Ich nehme euch alle mit in die sixtinische Kapelle und zeige euch den Himmel als Triptychon

heaven. one. 2013
heaven. one. 2013

Leute, Leute, was sind das für Zeiten, in denen ein Papst zurücktritt. 700 Jahre lang haben alle Päpste fleißig bis zum Schluss durchgehalten, haben gemacht, getan, gewirkt. Sicherlich, Johannes Paul gebeugt gesehen zu haben, am Stock, gestützt, geführt. Das war schon nicht ohne. Aber, Respekt. Einmal Papst, immer Papst. Und nun also der Rücktritt. Benedikt. Sei ihm gegönnt. Tradition ade. Der Sprecher im Radio fragte den Journalisten, den Papst-Spezialisten, was bleibt als Gedanke an diesen Papst zurück? “Nun, er ist zurückgetreten.”

Da wird nun schon spekuliert, weshalb. Von Intrigen ist die Rede. Da hätte ja wohl jeder Papst zurücktreten müssen, oder? Vatikan und Intrigen. Also wirklich. Das ist eine Männerwelt, da geht es zur Sache. Harte Bandagen. Schweizer Garde, Hellebarden.

Soll er seinen Frieden finden. Er wird seine Gründe haben und vielleicht findet sich nun ein Papst, der ein wenig liberaler ist und der den Mut hat, zu verändern, was verändert werden muss. In Gottes Namen. Denn der, so habe ich in der Kirche oft gehört, sei gerecht. Für mich ist das dieses andere Gerecht. Aber Blogger spielen sich natürlich gerne als Moralapostel auf aus ihrer sicheren Deckung des nichts verantworten müssen. Und so will ich nicht respektlos sein vor einem Mann, der 85 Jahre alt und seinen Weg aufrecht gegangen ist. Der war sicherlich nicht immer bequem. Möge er seinen Frieden im Ruhestand finden.

Wo wir schon beim Thema sind, möchte ich noch die Versprechen der Überschrift einlösen. Ein wahrhaft himmlischer Tag, der mich in die Sixtinische Kapelle entführt hat. Folgt einmal diesem Link und zoomt unten links und bewegt den Cursor. Ihr könnt alles sehen. Jeden Engel, jedes Detail – den Fingerzeig unter der Decke. Aber Vorsicht, es wird einem schnell schummerig. Falls der Sound nervt, lässt sich der auch unten links ausschalten.

Jetzt wäre da noch das Triptychon. Hier komme ich ins Spiel. Am Wochenende hatten wir einen wunderschönen Himmel. Wie so oft, wenn es knackekalt und klar ist. Habe ich also von meinem Fenster aus fotografiert und – zugegeben – die Bilder bearbeitet. Heute Morgen auf dem Weg zur Arbeit – ich muss immer über einen Berg fahren – konnte ich von oben einen gigantischen Morgenhimmel sehen. Rot. Orange. Hellblau. Ich hatte eine Eingebung. Wollte meine Kamera mitnehmen. Und was habe ich gemacht? Meiner inneren Stimme widersprochen. Die bleibt hier, brauchste nicht, habe ich gesagt. Shit. Und wie ich die gebraucht hätte. Sehnsuchtsvoller Himmelblick am Morgen. So fett, so farbenfroh, so einmalig… Gut. Passiert. Ich ärgere mich nicht. So ist es eben. AAAAAAAAHHHHHHHH! Beiß in Holz. Heuwägelchen hat mein Vater immer zu meiner Mutter gesagt, wenn sie sich aufgeregt hat. Heuwägelchen. Süß. Heaven, da ist mein Papa nun und oft denke ich an ihn, wenn ich da hoch sehe. Das Triptychon ist jetzt natürlich ein wenig auseinander gerissen, weil ich ein Foto oben brauchte. Den Dreiklang müsst ihr euch vorstellen. Oder die Buchstaben dazwischen wegdenken. Ciao.

heaven. two. 2013
heaven. two. 2013
heaven. three. 2013
heaven. three. 2013

Unterwegs im größten Museum der Welt

Gestern Abend. Kunst-Gigantomanie par excellence. In einem Museum 184 Sammlungen, 8.223 Künstler/innen, 36.589 Kunstwerke. Ich habe sie nicht alle gesehen, mich auf einige wenige beschränkt. Mit denen dafür intensiver, teils per persönlicher Erläuterung durch Fachleute. Stunden. Ein sehr intensives Kunsterlebnis nach einem langen Tag. Wunderbar:)

Es war spät. In der Agentur hatte ein Meeting bis in den Abend gedauert. Als ich nach Hause kam, war Ela noch beim Yoga, Zoe und Jim hingen im Ofenzimmer ab. Lesend, cruisend. Herr Cooper grillte seine Nase am Ofenfenster. Manchmal denke ich ja, das zentrale Wesen dieses Hundes ist das einer Katze. Wie er sich immer freut, wenn ich komme. Oh, oh, Herrchen ist da. Bitte streicheln, kraulen, Aufmerksamkeit schenken. Gerne, alter Lump.

Ela kam vom Yoga, hat noch kurz gelesen und kurz irgendwann verschwanden dann alle. Die lichtreduzierten Tage machen müde, der Dämmermodus beginnt deutlich früher. Also habe ich mich auch auf mein Bett zurückgezogen, habe das Laptop angeworfen, Mails gecheckt, Blog, Kommentare, facebook. Dort traf ich auf einen Bericht des Siegener Museums für Contemporary Art. Nach Bridget Riley wird gerade die neue Ausstellung aufgebaut.

Dann stieß ich auf einen Post der TATE modern in London, den ich teilte, woraufhin mir ein Geschenk gemacht wurde. Plötzlich erschien ein Post zur TATE Britain, der meinen TATE modern Post kommentierte. Ein Geschenk. Denn hinter diesem Beitrag öffneten sich die Türen zum größten Museum der Welt und ich ging verloren in den Tiefen der unendlichen Räume. Ich hatte die Eintrittskarte zum Art Project powered by Google bekommen.

Hier präsentieren die Museen der Welt Kunst. Und nicht nur das. Zudem gibt es Infos und teils Expertenvideos, die die Bilder und Objekte erläutern. Selbstverständlich wird das Projekt durch einen Google+-Auftritt flankiert. Dort kann man sich inspirieren lassen. So bin ich auf die 104 Monets gestoßen, ein Foto von Henri Cartier-Bresson und die wunderschön farbenfrohe, tragische Ophelia von Sir John Everett Millais, das unter DETAILS in einem Video detailliert erklärt wird.

Luxus, der den Reichtum der Welt zeigt. Ein kongeniales Zusammenspiel. Die Museen zeigen, was sie haben, können. Und alle Menschen der Welt können, so sie Zugang bzw. freien Zugang zum Internet haben, sich die Werke und Meister/innen ansehen. Da kann man Zeit verbringen. Verführerisch. Abends mal schnell vorbeischauen. Oh, oh. Vorbei an facebook, wo immer Licht brennt und die Menschen nicht müde werden, zu posten und zu quatschen (Gute Nacht, Johnboy…) und rein ins Museum.

Ich wünsche euch, sofern ihr Lust habt, viel Spaß beim Besuch des größten Museums der Welt mit den komfortablen Öffnungszeiten 365/7/24. Nur mal kurz vorbeischauen… Klar. Viel Spaß und schöne Zeiten mit all dieser unglaublichen ART.

Die psychedelischen Kreise, Streifen, Formen der Bridget Riley

Wusstet ihr, dass Peter Paul Rubens in Siegen geboren ist? Und dass die Stadt Siegen deshalb seit 1955 den Rubenspreis an bekannte europäische Maler/innen der Gegenwart vergibt? Alle fünf Jahre an Künstler, die Bedeutung haben. Über Siegen, Nordrhein-Westfalen, Deutschland hinaus? Es gibt dort im Museum einen Raum, in dem Bilder der Preisträger hängen. Beeindruckend. Direkt wenn man reinkommt links: Francis Bacon. Rubenspreisträger 1967.Oder wenn man sich rechts hält und in den zweiten Raum stürmt: Sigmar Polke. Rubenspreisträger 2007.

Und nun ist dieser Raum um Bridget Riley reicher. Nunja, nach der Ausstellung sage ich: Wir alle sind um Bridget Riley reicher. Ich hatte kürzlich schon 18/1-Plakate in Siegen hängen sehen. War an den Plakaten mit den schrillen Farben vorbeigefahren. Mein Innerstes hatte die Information tatsächlich stiefmütterlich behandelt. Riley, Riley. Rubenspreisträgerin. Rubenspreis? Siegen? Da war wieder diese billige Arroganz. Siegen, was soll das schon sein? Kein Paris, Berlin, New York. Namen. Größe. Marken. Verdacht. Nur ein verträumtes Städtchen am Rande der A45. So ein zerbombter Ort, der seit langer Zeit nach sich selbst sucht und es endlich schafft, seinen Fluss im Zentrum unter einer Betonplatte hervorzuholen. Was war das immer ein gruseliger Blick nach unten aufs dunkle Wasser, wo ich ständig Ratten und Wasserleichen vermutete. Feng Shui für eine Stadt, Loslösung von der Dunkelheit, der dunklen Vergangenheit. Und mittendrin diese Plakate, die eine andere Sprache sprechen. Kosmopolitisches Anlitz.

Letztlich ist die Information doch durchgesickert. Ich brauchte nur einen Anlass, eine Begleitung. Die Kinder wollten nicht. Kunst? Ausstellung? Och nö. Klar. Ganz normale Kinder/ Jugendliche. Also bin ich mit einer Freundin gegangen, die auch Kunst sehen wollte. Zu zweit macht das mehr Spaß. Die psychedelische Malerei der Bridget Riley hatte mich infiziert. Das Drehen der Augen der Schlange Ka, das Locken, Verführen, Ansaugen, Einsaugen. Das, was ihre Bilder machen.

Womit wir mittendrin wären in der präsentierten Malerei der Bridget Riley. Am Ende, nach dem Ausstellungsbesuch hat sich bei mir alles gedreht. Kopfflimmern im Farb- und Formenzentrum. Da steht man vor diesen riesigen Bildern, die teilweise direkt auf die Wand gemalt sind und lässt sich ein. Und was passiert? Sie saugen. Ziehen einen hinein. Mit Kraft. Zwischen die Farbstreifen, die sich zur Seite biegen und öffnen und hereinrufen.

Bridget Rileys Bilder sind riesige Grafiken auf dem Scheideweg zwischen Kunst und Design. Der Form nach sind sie Design, der Wirkung und Erzählung nach Kunst. Weil sie erzählen, verändern, etwas mit dir machen. Die Werke sind das genaue Gegenteil von belanglos. Dabei bin ich schnell durch, durch die Riley-Räume, weil es mir tatsächlich zu viel, zu intensiv war. Peng. Wu. Habe ich mich auf die Linien und Formen eingelassen, wurde es psychedelisch. Den Linien folgen mit dem geistigen Finger. Versuchen, sie zu erfassen. Bridget Riley verwendet viel Zeit darauf, Wirkung zu erzielen. Sie experimentiert, legt Farbstreifen nebeneinander, bevor sie malt. Exakt malt. Wie mit Linialen zieht. Da stört nichts, da schaut kein Fleckchen eines Pinselhaars über. Perfektion ist schon das richtige, angemessene Wort. Perfektion in der Ausführung, was letztlich nicht das Wesen ist. Ihrer Kunst.

Das Wesen ist die Kraft. Riley ist Engländerin, also sprechen wir von Power. Ein gutes Wort im Zusammenhang mit dieser Ausstellung. Mein Lieblingswerk waren die Circles im großen Raum. Mir persönlich hat die Arbeit viel erzählt. Die Kreise sind vor Ort von Hand gemalt und in verschiedensten Konstellationen angeordnet. Für mich haben sie eine schöne Beliebigkeit ausgedrückt, Möglichkeiten der Entscheidung, Wege und Öffnungen. Du kannst jeder Kreis sein. Du kannst überall landen. Du kannst allein sein oder viele andere berühren. Du bist halb, ganz, wirst gekreuzt, an den Rand gedrängt, halbiert. Kannst dich entfalten, zentriert darstellen, posen. Ich war zwei Mal in dem Raum, der vielleicht 20 Meter lang ist und 3,5 Meter hoch. Oder etwas weniger. Neben zwei Stützpfeilern stehen zwei Bänke, auf die man sich setzen kann, um die riesige Wand voller Kreise zu betrachten. Ich habe erst geschaut, dann viele Fotos gemacht, die ich nicht zeigen darf. Schade. Ich hatte da meine eigene Sicht, die den Kreisen noch etwas gegeben hat. Egal.

Ich zeige euch das Werk auf einem Pressefoto, dass ich runtergeladen habe von der Museumsseite.


Bridget Riley, “Composition with Circles 8”, 2012, Installationsansicht Museum für Gegenwartskunst Siegen
Photo Christian Wickler © 2012 Bridget Riley / Courtesy Karsten Schubert, London

Die Ausstellung läuft noch bis zum 11.11. Sehenswert, wie überhaupt dieses ganze Museum. Gerne gebe ich eine A+***-Empfehlung. Auf den Seiten des Museums für Gegenwartskunst in Siegen findet ihr einen Film zur Bridget Riley-Ausstellung, der einen Eindruck vermittelt.

Lone. Not alone. Totally not alone. Fotoarbeiten von Jens Schönlau.


Lone. 2012

Gestern war ich in Siegen im Museum für Gegenwartskunst. Ein sehr schönes Museum. Unter anderem war eine Fotoausstellung zu sehen. Sehr inspirierend, was Fotokünstler so machen und wie sie präsentieren und kombinieren und verändern. Im Treppenhaus hingen schon zwei große Gurskys. 1991. Blick in eine Fabrikhalle. Ich glaube, eine Näherei. Große Holzrahmen, Passepartouts, Glas. In der Ausstellung gab es Rahmen, Prints auf Acrylglas oder Alu-Dibond, so, wie das heute gemacht wird. Sehenswerte Arbeiten alle aufwändig in Museumsqualität präsentiert. Und inszenierte Fotos. Dias, Diaprojektoren, Überlappungstechnik. Alles sehr spannend.

Am Eingang hatte ich gefragt, ob ich fotografieren dürfe. Ja, sagte die sehr nette Dame, aber verwenden dürfen sie die Fotos nicht. Bitte hier unterschreiben. Danke. Jetzt habe ich hier wirklich schöne Fotos, aber zeigen darf ich sie nicht. Höchststrafe, Haus, Hof, Hund weg. H hoch 4. Copyright. Kunstprozessdiebstahl.

Nun möchte ich das Verbot aber doch umgehen. Zwar habe ich unterschrieben, aber ich werde keinen Kunstdiebstahl begehen und das anders machen. Juristisch, menschlich, improvisierend (gesehen). Ich zeige meine eigene Kunst, meine eigenen Fotografien, die nichts zitieren. Die nichts Verbotenes abbilden. Die keinem Künstler etwas wegnehmen. Und dem Kunstmuseum schon gar nicht. Es geht um meine Arbeiten Lone, Not alone und Totally not alone. Es handelt sich um zeitgenössische Garderobenfotografie als Metapher für das Miteinander und Nicht-Miteinander in Gesellschaft und im Prozess der Kunsterschaffung. Quatsch, klar. Es sind drei Fotos, die eine kleine Serie bilden und die ich euch zeigen möchte. Die würde ich auch gerne im Museum für Gegenwartskunst in Siegen sehen.

Weil das nicht möglich ist, weil ich kein Kunstfotograf und schon gar kein bekannter bin, mache ich heute den fiftyfiftyblog zu meinem Museum für Contemporary Art und eröffne die Ausstellung ohne Worte. Willkommen. (Ich wollte immer schon einmal was ausstellen. Mann, wozu so ein Blog doch gut ist.)

Lone. Not alone. Totally not alone.


Not alone. 2012

Totally not alone. 2012.

Ateliergespräch mit DAVID

Was ist Malerei?
Was ist Malerei?
Was ist Malerei?

Ein Atelier zu betreten, ist ein besonderer Moment. Ein Übergang in eine Welt, die Türen und Tore hat. Fenster, Ausblicke, Einblicke. Kommt man in ein Atelier, in dem die Werke von drei Künstlern stehen (wie in diesem Fall), sind das viele Fenster zu vielen Welten, die dahinter liegen. Ich muss zugeben, zunächst überfordert gewesen zu sein, als ich in DAVIDs Atelier kam. In diese Gespräche gehe ich unvorbereitet, um offen zu sein. Um zuzuhören und dem nachzuspüren, was das jeweilige Wesen der jeweiligen Kunst ist. Ich muss mich also vor Ort orientieren, einen Zugang finden. Entscheiden.

Ankommen im Atelier. Nachfühlen. Ateliers sind für mich die besseren Museen, weil ich näher herankomme an Kunst, Bilder, Künstler. Weil ich sprechen kann, suchen, nachfragen. Bilder hinstellen, umstellen, sortieren, nach dem richtigen Licht gucken. Ich kannte DAVIDs Bilder teilweise aus dem Internet und von Besuchen bei ihm. Es sind Arbeiten, die zu einem großen Teil aus den Neunzigern stammen. Ich war einmal zufällig hereingeschneit, als er seine Pilzserie im Atelier stehen hatte. Zwei Meter mal einssechzig groß. Öl. Imponierend. Da war mir die Idee zu den Ateliergesprächen gekommen.

Wir wählen drei Bilder aus, um zu reduzieren, um einen Rahmen zu schaffen. Drei “Fenster”. Zwei stehen schon im Atelier, eines finden wir im Lager. Verstaubt, nicht vergessen. Ein Frauenkopf aus der Serie “Wella”. Wir räumen Bilder, kämpfen mit den Großformaten, rücken, schieben. Vorsichtig. David macht mir einen japanischen Tee. Einen besonderen Tee. David hat eine Zeit lang in Tokio gelebt.

Währenddessen fotografiere ich. Sehe die Bilder durch den Sucher, komme näher heran, blicke herein. Sie wirken, sie entfalten sich. Kunst ist immer auch eine Sache des eigenen Ankommens im Raum, im Moment, in der Kunst. Wir sprechen über DAVIDs Biographie. Das Aufwachsen im Bergischen, das Leben in einer Künstlerfamilie, die Bibliothek, die sein Spielplatz war, die Kunstbände, die seine Comics waren. Sind. Wir sprechen über den Vater, der Schweißer und Kunstmaler ist, Beuys verachtet und für den die Malerei nach 1830 aufhört. Ein Spannungsfeld. Was ist Malerei?

Die Achtziger in Köln. Die Künstler-WG im Dunstkreis der FLUXUS-Szene. “Wahnsinnige rund um die Galerie 68/11, die Performances zelebrierten und Einrichtungen wie die Akademie für künstlerische Nekropholie schufen.” DAVID jobbte und malte. In seiner WG. Loslösen vom Alten, Contemporary Art, die Suche nach dem Wesen der Malerei. Ein Prozess, der 1990 in eine Einzelausstellung in der Galerie Kunstschalter von Ulrich Eichhorn mündet. Die Bilder verkaufen sich. Mitte der Neunziger wird DAVID “Scheunenkünstler der Gemeinde Overath” – ein Atelierstipendium, das ihn letztlich bis auf die Pariser Herbstausstellung im Espace Eiffel-Branly bringt (1999).

Wir sehen uns seine Bilder an, sprechen darüber. Vorsichtig, nicht interpretierend. Das würde erdrücken, nehmen, stehlen, reduzieren. Ein Frauenkopf aus der Serie Wella, eine übermalte Pistole aus der Serie Waffen und eine Stinkmorchel aus der Serie “Pilze beim Betrachten der Sammler”. DAVID redet. Er weiß, was er tut. Er sortiert, erläutert seinen Plan, Weg. “Ästhetik interessiert nicht. Kunst ist ein Prozess mit Gewaltpotenzial. Man darf nicht pingelig sein.” Mitte der Neunziger stellt DAVID seine Waffenserie aus. Pistolen, Gewehre, akribisch in Öl gezeichnet, realistisch gemalt – die Ästhetik des Objektes. Während der Vernissage übermalt er die Bilder – das Publikum ist entsetzt. Die schönen Bilder, die ganze Arbeit. Zerstörung in der Zerstörung. “Es ging nicht um die Waffen, das hätten auch Igel sein können. Malerei hat nicht die Aufgabe, darzustellen. Die Gegenstände sind nur die Lockvögel, die in die Malerei hineinziehen. Malerei hat an sich einen Wert. Das ist wie Tanz auf der Bühne. Das muss nichts darstellen.”

Ich sehe Wella mit anderen Augen, den Pilz. Sirenen, die locken, die reinziehen. “Malerei ist eigenständig, braucht keine Botschaft, ist Botschaft für sich selbst. Sie spricht unsere Synapsen an. Wir haben eine Metaebene in uns, die auf wertfreie Emotionen reagiert. Das macht uns zu Menschen, zu Lebewesen. Lebendig sein. Sei einfach!” Ich mag die Bilder. Die Wella, die sich gegen ihre Schönheit wehrt und unterschwellig etwas Morbides zum Ausdruck bringt, die übermalte Pistole, die sich wehrt, versucht Zerstörung zu zerstören und dabei letztlich verfüherisch schön bleibt und den Pilz. Die Morchel, die die Fliegen fängt. “Pilze beim Betrachten der Sammler”. Humor. “Als ich die Pilze malte, war das eine Zäsur. Die Pilze an sich sind nicht wichtig. Es geht um die Malerei dahinter, um den Prozess des Malens. Für mich war das der Übergang vom Konzept zum Malerischen.”

Der Prozess geht weiter. Aktuell arbeitet DAVID an einem Bild für eine Ausstellung 2013. Es lag im Atelier. Die nächste Generation, der nächste Schritt. Ich konnte die Linie sehen, an der Hand von DAVID den Weg nachgehen. Das war ein großes Vergnügen, weil Kunst, Malerei letztlich immer im Betrachter entsteht. Bei mir ist gestern Abend wieder viel entstanden – das ist das, was diese Ateliergespräche so besonders macht. Danke, DAVID.