DAVIDs DISPOSITION im Kulturhaus Zanders

David Grasekamp stellt aus. In Bergisch Gladbach im Kulturhaus Zanders. Sie haben ihm die Villa gegeben und er durfte. Wie er wollte. Hat er getan.

Was er getan hat, ist wild. Es wirkt. Anders, als man vermutet. Unter DIS-POSITIONEN verspricht er im Ausstellungsflyer Meditationen / Installationen / Objekte zur Malerei. Neben der Beschreibung steht ein Zitat von Ludger Schwarte aus seiner Veröffentlichung Notate für eine künftige Kunst. Unter anderem heißt es da: Eigenschaften der Dinge, Formen, Farben, Gerüche, Tönungen und Töne sind nicht die Grenzen, in denen Dinge eingeschlossen sind, die Differenz zu anderen Dingen, sondern die Weise, wie ein Ding in einem Raum wirkt, die Anwesenheit, die von einem Ding ausgeht.

So.

Wir nähern uns. DAVID hat das auch gemacht. Er hat sich zunächst in seinem bisherigen Kunstleben dieser Ausstellung genähert. Dann hat er für uns Zuschauer und Gäste in einer eindringlichen, sehr ruhigen, besonnenen Einführung Brücken gebaut. Danke. Es braucht den Kontext. Nicht, weil die Werke nicht für sich sprechen. Nein. Weil es um etwas Größeres geht. Das Zitat lässt es schon erahnen, in dieser Ausstellung ist etwas Theoretisches im Konkreten hinterlegt. Es ist eine tiefe Auseinandersetzung mit Kunst und insbesondere mit der Malerei.

Und so kommt es letztlich tatsächlich weniger auf die Objekte an, sondern auf die Botschaft. DISPOSITION. Etwas steht zur DISPOSITION. Es kann gegebenenfalls wegfallen.Ersetzt werden oder einfach auch aufgelöst. DAVID hat die Malerei in dieser Ausstellung dem Betrachter konsequent entzogen. Es gibt keine Malerei von DAVID im Kulturhaus Zanders.

Was macht er da? Er verweigert. Er malt nicht. Da sind weiße Leinwände. Da hängt eine bespannte Leinwand an der Wand und das Tuch ist an drei Seiten herausgeschnitten. Nach vorne gefallen liegt es auf dem Boden. Fast könnte man meinen, das Bild würde einem die Zunge herausstrecken.

In einer Ecke steht ein Bild in schwarze Folie verpackt. Kein Einblick. Auf einer Fensterbank liegen bespannte Rahmen übereinander. Vielleicht 10 Stück. Man ahnt, dass sie schwarz bemalt sind. Das obere zeigt den Rücken. Einblick verweigert. Kein Zugang. Auf einem Paletten-Hubwagen liegen in schwarze Folie verpackte Bilder. Kein Einblick. In einem Raum stehen verschlossene Transportkisten einer Kunstspedition. Verschlossen. An einer Wand steht eine monströse Leinwand. Weiß. Nichts. Nichts?

DAVID fordert die Betrachter. Aber nicht nur das. Er fordert die gesamte Kunstwelt. Was ist diese Kunst heute? Was sind die Kunstmessen in Basel und Köln? Was sind diese bespannten, bemalten Rahmen? Weshalb hat die Deutsche Bank in London dieses museale Foyer mit diesen riesigen Schinken zeitgenössischer Malerei? Ein wenig ist es wie im Fußball. Neymar für 220 Millionen zu St. Germain. Der Baselitz für. Der Beuys. Koons. Richter. Johns. Ein Lehmklumpen für Jonathan Meese. Hände rein, mansch-mansch, verkauft. Das Original.

Was sehen wir eigentlich, wenn wir Kunst sehen? Was sind die Kriterien? Und weshalb wird immer verglichen? Der mit dem. Jenes mit solchem.

DISPOSITION wirkt wie ein Weißabgleich. Alles auf NULL. Das habe ich gespürt, als ich in dem Raum saß. Ein kleiner Raum, zwei Fenster, eine Tür, ein Stuhl, eine weiße Wand und der Betrachter. In diesem Fall ich. DAVIDs Worte im Ohr, die Nicht-Malerei im Blick, die Projektionsfläche von einem Malermeister geweißt. Was weiß ich über Malerei? Was weiß ich über Kunst? In dieser Ausstellung verschwinden die Formen, die gemalten Inhalte, die Pinselstriche, all die Dinge, die zu sehen sind. Keine Farben. Weißabgleich im Kopf, im Hirn. Schaut doch mal hin! Seht doch mal hin! Spürt doch mal nach! Haut euch doch all die Kunst nicht wie Fastfood rein. Schlange stehen am Louvre und dann zur Mona Lisa, 35 Sekunden. Wie war die Mona Lisa? Gut. Echt gut. Schon richtig gut gemalt. Sollte man mal gesehen haben. Wie war die Ausstellung? Was hast du empfunden? Welche Gedanken hast du? Was macht das mit dir? Respekt erweisen. Möglichkeiten nutzen. Denkende, wahrnehmende, mitarbeitende Gesellschaft sein.

Ich mag die Ausstellung DISPOSITION sehr. Sie ist intelligent, sie ist rational auf den Punkt durchdacht und darüber hinaus ist sie hoch emotional, weil sie ermutigt, nachzudenken und nachzuempfinden. Es ist emotional ästhetisch, nicht hinter die Folien schauen zu können. Es ist der Gedanke, dass Kunst nicht liefern muss. Das sie nicht verpflichtet ist, sich uns in Schönheit, Krassheit, Anmut oder Botschaft zu präsentieren. Einen Scheiß muss sie. Nichts muss sie. Sie gehört sich allein und darf sich verschließen und tun und lassen, was sie will. Das ist die Freiheit der Kunst, die gerade beschnitten wird. Auf unterschiedliche Art. Der Streit um die politische Korrektheit und das Verschwinden von Werken, die nicht passen, weil sie anstößig sein könnten in ihren Positionen. Das hat Bedeutung für die Malerei. Das ist eine starke Vorgabe, was auf die Leinwand darf. Und was nicht.

DISPOSITION ist eine kraftvolle Neuausrichtung. DISPOSITION hat mit der Eröffnung am 3. September 2017 etwas sehr Neues erschaffen. Eine Stunde Null. Fangt noch einmal neu an. Die Welt der Leinwände ist weiß und frei und grenzenlos. In der Verweigerung der Farben ist DISPOSITION eine Auslöschung, die mit den wunderbaren Mitteln der Kunst Kunst und seine Konsumenten hinterfragt und inspiriert. DAVID sprach von Dystopie und Utopie. Es gibt eine Verzweiflung und eine Hoffnung. David Grasekamp hat sich dem Thema mit einer immensen Kraft und Klarheit gestellt. Die Ausstellung sollte über die Tate ins Guggenheim ziehen. Aber letztlich ist es egal, wo sie stattfindet. Der Gedanke ist ausgesprochen und in der Welt. Und da gehört er hin. Als Leuchtschrift oben an den Himmel über alles.

Wenn ich wie du Leser dieser Zeilen wäre, würde ich die Gelegenheit nutzen und mir die Ausstellung ansehen. Die Ausstellung läuft bis zum 24. September, hat außer montags und freitags täglich von 11 bis 19 Uhr geöffnet. Und das Beste: DAVID ist da. Immer. Ansprechbar. Macht mal, geht mal hin. Lohnt sich wie selten.

Weitere Infos hier.

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