Wo ist denn nun wieder das Schnellfeuergewehr?

Ich weiß nicht, ob Kinder tatsächlich mit dem Zeugs spielen. Unsere haben es kaum getan. Trotzdem ist hier ein riesiger Berg Playmobil aufgelaufen. Manchmal hab ich das Gefühl, die Dinge entstehen aus sich heraus. Sind plötzlich da. Die Jahre vergehen, die Spielzeug-Berge werden größer. Dabei gibt es doch schon hier im Land-Kindergarten den Spielzeug reduzierten Ansatz. Hin zur Beschäftigung mit sich selbst.

Wir hatten eine pädagogisch sinnvolle Idee. Pädagogisch und sinnvoll, da hätten bei mir schon die Alarmlampen angehen müssen. Das Runde und das Eckige, das Emotionale und das Rationale. Der Wunsch, die Vorstellung und dann die Realität. Welten, die dazwischen liegen. Zurück. Playmobil. Zoe und Jim sollten ihr Playmobil per ebay verticken. Ferienbeschäftigung. Sets zusammenstellen, fotografieren und textlich korrekt beschreiben. In Eigenregie. Den Gewinn der Aktion sollten sie natürlich teilen und dann noch mal teilen – Hälfte aufs Sparbuch, Hälfte verprassen. In der Hafenbar. Seid ihr noch wach? Quatsch Hafenbar, Schmali. Das Kaufhaus unten im Dorf. Mit dem heimlichen Wäscheverkauf unter der Theke. Die Mieder für die Damen liegen nicht aus. Eher so’n Geheimscheiß, ‘ne, Brad. Jim und Zoe beziehen dorther ihre Comics (wär auch mal was für ebay…).

Nun haben wir den ganzen Quatsch mit Soße ins Internet gestellt. Insgesamt 14 Playmobil-wunderschöne-Spiellandschaften. Träume werden wahr. Piraten, Polizeiboote, Feuerwehrmannschaften, Filmteams, ein kompletter Bauernhof und der schrill gelbe Rettungshuschrab-schrab. Erste Sahne. Kartons für das DHL-Päckchen-Qualformat 15x30x60 rausgesucht und schon mal grob vorverpackt. Von Frau Zoe im Schönlau-Richterschen Qualitätsversand. Jim sollte kleine Grußkarten schreiben, hat er auch gemacht, und dann haben wir als kleinen Gruß aus der Küche noch ein Schokoladentäfelchen zum Beilegen besorgt.

Tag X, Auslaufen der Schwarzmeerflotte, äh der ebay-Angebote. Ganz schwache Einnahmen. Teils ein Euro. Superbingo. Gestern Nachmittag dann habe ich damit verbracht, alles auseinanderzuklamüsern. Wer hat bezahlt und wem können wir die Sachen schon schicken? Die einen zahlen per Paypal, was jeweils 50 Cent Kosten erzeugt. Die anderen überweisen. Geldeingang checken. Die anderen kündigen Überweisungen an. Jetzt bloß aufpassen, dass all die deltaX, rooney72, frankielover und susemausies die richtigen Sachen bekommen. Puh! Ich schwöre: Niemals werde ich Versandhändler!!! Kriegste ja ‘nen Knoten in die Rübe.

Alles noch mal gecheckt – Qualitätsendkontrolle. Und siehe da. Beim Polizeiboot fehlen zwei auf ebay angekündigte Details: Der Rettungsring und das Schnellfeuergewehr. Wo ist das Zeugs jetzt abgeblieben und womit haben meine Kinder eigentlich in den letzten Jahren ihre Fantasiewelt gefüllt? SCHNELLFEUERGEWEHR! Ups. Manchmal gehen in der pazifistischen Grunderziehung dann doch Sachen durch. Auf jeden Fall: Beides wech. Schitte. Jim hatte dann die Idee. Das Feuerwehrgedöns is nicht weggegangen. Haben wir einfach ‘nen Feuerlöscher, ein Transistorradio und einen Arztkoffer dazu gelegt. Dann kann die Polizeibootbesatzung die Räuber löschen, beschallen, verarzten und muss niemanden erschießen. Macht ja auch mehr Sinn. Das gute alte Leben sorgt doch immer wieder für eine sinngebende Ordnung. Ich hoffe, schweini73b sieht das auch so und haut mir bei ebay wegen des fehlenden Schnellfeuergewehres keine Bewertungs-Breitseite rein.

Af jeden Fall war über diese kleine Verkaufsaktion die ganze Familie viele Stunden beschäftigt. Und ist es noch. Gleich fahre ich zur Post und eben kam wieder Kohle per Paypal rein. Was hätte man in der Zeit alles tun können… Nun, so aber haben Jim und Zoe wieder ein Stück Realität kennengelernt und können sich in Zukunft ganz allein per ebay das Taschengeld aufbessern. Hoffentlich verticken die nicht unser Auto…

Euch einen schönen Tag, den ihr hoffentlich ganz in eurem Sinne angenehm sinnvoll und pädagogisch wertvoll nach dem Motto “Spiel gut” verbringt. Süß, kleine Spielchen am Rande des Lebens. Lasst euch was einfallen. Ciao.

12 Antworten auf „Wo ist denn nun wieder das Schnellfeuergewehr?“

  1. Hallo Jens,

    ich will ja nichts sagen, aber die Play-dings sind doch ideal. Zum Beispiel meine Tochter: Sie konnte sich mit Puppenhaus, Inventar, Bewohner, zusätzlich Wohnmobil, Pferde etc. ewig und drei Tage wunderbar beschäftigen. Und nicht nur allein. Wenn es dann zur Oma ging, wo sich immer kleine Verwandschaft aufhielt, wurde das ganze Krams mitgeschleppt, von den anderen Kleinen sehnsüchtig beäugt, und die ganze Sippe war zufrieden. Und später – dem Spielalter entwachsen – gingen die Play-dings an jüngere Mitglieder der großen Familie. Ein wenig teuer war es schon, aber wenn es Spaß macht!

    Regnerische Grüße

    Annegret

    1. Hi Annegret,

      Jim spielt lieber mit lego, um hier mal ein paar Namen ins Spiel zu bringen, Zoe lieber mit Schleich. Die Schleichtiere sind wunderschön und Zoe liebt die Pferde, da sie ja reitet. Dazu hat sie einen Stall und ein Auto mkt Pferdeanhänger. Und Sättel und eine Voltigier-Ausrüstung. Mit ihrer besten Freundin spielt sie tatsächlich Barbie. Kämmt, kleidet. Playmobil hat sich bei uns irgendwie nicht durchgesetzt. Und jetzt ist es dann ja auch so gut wie weg. Was sich da insgesamt so an Werten in den Kinderzimmern sammelt, ist schon Wahnsinn.

      Liebe Grüße

      Jens

  2. Super lustig geschrieben, Jens! Ich habe diesen Stil sehr gerne. Und die süße Geschichte mit DER Überschrift: das mag ich!
    Ja, spielen! Juhu! Schönen Tag!
    Pia

    1. Hi Pia,

      thanx für die aufmunternden Worte. Die Head musste frech sein – erst wollte ich etwas mit Schimpfwörtern, was mir dann aber nicht in den Stil des Blogs gepasst hat. Das war mir zu hart. Das Wort Schnellfeuergewehr in Verbindung mit Familie und Landleben fand ich dann lustig. Heute Morgen habe ich schon mit Zoe MauMau gespielt und 3x gewonnen. Was für ein Tag…

      Liebe Grüße

      Jens

  3. Kann mich an ähnliche Aktionen erinnern, vor einigen Jahren, aber etwas weniger aufwändig: wir fanden einen Abnehmer, der uns mehrere Plastikkisten mit 3-Jungs-Playmo auf einmal abnahm, für hundert australische Dollar damals, da gibts das Zeug nämlich nur sehr teuer, haha… Das hat zwar gut Platz geschafft, aber war irgendwie auch traurig, das Ende einer Ära halt… Lego blieb uns zum Glück erhalten, weil Daddy damit spielt…! Gruß, Uta

    1. Daddy spielt mit lego. Süß. Mit Jim habe ich so viel Lego gebaut, ich kann es, ehrlich gesagt, nicht mehr sehen. Mein Lego-Spielbedarf ist für zwei leben gedeckt. Australische Dollar? Dann habt ihr in Australien bei den verrückten Aussies gelebt? Wir haben noch den halben Speicher voll mit Zeugs. Am nächsten sind mir eh die Kuscheltiere der Kinder. So alt, wie sie selber. Bei Jim nun mittlerweile nicht mehr im Bett, bei Zoe ist das Bett voll.

      Liebe Grüße

      Jens

  4. Es war kurz nach der Wende und auf allen Flughäfen war nach wie vor ein augenscheinlich hohe Alarmstufe. An Fasching war Andreas Cowboy und so hatte der Lümmel sich diese Spielzeugpistole einfach in seine Jackentasche gesteck kurz bevor wir das Haus in Richtung Frankfurter Flughafn verlassen haben. Wir sind nach Berlin geflogen, da hier sein behandelnder Arzt agierte.
    Ich schwöre ich habe das nicht bemerkt, dass mein listiger Sohn derart bewaffnet war. Als wir dann am Check in standen, beobachtet von schwer bewaffneten Bundesgrenzschützern, holte er das Teil aus der Tasche. Mir brach der Schweiß aus, ich dachte ich bin in einem anderen Film und nahm ihm sogleich die Pistole ab. Als wir dann an der Reihe waren, habe ich den Abfertiger ganz sanft darauf hingewiesen, was ich nun gleich aus der Manteltasche holen würde. In meiner Fantasie sah ich uns, meinen Andreas und mich, schon auf dem Bode liegend, Hände und Beine ausgetreckt. Aber nichts geschah, die Pistole wurde eingetütet und dem Piloten übergeben. Auf dem Rückflug war das dann auch so und er konnte die Pistole dann samt Kuvert in Frankfurt wieder in Empfang nehmen.

    Das gehört zu den Geschichten, die ich nie vergessen werde und über die ich dann auch herzlich lachen kann.

    Schönes Wochenende
    Gitta

    1. Ups. Ich würde mal sagen: Glück gehabt! Pistolen und Check-In sind zwei nicht sonderlich harmonierende Dinge. Ich kann mir vorstellen, wie du dich mit der Spielzeugpistole in der Tasche gefühlt hast. Der Gauner. Nun ja, war halt Fasching, da kann man schon Mal als Cowboy durch die Kontrollen reiten. So viele Geschichten im Kopf, wenn man Kinder hat. Die ganzen Familieninterna, wo ein Stichwort reicht. Weißt du noch… Das ist innerer Reichtum. Unbezahlbar. Schön.

      Liebe Grüße

      Jens

  5. Ich wurde oft schon gefragt, ob mein Buch über Andreas eine Akt der Verarbeitung war. Nein, war es nicht, es war eine Aneinanderreihung von Erinnerungen, längst Vergessenes, in den untersten Schubladen meines Gehirns Ruhendes, war plötzlich wieder da, die vielen schönen Momente, aber auch die tragischen, wobei die schönen immer überwogen haben. Ich weiß nicht wie oft ich an meinem Laptop gesessen war und plötzlich angefangen habe zu lachen, meine Ma dann angerufen habe und dann ging das los: weißt du noch….? Das war ein irres Erlebnis, allein das war die ganze Arbeit wert und ich kann sagen es hat sich gelohnt.

    Man sollte sich hinsetzen und für seine Kinder aufschreiben, was sie so alles “gedreht” haben, versehen mit Bildern und wenn sie dann ausziehen ihnen das mitgeben.

    Danke für Dein Schnellfeuergewehr :-)

    Herzliche Grüße aus dem sonnigen Berlin
    Gitta

    1. Hi Gitta,

      ich denke, schreiben ist immer auch Verarbeitung. Im Unterbewusstsein werden Dinge zurechtgerückt. Geordnet, reflektiert. Unbemerkt, das ist das Schöne. De Worte fleießen raus und hinterlassen in ihrem Sog eine Ordnung. Das ist kein bewusster Prozess, nichts Steuerbares. Für mich ist es sehr, sehr schwierig, mich in eine Situation einzudenken, in der am Ende eines meiner Kinder nicht mehr da wäre. Diese Vorstellung übersteigt meinen Horizont. Ich glabe bei allen Eltern kommt mal der Gedanke hoch, was wüde passieren, wenn. Tatsächlich verdränge ich diesen Gedanken und sage mir, da willst du gar nicht dran denken. Das macht mir Angst. Obwohl ich als Buddhist tatsächlich an Wiedergeburt und damit an die Unsterblichkeit des Geistes, der Seele glaube. So wie Andreas weiterhin da ist. In deinem Buch, in deinen Erinnerungen und nach meinem Glauben in einer neuen irdischen Existenz irgendwo. Du hälst die Verbindung, wo immer er ist. Und fast habe ich das Gefühl, du spürst ihn weiterhin.

      Diese Intensität zwischen Eltern und Kindern ist ein so starkes Band, das gleichzeitig eine enorme Verletzlichkeit erzeugt. Dein Umgang mit dieser Verletzlichkeit, imponiert mir. Nimmt Angst. Der Blick auf das Schöne, das Gute, strahlt einen großen Optimismus aus.

      Liebe Grüße

      Jens

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