Norbert van Ackeren malt Trakl

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24. Mai 2012. Das ist fast zwei Jahre her. Eine andere Zeit, als noch vieles anders war. Ich hatte vor, Norbert van Ackeren ein zweites Mal zu interviewen, weitere Bilder von ihm zu sehen, eine Ausstellung im Ruhrgebiet. Es hat nicht geklappt. Ihr kennt das, die Zeit läuft einem davon wie ein hungriger Hund.

Freitag nun. Letzte Woche. Köln, Ebertplatz. Ich hatte auf Facebook gelesen, das Norbert ausstellt. Und dann hatte ich mitbekommen, dass es im Rahmen dieser Ausstellung eine Lesung geben würde. Trakl. Thema der Ausstellung, Hauptfigur der Bilder. Viveka ist mitgekommen. Sie mag Kunst, Gedichte. Sie hat ein feines Gespür, zarte Antennen, einen guten Blick, Instinkt.

Wir haben uns dem Ebertplatz vom Rhein her genähert, mussten unter der großen Straße durch. U-Bahn-Flure. Eine gute Einstimmung auf Trakl. Das Düstere, der Schrei. Expressionismus. Eine Zeit lang habe ich in dieser Welt gelebt. Während des Studiums, die Zwischenprüfungsarbeit in Germanistik. Unser Professor erlaubte, ermunterte uns, etwas anderes zu machen. Keine Wissenschaft, keine wissenschaftliche Arbeit, sondern ein expressionistisches Werk. Einfühlen, eindenken, die Zeit recherchieren.

Ich entschied mich, ein Stück zu schreiben. Gelber Fluss. Irgendwann bat mein Professor einen Freund von mir, mich zum Aufhören zu bewegen. Er hatte Sorge, ich würde in der Zeit verschwinden. Untergehen wie Trakl. Im Sumpf, Elend, im Moder, Morast, in der Verwesung, den Seuchen jener Zeit. Die Köpfe und Herzen waren voll davon, das Leben unter den Zwängen der Zeit unerträglich. Es war viel Dampf im Kessel, die Nerven lagen blank, der Wunsch nach Veränderung war so groß, dass sie, die Expressionisten, begeistert nach Verdun zogen, um sich die Köpfe wegschießen zu lassen.

Ebertplatz

Aus dem Dunkel der betonkalten U-Bahn-Flure in die afrikanische Wärme des Ebertplatzes. Licht im Labor. Werke Norbert van Ackerens an den Wänden, eingebunden in eine Rauminszenierung, eine geschundene Apotheke. Scherben auf dem Boden. Trakl war Apotheker, sein Herz wurde durch eine Überdosis Kokain zum Stehen gebracht. Er hatte einiges nicht verwunden. Die drogenabhängige Mutter nicht, die ihm viel zu nahe stehende Schwester, die Weltkriegsschlacht mit Erhängten und sterbenden Soldaten, die er als Sanitäter nicht retten konnte. Zu viel für eine feine Seele.

Da hängt er ausdrucksstark im Raum mit markantem Gesicht. Norbert van Ackeren hat ihn ergründet, ihn in seine Farben gehüllt vor kupfernem Hintergrund. Ein kleiner Raum, der so viel erzählt. Was würde er mit einem großen Raum in einem großen Museum machen. Wäre ich Kurator. Dürfte ich eine Ausstellung gestalten. Ich wüsste, wer dabei wäre. Der zeitgenössische Underground.

(Ausschnitt)
(Ausschnitt)

Die Lesung fand bei geschlossener Tür statt. Gabriella Weber und Guido Hammesfahrl lasen in weißen Laborkitteln düstere Texte:

Die bunten Bilder, die das Leben malt
Seh‘ ich umdüstert nur von Dämmerungen,
Wie kraus verzerrte Schatten, trüb und kalt,
Die kaum geboren schon der Tod bezwungen.

Und da von jedem Ding die Maske fiel,
Seh‘ ich nur Angst, Verzweiflung, Schmach und Seuchen,
Der Menschheit heldenloses Trauerspiel,
Ein schlechtes Stück, gespielt auf Gräbern, Leichen.
(aus dem Trakl-Gedicht Confiteor)

Als Publikum schauten wir durch die Labor-Ladenscheibe in die Trakl-Apotheke und hörten die Texte per Lautsprecher. Sehr passend, diese Distanz. Ein Aquarium der Worte, eine eigene Welt.

Wieder ein besonderer Abend an diesem speziellen Ort. Es ist anders, wenn einen die Kunst umhüllt. Wenn sie anfassbar wird, weil sie präsent ist, weil keine museale Distanz mit bezahlten Wächtern stört. Das verursacht ein Kribbeln. Kunst kann das und es ist gut, das zu spüren.

Nun wird es einen zweiten Anlauf geben, Norbert van Ackeren zu interviewen und seine Schätze zu entdecken. Ich freu mich drauf.

Trakl2

Oscar für Matthew McConaughey und Jared Leto

Der transsexuelle Rayon (Jared Leto) und Ron Woodroof (Matthew McConaughey) haben zunächst nur eines gemeinsam: Beide sind HIV-positiv  © 2014 Ascot Elite Filmverleih GmbH
Der transsexuelle Rayon (Jared Leto) und Ron Woodroof (Matthew McConaughey) haben zunächst nur eines gemeinsam: Beide sind HIV-positiv
© 2014 Ascot Elite Filmverleih GmbH

Da hat er also gewonnen, der Dallas Buyers Club. Zwar nicht auf ganzer Linie, nicht als der Film, aber doch in drei Kategorien – darunter Bester Hauptdarsteller, Matthew McConaughey, und bester Nebendarsteller, Jared Leto.

Das hat mich sehr gefreut, insbesondere, dass sie beide einen Preis bekommen haben. Und: Den haben Sie auch verdient. Obwohl es in diesem Jahr eng war. Die American Hustle-Crew war auch nicht schlecht und Scorseses The Wolf of Wallstreet knüpfte mit seinem Ensemble an gute alte Kinozeiten an. 12 years a slave habe ich mir nicht angeschaut – den Gewinnerfilm des Abends. Die Vorschau war mir zu brutal.

Mein Favorit war American Hustle. Nun gut. Auf jeden Fall freue ich mich, dass Hollywood wieder besseres Kino macht und man scheinbar auch wieder mit Anspruch fernab von Animation Zuschauer begeistern kann. Geschichten aus dem fast wahren Leben. Schräge Typen, Schicksale, durchgeknallte Biographien, Kriminalität, Drogen, Sex – beste Zutaten.

In diesem Jahr habe ich mir im Vorfeld einiges angesehen und es hat mir gefallen, was da über den Teich gekommen ist. Geschichten mit Menschen. Ist da ein neuer Realismus ausgebrochen? Amiland punktet, während good old Russland auf der Krim ins Hintertreffen gerät. Alles immer in Bewegung, alles ein großer Film mit wechselnden Besetzungen – und Besatzungen.

Ich Liste euch mal hier meine Rangfolge auf mit den entsprechenden Links zu den Trailern:

American Hustle
Dallas Buyers Club
The Wolf of Wallstreet

Tränenfilme

Erinnert ihr euch?

Früher war alles anders. Es gab Sonntagnachmittage mit der Familie vorm Fernseher. Ich möchte das weder werten noch heroisieren. Nichts war besser. Aber dann saßen sie da in ihren Sesseln und Tränen flossen. Das waren rückblickend sehr bewegende Momente.

Ich weiß nicht, ob es heute noch irgendwo solche Sonntagnachmittage gibt. In meinem Leben nicht, weil wir keinen Fernseher besitzen, für den aber Rundfunkgebühren bezahlen. Solidarisch. O.K. Shit happens. Für früher. Das soll es mir wert sein. Aus nostalgischen Gründen. Für Rolf. Gerne.

Kürzlich habe ich einen Film gesehen. Nicht im Fernsehen. Ich sage euch nicht, wie er heißt. Darin stirbt ein Mr. X und wird zum Leben erweckt. Eine sehr anrührende Geschichte, die mich Tränen gekostet hat. Allein. Für mich. Meine Kinder hatten nicht das Vergnügen, die Gefühle laufen zu sehen.

Es ist ein schönes Gefühl, wenn das Herz weich wird. Wenn es sich solidarisiert und seinen Stolz in weiche Servietten wickelt, um ihn unter dem Tisch zu verstecken.

Diese Welt verlangt oft zu viel Härte. Vieles von dem, was passiert, ist kaum wegzustecken. Es ist kein Segen, mit weichen Sinnen geboren zu sein. Vieles von dem zu empfinden, was unsichtbar zwischen den Wolken getragen wird. Ein Telefonat. Nur. Oft ist es einfacher, ein Klotz zu sein. Das verlangt Training. Sich abzustumpfen, obwohl man so gerne mit den feinen Spitzen der Finger ganz genau hin fühlt.

Als ich den Film sah, war Mr. X wie mein Vater. Die gleichen Geschichten, diese wunderbare Welt über den Dingen. Ja, da gab es ein wunderbares Pferd. Hm.

Es ist ein Gefühl wie auf Droge. Wie ein Schweben, ein Traum vom Fliegen, atmen unter Wasser. Umhüllt, getragen, frei.

Es wäre einfacher, ein Klotz zu sein ohne Tränen.

in a moment you fly
the next moment you die

Besuch vom alten Kumpel Malle Ralle

Malle Ralle 4

Mann, ey. Also wirklich. Du denkst an nix Böses, da macht es Ring. Haustür. Gehste runter, denkst verspätete Sternsänger, Schornsteinfeger, Lottobote oder so’n Quatsch und dann guckste, reißt die Augen weit auf und denkst: Gibbet nicht. Kann nich wahr sein. DOCH! Is et.

Heute passiert. 18.23 Uhr in etwa, da steht Malle Ralle leibhaftig vor mir. „Mensch, Ralle, was machste?“ Er: „Junge, wonach sieht dat aus?“ Klar, Umarmung, leichte Schwierigkeiten mit der Duftkomposition. Axe, Johny Walker und sein geliebtes Adidas Parfüm. Wow. Ich meine, also ehrlich, ich rieche Allergie geplagt nicht gerade wie ein Spürhund, aber das hat mir kurz den Nebel in die Augen getrieben.

Direkt aus Malle. Eben noch El Arenal, Bierkönig, jetzt schon hier. Die Welt ist doch ein Dorf. Ich will euch jetzt nicht die ganze Ralle-Story erzählen. Is auch irgendwie peinlich, ich meine, das hat mit vielem zu tun und letztlich sind wir uns einfach zugelaufen und unter mysteriösen Umständen in so einer versifften WG morgens zusammen in so einer Art Wohnzimmer mit Buddhas und Geranien und einem Mops aufgewacht. Das war nicht lustig, vor allem, weil der Mops gerade neben die Geranien… Egal.

Malle Ralle 3

Lange Rede, kurzer Sinn. Ralle nimmt mich morgen mit nach Kölle. Fetteste Prunksitzung mit allem Piff und Paff. Bis die Funken fliegen:) Die roten, die blauen. Ihr wisst schon. Meine Güte, wer hätte das gedacht, in unserem Alter. Wird bestimmt lustig, Ralle hat die Conektschäns, wie er sagt. Kommen wir wohl rein in den Saal, notfalls durch den Künstlereingang, er kennt da noch so’n Funkenmariechen aus der Schule, die ist da jetzt Chefmariechen oder so was, meint er. Na denne. Das wird was.

Ja, und äh: Freitag müsst ihr nicht mit mir rechnen, ich rechne eher mit Mops und Geranien, oder so. Haut rein, haltet die Ohren steif, lasst krachen und drückt mir die Daumen, dass Ralle das Chefmariechen nicht erfunden hat… Könnte sein, bei dem weiß man nie. Bei mir auch nicht, denk ich mir. Oder so. Abmarsch der Funken, rechts rum, links rum, Rakete und ab dafür. Ciao mit V.

Malle Ralle 2

P.S. Alle Fotos von Jim Rocket Richter ©

Mit dem Kopf in den Wolken…

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Wolkenkuckucksheim. Raus an die Luft! Allmählich liegt der Frühling tatsächlich in der Luft. Ich las von Kranichen über Düsseldorf und hoffe, dass nicht die Lufthansa gemeint war. Noch ein ganz klein wenig Geduld. Ich glaube nicht mehr, dass der Winter eine Chance hat und setze alles auf No Snow. Auch im März nicht mehr. Ihr könnt mich darauf festnageln, Hand drauf. Ich verwette alles.

Wolkenformation 1_red

Den Nachmittag über war ich mit Viveka und Herrn Cooper draußen. Sonne tanken, Luft schnuppern. War schön und von den Wolkenbildern her eindrucksvoll. Ich habe ein paar eingefangen und euch mitgebracht. Hier sind sie. Ich wünsche euch viel Spaß und eine schöne Woche. Jetzt gerade kommt Besuch, es gibt kleine Leckereien. Ciabatta aus dem Ofen, Oliven. Ich muss los…

Wolkenformation 4_red

Wolkenformation 3_red

Wolkenformation 2_red

Moos_red