen? Es ist mir lästig. Genau genommen habe ich einfach verdrängt, dass noch einmal ein größerer Schritt kommt. Manchmal wird man im Leben gemütlich. Den Motor anwerfen, aus dem Gleiten ins Bewegen, Verändern. Sich ein wenig neu erfinden. Das dürfte nicht das Schlechteste sein. Sage ich den Kunden. „Sehen Sie die Chancen! Es wird Sie und Ihre Leute beflügeln! Sie werden neue Lust am Tun gewinnen, frischer auftreten, begeisterter. Es wird Ihnen allen gut tun.“ Ja. So ist es dann auch immer. Die Augen leuchten wieder, die Ideen sprudeln, das Festgefahrene erhebt sich aus dem Beton der Zeiten.

Jungfernsteg

Wenn ich daran denke, was die Flucht derzeit für die Flüchtenden bedeutet. Alles zurücklassen. In allem neu starten. Die Wurzeln nicht rausgerissen, kurz geschnitten. Autsch. Nepper, Schlepper.

Hochbahn

Gerade habe ich sehr, sehr viel zu tun. Eine Messe steht an in zwei Monaten. Bis dahin habe ich einiges auf die Beine zu stellen. Lange Arbeitstage, früh ins Bett. Heute mache ich eine Ausnahme. Schreibe mal wieder. Ein wenig für mich. Reflektieren. Fragen.

you decide

Zwischen all diesen Bildern aus Hamburg, die in sich reinziehen. Der Sog gefällt mir. Dazwischen das Männchen an der Wand von der anderen Seite der Elbe. Landungsbrücken, Elbtunnel, rüber machen, zurückschauen auf die Stadt. Am Wochenende fährt das Boot nicht, leider. Also herabsteigen all die Stufen, nur nicht den Aufzug. Fischbrötchen essen.

Graffiti

So. Genug. Das Bett ruft doch. Morgen Früh eine Broschüre, es geht um Maschinen. Starke, robuste Maschinen. Recycling. Macht Spaß, macht Sinn. Wertarbeit. Schaut noch ein wenig Fotos, schlaft gut. Mach ich auch. Gleich, wie ein Stein:) Gut, dass der Frühling kommt, es warm wird und mir die Sonne ihre warmen Strahlen auf die Schulter legt. Wird schon. Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.

Elbtunnel

Landungsbrücken

Boot_Hamburg

Kräne II

Kräne

Flur HH

Rolltreppe HH

Hochbahn II

Hamburg, Fotos erster Tag bis zur Reeeeperbaaahnn

Burger

Und dazu der Soundtrack:)

HBF, Deichtorhallen, Speicherstadt, Elbphilharmonie, Boot, Landungsbrücken, Hafen, Reeperbahn, Kiez. Erster Tag, zu Fuß, bis in die Nacht.

Und am Ende sind wir dort gelandet, wo die Esso-Häuser mal gestanden haben. So hat sich ein Kreis geschlossen. Der Bretterzaun um die Lücke. Buy, Buy St.Pauli, den Dokumentarfilm haben Viveka und ich im Lokal Harmonie in Ruhrort gesehen. Plötzlich standen wir dort.

Bild_Tür_2016

Elbphilharmonie2

Elbphilharmonie3

Heidi

Speicherstadt

Große Freiheit

Reklame

Hotel 82

Coke

Flur-Bebra

Esso

Festplatte foller Fottos

Raststätte

3 x F

Frisch, fromm, fröhlich, frei. Ups, eines zu viel. Habe ich euch und dem Blog schon anvertraut, dass ich als Kind Turner war? Wettkämpfe? Saltos. Barren, Reck. Und ich war sogar Übungsleiter und hatte eine F-Lizenz. Da habe ich mehr Geld bekommen.

Sitze in meinem Bett. Feierabend. Bin ein wenig müde. Morgen noch, morgen Abend nach Essen und dann düsen Viveka und ich Freitagfrüh nach Hamburg. Wir haben Marlens Wohnung in Eimsbüttel gemietet, Bruno hat uns ein Wahnsinns-Programm zusammengestellt. Wir werden im Freudenhaus essen und Vivekas Geburtstag begehen. Das ist ein Restaurant. Wir werden in Mickys Schmalem Handtuch auftauchen, wo Bruno uns angekündigt hat, und Slibowitz trinken. Wir werden ins Cafe Paris einlaufen und vielleicht schaffen wir es noch ins Crazy Horst zum crazy Horst, den wir grüßen sollen.

Bin ich vom Thema abgewichen? Kann das sein? In der Überschrift steht doch was ganz anderes und dann auch noch falsch mit f geschrieben. Wegen der Fotos.

Menschen sind unterschiedlich:)
Menschen sind unterschiedlich:)

Heute Abend reise ich durch meine Festplatte. Das ist ein Weg, den ich gerne gehe. In etwa so, wie im Sommer durch den eigenen Garten schlendern und schauen, was so wächst. Von Tag zu Tag. Ach, der Salat kommt. Hoffentlich schaffen es die Kürbisse rechtzeitig, bevor ihnen die Schnecken die zarten Blättchen vom Stengel fressen. Happs. Nun, man muss sehen, wo man bleibt.

Columbas_Aufzug

Ein Meister des Abschweifens. Mein wunderbarer Freund Andreas lacht sich dann immer kaputt und wirft ein, dass der tungendhafte Pfad des stringenten Erzählens mal wieder außerordentlich weitläufig verlassen wurde. Er sagt dann auch schon mal soetwas, wie zu irgendeinem Punkt kommen. Nun. Gut.

Fottos mit zwei t. Tö. Ich habe diverse Festplatten, die sich fragen, was ich mit all dem Zeugs will. Gigabytes Material. Von all diesen städtischen, ländlichen Streifzügen. Wenn man kein Thema hat, wenn man kein Künstler mit Faible ist, mit Struktur und Plan, haut man mit dem Auslöser einfach alles weg. Hier Linien, dort Struktur, dann ist es das Motiv, dann das Licht, dann die Lust am Knipsen oder das Außergewöhnliche und noch nie Gesehene.

Fenster

In den letzten Jahren war ich mit meiner Kamera ziemlich vertraut. Sie wollte mit, ich hab mich überreden lassen. Warum nicht? Viveka hat nichts dagegen, sie hat Geduld, sie stört es fast nie, dass ich zurückbleibe, den Tunnelblick bekomme und durch die Linse abtauche. Schließlich ist sie fiftyfiftyblog-Fan No. 1. Mittlerweile hat sie alle Beiträge gelesen. Wahnsinn. Ich lese den fiftyfiftyblog nie (wobei ich natürlich alle Beiträge gelesen habe, zumindest Korrektur:). Fast nie. Manchmal die Gedichte. Mag mich nicht umdrehen, liebe das Neue, das Vorne. Ist hier noch jemand, der alle gelesen hat? Du keommst ein Geschenk. Oute dich, Fremde, Fremder, nimm den Ritterschlag entgegen. (in etwa eine Szene aus Godd Will Hunting).

Ab und an erzählt mir Viveka von alten Texten und ich staune, weil ich sie schlicht vergessen habe. Sonst macht das auch so gut wie niemand. Das Gestern im Blog ist das Nirwana.

Also habe ich eben meine Festplatte durchleuchtet. Wahllos Ordner geöffnet, durchgefahren, vorbeifliegen lassen, geschaut, wo es mich hält. Random. Eine kleine Zufallsausstellung. Hereinspaziert, wertes Publikum, kostet nix. Bleiben sie, setzen sie sich, einen Kaffee? Wein? Wasser? Einen kleinen Happen? Bitte schön, fühlen sie sich wohl.

Manchmal tritt Erstaunliches zu Tage. Einmal gesehen, aber vergessen. Oder mit anderem Blick drauf geschaut oder keine Zeit gehabt oder keine Muße. So freue ich mich über neue alte Fotografien. Über Ostern, in Hamburg, die Sonne soll scheinen, ja, kommen noch einige hinzu. Ich freue mich. Und jetzt, veröffentlichen klicken und Vorhang auf für eine klitzkleines Sammelsurium:)

Mais

Mit Mama über die Weltlage gesprochen

Bildschirmfoto 2016-03-11 um 22.22.28

Heute war ich im homeoffice. Irgendwann rief mein geschätzter Kollege an, ob ich schon von Belgien gehört hätte? Nee, hatte ich nicht. Ein Kunde von uns ist seit Montag in Brüssel und heute hätte eine Messe begonnen. Hätte. Später habe ich mit unserem Kunden telefoniert, nachdem er irgendwann das Messegelände verlassen konnte. Nah dran. Das fühlt sich anders an.

Bomben mitten in Europa, nicht am Rande in der Ukraine, im Zentrum, in Brüssel.

Am frühen Abend hat meine Mama angerufen. Ihr Freund ist im Krankenhaus. Wir haben gesprochen, Mutter, Sohn. In meinem Leben habe ich viel mit ihr geredet. Mein Vater war durch seinen Schlaganfall und die linksseitige Lähmung auch als Vater gehandicaped, da hat meine Mutter übernommen. Das hat bei mir ein paar Dinge durcheinander gebracht. Männlich, weiblich. Ich weiß dieses Durcheinander zu schätzen, es ist eine etwas andere Perspektive, so ein paar Grad verschoben. Es war nicht einfach, zu lernen damit umzugehen und das als eine gute Eigenschaft zu sehen. Hat gedauert. Nun.

Durch den engen Kontakt zu meiner Mutter war mir das Weibliche immer nah. Kürzlich hat jemand einen Text von mir gelesen, ohne zu wissen, von wem er war. Als raus kam, dass ich ihn geschrieben habe, meinte er: Ah, ich hatte gedacht, den hätte eine Frau geschrieben.

Nun, was immer das bedeutet. Aber Fakt ist: Dieser Blog wird überwiegend von Frauen gelesen. Ist auf jeden Fall kein Männerding. Ich denke, das ist letztlich meiner Mama geschuldet, mit der ich heute am Telefon über die Welt geredet habe. Ihre Meinung gefällt mir. Sie meinte: Das ist alles, weil das Internet die Welt so klein gemacht hat.

Das Internet hat die Welt verändert, keine Frage. Gibt es da tatsächlich Parallelen? Der neue Markt Ende der Neunziger, die Web-Start ups, der Boom, die Türme. Seither passieren Dinge, die nicht schön sind. Schneeballeffekt. Afghanistan, Irak, Syrien, Libyen. London, Madrid, Paris, Ankara, Brüssel. Anschläge hier, Anschläge dort. Ganz zu schweigen von Bagdad.

Parallel findet allerorten Radikalisierung statt. Die Türkei grenzt systematisch Demokratie ein. Ungarn, Polen. Im Amerika schickt sich Trump an, für die Republikaner und gegen den Willen der Republikaner um das Präsidentenamt zu kandidieren. Mit radikalen Ansichten. Und in Deutschland gewinnt eine rechte, in Teilen offen rassistische Partei bei Landtagswahlen 24, 15 und 12 % der Stimmen.

Es ist ein großes Geschrei dort draußen. Meine Mutter ist entsetzt wegen all des Gebarens. Ich denke, für sie ist das alles eine Sache schlechter Erziehung. So geht man mit Menschen nicht um. Wenn früher ein Hausierer an unserer Tür schellte, hat meine Mutter ihm kein Geld gegeben. Sie hat gefragt, ob er Hunger habe und hat ihm ein Brot geschmiert und etwas zu essen eingepackt. Mein Vater hat Menschen in Not mit nach Hause gebracht und bei uns übernachten lassen. Eine Kollegin von ihm war Zuhause verprügelt worden, da hat sie eine Woche im Zimmer meines Bruders gewohnt. Er war zu mir und meinem kleinen Bruder ins Zimmer gezogen. Es gibt viele Begebenheiten.

Ich schreibe das, weil ich meine Eltern für Ihre Humanität schätze. Humanität. Menschlichkeit.

Islamischer Staat, Donald Trump, diese neue Partei in Deutschland, die Werte der Menschlichkeit negiert und einfach, ein genialer Trick, als Lüge bezeichnet. Und viele folgen der feinen Flötenmelodie, weil sie Auflehnung dagegen verkündet. Das Prinzip ist so: Wir leben angeblich gar nicht in einer freien, demokratischen Gesellschaft, sondern sind fremdbestimmt durch verborgene, fremde Kräfte, die uns unterwandern. Das hat niemand gemerkt und viele sind in diese Unterwanderung eingebunden, weshalb alle lügen. Wenn man sich nun nicht dagegen stellt und das verlogen Etablierte nicht angreift, wegwischt, dann übernehmen Ausländer, der Islam oder links verspinnerte Gutmenschen das Land und sorgen für den Ausverkauf und Untergang. WÖHRETT DEN ANNFÄNGGGEN.

Die Gegenwehr ist bislang leider schwach. Sehr schwach. Was ich auf Facebook lese, ist der Versuch, den politischen Feind mit althergebrachten Mitteln zu bekämpfen. Auseinandernehmen, intelektuell sezieren und das Verwerfliche aufbereiten und dann mit Häme überschütten. Ich habe den Eindruck, dass das ziemlich schlecht funktioniert. Weil das die Menschen, die zum Beispiel oft bislang Nichtwähler waren und endlich eine vermeintlich gute politische Heimat gefunden haben, nicht interessiert. Im Gegenteil, die mittlerweile konventionell gewordenen Mittel des einst revolutionären linken Kampfes werden als Beweismittel für die Unterwanderung durch Lug und Trug gesehen.

Lug und Trug stehen dabei für falsch verstandene Werte. Für eine Atmosphäre der moralischen Integrität, in der man nichts mehr sagen darf. Vor allem nicht die Wahrheit. Und diese Wahrheit ist? Diese vermeintliche Wahrheit ist das, was diese neue Partei verkörpert. Und was verkörpert sie? Im Grunde das, was früher als der Stammtisch bezeichnet wurde. Was früher jedoch bierselig als stramm provokant rechts hinter verschlossenen Kneipentüren ausposaunt wurde: „Die müsste man alle…“, wird nun auf Marktplätzen, über soziale Medien und durchs Fernsehen multipliziert und multipliziert und multipliziert. Der Aufstieg hat sich mit rasender Geschwindigkeit vollzogen. Aus dem Stand die 5 % Hürden reihenweise übersprungen. Und alle haben diese Kampagne getragen. Die Talkshows, die sozialen Medien, die Presse – alle haben sich in ihrem Kampf gegen die neue Partei zu Multiplikatoren, zu Bühnen, zu Reichweitenverbreitern gemacht. Wie oft habe ich das Logo gesehen. Natürlich mit einem verunglimpfenden Spruch versehen. Letztlich hat das die Partei bekannt und bekannter und zu einer Marke gemacht. Zu einer attraktiven Marke, mit der sich zu viele identifizieren.

Und ja, da hat meine Mutter Recht, denke ich. Das Internet beschleunigt das alles. Hier treffen sich alle. Auch die, die sich politisch schon verloren gegeben hatten und nun plötzlich Aufwind spüren. Die Skepsis, das Dagegen hat HEIMAT. Das funktioniert nicht nur in Deutschland. Unzufriedene weltweit finden zusammen. Unter schwarzem Banner mit weißer Schrift, unter weißen Halbmonden und auch unter Sternenbannern.

Woher kommt all diese globale Unzufriedenheit? All diese Bereitschaft zu Tod und Krieg und Schande? Weil die Welt ungerecht ist? Geht es um Geld, Öl, Macht?

Paris, Belgien. Auf Facebook hatte jemand geposted: Je suis sick of this.

Meine Mutter meinte, es müsste einem was einfallen, was man der Welt geben kann, dass sie sich besinnt. Würde ich jetzt sagen, dieser Einfall wäre das Wort Liebe, dann würde ich mich der Lüge und des Gutmenschentums verdächtig machen. Egal. LIEBE. Nur weil das Wort so schön ist.

Nun, dann sagen wir zumindest: Respekt. Ein höfliches, zuvorkommendes Miteinander, wie man es an einer guten Nachbarschaft schätzt. Nur: jemand müsste anfangen. Mir würde es gefallen, wenn Europa den ersten Schritt täte. Das gute, alte, heute erneut verwundete Europa.

Der IS weiß, was er tut. Er sät Hass und freut sich über all die Pflänzchen, die aufgehen. Er züchtet sich Feinde im Glashaus Europa, in dem die Wachstumsbedingungen immer besser werden. Brüssel war frischer Dünger für den Hass. Schließlich können jetzt all diese Parteien da draußen rechts sagen: Siehste! Und sie können die Finger erheben und zeigen, wohin die Lüge geführt hat. Weich sein, ist in ihren Augen die Lüge, hart sein die Wahrheit. Die einzige Sprache. Man muss zurückschlagen, denken sie, man muss harte Maßnahmen ergreifen, sagen sie. Und sie bekommen Applaus.

Wenn auf zwei Seiten Hass wächst, wird am Ende des Tages nichts Gutes dabei rauskommen. Minus und Minus wird nur in der Mathematik zu Plus. Im wahren Leben endet das in Tränen.

„I believe in humanity“ – Macklemore/ Köln/ Lanxess Arena

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…and had a really really really good time

In order to have the best dance party in the world
All you have to do it: DANCE!

Weihnachten 2015. Das erste Mal ist Zoe nicht da. Surfen in Neuseeland. Mein Herz blutet. Diese kleinen Abschiede sind gut, aber schmerzen. Natürlich. Nichts anmerken lassen. Man muss sie gehen lassen. Es ist der Weg.

Zuvor hatte ich Glück. 1Live hat mir auf dem Weg nach Essen erzählt, dass am nächsten Tag die Tickets für Macklemore & Ryan Lewis vertickt werden. Online. Ey! Klar, Mann. Zoe hat wie bekloppt diese fucking 1Live Nummer gewählt, um beim Radio-Konzert dabei zu sein. For free im Gloria. 1.000 x gewählt. Besetzt. Nix.

Sie hat es ohne Tränen genommen. Sie ist tough, sie ist schön, sie ist klar, sie ist Vegetarierin, sie will Ärztin werden, sie ist die Beste. Tochter der Welt. Habe ich hier je erzählt, wie tief ihr Name in die Wände meines Herzens tätowiert ist? Ihr wisst, wie es ist, wenn man Tränen in den Augen hat, weil ein Gedanke angeflogen kommt, dass ihr irgendetwas passieren könnte.

Ich wollte diese Karten für Zoe. Das Konzert war rasend schnell ausverkauft. ZACK. Zwei Karten habe ich erwischt. Bingo. Kurz vor Schluss. Alle wollten.

Und dann, hat sie sie in Neuseeland geschenkt bekommen und hat sich wie doof gefreut. Nun hatte ich zwei gekauft, damit sie eine Freundin mitnehmen kann. Hat sich nicht. Sie hat gesagt: „Paps, natürlich gehen wir beide.“ Hach.

Das Konzert. Wow. Wie beschreiben? Dance. Abgeflogen. Ich liebe zum Beispiel den Song und das Video:

And we danced, and we cried
and we laughed and had a really really really good time
Take my hand, let’s have a blast
And remember this moment for the rest of our lives

Leider werden solche Abende derzeit überschattet. Der Abend vor den Landtagswahlen in Deutschland. War klar, dass diese Partei die Stimmen holt. Deutschland hat die Hose runter gelassen. Seit 45 heißt es: „Das darf nie wieder geschehen.“ Sie haben gekuscht, die Schnauze gehalten. Ein paar Wehrsportgruppen, immer mal wieder Nazis. Aber keiner wusste, dass es so viele sind. „Das habe ich nicht gewusst!“ Rassismus in Deutschland is real. Die traurige Wahrheit: es hat sie seit 45 immer gegeben und es sind mehr, als wir gedacht haben. Wir müssen neu denken, ich muss neu denken. Die Uhren wurden zurückgestellt. Es ist frustrierend. Dieses Land hat es nicht geschafft. Unter uns leben Nationalsozialisten. Rassisten. Und es sind viel mehr als angenommen.

Das ist Demokratie. Rosa Luxemburg: Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden. Wen genau muss dieses Land integrieren? Wer sind die Fremden? Mir sind hier einige Leute, die hier schon sehr lange wohnen, sehr fremd. Es ist, als ob man mit einem sehr unangenehmen Menschen in einer WG wohnt. Ausziehen? Boah, ey.

Weshalb ich die Politik erwähne? Nun: Macklemore ist Pop-Ikone mit politischem Statement. Dance und Haltung. Macklemore kam rein. Hat alle aufstehen lassen. Yep. Nix dumm rumsitzen und so ein wenig mit dem fetten Popo auf dem Sitz rumrutschen. PARTY! Das hat er drauf. Das hat er gemacht. Es krachen lassen.

Und er sagte diesen Satz: „I believe in humanity!“ Und er hat über Deutschland gesprochen und seinen Respekt gegenüber der Grenzöffnung für Flüchtlinge. Menschlichkeit. Angela Merkel. Für viele andere ist das Boot voll. Ein paar dürfen rein, der Rest soll wo auch immer einfach verrecken. Ertrinken, erfrieren, dem IS vor die Füße geworfen werden. Brot und Spiele. Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Mitten in Deutschland 2016. Nun ja, nicht mitten in Deutschland, es gibt da Randbereiche. Wie viele Juden sind 39-45 gestorben, weil sie kein Asyl bekommen haben?

Es ist einfach kaum zu fassen. Ich bin gleichzeitig stolz auf Deutschland wie nie und schäme mich gleichzeitig in Grund und Boden. Wo den Blick hinwenden? Wenn Frustrierte auf Flüchtlinge treffen. Es wird nichts anderes übrig bleiben, als nachzufragen, was so frustrierend ist. Wir scheinen da einige Dinge nicht mitbekommen zu haben. Demokratie muss jetzt zeigen, was Demokratie kann.

Macklemore hat den Saal gerockt. 15.000 high. Was für ein Typ. Was für ein Vergnügen, das mit Zoe zu erleben. Unvergesslich. Und Zoe und ich mittendrin. Nach dem Konzert habe ich Zoe auf eine Party in Overath gefahren und bin dann in Richtung Essen abgedreht. Macklemore im Radio. Geflasht. Hier die Songs – meine Favourites habe ich zu youtube verlinkt:

Light Tunnels
Brad Pitt’s Cousin
Buckshot
Thrift Shop
The Shades/Arrows
Wing$
Same Love
Growing Up
White Privilege II
Kevin
St. Ides
Let’s Eat
White Walls
Can’t Hold Us

Encore:
And We Danced
Dance Off

Encore 2:
Downtown

Macklemore muss unbedingt in dieses Tagebuch. Das werde ich nicht vergessen. Am Ende hat er die 15.000 Peace rufen lassen. 3x. Ich habe sehr gerne mit den Wölfen geheult. Es kommt immer auf den Text an, und die Haltung. Die verfickte Haltung, die manche einfach nicht mehr hinbekommen. Aufrecht, mit geradem Rücken, der Vergangenheit auch in Zukunft in die Augen schauen können.

„I believe in humanity!“ YES.