Greife ich doch einfach ganz tief in die Klischeekiste. Wie in der Lostrommel rühren und irgend so’n “das sagen immer alle in dieser Situation”-Dings rausziehen. Was sagen denn gerade alle? “Schon wieder ein Jahr rum, die Zeit vergeht wie im Flug”. Oder “Und plötzlich ist Weihnachten”. Für all diese automatisierten Sprüche, die in unserem Kopf als Zeitbomben abgelegt sind, die über ein Codewort gezündet werden, sollte bei Detonation ins Phrasenschwein eingezahlt werden. Ein Euro für Bedürftige. Oft sagen wir nämlich Sachen, die wir gar nicht sagen wollen. Kontextbedingt. Das Codewort kommt und wir plappern los. Knopfdruck, peng – die Phrase ist da. Früher, bei Eltern und Großeltern der alten Zeit waren das gerne die deutschen Sprichwörter: “Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer” oder “Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr”. Die erzeugen nun wirklich Unwohlgefühle. Mittlerweile explodieren die allerdings nicht mehr, wenn die hoch kommen (auch bei mir gegen meinen Willen in X-ter Generation) entsteht in mir Mitleid. Mit mir selbst. Junge, was hast du nur für einen Mist in der Rübe. Meistens schaffe ich es, die gerade noch runterzuschlucken. Fader Geschmack.
Aktuell habe ich das große Vergnügen, für meine Kunden Weihnachtskarten zu texten. Müsste man ja annehmen, dass wäre total easy. Frohes Fest und guten Rutsch und ab die Maus. Dafür müsste man mich ja nicht buchen. Was also schreiben? Soll ja wirklich von Herzen kommen, ohne werblich kitschig zu sein. Gleichzeitig aber so offen, dass es zu allen Angeschriebenen passt. Die Weihnachtskarte ist die emotionalste Botschaft des Jahres. Sonst geht es um Fakten, um Preise, um Innovationen, um Möglichkeiten. Die ganze Welt des Schaffens, Entstehenlassens, Geldverdienens. Weihnachten natürlich auch, aber unter anderem Vorzeichen. Eine Botschaft muss mit, die das Phrasenschwein nicht klingeln lässt. Mein Job.
Wir haben gestern unsere Weihnachtspost verschickt. Karte mit Konzept auf feinem Papier gedruckt. Schöne Umschläge, Sondermarken, handgeschrieben. Was ‘ne Arbeit. Wie die aussieht? Kann ich leider nicht verraten, die ist ja noch unterwegs. Das wäre eine www-Vorwegnehmen. Habt ihr schon eure Weihnachtspost verschickt? Habt ihr dieses Jahr eine Botschaft fernab vom Muster? Würde mich interessieren. Was ist gerade wichtig? Worüber sollten wir Weihnachten mal nachdenken? Was ist mit 2011? Gesundheit, Glück, Zufriedenheit, Frieden, Umweltschutz. Abgehakt. Was steht auf dem Plan? Was brauchen wir? Ich würde mich über eure persönliche Weihnachtsbotschaft im Kommentar freuen. Bin gespannt, was zusammenkommt. Gemein, ‘ne! Jetzt hier auch noch arbeiten müssen. Nachdenken, überlegen.
Aber seht es mal so: Vielleicht habt ihr oder findet ihr einen persönlichen Stern, unter den ihr euer Weihnachtsfest stellt. Einen mit Leuchtkraft, der euch neben der Deko durchs Fest führt. Vielleicht ist es ein bereichender Gedanke, der euch ein reicheres, inhaltlicheres Weihnachtsfest beschert. Noch ist Zeit, nachzudenken. Denn ihr wisst ja “Und plötzlich ist Weihnachten!”
Ich wünsche euch gute Eingebungen und persönliche Botschaften, die euch und die Welt reicher machen. Nur Deko hilft nicht, da bleibt Weihnachten Fassade und das ganze aufkommende Sentimentale schleudert einen rum. Mit eigener Botschaft gerüstet und vorbereitet läuft es vielleicht besser. Oder: Noch besser! Ciao.
Hallo Jens,
eine Hausaufgabe an Deine Leser. Und da muß ich gar nicht groß nachdenken, weil ich Ergebnisse vor mir sehe. Mein persönlicher Stern, unter den ich unser Weihnachtsfest in diesem Jahr stellen werde, sind meine Kinder. Ich bin stolz auf sie. Meine Tochter ist auf dem Weg zu ihrem Beruf. Sie ist mit Disziplin und Eifer dabei, eine Kämpferin, wie sie im Buche steht. Mein Sohn, ein junger Mann, der kurz vor Jahresende 16 Jahre alt wird, der jetzt in seiner neuen Schule, in seiner Wohngruppe angekommen zu sein scheint, der beginnt, die Hilfe und Unterstützung anderer anzunehmen, der an Weihnachten 2008 an seinem persönlichen Abgrund stand, der jetzt sieht, was er aus eigener Kraft erreichen kann. Auch er ist ein Kämpfer, dem das Leben die Flügel schon früh gestutzt hat. Aber er kann es noch, das Fliegen, das Lachen, das Leben.
Meine Botschaft zu Weihnachten 2010: Kümmert euch um eure Kinder. Gebt ihnen viel Liebe und Zeit. Das ist tausend Mal wichtiger als ein Berg von Geschenken.
Liebe Grüße
Annegret
Hi Annegret,
danke. Eine so schöne Botschaft schon so früh am Morgen: Kümmert euch um eure Kinder! Ja, das macht wirklich Sinn. Fernseher aus, Playstation in den Schrank, iPod aus den Ohren und rein in die Gemeinsamkeit. Spielen, reden, essen, raus in den Wald, über Stock und Stein. Braucht eine Einflugschneise. Plötzlich von jetzt auf gleich mal eben in die Gmeinsamkeit springen, das läuft nicht. Vielleicht jetzt schon anfangen, um dann für Weihnachten gerüstet zu sein? Abends mal ein kartenspiel. Nachmittags gemeinsam Kekse am Küchentisch – die Kerzen des Adventskranzes anzünden. “Plötzlich ist Weihnachten da!” Die Wrwartungen sind hoch, alle hängen dicht bei dich aufeinander. Da ist ein gutes Emotionsmanagement gefragt – vor allem, wenn Kinder im Spiel sind. Kümmert euch um eure Kinder! An Weihnachten – und immer. Ist ja auch wirklich schön, mit denen zusammen zu sein.
Ich freue mich für dich, dass es bei deinen Kindern so gut läuft. Haste gut gemacht.
Liebe Grüße
Jens
Hallo Jens,
danke, war nicht nur mein eigener Verdienst, sondern auch der von mehreren engagierten, berufsmäßigen “Engeln”, im Einsatz für die Kinder.
Annegret
Hi Annegret,
Verdienst kann man ja gerne teilen. Es ist aber schon eine große Gabe und ein oft unterschätztes Talent, Hilfe annehmen zu können. Und wie ich das so mitbekommen habe, lagen da ja auch noch einige Steine im Weg, von denen du dich nicht hast aufhalten lassen. Selbst, als du in luftige Höhen musstest. Wer mit Engeln zusammenarbeiten kann, ist klar im Vorteil. Mir fällt es oft schwer, Hilfe anzunehmen. Männlicher Stolz. Das schaffe ich schon. Wenn es mir gelungen ist, Hilfe anzunehmen, war es immer gut. Bereichernd. Stolz ist kein gutes Werkzeug. Ein dummes Lebenselement, das viel Elend in die Welt trägt. Vertrauen als Gegenspieler ist da deutlich besser.
Liebe Grüße
Jens
Für Weihnachten wünsche ich mir vor allem, dass man den schönen Dingen Raum gibt. Mit lieben Menschen zusammen ist, die Zeit genießt und sich dessen besinnt, was man vielleicht in Kindertagen mit diesem Fest verbunden hat.
Für das neue Jahr wünsche ich mir, dass die Menschen wach und mit offenen Augen durchs Leben gehen, die Sinne geschärft haben für all die kleinen und großen Dingen , die uns umgeben und ihnen auch eine Wertigkeit für das eigene Wohlbefinden beimessen können. Und das die Fähigkeit nicht abhanden geht auch mal die Sedimente im Flussbett des Lebens aufzuwirbeln, um diese entstehende Trübnis anzunehmen um dann wieder klarer voraus schauen zu können.
Hi Raoul,
eine schöne Botschaft: Den schönen Dingen Raum geben! Das passt gut zu deinen Neujahrswünschen Wertigkeit und Wohlbefinden. Genau hinsehen, was wichtig ist. Da wären wir wieder bei “Nothing Else Matters”. Sich konzentrieren, achtsam sein, was wirklich zählt. Die vielen kleinen Dinge, die im Lauf der Welt so gerne übersehen werden. Die Botschaften aus unserem Umfeld, die wir manchmal nicht wahrnehmen. Chancen, die vorüber ziehen, weil wir sie nicht sehen. Konzentrieren wir uns auf uns und unsere Umgebung, leben wir unser Leben. Wir können weder Hollywood noch Afghanistan leben. Wir leben dort, wo wir sind. Mit den Menschen, die uns umgeben. Sich darauf zu konzentrieren und em einen Wert zu geben, ist wirklich wichtig.
Liebe Grüße
Jens
Liebe Annegret,
die gleichen Erfahrungen, die du mit deinem Sohn gemacht hast, machen wir gerade auch! Und es funktioniert! Und das Zusammenleben ist plötzlich so unbeschwert und frei… Eine tolle Erfahrung! Und wir sind mächtig stolz auf unseren “Lütten”!
Daher ist deine Botschaft eine sehr schöne!
Ich würde dem noch hinzufügen:
Sucht das Glück! Was macht euch glücklich? Glück sollte man weniger im außen, als viel mehr in sich drin suchen! Glück hängt nicht von Materiellem ab! Sucht die kleinen Glücksmomente im Leben!
Liebe Grüße
Claudia
Hi Claudia,
“Sucht das Glück in euch!” oder “Such das Glück in dir!” Ein aktiver Prozess. Suchen, nicht abwarten. Tun. Dazu muss man sich bewegen, muss sich nach Coelho auf die Reise begeben und die Zeichen erkennen. Suchen macht nur mit offenen Augen Sinn. Dann kann man entdecken, ausprobieren, Glück finden.
Liebe Grüße
Jens
Hallo Claudia,
ja, das Leben, das Miteinander wird einfacher, wenn man helfende Engel an seiner Seite hat.
Danke.
Annegret
Ist ja schon alles gesagt worden, irgendwie… JA, ich würde auch sagen: seht euch um, seht nicht nur angestrengt nach vorne, wo ihr hin müsst, was ihr schaffen müsst, was ihr noch erreichen wollt. Was ist JETZT da, wer sitzt, geht, steht, lebt neben euch, mit euch. Es sind wohl doch die kleinen Dinge, die uns am Leben erhalten, die manchmal unscheinbaren, die aber unsere innere Größe hervorlocken. Das Kind in der Krippe eben. Gott ganz klein und hilflos, aber trotzdem nicht machtlos. So wie wir.
Wünsche euch allen eine gesegnete Weihnachtszeit!
Uta
Hi Uta,
gerade noch auf Twitter und jetzt schon wieder im Blog. Die kleinen Dinge erhalten uns nicht nur am Leben, sie sind unser Leben. Jeder Augenblick zählt. Es ist immer die eigene Entscheidung und das eigene Talent, glücklich zu sein. Im Gespräch mit Menschen, beim Schmieren eines Brotes, beim Zähneputzen…
Liebe Grüße
Jens
Natürlich sind Menschen die wir lieben das Zentrum des Lebens, aber bitte
Vergesst bitte nicht die Welt….
die Ungerechtigkeiten die jede Sekunde irgendwo passieren, Rechtlosigkeit, Armut und Arroganz mancher Menschen.
Raoul hat es schon erwähnt, immer Augen und Ohren offen halten, kritischen Blick riskieren, sich einmischen auch wenn es unbequem ist, probieren die Welt zu ändern, sie besser machen.
Ich wünsche mir, dass die Menschen respektvoller miteiander umgehen und auch die Tiere und die Natur unserer schönen und einzigen Erde mit mehr Respekt behandeln sollen.
Nachdenken über Nachhaltigkeit, den Sinn und Unsinn – und handeln danach.
Schöne und ruhige Weihnacht euch allen
bo
Hi bo,
das sollte man tatsächlich nicht vergessen. Aber ich finde es immer gut, in seiner Umgebung anzufangen. Vor Ort. Das heimische Frauenhaus unterstützen, die Menschen, die etwas bewegen. Ja, es lässt sich so viel machen. Wir müssen es nur tun.
Liebe Grüße
Jens
Nicht immer nur darauf schauen, was fehlt oder falsch läuft, sondern auch mal wahrnehmen, wie gut es uns geht. Was alles gut klappt, wie viele Menschen positiv zusammen arbeiten und einander helfen. Auf all das, was wir “wie selbstverständlich” besitzen: Nahrung, Kleidung, Wohnung, Bewegungsfreiheit, Frieden – und jede Menge Luxus, verglichen mit anderen Weltgegenden.
Wie leicht es gehen kann, aus dem gewohnten Tunnelblick des “Jeder-macht-Seins” zu erwachen zeigt z.B. dieses wundervolle Video
* Hallelujah in der Shopping-Mall
http://www.youtube.com/watch?v=SXh7JR9oKVE
Frohe Weihnachten!
Hi Claudia,
vielen Dank für den Link. Beeindruckend. Kommt der Prophet nicht zum Berg, kommt der Berg zum Propheten. Besser lässt sich kaum zeigen, was wirklich zählt. Menschen für Menschen. Und so geht das Lied übers Netz durch die Welt und freut alle Menschen. Die Botschaft ist da. Verkündet. Weihnachten. Am besten geht es einfach miteinander.
Liebe Grüße
Jens