Erst Fitness dann fett zum…

Nach dem Stuttgart 21-Hype letzte Woche bin ich jetzt froh, wieder über “unsere kleine Farm” zu schreiben. Der politische Ausflug in die große weite Welt nebst Tagesgeschäft war doch ganz schön anstrengend. Hier sind teils Kommentare eingegangen, die waren strange bis sehr strange. Teils tatsächlich sprachlich wirr und unverständlich. Die habe ich mal blockiert, weil es da nicht um die Sache ging. Schade. Insgesamt scheint da so viel Druck im Kessel zu sein, dass Komisches entsteht. Ich verfolge das Geschehen still weiter, habe meine Meinung, wende mich aber wieder dem eigentlichen Thema dieses Blogs zu. Bis es wieder Zeit wird, was zu sagen…

So springen wir nun vom Stuttgarter Hauptbahnhof in ein kleines, beschauliches Städtchen am Rande der Biggetalsperre: Olpe. Dort trainieren Ela und ich unsere Midlife geplagten Körper, um den Prozess der Alterung hinauszuzögern und körperlich in Form zu bleiben. Jim wird in zwei Jahren 16 sein und dann voller Kraft und Energie stecken. Da würde ich gerne sportlich einigermaßen mithalten können – so stelle ich mir das zumindest vor. Gerne würde ich mal mit ihm, und dann auch mit Zoe, windsurfen. Bei viel Wind in voller Fahrt. Ist vielleicht nur so ein bescheuerter Vatertraum…

Gestern sind wir zu früh in Fitness-Studio gefahren, weil wir früh wieder zurück sein wollten. Das bedeutete: Ohne Abendbrot. Hatten wir uns irgendwie keinen Kopf drum gemacht. Einfach los. Dann waren wir beide ziemlich schwach unterwegs. Ela unterzuckerte, die Finger zitterten und sie musste sich an der Theke einen Energieriegel kaufen. Danach ging’s dann, aber die Luft war raus. Unser schwungvoller Einstieg in den Fitnessabend ist den Motivationstod gestorben. Meine Beine waren ein wenig wie aus Gummi. Keine Lust, kein Antrieb und vor allem Hunger. Wir haben uns in Tarifverhandlungen auf noch 20 Minuten Training und anschließenden Abflug geeinigt. Ich bin meine fünf Kilometer auf dem Laufband zu Ende gelaufen, habe ein paar Gewichte gehoben und Ela hat sich auf dem Rad vergnügt. Mit Zeitung (könnte ich nicht – Mann? Zwei Dinge gleichzeitig? Nun, andere Männer können das auch. Hm.).

Dann kam der Augenblick der Wahrheit. Frisch geduscht trafen wir uns im Foyer und drucksten rum. Zentrales Thema: Hunger. Oder wie Mareks Maulwurf mit dem Sprachfehler so süß sagt: Hungi, Hungi. Wer von uns würde das Unvermeidliche in dieser Situation aussprechen? Wer würde die Verantwortung für die Einkehr in ein amerikanisches Fastfood-Etablissement übernehmen? “Wo sollen wir hin?” “Weiß nicht?” “Du hast aber auch Hunger?” “Ja, ziemlich.” “Und nun?” “Also ich wills nicht sagen.” “Ich auch nicht.” “Fahren wir erst einmal los.” “Du Jens, es gibt drei Altenativen.” “Welche?” “Supermarkt, Äpfel kaufen oder Tanke ein Brötchen oder Burger King.” “Burger King.” War von Anfang an klar. Auf 40 ganz normale Trainingsabende kommt ein Fastfood-Ausrutscher. Das ist dann irgendwie unaufhaltsam. So we did it! Speisen in nettem Ambiente. Musikvideos, Jugendliche, die sich mit Bandengruß abklatschen, ziemlich dicke Menschen und süße Getränke im XXL-Format. Ein dicker Burger hat 1.000 Kalorien! Darf man dann ja nich dran denken und muss auch sonst die Rübe ausschalten. Rational inakzeptabel. Der Reiz ist, sich gehen zu lassen. Die Kontrolle aufzugeben. Dem wissenden Ego den Stinkefinger zu zeigen. Rebellion. (O.K. – ich übertriebe, wir waren einfach bei Burger King, is schon gut).

Das Schöne war, wir haben uns sehr nett unterhalten. Hatten mal eine kleine Zeitnische ohne Verpflichtungen und Kinder und Hund und Haus und Job für uns. Romantische Zweisamkeit in der “amerikanischen Fressdiele für Proleten” (sagt mein Papa).

Dann hoffe ich mal, dass ich bei euch keinen Fastfood-Hunger bewirkt habe und ihr euch heute schön an Möhrchen und leckerem Obst erfreut. Guten Appetit! Ciao.

P.S. Heute Früh bin ich direkt in den Wald und habe frische Pfifferlinge geholt. Heute gibt es wieder “anständige Hausmannskost” :)

Und platsch in den Bach!

Ela, meine Freundin und Mutter unserer gemeinsamen Kinder, dreht abends oft gerne noch eine Runde durch den Wald. Manchmal geht sie allein mit Hund, manchmal nimmt sie mich mit. Gestern Abend hat sie mich nach der Arbeit und vor dem Abendbrot zu einer kleinen Runde eingeladen. Sie wollte mit mir eine Runde durch das Maikäfertal drehen – ein kleines Tal, in dem fast nie ein Mensch anzutreffen ist. Es heißt übrigens Maikäfertal, weil dort der Maikäfer, ein leicht verrückter Bauer, einen Gerümpelplatz hat. Da liegt alles kreuz und quer. Der ist ein wenig Messi im großen Stile: Alte Ladewagen, Haufen von Silagefolie, Bretter, Metallplatten. Ein Kleinod der Vergänglichkeit. Ein Schrottplatz der besonderen Art, auf dem der Schrott teilweise mit der Natur verwachsen ist. Eine Frontgabel von einem Traktor ist tatsächlich tief in einen Baum eingewachsen. Ein gleichsam interessanter wie gespenstiger Ort. Hätte auf unserer Runde gelegen, aber…

Als wir bei uns den Berg runterkamen und ins Tal einbiegen wollten, kam der Jäger. Der mag uns nicht all zu sehr, weil wir den Hund immer frei rumlaufen lassen. Er hält unseren Kuschel-Cooper für eine Jagdbestie, die ihm die Rehe wegjagen will. Tatsächlich ist es so, das kann der Jäger natürlich nicht wissen, dass Cooper die Rehe meistens gar nicht sieht. Die springen vor uns über den Weg und er hat die Nase am Boden und schnüffelt. Raschelt mal eine Maus am Wegesrand im Gras, erschreckt er sich und springt zur Seite. Eine wahre Bestie.

Nun war es gestern aber so, dass der Jäger auf seinen Hochsitz im Maikäfertal wollte, um anzusitzen. Wären wir da spazieren gegangen, hätte sich das Thema Jagen für ihn erledigt gehabt. Die wilden Tiere hätten Cooper gerochen und wären dann auf und davon gewesen. Eigentlich gut, weil ich es nicht mag, wenn Tiere erschossen werden. Aber auf dem Lande gilt, zumindest für Menschen: Leben und leben lassen. Wir haben uns also geeinigt, dass wir eine andere Runde drehen, damit er in Ruhe tun kann, was er nicht lassen kann.

Dazu mussten wir dann aber über den Bach, der momentan recht hoch ist. Ela und ich haben eine schmale Stelle gesucht und nicht wirklich gefunden. An der schmalsten Stelle war auf der anderen Seite ein kleiner Erdvorsprung, auf dem man nach einem kräftigen Sprung womöglich landen konnte. Ich habs ausprobiert und es hat geklappt. Ela wollte eigentlich nicht, hat sich aber dann doch entschieden. Ich wollte sie in Empfang nehmen, aber sie rutschte ab und stand mit beiden Beinen im Bach. Miste, wie Jim sagen würde. Aus Solidarität bin ich dann auch rein. Alleine nass sein ist einfach doof. Wir sind dann wie die kleinen Jungs aus der Nimm Zwei-Werbung nach Hause und haben uns ziemlich beeiert. Und wir haben natürlich gehofft, dass uns weder Nachbarn noch die Kinder sehen. Man muss sich ja nicht unbedingt krampfhaft zum Mittelpunkt von Spott und Häme machen. Hat geklappt. Ich hoffe, Ela wertet den Reinfall nicht als böses Omen und nimmt mich auch zukünftig mit…

Euch wünsche ich, dass ihr ohne Reinfall durch den Tag kommt und es auch schafft, euch nicht durch irgendwelche größeren oder kleineren Duseligkeiten in den Mittelpunkt von Spott und Häme zu schieben. Viel Spaß mit allem. Ciao.

Frau am Bach

Unter dem Schirm
in einer Glasperle

Pfauenauge
im Haar

Geschichten des
fließenden Wassers

Wellen umspülen
die Zeh’n

Ein Blatt
schwebt, tanzt

Kein Plätschern
das sie hört

Ihr wäre
nach mehr

Kommt sie
die Liebe?

Oder nur
ein Fisch

oktober 2010

Mann. Frau. Umgekehrt.

Fifty-fifty. Ihr erinnert euch? Das Kernthema dieses Blogs, die Startposition am 18. Februar 2010. Pole-Position. Was geht da ab im Fifty-fifty-Experiment auf dem Lande? Da dies Fifty-fifty für das Paar und Gegensatzpaar Ela und Jens steht, also eine Art Ying und Yang, Pode und Antipode oder schlicht das Weibliche und das Männliche, möchte ich mal kurz hier auf das Wesentliche eingehen. Den kleinen, feinen Unterschied. Allen ist ja sowieso immer klar, wie Frauen und Männer so ticken. Die Mädels auf der einen Seite mit schön-schön, fein-fein, guter Duft und George Clooney an ihrer Seite und die Jungs mit Bier, Fußball, herbe drauf, technisch versiert und intellektuellem Interesse an Penelope Cruz-Filmen.

Klar, ne! Gestern Abend nun war ich plötzlich mit einer schwierigen mentalen Situation konfrontiert. Dazu muss ich sagen: Nicht irgendein Abend. Nein. Montagabend. Mein Montagabend. Ausgang, Auslauf. Fußballtraining. Männergruppe, wenn ihr so wollt. Rumkicken, rumbrüllen, Tore schießen und am Ende in der Kabine Bier trinken. Nackte Kerle mittleren Alters, die über Fußball palavern und Gott und die Welt ins Visier nehmen. “Was gibt’s Neues im Dorf?” Eindeutig: Männer.

Dieser mir so wichtige Abend ist gestern a-u-s-g-e-f-a-l-l-e-n. Brrrr. Hat nicht stattgefunden. Niente. Nada. Sieh zu, wie du damit fertig wirst, Herr Schönlau. Nun hätte ich sagen können – “Lieste halt weiter in deinem schönen Buch.” Ging nicht. Erstens, weil ich scheinbar programmiert bin. Montagabend lesen kommt in der Programmiersprache meiner Woche nicht vor. Zweitens – schlimmer noch – ist der Montag der Wäschetag. Normalerweise komplett Elas Business. Moment! Ich räume täglich die Spülmaschine aus und hole das Holz aus dem Keller! Gerechtigkeit ist Fifty-fifty gewahrt. Nun ist Elas Job am Montag mit dem Thema Wäsche ziemlich konzentriert. Während sie Wäsche faltete, konnte ich mich ja nicht irgendwie verpieseln. Also habe ich mitgeholfen. Kleine T-Shirts falten, kleinste Socken ineinander stecken, Pullover auf DIN-A4-Format bringen. Wie muss dieses riesige Badetuch gefaltet werden, damit es unseren Schrank nicht sprengt? Wer, verdammt nochmal, benutzt hier eigentlich völlig sinnfrei so riesige Badetücher? Wisst ihr, wie viel Arbeit die machen? Das is ja ne ganze Maschine voll… Ups!

Zoe hat mich dann erlöst. “Papa, erzählst du mir im Bett noch ‘ne Geschichte?” “Sorry, meine liebe Zoe. Geht nich. Dein Vater ist beschäftigt. Ich falte Wäsche. Gute Nacht.” Ela prustet. Und erlöst mich. “Hau schon ab, erzähl deiner Tochter ‘ne Story.” Moment mal. Nun gut, immerhin hab ichs versucht und mental ja auch bis zum großen Badetuch geschafft. Und damit hier keine falschen Meinungen oder gar männlich-weiblich-typische Beschuldigungen aufkommen: Ich habe schon öfter auch ganz alleine riesige Wäscheberge gefaltet! Manchmal sogar fast gutlaunig. Jawohl. So weit sind Männer und Frauen nämlich gar nicht auseinander. Vielleicht einfach nur ein wenig anders belastbar. Naja, ihr wisst, was ich meine. Oder?

Euch einen schönen, ausgeglichenen Fifty-fifty-Tag. Ich hab hier einen Sack voll Arbeit, muss aber erst zum Zahnarzt, meine Krone einsetzen lassen. Ihr erinnert euch: “Fucking Gitarrenladen!”. Dann will ich mal in die Saiten hauen und ein wenig Gas geben. Ciao.

P-, P-, Party und Zeche!

Partys mit Mitte vierzig? Hm. Sind das noch Partys oder schon Gesprächsrunden mit gutem Essen und leckerem Wein? Ela und ich waren am Freitag auf die Party einer Freundin in einem Nachbardorf eingeladen. Auf der Terrasse direkt vor der Küche stand ein großes Zelt mit Tischen und Heizstrahlern, das “Wohnzimmer” war ausgeräumt und mit einer fetten Musikanlage ausgestattet. Tanzen. Wie tanzt man mit Mitte vierzig?

Ein Freund erzählte kürzlich, dass er auf einem runden Geburtstag war, wo sich zuletzt unser Alter mit wirklich jungen Menschen auf der Tanzfläche traf. Er meinte nur: “Welten!” Ich erinnere mich an die achtziger Jahre und die verschiedenen Diskotheken, in denen wir unterwegs waren. Eine feste Clique aus dem Internat, die sich am Wochenende irgendwo zwischen Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz traf. Da gab es die Popper-Discos, in denen möglichst lässig und cool getanzt wurde und die Ökoläden, in denen es mehr auf Ausdruck und Innerlichkeit ankam. Es war manchmal komisch, wenn man das Gefühl hatte, in so einen Laden nicht reinzupassen.

Am Freitag haben wir reingepasst. Tatsächlich gab es das leckere Essen und den guten Wein. Und es gab die Party auf der Tanzfläche. Erst spät, aber dann war es doppelt gut. Zuletzt hatten Ela und ich die Tanzfläche für uns allein. Es war zwei Uhr und wir konnten unsere Songs auswählen und auch als Paar tanzen. Das haben wir vor zwei Jahren in einem Kurs gelernt. Wir hatten beide nie einen Tanzkurs besucht – das war damals spießig. Heute ist es einfach toll. Mal auseinander tanzen, mal gemeinsam. Rumba, Chachacha. Hätte ich nie gedacht, dass mir das mal Spaß macht. Heute ist es so. Und mit Ela in die Nacht zu tanzen, dass war schon ziemlich gut. Ah. Party mit Mitte vierzig? Wie immer: Kommt drauf an, was man draus macht.

Zeche? Wir haben als Paar das Wochenende gestartet und als Familie beendet. Gestern waren wir alle zusammen in Essen im Ruhrmuseum. Da hatten wir vor einiger Zeit die Ausstellung “Entry” besucht, nun hatten wir mal wieder Lust auf die Zeche Zollverein. Einfach Klasse dieses Ruhrgebiet. In der Ausstellung sind wir in der alten Kokserei tief eingetaucht. Überall die alten Apparaturen aus der “Kohlezeit” und dazwischen jede Menge skurrile, lustige, interessante Exponate, die eine lebendige Geschichte erzählen. Zoe und Jim waren begeistert – von einem richtig gut gemachten Museum!

Danach waren wir noch in einer Essener Trattoria essen und fühlten uns ein wenig an “Maria ihm schmeckt’s nicht!” erinnert. Wir wurden von einer kompletten italienischen Familie beköstigt. Im Hintergrund lief im Fernsehen still das 2:0-Duell Dortmund gegen Bayern München. Mittendrin im Pütt. Ein Foto vom Urahn an der Wand, einem Italiener mit Koffer, der da mitten im Ruhrgebiet steht und lacht. Scheint zu passen. Gute Stimmung, richtig leckeres Essen. Ehrliche italienische Küche – ohne Kompromisse und Gott sei Dank ohne deutschen Einfluss. Für mich hört beim Essen Integration auf – das soll mal richtig schön ursprünglich italienisch bleiben.

Euch wünsche ich eine partyreiche Woche, in der euer Leben fröhlich tanzt und in dem es leckere Sachen zu essen gibt. Ciao. “Maria, mir schmeckt’s!”