Wasser, Kraniche und vorbeiziehende Flugzeuge

Steg Baldeney_red

Immer am Wasser entlang. Den Blick auf die seichten Wogen. Das Spiegeln des Lichts. Frühlingssonne, die streichelt, liebkost, verwöhnt, küsst.

Der Steg. Im Sommer mit Anlauf. Bombe.

Sträucher_Baldeney

Im Wasser, die Zweige, werfen Schatten. Wo Schatten ist, da ist auch. Warm geworden, plötzlich. Die ersten Tage sind immer unfassbar. Sie fallen vom Himmel. Am Ende des Winters hat die Seele den Glauben verloren, nach Monaten in Grau ist die Überzeugung da, dass es nichts anderes gibt. Herrje, als müsste ich es nicht besser wissen. So viele Winter sind vorbeigezogen.

Vögel_Baldeney

Zur Bestätigung, als wolle jemand sagen, ja, du kannst es glauben, als würde die Dramaturgie des Lebens den Beweis brauchen, zogen die Kraniche ins Bild. Von Links nach Rechts, von Süden nach Norden. Im V, in der Linie, schnatternd. Dieses Geräusch ist amazing, manchmal höre ich es im Büro, wir haben das Glück, unter einer Flugroute zu wohnen. Sie kommen, sie gehen, sie fliegen, sie schnattern, sie sind unglaublich schön.

Flugzeug_Baldeney

Als sie weg waren, kam ein Flieger. Richtung Düsseldorf, nur wenige Minuten vor der Landung. Die untergehende Sonne färbte seinen runden, prallen Bauch silbrig und gelb-gold-orange. Ein schönes Bild. Ich hatte leider, ach was, wieso leider, es ist gut, wie es ist, das falsche Objektiv dabei. Jens Tasche steht in meinem Zimmer, voll mit fetten Objektiven. „Probier mal aus!“ Ich trau mich nicht, sie mitzunehmen. Die sind so teuer und empfindlich und ich bin ein Fotobanause, der einfach nur gute Bilder will und nicht drauf achtet, was mit den Objektiven geschieht. Ratsch. Klick! Peng. Also ist der Flieger kleiner und ihr müsst ihn euch vorstellen:)

Crazy Graham Foster bei Sebastian Linnerz

Graham Foster

Who the fuck is Graham Foster? What the fuck is his art?

However…

Es ist schwierig, ihm auf die Schliche zu kommen. Er ist verschlossen, außerordentlich. Seine Kunst ist eine Chiffre, die sich nicht dechiffrieren lässt, weil der Code in seinem Kopf steckt. Engländer. Insel. Weit weg, nah dran. 1950 geboren, England, Australien, England, Deutschland. Als wäre das nicht Geheimnis genug…

„Graham Foster is a rare original, a virtually indefinable force. His strange constructions can be seen as both sculpture or wall-based pictures, meditations on morality and virile fertility figures, works of rebellious desperation and self mocking send-ups.“, heißt es auf seiner Internetseite.

Graham Foster lächelt. Verschlossen süffisant, würde ich sagen. Er hat etwas Jungenhaftes, Verschmitztes. Inmitten dieser Vernissage stand er und schwieg. Schaut euch um, seht, aber fragt nicht. Keine Silbe wird über meine Lippen kommen.

face

2 Dinge: Zeichnungen und Wandinszenierungen, Skulpturen im britischen Kontext. Derek Jarman kam mir in den Sinn. Edward II., 1991. Dieses Britannien erschließt sich mir nicht. 91 habe ich mit britischen Opernsängern zusammengearbeitet. Sie Rassepferde, thoroughbreds nach eigener Aussage. Barocksänger, Händel, Flieger, Konzerte am Wochenende in Europa, dazwischen ich, als Nichts, Niemand, auf dem Weg. So weit weg. Sie haben ihre Witze erzählt, stundenlang.

Graham schweigt, lächelt. Wie ein Junge. Irgendwann habe ich ihn mir geschnappt und genötigt, zwei Fotos auszuhalten. Direkt ins Gesicht. Er hat Schleusen um sich, Mauern. Er möchte nichts verraten. Seht selbst, schaut hin, entdeckt, lasst euch mitnehmen. In seinem Katalog, den ich mir gekauft habe, steht etwas von Assoziation. Er plant nicht, lässt geschehen. In den Tuschezeichnungen, in den Skulpturen. Wüst. Wild. Die Zeichnungen wie perfektionierte Telefonbilder. Zwischendurch das Leben vorbeiziehen lassen und in feine Striche fassen.

Cat

Graham Foster hat sich treiben lassen. 1998 hat ihn seine Frau auf einer Ausstellung in Köln Deutz kennengelernt. Er ist geblieben, hat ein Atelier in Köln, zeichnet und schafft die Bilder an der Wand. Skurril. Britische Motive. Teils archaisch, teils Punk, teils witzig, augenzwinkernd. Wo man auch ansetzt, er entwischt. Hieroglyphen, Verschlüsselungen (wie auf seinem Katalog – die Buchstaben rechts und links des Royal Airforce Logos), Fetische, Leder, Schnallen, Penisse. Teils dachte ich, gay. Das Leder, die Waffen, die Anmutung von Züchtigung, als wären es Peitschen, Instrumente. Dem Lächeln wohnt eine Qual inne, eine Folter. Es ist gleichzeitig hart und weich, männlich dominant und humoresk. Ihm ist nicht beizukommen, diesem verrückten Engländer. Das macht ihn spannend und gut.

Schaut ihn euch an. Seine Zeichnungen, Teile seiner Skulpturen. Köln, Schillingstraße 14, bei Sebastian Linnerz bis zum 2. Mai. Lohnt sich, der Versuch, Graham Foster zu entschlüsseln…

Katalog

Drei Farben: Blau – Krzysztof Kieślowskis Blick auf die Freiheit

drei farben blau

1993. Das ist 22 Jahre her. Wer schaut heute noch „Drei Farben: Blau“ von Kieślowski? Binoche-Fans? Film-Studierende?

Dieses Wochenende habe ich überwiegend im Bett gelegen. Grippe. Uns hat es hier auf dem Land hart erwischt. An der Kasse der Tanke bittet die Kassiererin, Abstand zu halten. Die Wartezimmer der beiden Ärzte zum Bersten gefüllt – Warten auf den gelben Schein mit 39,5. Habe mich einfach ins Bett gelegt, dieselben Globuli wie die Kinder genommen und gehe morgen wieder arbeiten. So weit wieder fit. Viveka ist gekommen, mich zu retten. Hat sich nicht aufhalten lassen. Sie ist stark.

Wir haben uns zwei Teile der Trilogie angesehen. Erst Rot, die Brüderlichkeit. Gestern. Heute Blau, die Freiheit. Beide Teile bestes europäisches Kino. Sub-, Sub-, Sub-, Sub-, Subtext. Die Geschichte locker gehalten, das Wesentliche unausgesprochen. Was für eine Kamera.

Von Blau hatte ich die Schwimmbadszene im Kopf, sonst war fast alles weg. 1993. Da hat sich für mich die Welt anders gedreht. Mein zweites Jahr am Nationaltheater Mannheim, mein drittes Jahr mit Ela. Die Welt lag mir zu Füßen – ich muss wenig verstanden haben, anders ist die einzige Erinnerung nicht zu verstehen. Was für ein Film. Was für Zeiten. Vergangenheit.

Freiheit. Der Mensch ist zur Freiheit verdammt. Sartre. Ein Geschenk, eine Gabe, ein Glück, ein Schicksal. Das Handeln in den Händen, das eigene Leben. Die Freiheit, selbst zu bestimmen. Kieślowskis Blick auf die Freiheit tut verdammt weh. Es ist kein american dream, es ist ein polnischer Blick. Sehr fein, sehr ästhetisch, sehr realistisch. Nicht von ungefähr wendet er sich mit „Drei Farben“ Frankreich zu. Es geht auch um das realistische Kino, die Weitererzählung der wahren Geschichten, der Schicksale. Das gute alte Kino in den Farben Schwarz und Weiß. Große Namen, große Zeiten.

Die Realität verwöhnt, betört, verführt, schmerzt. In jedem Augenblick ist alles enthalten, in jeder Sekunde steckt das gesamte Spektrum. Eine tropfende Bremsleitung, ein Knall, ein neues Leben. Das führe ich auch, seit bald 3 Jahren. Es ist die Freiheit, zu leben, wie man will. Das Schwierigste, ist das. Die Freiheit in den Griff zu bekommen, ihr gerecht zu werden, sie anzunehmen, sie überhaupt wahrzunehmen. So schnell gesagt, das Wort. Wenn man sie hat, kann sie einen zerreißen, wenn nicht, dann auch. Sie hat eine große Kraft, macht überglücklich und tieftraurig.

Kieślowski hat mich gestern und heute auf dem linken Fuß erwischt. Mir ist ein wenig schummerig. Nicht wegen der Viren, wegen der Bilder und Botschaften. Wie brutal Kino sein kann, wie wissend und dicht. 1994 kam „Drei Farben: Rot“ raus, 1996 ist Kieślowski gestorben. An einem Herzinfarkt während einer Herzoperation. Das Herz, die Gefühle, sie haben das Zeug, uns in Himmel und Hölle zu bringen. Seine nächste Trilogie konnte er nicht fertigstellen, das haben andere Regisseure für ihn getan. Keine Ahnung, was daraus geworden ist. Weshalb muss einer wie Kieślowski mit 54 sterben? Ich freu mich, dass noch ein Teil übrig ist für mich: Weiß. Heb ich mir auf. Erst einmal Blau und Rot verdauen.

Wenn die Sonne sonntags in Duisburg scheint

Autobahn-WC_red

Duisburg? Schimanski. Viveka und ich hatten schon länger vor, einmal Duisburg kennenzulernen. Den Innenhafen. Rheinaufwärts rechts ab und rein ins Vergnügen. Dieses Ruhrgebiet ist wirklich imposant. Da finden sich immer wieder neue Perlen.

Gestern schien die Sonne, es war prachtvolles Ausflugswetter und Viveka hatte das komplette Sagen. Ich war ein wenig platt von der Woche und wollte einfach nur mitcruisen. Nicht denken, nicht entscheiden, nur mitlaufen und ausführen. Dann kam der Moment, als wir die Nachmittagsgestaltung in Angriff genommen haben. Da kam doch dieser Wunsch nach Duisburg in mir hoch – Viveka musste lachen. Ich habe versucht, es als Beratung der Bestimmerin zu verkaufen. „Ist nur so ein Vorschlag, eine Idee, kein Zwang, wir können auch was ganz anderes…“ Paare. Schrecklich schön.

Und so sind wir losgezogen, haben den Weg ohne Navi gefunden und einen kostenlosen Parkplatz ebenfalls. Am Wasser entlang, kurz in Richtung Stadtmitte, zurück. Wir haben am Ufer gesessen, die Gesichter in die Sonne gehalten und einen schönen, sonnigen Sonntagnachmittag in Duisburg verbracht. Ich liebe es, mit Viveka unterwegs zu sein. Wir haben den gleich Rhythmus und die gleichen Vorlieben. Eine der größten ist es, gemeinsam am Wasser zu sitzen, aufs Wasser zu schauen, auf vorbeifahrende Boote, die Welt anzusehen und zu reden. Mittelmeer, Rhein, Baldeney-See, kleine Wiehl, Weier… Mitte April entführt sie mich mit einem Flugzeug. Bin sehr gespannt und versuche ihr das Geheimnis zu entlocken. Was ich sicher weiß: Es geht nicht nach Hannover oder Karlsruhe. Bei den Städten war sie bereit zu sagen: Nein, da geht es nicht hin. Hamburg ist es angeblich auch nicht, obwohl ich da noch nicht ganz sicher bin. Andererseits: Flugzeug. Die Welt ist ein Rätsel und Widder sind so neugierig – und das lässt im Alter nicht nach.

Am Abend dann zurück nach Nosbach – Familien und Leben tauschen. Hier, dort. Über die Autobahn, durch Telefonleitungen, durchs Web. Die Zeit rinnt, verändert, Welten fliegen vorbei. Schnell, langsam. Wie so ein Leben neu beginnt vom einen auf den anderen Tag.

Ja, richtig, ich habe euch ein paar Fotos mitgebracht – hier unten. Das oben stammt vom vorletzten Parkplatz vor der Abfahrt nach Nosbach. Vor zwei Wochen auf dem Heimweg geschossen. Kurze Pause, ankommen.

red_Wand mit Stahl

red_Stämme

red_Wellen

red_Haus_Balkone_Norden

red_Parkhaus

red_Giebel

red_Pfähle

red_Scheibenaufkleber

Walking along cold water in frosty february…

Frost_red

Ladies, gentlemen. You know: Februray. Cold Water.

Wir müssen noch ein klein wenig durchhalten, wenn auch Hoffnung am Horizont aufblüht. Bald ist Frühling. Und: Yes. Pronto. Habe gebucht. 3 Wochen Levanto. Wieder. Obsessiver Wiederholungstäter. In diesem Jahr Zoe und ich. Jim ist mit seinen Leuten unterwegs – ihr erinnert euch vielleicht. Ein Auto, sechs freie Wochen, ein wenig Geld und die Welt ist so weit und macht nichts anderes, als zu warten… Wie gerne ich dieses Gefühl. Noch ein einziges Mal. Das ist die eigentliche Sehnsucht nach Jugend. Diese Momente des Staunens und Überwältigtseins vom allerersten Mal. Also nicht so, sondern allgemein. In allem.

Freitag. The day after. Abschied von Drago, herzlich willkommen in Essen. Ausschlafen. Liebevoll empfangen und umsorgt werden. Der Klimawandel tut so, als würde er pausieren. Es ist sehr frostig. Machen wir uns nichts vor, all das Gerede von das ist doch nur eine natürliche Laune der Natur… Vergesst es. Auch beim Klima haben wir so richtig ziemlich verkackt. Es kulminiert. Nach den Peace-Jahren der Seventies haben wir ab dem 6. März 1983, als Monsieur Poire die Macht ergatterte, einen Abstieg in Frieden und Wohlgefallen erlebt, der nun wahrlich erschreckend ist. In dem Maße, wie sich das Weltklima aufheizt, nehmen die zwischenmenschlichen Temperaturen ab. Wir müssen jetzt hier nicht erwähnen, wo überall die Kacke dampft. Gemeinsam können wir einen Strich unter die Rechnung ziehen und feststellen: Die Egos wachsen, die Bereitschaft zu töten, ist allerorts hoch. Krieg ist salonfähig, die Frage nach dem WHY hat sich aufgelöst. Geben wir doch zu, dass wir die 1. Mai-Friedensdemos belächelt haben. War doch nicht mehr notwendig, da was zu unternehmen. Wo doch alles so gut gelaufen ist.

Wie viele Tote sieht man, wenn man im Februar 2015 Tageschau schaut oder Spiegel online von oben nach unter durchscrollt? Stellvertretend. All die Brennpunkte. Freude über Bombardements auf IS. Kobane ist frei. Und in Schutt und Asche. Von US-Fiegern mit besten Absichten fein säuberlich zerlegt. Das Unterste nach oben gekehrt und das Oberste nach unten. Eine zerstörte Stadt ist die bessere Alternative. Irrsinn.

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Fragen wir uns: Was ist passiert? Cold water. Es war so gemütlich in der Komfortzone der Neunziger. Da konnte man glauben, man würde so etwas wie gesellschaftliche Weiterentwicklung nicht mehr brauchen. Kunst wäre so etwas wie eine Aktie. Ich habe in London die Deutsche Bank mit ihren Riesenkunstwerken gesehen. Ein Foyer wie ein Museum. Und die Modern Tate auch von Ackermann & Söhnen bezahlt. Supported.

Tatsächlich haben wir die Innovation aufgegeben. Wir können per Web alles machen. Posten, liken, buyen, mobben, dissen, Revolutionen begleiten, Kampagnen starten, verurteilen, Regierungen zwingen und zwängen. Aber wir können den feinen Weg des Diskurses nicht mehr gehen. Das war einmal eine Einstellung, ein Entwicklungsprinzip. Schauen, was fernab der Wege möglich ist. Seit 1983 haben wir an Intelligenz verloren, haben Wichtiges aufgegeben, vergessen.

Stauwerk II_red

Rom konnte Gewölbedecken bauen, das Mittelatlter konnte das nicht. Rom konnte in der Malerei Perspektiven und Dimensionen abbilden, im Mittelalter waren die Hände flach in 2D hingewichst. Vergessen. Wissen geht verloren. Menschen vergessen. Arroganz gegenüber dem Vergangenen. Möglichkeiten aufgeben. Sich Strauss-Kahn und Co. anvertrauen. Sarkozy, Berlusconi. Die ganze große Show der Ego-Maniacs. Oberflächlichkeit und stumpfes Geplapper par excellence. Aufgegeben, was Wert und Wichtigkeit hat.

Nun zahlen wir einen Preis. Laufen der Entwicklung hinterher. Früher war die Diskussion, wie machen wir die Welt besser? Wie retten wir sie? Heute: Wie können wir das Mittelmeer verminen und mit Stacheldraht durchwirken? Wie können wir unsere Bahnhöfe vor Terror schützen? Wie retten wir Banken und Inflation und Deflation und Wachstum und Renten und Konsum und all den Scheiß. Wie können wir in diesem Land überhaupt noch zusammenleben, ohne im Hass der Orthodoxen aus allen finsteren Ecken zu ersticken? Um wieviel schöner ist ein 1. Mai-Friedensmarsch als all die extremewalks der Voll-voll-voll-Idioten aus allen Richtungen.

Ein Vollidiot ist übrigens, wer seine Meinung mit Schlagen, Quälen und Töten durchsetzen will. Fangen wir an mit einer Liste ab 1983: Da sind ziemlich viele drauf. Von Hoyerswerda über Moskau und Washington bis Indien und Guantanamo und Abu Ghareib und Kobane und Somalia und Nigeria und Donezk und Kiew und Peking und Fukushima und Budapest und, und, und… Überall Kerle mit wahnsinnig dicken Eiern im Schritt und der Vorstellung von ICH.

Es ist sehr kalt im Februar 2015. In Kobane ist eine Frau gefallen, die ich liebe. Nicht so, klar. Die Kommandantin der YPJ. Der weiblichen kurdischen Befreiungsarmee. Kobane war schon befreit, da ist sie scheinbar im Kampf um die umliegenden Dörfer gefallen. Erschossen von IS. Denke ich. Ich weiß es nicht und recherchiere auch nicht, weil mich diese ganze Gewalt kotzen lässt. Angela fährt nach Kiew und Moskau. Und ich freue mich, dass wir eine besonnene Kanzlerin haben, auch wenn ihre Partei noch nie meine war. Keine Waffen in die Ukraine. Keine Munition für Idioten – egal, auf welcher Seite. Es reicht. Hört auf. Ist doch mittlerweile egal, wem die Ostukraine gehört. Schon jetzt wird es dauern, bis der Hass aufhört. Wie kann eine Welt nur in so vielen Punkten, Orten verkacken? Wie kann man nur so abgrunddämlich eine Welt vor die Wand fahren? Wie kann man nur auf so breiter Linie politisch, ideologisch, religiös versagen?

In diesem Jahr werde ich 50 Jahre alt. Vietnam habe ich nicht miterlebt, den 2. Weltkrieg über all das, was durch meine Vorfahren weitergegeben wurde, zu Genüge. Meine persönliche Entnazifierung in den Seventies hat gereicht. Danke. Auschwitz-Filme habe ich bis zum Ende meines Lebens genug gesehen. Gelungen. Von mir mir wird niemals eine Antisemitismusgefahr ausgehen. Versprochen. Hand drauf. Ich habe gedacht, wir hätten das Schlimmste erlebt. Mittlerweile bin ich mir nicht mehr ganz so sicher. Die Kriegsbereitschaft war nach meinem Empfinden schon sehr lange nicht mehr so hoch. Dass Russland und die Nato bereit sind, einen europäischen Stellvertreterkrieg zu führen ist einfach Wahnsinn. Eine vollkommen neue Qualität.

Stauwerk III_red

Es ist an der Zeit, wieder ein wenig Wärme in die Welt zu tragen. Mit Sonnenblumen wird das nicht mehr möglich sein, vielleicht aber mit den neuen Mitteln, die die alten sind. Wir brauchen grenzenlose Solidarität. Das menschliche Mitfühlen als stärkste aller Kräfte. Das Aufgeben dieses Gefühls, voneinander getrennt zu sein. Aufgeteilt in dies und jenes. Klingt wie Ringelpietz mit Anfassen oder Seifenblasen im Selbsthilfekurs. Aber was, bitte schön, bleibt? Kalaschnikow? Präzisionstöten per Drohne?

Wo anfangen? Keine Ahnung. Nebenan? Think global, act local. Früher hieß es immer: Bei sich selbst. Ich weiß es nicht mehr. IS? Ukraine? Fukushima? Somalia? Budapest? Krieg, Sanktionen, Drohungen, Gewalt. Es ist kalt im Februar 2015. Verdammt kalt. Auf Facebook gibt es Lösungen im Sekundentakt, alle wissen, was zu tun ist. Eine Kakophonie. Was für eine Kacke…