Weihnachtsmarkt@home

Nein, keine Emailadresse, diese Headline. Gestern Abend fuhr ich durch die frühe Nacht, den hereingebrochenen Abend. Über die Autobahn. Im Radio lief 1Live und es gab einen Bericht über den Start der Weihnachtsmarkt-Saison. Bochum, 17.30 Uhr, Fassanstich. Äh Glühweinleitungseröffnung. Oder so.

Ja, ja, es ist November. Knapp über Mitte November und es ist noch kein Advent und es liegt kein Schnee und die Uhr hat noch nicht von Herbst auf Winter umgestellt. Also rein formal spricht alles dagegen. Zu früh. Business und so. Läden voller Süßkram, die den Speckranzen im Hüftbereich füllen. Ungesund also auch noch. Herrje, dammichnochmal, läuft aber auch alles falsch. Und das mitten in der größten Finanzkrise aller Zeiten…

Egal. In den Dreißigern haben sie Champagner getrunken, und Charleston auf dem Vulkan getanzt. Hauptsache, es macht Spaß. O.K. – das Ergebnis dann war bemitleidenswert. Da wurden einige sehr falsche Entscheidungen Ende der Dreißiger getroffen, aber das ist lange her. Aprospos lange. Lange Rede, kurzer Sinn. Weihnachtsmarkt.

Ich hörte das Wort, roch den Glühwein in meinen Ohren und Bilder stiegen auf. Glückliche Bilder aus meiner Studienzeit in Aachen (wie spießig hört sich das an, egal). Da sind wir nach den Seminaren (oft auch statt der Seminare, um meinen Ruf zu wahren) auf den Weihnachtsmarkt vor dem idyllischen Rathaus und haben uns dem Alkohol hingegeben. Da bekam man eine Tasse, für die man Pfand zahlen musste und ließ die dann auffüllen. Und wir standen da und redeten und lachten und hatten Spassss sattttt. War das schön.

Gestern Abend nun wurde mir auf der Autobahn bewusst: Hier auf dem Land gibt es gar keinen Weihnachtsmarkt. Was? Ja. Nix. Null. Niente. Hat kein Mensch Zeit für. Lohnt sich nicht. Nix los. Nur Kühe, Wälder, Wiesen, Natur. Aaarrgghhhh. Als Mensch, der ich im Wesentlichen bin, setzte ich meine koordinierten Hirnhälften zur Problemlösung ein. Supermarkt. Jim abgeholt, Supermarkt angesteuert, kompletten Weihnachtsmarkt eingekauft. Glühwein, Kinderpunsch, Gebäck, Dominosteine.

Zuhause bollerte der Ofen und ich brachte das Tablett rein. Weihnachtsmarkt im Ofenzimmer. Den Glühwein und den Kinderpunsch hatte ich mit frisch gepresstem Orangensaft und Zimt und Honig aufgepeppt. Schön. Gemütlich. Mitten im November. In diesem Jahr freue ich mich richtig auf Weihnachten. Ich werde die Vorweihnachtszeit mitnehmen. Demnächst ist da der große, sehenswerte Weihnachtsbasar in der Waldorfschule und dann das Adventssingen am 4. Advent bei Freunden. Und natürlich die Nikolausfeier bei uns in der Feuerwehrhalle. Denne mal. Lasst und froh und munter sein und einmal so richtig freun…

Im Morgennebel der Toten gedenken

St. Martin. Von Haus zu Haus. Samstag, ab 17 Uhr. Vorher habe ich den ganzen Tag gefegt. Sand in Pflasterspalten. Besen vor und zurück, damit die kleinen Körnchen wie in der Sanduhr nach unten rieseln. Nein, bei uns wurde nicht gepflastert. Nicht Zuhause, sondern auf dem Sportplatz unten im Dorf. Um den neuen Kunstrasenplatz herum. Ein Projekt, das für den Verein und das Dorf große Bedeutung hat. Bislang haben wir noch auf Asche gespielt, was ein wenig antiquiert rüberkommt und teilweise zur Abwanderung von Jugendspielern beigetragen hat. Fußball ist hier aktive Jugendarbeit. Die Kids werden einbezogen, haben eine Aufgabe, sind integriert. Ohne den Kunstrasenplatz hätte die Zukunft des Vereins wohl düster ausgesehen. Damit die Kosten tragbar sind, ist Eigenleistung angesagt.

Nach dem stundenlangen Fegen bin ich nach Hause gefahren, habe mich kurz umgezogen und bin dann mit Ela und den Kindern zum Martinssingen von Haus zu Haus. Das macht wirklich Spaß. Mit drei Männern standen wir immer im Hintergrund und sangen den tiefen Backround. Schön. Nur wurden wir jedes Mal eingeladen, einen kleinen Schluck zu trinken. Himbeergeist, Aufgesetzten, Glühwein und einmal so etwas, das schmeckte wie Odol. Ein Mundwasserschnaps. AH!

Dementsprechend wurde die Runde immer lustiger und wir waren kurz davor, statt Laterne, Laterne Yellow Submarine zu singen. Am Ende hat sich das Dorf dann an der Blockhütte bei den großen Buchen getroffen. Ein Feuer brannte lichterloh, die Kinder tobten mit glühenden Wangen durch die Nacht und verteilten die beim Sammeln erbeuteten Schätze. Es gab Kaffee, Kuchen, Waffeln und für die Erwachsenen auch Bier vom Fass. Die Feuerwehr fuhr mit ihrem großen Tankwagen vor, um dem ganzen Treiben einen sicheren Rahmen zu geben.

Da stand ich nun also mit den Chormännern aus meiner Nachbarschaft und wir redeten und hatten Spaß. Und dann kam ich auf die Idee, dass es doch schön wäre, auf der Altenfeier am Nikolauswochenende zu singen. White Christmas und Tochter des Zion. Kam mir so in den Sinn. Nun gehören meine beiden St-Martins-Chor-Mitstreiter zur Feuerwehr. Und so kam es zu einem Deal: Würde ich am nächsten Morgen bei der Feuerwehr erscheinen (die legen am Totensonntag Kränze an die Gedenkstellen), würde die Feuerwehr Sänger für die Altenfeier stellen. Hand drauf.

Tatsächlich habe ich mich Sonntagmorgen um 8 Uhr aus dem Bett gewälzt und bin rüber zur Feuerwehr. Großes Hallo. Der Deal ist eingetütet. Wir werden singen. Nach dem Geschäftlichen bin ich dann noch mitgegangen, den Kranz niederzulegen. Alle Feuerwehrmänner in einer Reihe. Vorne der Kranz mit Schleife. Im Morgennebel war das ein wenig gespenstig. Still zogen die Männer durch das Dorf zur kleinen Gedenkstätte. Dort steht ein Stein mit der simplen Aufschrift: Den Opfern des Krieges. Eine feine Wortwahl, die mir sehr gut gefällt. Der Kranz wurde niedergelegt und es fielen die Worte “Den Toten zum Gedenken, den Lebenden zur Mahnung.” Ja. Ein stiller Moment des Gedenkens. Dorfleben, Traditionen. Wertigkeit. Ein guter Augenblick.

Ich wünsche euch eine schöne Woche.

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Das Foto, das nicht geschossen wurde

Hallo, ihr Lieben. Bin zurück von großer Fahrt. Wir hatten viel, viel Spaß und nun kehre ich zurück in den sicheren Hafen der Heimat. Landgang, Landleben. Das Dorf hat mich wieder. Wie nun starten? Grübel, konzentrier, denk nach. Langsam ankommen, wieder reinkommen.

Zuletzt war da das Gedicht von Claudia Schönfeld. Hat es euch gefallen? Mir sehr. Davor war der Text über das Gedicht, das nicht geschrieben werden will (und nun in zwei Versionen vorliegt, die es noch nicht sind). Und nun schreibe ich über ein Foto, dass nicht geschossen wurde. Am Tag der Abfahrt nach Norderney bin ich morgens noch schnell mit Cooper eine Runde gegangen. Runter ins Maikäfertal.

Das mache ich fast jeden Morgen und die Runde ist meine Lieblingsrunde. Oft habe ich den Fotoapparat dabei und schaue, ob irgendein Detail fotografiert werden möchte. Meistens passiert da unten nicht viel. Manchmal denke ich sogar “Ach, sieht heute langweilig aus.” Es gibt dann auch Tage, an denen ich keine Lust auf das Maikäfertal habe – “Schon 1.000 mal gesehen.” Dann gehen Copper und ich hoch auf die Höhen. Suchen den Weitblick.

Am Donnerstag nun erwartete mich eine Überraschung. Als ich unten ankam, zeigten sich gerade die ersten Sonnenstrahlen. Der Bach war bis zur oberen Uferkante voller Wasser, was schon einmal ungewöhnlich war. Über den Bach zog sich entlang des Tals ein Nebelband. Das schwebte einige Meter über dem Bach und war auch nur einige wenige Meter hoch.

Cooper und ich waren schon angetan. Das sah wirklich gut aus und das hatten wir so noch nicht gesehen. Bislang. Dieses Tal ist wirklich wandelbar. Cooper und ich gingen am Bach entlang weiter hinein. Richtung alte Birke, die an der Weggabelung steht, die ins Quertal führt. So rund 200 Meter vor der Birke blieb ich stehen und traute meinen Augen nicht. Ein komplett durchinszeniertes Bild. Links von mir der Bach mit dem Nebelstreifen. Darüber stand im Westen der noch leuchtende Vollmond. Mein Blick wanderte nach Osten und sah am Himmel einen Wolkenstreifen, den die ersten Strahlen zur Hälfte rot färbten.

Irgendwie, als wäre diese Wolke ein Spiegel gewesen, landeten die Strahlen als helles Licht auf der Wiese neben mir und tauchten das Gras in ein sattes, leuchtendes Grün. Der Vollmond, der pralle Bach, das Nebelband, die rot strahlende Wolke, das grün leuchtende Gras. Super arrangiert. Mein Herz hüpfte bereits. So schön. Und dann sah ich die Rinderherde. Schwarz-weiße Jungkühe. Die lagen im Schutz einer Eiche aneinandergeschuschelt und sahen aus, als würden sie ein Krippenspiel aufführen. Friede auf Erden.

Tja. Was soll ich sagen. Ganz ehrlich. Ich hatte meine Kamera nicht dabei. Ich konnte das Bild fotografisch nicht festhalten. Es ist in meinem Kopf, aber von dort bekomme ich es nicht auf die Festplatte. Kein USB-Stecker im Nacken. Mein erster Impuls war, nach Hause zu laufen, um die Kamera zu holen. Dann dachte ich mir: Quatsch. Du kommst zurück, alles weg. Der Augenblick verschenkt und in Hektik zerbröselt. Also habe ich mich hingestellt und habe geschaut, geguckt, aufgesogen, genossen. Dieses Licht, diese Konturen, die Farbe, diese Atmosphäre.

Es dauerte nicht lange, und das Licht änderte sich. Die Wolke zerfiel in zwei, dann drei Teile, das grüne Leuchten der Wiese verschwand und schon war das Bild in seinem kraftvollen Ganzen aufgelöst. Und so muss ich sagen: Ich hatte einfach wirklich Glück, in diesem Moment dort gewesen zu sein. Was für ein Schauspiel. Wie schön kann die Natur sein. Mit einigen kraftvollen Pinselstrichen eine Atmosphäre zaubern, die nicht von dieser Welt zu sein scheint.

Jetzt gehe ich mit Cooper wieder runter. Nehme die Kamera mit und werde sie wahrscheinlich nicht aus der Tasche holen. Das dürfte die nächsten Tage schwierig werden, knipsenswerte Szenen zu finden. Ich wünsche euch eine schöne Woche. Jens

Ab durch die Hecke…

… rein ins Gebüsch. Cooper und ich haben uns heute einem langen, ausgiebigen Waldspaziergang hingegeben. Da ich bei dem schönen Wetter nicht lange am Rechner sitzen möchte, hier nur zwei Fotos. Ich wünsche euch einen schönen Feiertag – der dürfte bei dem Wetter ja eher ein Heimspiel sein:) Morgen und Übermorgen bin ich weg. Mal wieder in Berlin – mit Ela. Da werde ich wohl nicht zum Bloggen kommen. Genießt den Tag, die Sonne, das Leben – überhaupt. Ciao. Bis dann.

Ein Leuchten in der Welt…

Sitze mit Dachschaden am Rechner. Oben klopft es. Der Dachdecker haut mit seinem Hammer auf das Dach ein. In seinem Radio vor meinem Fenster läuft “New York, New York”. Dachdecker mit großem Orchester, so liebe ich das. Ein wunderbarer Morgen. Alles swingt, jeder Vogel singt, der Dachdecker pfeift ein fröhliches Liedchen und die Sonne scheint mit sich selbst um die Wette. Ein gelungener Einstieg ins Wochenende, an dem ich an die Mosel fahren werde, um bei einem Klassentreffen nach fast 30 Jahren dabei zu sein. Morgen werden wir in Cochem an der Mosel mit einem Schiff fahren und das Leben genießen. Am Abend geht es dann in ein Restaurant und wir werden in alten Zeiten und kulinarischen Köstlichkeiten schwelgen. Mit Zigarren und Cognac an der Bar… (jetzt geht’s wieder mit ihm durch, verzeiht!)

Heute Morgen bin ich mit Cooper durch die Landschaft getingelt. Ach wie schön ist Panama. Ach wie schön kann landleben sein. Wir sind hoch auf die Höhe gefahren, wo die Sonne sich früh im Osten zeigt und die Welt so schön optimistisch macht. Konnte ich nach einem Streit mit Jim gut gebrauchen. Manchmal sind pubertierende 14-jährige wie Terroristen, die versuchen, auf den eigenen wunden Punkten Klavier zu spielen. Aua! (Schön doof, wenn man das mit sich machen lässt. Manchmal sind Eltern einfach schön doof.) Da tut dann so ein Feld-Wald-Wiesenspaziergang mit Hund ausgesprochen gut. Ela meinte zwar heute Morgen, ich solle mich nicht aufregen, aber bekanntlich ist es ja vom Gesagten bis zum Getanen ein weiter Weg. Sonst hätten wir ja keine Krisen auf dieser Welt:) Persönlich und allgemein. Im Großen und Kleinen. Ne, Angie.

Wir sind also dort hoch gefahren, konnten aber wegen einer Straßensperrung nicht an unsere geliebte Stelle. Haben wir halt eine andere genommen. Das Schöne am Sonnenaufgang ist, dass es so eine Zwischenzeit ist. Noch ein wenig dunkel aber auch schon hell. Was kommt, deutet sich an, ist aber noch nicht da. Dann verändern sich die Lichtverhältnisse von Minute zu Minute. Mal fallen alle Strahlen durch eine Baumlücke, dann neigt sich die Sonne wieder leicht hinter ein paar Bäume. Es geht so schnell. Tagsüber, wenn sie dort ganz oben steht, sieht es aus, als würde sie am Himmel entlangkriechen. Am Morgen aber ist es ein Rennen. Ein kindliches Versteckspiel. Buh!

Cooper und ich sind eine große Runde gegangen und haben für euch ein paar Fotos geschossen, von denen zwei die interne Qualitätskontrolle und Photoshop-Bearbeitung passiert haben. Ich hoffe, sie gefallen euch. Sie sollen ein wenig sagen: Schaut mal, wie schön die Welt ist. Geht raus, stürzt euch hinein, umarmt sie, fühlt euch umarmt, liebt… Selbst bei Stress wie zum Beispiel durch interne Auseinandersetzungen mit Familienangehörigen der Nachfolgegeneration (ich könnte ihn, arrggg…)! Slow down, komm runter, sein nett. Om! Ps. #Tschakka Mpf! Ganz ruhig, Brauner!

Ich wünsche euch ein wunderschönes Wochenende! Ciao.