Als High Tech-Roboter X.X in die Unendlichkeit hinter allem

achtzehneintel

Ja.

Wir reden von Vernetzung. 2.0. Wir reden von Roboting. 4.0.

Und eigentlich sind wir schon ALLES.X.

Es sind langsame Schritte der Erkenntnis. Es sind Jahrhunderte, Jahrtausende, Unvorstellbarkeiten, die es braucht. Wir gehen durch die Zeit, erfinden, vergessen. Entwickeln. Und letztlich: Bewohnen wir in der Unendlichkeit aller Planeten, Himmelsstraßen und Galaxien diesen einen blauen Planeten. Als Menschen. Mit Tieren. Pflanzen. Nur, weil es Sauerstoff gibt. O2. Eine galaktische Anomalie.

Wie lustig ist das? Roboter. Cyber. Und das alles sind wir längst. Ein plumper, DOS-gesteuerter Schweißroboter braucht Starkstrom. Wir laufen mit Minimalampere. Sind perfektioniert. Als Menschen versuchen wir nachzubauen, was wir schon sind.

Göttlicher Code. Ich sitze vor diesem Bildschirm, halte einen Augenblick inne und schaue, was meine Hände, meine Finger können. Da Vinci. Alles. Jeden Punkt in Reichweite. Die Finger zu Geschichten formen, zu Zeichen, zu Liebkosungen. Drohungen. Sprache, Ausdruck, Handeln. Ich wedele nur ein wenig und bin als einer von 7 Milliarden besser als jeder Roboter. Mit allem Potenzial, das Kind streicheln, das Schwert erheben, die Hand reichen, den Abzug drücken, den Kopf tätscheln, die Rakete zünden, die Kaffeemaschine.

Aktionspotenziale. Nervenstränge. Stromfluss im Millibereich. Ein Roboter funktioniert nur mit Strom, wir haben parallel chemische Prozesse. Hormone. Wir glauben an Roboter, die seit Jahrzehnten entwickelt werden. Unsere Entwicklungszeit läuft seit Anbeginn. In Eiweißstrukturen steckt die Information, Aminosäuren. Alpha-Helix. Gekoppelt, gepaart. Purer Wahnsinn. Die Wissenschaft versucht, nachzubauen, was in Perfektion bereits vorhanden ist.

Gehirne, Nervenbahnen. Blut, chemische Prozesse, Energie. Alles Vorhandene verwandeln wir in Antrieb. Ein Modell, das mit Getreide, Fleisch, Milch, Früchten, Wasser, Bier, Donuts, Burgern läuft. Mit Astronautennahrung, Eiscreme, Pasta, Beef, Sprossen, Algen. Egal. Einwerfen, umwandeln. Energy. Leben.

In Technik und Fortschritt gibt es nichts, was weiterentwickelt ist. 7 Milliarden High Techs. Leider oft mit falscher Programmierung. Das nennen wir Sozialisation. Das Einstellen des Codes auf Gesellschaft. Ich verwende dieses Wort, weil ich es mag. Es steht über den Dingen, es symbolisiert einen Wert. Seit Ewigkeiten kämpft mein Denken gegen die BWL, diese widerliche, beherrschende Teildisziplin, die sich der Moral entzieht. Eine dumme Wissenschaft, eine hoch spezialisierte Teilwissenschaft, die aus dem Ruder gelaufen ist. Wie Religion. Irrwege. Tötend, verletzend. Stark. Wer studiert nicht lieber BWL als Gesellschaftswissenschaften? Erwirtschaften, Reichtümer, Materielles. Religion: Versprechen, Hoffnung, Paradies. Jungfrauen, Wolken, Himmelstore, in Wohligkeit gebettet. Erleuchtung, Amen. Und irgendwann am Ende wird alles gut sein – wenn du tot bist. Seltsamer Deal.

Es ist egal, wie wir als lebendige Roboter eingesetzt werden. Wenn wir in den Himmel schauen, kommen in der ersten Reihe die Sterne, danach kommt irgendetwas, vielleicht das Nichts. Einstein, Hawkings.

Irrelevant, ein schönes Wort, das mir Viveka in einem Moment der Erleuchtung geschenkt hat.

Gehen wir auf die Stufe der emotionsfreien Bewertung. Vergessen wir Moral und die uns in Angst erstarren lassende Liebe. Tun wir kurz so, als wären wir so plump wie monoton agierende Maschinen. Und dann? Stellen wir fest: Der Zusammenhang unseres Lebens auf diesem blauen Planeten ist banal. Es hat keine Relevanz. Nicht wirklich.

Wir haben zwei Eckpunkte: Geburt und Tod. Dazwischen Geschichten, Farben, Tage, Urlaube, Sex, Gewalt, Angst, Liebe, Hunger, Befriedigung, Neugierde… Was alles. Ein Umfeld, das mitfühlt. Dem wir gut tun oder Schlechtes zufügen. Ein Rennen, Laufen, Stechen, Gieren, Wollen, Mitmachen, dagegen Sein. Facetten des Seins. Mit welcher Bewandtnis?

Würde in diesem Augenblick die Welt implodieren, wäre es ein Sekundenspektakel. Weg. Kein Amageddon, Schreien, Wimmern, Blaulicht. Peng, Zack. Keine vorhersagende Wissenschaft, keine Ankündigung eines Untergangs eines Planeten. Der grüne Punkt erloschen, die Herzkurve auf Null. Kein Feuer, kein Knall. Nothing.

Das Schöne: Wir können unsere Zeit verwenden, wie wir wollen. Es ist egal. Wir schauen über wenige Jahrzehnte, über die Sterne lächeln. Wir können uns aufregen, kämpfen, Widerstand leisten, Theorien entwickeln, schimpfen. Und?

Wir stehen auf gegen Vietnam, bekämpfen das Establishment, Leute von der Deutschen Bank werden erschossen, Flugzeuge nach Mogadischu entführt. An neuen Startbahnen gibt es Schlachten, 100.000 schreien in Bonn nach Frieden und am Ende wird Belgrad bombardiert, Türme fallen, Soldiers quälen Menschen in Abu Ghareib, deutsche Soldaten verteidigen am Hindukusch, um letzten Endes zuzusehen, wie der Islamische Staat (ein Marketinggeschöpf wie Megaperls oder powerenergy) Menschen quält.

Es ist die bittere Wahrheit, das ein Mörder des Islamischen Staates mit allen körperlichen Möglichkeiten ausgestattet ist, die ein Mensch hat. Er entscheidet einfach falsch in dem, was er seine Hände tun lässt. Und nicht nur die Mörder des Islamischen Staates tun das, viele andere auch. Es ist eine Tendenz, Blut an den eigenen Händen oder am eigenen Tun zu akzeptieren. Weil der Wert eines einzelnen Menschen abnimmt?

Als Menschen haben wir Schwarz und Weiß, Ying und Yang. Moralische Positionen, Werte, Haltungen. Rein theoretisch könnten wir in jedem Augenblick neu entscheiden. Manchmal gelingt das, aber meist ist der Zug des Lebens unterwegs und die Schienen sind in die eine oder andere Richtung ausgerollt. Es läuft, wie es aktuell heißt. Intelligenz, evolutionäre Möglichkeiten treffen auf die Dummheit der Individualität, die sich verführen lässt. Schade.

Was könnten wir mit unseren Möglichkeiten schaffen. Welches Potenzial schlummert in uns. Wie weit bleiben wir als Auserkorene unseres Universum hinter unseren Möglichkeiten zurück. Idioten, statt Talentierte. Wenn ich in den Himmel sehe, überkommt mich eine Sehnsucht. Nach Avengers, Guardians of the Galaxy und Interstellar treibt mich der Gedanke nach intergalaktischem Auswandern um. Das Gute nehmen und exportieren. Sollen sich Vollidioten hier umbringen, die Köpfe einschlagen, beschimpfen, Schuld zuweisen, Häuser anzünden, auf Schwächere einprügeln und dieses widerliche, vermeintlich überlegene Grinsen grinsen. Kurzschluss-Robots.

Ich nehme das Schiff der Integren und entschwebe. Major Tom to groundcontrol. Bye. Tee, Kekse, Vision und Ziel. Abflug. Tja. Und dort: Nur Bücher. Das übergeordnete Denken jenseits der aberwitzigen BWL mit ihrem tumben Dolch der Rendite.

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Die Sterne sind die erste Reihe der Unendlichkeit

Jens 2015

Sorry, heute habe ich die Headline, die Überschrift missbraucht. Diesen Satz möchte ich mir merken, deshalb habe ich ihn hier in das Tagebuch geschrieben, damit er erhalten bleibt. Wie es zu ihm kam? In diesem Fall ist es eine lange Geschichte, die einen Tag beschreibt.

Den Tag.

Er kommt jedes Jahr und ist für mich besonderer als Weihnachten. Er gibt mir meinen Atem zurück, meine Freiheit, meine Leichtigkeit. Ich könnte ihn T-Shirt-Tag nennen oder den Beginn der Draußen-Zeit. Seit ich hier in der alten Schule wohne, hatte ich ihn in jedem Jahr.

Der Winter auf dem Land ist lang. Hier in Nosbach viel länger als in Köln. Er beginnt früher und endet später. Das sind nicht Wochen, sondern Monate. Schrecklich. Aber heute, heute endlich, konnten wir einen Haken dran machen. Die warme Jahreszeit hat begonnen. Die Zugvögel sind lange durch, die Sonne geht schon wieder im Westen (über Welpe) unter und die Temperaturen, ja die Temperaturen… Vorerst kein Ofenfeuern mehr (und kein Holzschleppen aus dem Keller). Plötzlich sind alle da. Draußen, vor der Tür. Auf einen Schlag.

Heute habe ich frei gearbeitet. Nach nicht ganz einfachen Tagen mit Viveka und Ela war ich froh, wieder auf der Spur zu sein. Das ist dieses Gefühl, Energie für sich zu haben. Um kurz nach Sechs ging der Wecker, Herr Cooper und ich haben uns auf den Weg gemacht und ich spürte: Frühling. Warm. Keine Daunenjacke. Yippie. Mir kam mein Trecker in den Sinn, und das nicht Anspringen.

Aus dem Wald heraus habe ich den Landmaschinenmechaniker meines Vertrauens angerufen und um technischen Support gebeten. Er wusste sofort. Mach dies. Mache jenes. O.K. Am Morgen hatte ich keine Zeit, dieses oder jenes zu machen, weil ich texten musste. Wollte. Termine, Anforderungen, Wünsche. Mail rein, Auftrag, Texte raus. Telefonate, Mittagessen.

Mittags habe ich das Curry von gestern aufgewärmt, habe mir einen Cappuccino auf der Treppe vorm Haus gegönnt, habe die Sonne genossen, die Texte fertiggestellt und bin raus. Wie ein junger Hund: Die weite Welt wartet, was nun? Oi. Menno. Was ich dann alles gemacht habe. Den Trecker repariert. Kleine Ursache, große Wirkung. Die Anschlüsse der Batterie gesäubert und WROMMM. Die Winterqualmschwaden zum Auspuff hinaus, das Tuckern des Diesels im Ohr. Like it. Aus der Überdachung heraus auf den Schulhof. Tuck, tuck.

Äste aufladen, Laub rechen, ab in den Wald. Noch einmal und noch einmal. Schulhof fegen, Gartenstühle rausstellen, Feuerschale säubern, Rasen mähen, die Nachbarjungs mit dem Tecker kutschieren, Bier kaufen, mit meiner Mama telefonieren, mit einem Freund, der sich verletzt hat. Die ganze Zeit über die Sonne im Gesicht. Mehr braucht es nicht. Zwischendurch Mails gecheckt, Anfragen beantwortet, knappe Zeilen geschrieben und wieder raus aus dem Office.

Irgendwann lief mir Alex vor die Füße, mein Nachbar. Er hat mir seinen richtig guten Drehmomentschlüssel geliehen, den ich morgen brauche. Bremsscheiben und Bremsklötze hinten am Familienkombi wechseln. Da sollte das Drehmoment stimmen. 220 Nm. Die Ersatzteile sind heute gekommen, der Bremsenrücksteller nicht. Also habe ich mit dem Briefzusteller vereinbart, dass ich ihn morgen Früh auf seiner Tour abfange. Von 10 Uhr bis 10 Uhr 20 in der Langenbacher-Straße. Ich werde dort sein, dann kann ich die Kiste aufbocken und loslegen. Ist aufregend, aber die vordere Bremse habe ich auch schon komplett ersetzt. Eigentlich ganz einfach, man muss nur die Traute haben.

Ich kann euch nicht sagen, wie schön das alles war. Dieser Tag, dieses Draußensein, die Luft, das Licht. Die Nachbarskinder auf meinem Trecker, die Jungs aus dem Dorf: „Wir haben zwei Fragen: Dürfen wir aufs Trampolin und 2., dürfen wir an eurem Weiher angeln?“ Sie durften, beides. Grins, strahlende Gesichter, wie schön.

Abends wollte ich mich mit Jim ans Feuer, aber er war kurzfristig zu einer Party eingeladen worden. Und Sausewind war er weg. Schade für mich, schön für ihn. Also hab ich alles weggeräumt. Die Gartengeräte, den Holzspalter (endlich ist die Buche vom Herbst gespalten), die Motorsäge (manchmal ist das Holz zum Spalten zu lang).

Auf einmal waren dann alle da. Der Stamm hat sich versammelt. Großes Palaver. Wir haben uns an unserer Feuerschale getroffen. Dann kam dieser hinzu und jener. Ein aufgeregtes Gerede – die Kommunikationssperre, die Ausgangssperre der dunklen Jahreszeit endlich aufgehoben. Das Feuer, die Flammen, das Reden. Alle. Kinder, Nachbarn.

Dort stand ich in der Dunkelheit und schaute zu den Sternen: „Die Sterne sind die erste Reihe der Unendlichkeit.“ Und was kommt dann, habe ich gefragt. „Das Nichts.“ Ups. Das Nichts. Wie mag so ein Nichts aussehen? Von der Frage werde ich noch was haben.

Tja, wie?

Ich freue mich auf jeden Fall, heute diesen Tag der Tage erlebt zu haben. Kaum auszudenken, ich hätte ihn verpasst – wegen Arbeit und so.

So wünsche ich euch einen schönen neuen Tag und sage einfach: Danke. Dem Leben, der Welt, den Sternen, der Unendlichkeit für diesen unendlich schönen Tag. Endlich zurück im Leben.

Back in the Sixties

Zwei Krähen

Mein Vater kommt mir in den Sinn. Wieder einmal. Und gerade heute, an diesem wundervollen Tag. Mann. Wie hätte ihn das gefreut. Ich möchte ihn umarmen. Wir hätten gelacht. Herrje. Auf meinen Ohren die Sixties. Soul. Dazu später. Es gibt Zusammenhänge. Überschaubare, einfache. Alles easy.

Liebe Welt, ich muss dir erklären, es ist vorbei. Spontan, ad hoc. Eine Last fällt von meinen Schultern, Tonnen, Planeten, Monde, der Mars kompletto.

Es wird warm. Herr! Dieser Winter… Vergessen. Haken dran. Der wird in diesem Leben nicht mehr mein Freund. Wir kommen irgendwie klar. Irgendwie. Dieses Jahr habe ich mich echt auf den Brustwarzen ins Ziel gerobbt und gerettet. Und dann plötzlich. Als wäre nix und gar überhaupt gar nix gewesen: Frühling. So ein echter. Kurze Eckdaten: Blauer Himmel, Vogelgezwitscher, Pflanzen, die was machen und vor allem – Wärme. Oh. Ah. Meinen Körper umfängt so ein laszives Tanzen, Hüftmoves, Kickasses.

Heute hatte ich meine Überlebensdaunenjacke, die mich mehrfach vor dem Erfrierungstod (Hand drauf, ehrlich! Wirklich! Unheimlich!!!) gerettet hat, in der Agentur vergessen. Zum ersten Mal seit Monaten! Weil mein Körper gesagt hat: Will ich nicht mehr, kann ich nicht mehr sehen, soll die am Bügel verrotten, wir setzen die spezifische Daunenjackenerinnerung im Gehirn auf OFF. Hat geklappt. Raus aus der Tür, lächeln, Stufen runter getanzt. Honey, honey.

Und nun? Sitz ich hier. War im Garten, habe einen Busch beschnitten, habe Yoga gemacht, meine Klamotten der letzten Rumreisen weggeräumt, habe Kerzen entzündet, Mails von Freunden gelesen und bestens gelaunt die Spotify-Reise in die Vergangenheit angetreten.

Da kommt mein Vater ins Spiel. Als ich Kind war, so besonders erinnerbar ab 1969, da hat er von den 50s geschwärmt. Mir war das ein Rätsel. Komische Musik, habe ich gedacht. Und nun: Was soll ich sagen, Asche auf mein Haupt, kehre ich in die alten Zeiten zurück. Meine Lieblings-Playlists auf Spotify sind derzeit Soul Classics of the 1960s und 70s Road Trip. In wenigen Tagen werde ich 50 und muss mich nun stellen. Die Schwelle ist da, wie immer man sie interpretiert. Aber: Ich bin nicht bereit, sie zu verharmlosen. Aus Respekt! Vor meinen Eltern. Als sie 50 wurden, habe ich gedacht, dass sie jetzt alt sind. Alt.

O.K., O.K., bevor ihr euch aufregt: Nein, ich bin nicht alt. Obwohl meine Kollegen, die Mitte der Achtziger geboren sind, schon Spaß daran haben. Wie stand jetzt in meinem Kalender: Jens zwei Tage weg – testet Altersheim (tatsächlich entführt mich Viveka mit einem Flugzeug in ein unbekanntes Land). Grins. Arschgeigen (love them). Nunja, wer austeilt. Ehrlich? Meine Falten stören mich nicht. Das Knie, das jetzt manchmal schmerzt, auch nicht. Die Sprints, die beim Fußball jetzt manchmal doch schon recht lang dauern, bis sie ankommen. Gegessen. Das Einzige, was mir nicht gefällt, ist das Verschwinden meiner Vergangenheit aus dem Bewusstsein der Allgemeinheit.

Was ich erlebt habe ist plötzlich mal Retro, mal out. Ich kann nun meinem Vater nachfühlen, der seine Zeiten hat verschwinden sehen. Meine Generation ist nicht mehr am Drücker. Klar, wir haben uns durch die Institutionen gehangelt und ich treffe im Beruf Alterskollegen auf Chefstühlen. Kürzlich haben unsere Leute bei einem fetten Unternehmen präsentiert und es stellte sich heraus, dass der Marketingleiter mit mir studiert hat. (Alte Zeiten, kein Bachelor, wir hatten Spasss satt. Und gute Sachen gelernt. Anders. Fernab aller Pläne. Freestyle.) Ja. Aber wir haben nichts mehr mit der Musik zu tun, die jetzt im Radio läuft. Es hört auf, mir etwas zu sagen. Ohne, dass ich mich sperre oder verurteile. Es ist einfach dieses Gefühl, dass sie nichts auslöst. Ich fahre durch die Natur, höre und all das Draußen ist aufregender.

Sage ich mal arrogant: Das ist Weisheit. Nunja. Die Wahrheit ist, es ist ein Hinausgleiten aus den Trends. Die Texte sagen mir nichts, die Art des Singens sagt mir nichts mehr. Mir. Das ist genauso gut wie früher, nur eben nicht mehr für mich. Stevie hat sich wieder einer Plattenspieler gekauft, er hat die Platten aus dem Keller geholt, ein Sofa davor postiert und hört die alten Scheiben. Und ich muss sagen, dass ich heulen könnte, wenn ich an die alten Zeiten denke. So wie mein Vater hätte heulen können, wenn er an seine Zeiten gedacht hat und meine Kinder über ihre Zeiten werden heulen können, wenn es ihren Vater nicht mehr geben wird.

Gerade läuft: Tom Petty and the Heartbreakers: Breakdown. PENG. Angefangen hat das mit GUARDIANS OF THE GALAXY (geiler Film in 3D mit super Mucke, hab ich gleich den Soundtrack gekauft, aus Respekt vor allem, allem. Manchmal muss man der Welt Demut entgegenbringen. Sag ich mal. Oder? Ich denke schon.) Ich muss mich korrigieren. Es hat früher angefangen. 2012. Mai, Juni. Das war eine Musikreise, ein Durchleben der Zeiten. Abtauchen, auftauchen. Da konnte ich Musik atmen, brauchte keinen Sauerstoff, keinen Schlaf. Mein Körper war mumifiziert. Portishead. Roads. „From this moment, how can it feel so wrong.“ Diese Frau, diese Stimme, dieses Fühlen. Manno.

Nun gut. Schauen wir nach vorne. Die Feierlichkeiten sind vorbereitet. Im ersten Schritt werden Jens, Jens, Jens (die drei aus der Küche) den Frühlingsrun nutzen und gemeinsam kochen, um die 50s Party vorzubereiten. Erste Zusagen sind da, die üblichen Verdächtigen. 1. Akt. Im September gibt es dann den Festakt. Zu viert, weil 65 ein geburtenstarker Jahrgang war, da muss man zusammenrücken. Eine Space-Party mit 4 x 50 = 200. Wir haben ein Haus gemietet. Mit Betten. Mit Platz zum Tanzen. Mit Raum für all die Zeit.

Nachdem ihr euch hier nun durch Krieg und Frieden durcharbeiten musstet, mache ich mal Schlusso und verbleibe mit positiven Vibrations. Fleetwood Mac schickt mir Dreams auf die Ohren. Eine Erkenntnis im Zwischenstand: Beseelt ist das Wort meiner Zeit. Mein Vater, er auch. Beseelt. Sein Gott habe ihn seelig. Er fehlt, wie anderes auch. Nur mehr. Und was kommt, bringt mich ihm näher. Ich liebe ihn.

Ostern am Baldeney:)

Baldeney Ostern 15-04

Nach schwerer Lyrik, sanfte Frühlingstöne in Aprilfarben. Am Grün haperts noch, die Kontraste kommen. LICHT! Sonne. Spiegelungen. Sommerhungrig. Ich freue mich, und wenn ich mir vorstelle, wieder in Italien zu sein… Levanto. Mittelmeer. Farbenlichtrauschendes Leben. Zusammen mit Zoe. Ruhe. Konzentration. Lassen. Frei sein, high sein. Das Leben mit seinen Lichtspielen. Und so küsse ich es.

Baldeney Ostern 15-03

Baldeney Ostern 15-02

Baldeney Ostern 15-05

Baldeney Ostern 15

14:59

Tulpen_red

Manchmal ist das Leben ein schmerzliches Unterfangen. Man muss zum Zahnarzt, die Steuererklärung abgeben, Abschiede hinnehmen. Es läuft nicht immer so, wie man es sich wünscht. Die Menschen in Syrien, Irak, Afghanistan, Pakistan können ein Lied davon singen. In diesem Augenblick scheint die Sonne, dann WUFF. Vorbei. Die Liebsten getroffen.

Donnerstag wollte Viveka kommen. Um 17 Uhr. Als sie um 18.30 Uhr noch nicht da war, habe ich angerufen. Niemand wusste, wo sie war. „Ihre Tasche steht hier, die Handtasche.“ Ich wusste nicht. Ruhig bleiben. Dann kam sie zur Tür rein, nahm den Hörer. Ihre Mutter. Ein Herzinfarkt. Anruf des Vaters. Notarzt, Krankenhaus, Intensivstation. Das ganze Programm. Reanimation, Kampf.

Ich komme, sofort. Eigentlich wäre sie gekommen, aber sie konnte nicht. Mit Ela konnte ich nicht sprechen, sie war im Yogaunterricht. Zoe und Jim meinten: Fahr, wir kommen klar. Wie viele dieser Anrufe treffen uns in einem Leben?

Meinen ersten Anruf erhielt ich 1978. Da war ich dreizehn und Klassensprecher der Klasse 7A der staatlichen Realschule Cochem. „Beatrix ist gestern Abend gestorben. Ein Verkehrsunfall, wir besuchen ihre Mutter, kommst du mit?“ Klar. Klassensprecher, Verantwortung. Ich war klein, blond, knuffig. Ihre Mutter hat mich nicht mehr losgelassen. Später sind wir in die Kirche zum Sarg. Ich wusste nicht, dass der Sarg offen sein würde. Das Bild habe ich nicht vergessen. Es war die Zeit, als mein Vater nach seinem Schlaganfall gerade aus der Reha zurückgekommen war. Nach zwei Jahren, halbseitig gelähmt. Manchmal ist das Leben Krieg.

Gestern, um 14:59 Uhr starb Vivekas Mama. Ich saß im Wartezimmer der Intensivstation, als Viveka heraus kam. Das Zickzack der grünen Linie hatte aufgehört. Von 107 auf 0. Eine letzte Bewegung. Unfassbar. Was sagt man angesichts des Schmerzes? Wie Trost spenden?

Von der einen auf die andere Sekunde. Ohne Vorwarnung, ohne Rücksicht, ohne eine Hand, die führt, trägt. Parallel Telefonate mit meiner Mutter, die auch im Krankenhaus liegt, weil das Herz Sachen macht. Normalerweise wäre ich zu ihr gefahren, hätte sie besucht. Es geht ihr gut, es scheint, als liefe alles auf einen Herzschrittmacher hinaus. Sie lebt. Vivekas Mutter ist gestorben und ihr Schmerz tut weh. Mir.

Ich konnte Viveka ein wenig tragen, ablenken, behilflich sein, da sein. Das, was sich machen, tun lässt. Wenig. Man kann es nicht von den Schultern nehmen, den Weg durch das Tal nicht mitgehen. Dieser Tod ist eine verfluchte Scheiße. Kein Wort ist in der Lage, dem gerecht zu werden.

Die Zeit kommt, wenn die Zeit gekommen ist. Zu früh, viel zu früh. Völlig inakzeptabel. Es hilft nichts. Keine Beschwerde nirgendwo. Die Woche beginnt, der Montag kommt. Busse fahren, Geschäfte öffnen, Zeitungen melden. Das ganze Programm. Beerdigungsinstitut, Versicherungen, Ämter. Beschäftigungstherapie, Ablenkung. Machen, tun. Verzweifeln, weinen, Mut fassen, den Blick nach vorne richten. Beschwichtigen, das Gute sehen. Dankbar sein für das Vergangene. Der Tod ist der grausamste Teil des Lebens. Er kommt öfter, je älter man wird.

Die Bilder bewahren, die Spuren im Ich, den Klang der Worte, die lebendigen Erinnerungen, die Eindrücke aller Sinne. Das Küssen auf die Wange, das Leuchten der Augen, der Klang der Stimme, diese Art und Weise, Dinge zu tun. Je mehr wir geliebt werden, desto größer der Schmerz. An diesem Wochenende durfte ich erfahren, wie sehr ein Mensch geliebt werden kann. Es waren mindestens 10 Jahre zu wenig. Niemand kann erklären, wo sie geblieben sind. Der Wecker klingelt und es bleibt nichts, als es zu akzeptieren. Das ist Leben in seiner ganzen Konsequenz.