Hinter Kran 15 die Kranhäuser

Kran 15
Kran 15

Ich hatte DAVID versprochen, seine Bilder zu fotografieren. Diese Woche haben sie sich auf den Weg gemacht. Nach Dresden. OSTRALE 13. Waffen. Ein Waffentransport. Er hatte mich gefragt oder ich hatte ihm angeboten, die Smith & Wessons & Co. abzulichten. Ich hatte Viveka gefragt und sie hatte Lust. Also haben wir Helga und David besucht, wieder köstlichen Tee getrunken und Knarren im Sonnenlicht fotografiert,

Buß- und Bettag II. Beeindruckend. Sehr kraftvoll. Von den Bildern werden wir noch hören. Ich überlege, ob ich zur Ausstellungseröffnung nach Dresden fahre. Mal sehen, ob das passt. Ist weit.

Nach dem Fotografieren und Teetrinken sind wir weiter nach Köln. Wir haben in Deutz geparkt, um die Stadt über den Rhein zu erobern. Wie Blücher in der Neujahrsnacht 1814. In Kaub. Ich erwähne das hier, weil das eine Kindheitserinnerung ist. Habe ich mit meinem Vater per Auto oder Ausflugsschiff den Rhein überquert, war das immer ein Spektakel. Und Blücher, der Napoleon hinterher hechtete nach der Völkerschlacht in Leipzig, um ihm ein Waterloo zu bereiten (in Waterloo), spielte immer eine Rolle. Ich habe das Zitat vergessen, das mein Vater immer gebracht hat. Zu viele Zitate.

Kranhaus 1_red

Über die Brücke, am neuen Lanxess-Haus vorbei, zum Schokoladenmuseum und dann den Rhein runter. An den Kranhäusern vorbei, unter den Kranhäusern durch, um die Kranhäuser rum. Sie gefallen mir, weil sie mutig sind. Sie hätten klobig werden können, sind sie aber nicht. Sie ranken fein in den Himmel, sind filigran, haben schöne Linien, egal, von wo man schaut.

Kranhaus 2_red

Köln. Cologne. Diese Stadt, die das Zeug zur Weltstadt hätte, es sich aber in der Gemütlichkeit eingerichtet hat. Kölsch, Klüngel, Karneval. Die nördlichste Stadt Italiens. Eine Lebestadt – offen, multikulturell, Heimat der Schwulen- und Lesbenszene. Und doch prüde in der eigenen Brauhausromantik. Die Kunst vertrieben, auf den Meriten des Museum Ludwigs ausgeruht. Institutionalisierte Kunst, die Ateliers sind geschlossen. Einst wurde Köln in einem Atemzug mit New York genannt. Vor dem großen innerstädtischen Reinemachen der Investoren. Jeder Quadratmeter ein Invest. Kaufen, umbauen, verticken. Ateliers räumen.

Wie immer, ambivalent, die Stadt. “Willst du den FC oben sehn, musst du die Tabelle drehn.” 2. Liga. Ewiges Talent. Aber jut drupp. Und plötzlich stehen da Kranhäuser. Wie sind die da hingekommen? Irgendwann bin ich nach Düsseldorf reingefahren und da stand plötzlich dieses Haus, unter dem man her fährt. Der Triumphbogen. Gigantisch. Arc. Ich dachte: Wow. Düsseldorf. Die habens drauf. Geile Stadt. Und nun Köln. Wie die Speicherstadt.

Ein Quadratmeter Wohnfläche in den Kranhäusern, bzw. in dem Kranhaus, in dem man auch wohnen kann, kostet angeblich 8.000 Euro. Fürstlich. Andererseits, die waren bestimmt nicht ganz billig. Kein Bauschnäppchen. Sehen schon aufwendig aus, wie da so die Wohnungen frei in der Luft baumeln. Poldi soll da wohnen. Bzw. eine Wohnung haben – schließlich ist der gerade auf Montage bei den Briten.

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Als wir dort herumspazierten, tanzten die Wolken um die Giganten und warfen ein schönes Licht in die Szenerie. Aber, echt ey, riesige Häuser zu fotografieren, ist wirklich schwer. Eine Annäherungssache. Komplett drauf? Gerade? Schief? Stimmen die Linien? Die Perspektiven? Natürlich nicht, weil es so viele Linien gibt. Dadurch wird alles schief. Egal.

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Vielleicht waren die Kranhäuser ja der Gipfel des Investorenbooms? Vielleicht können jetzt die Ateliers und Künstler und die Kunstszene nach Köln zurückkommen. Denn ohne die Farbtupfer, bleibt es dann doch oberflächlich leer. Eine Stadt zu füllen, mit Geist und Lebendigkeit, vermag letztlich nur die Kraft von unten. Denn aufgeräumte Wohnzimmer, so schön sie sein mögen, werden irgendwann langweilig, wenn niemand darin Geschichten erzählt.

Wurstbraterei_red

the italian feeling

Occhio

29 Grad. Auf meinem Bett. Hot nights. What a feeling…

Vor allem, wir leben hier auf dem Land, wo Luft geht, wo es nachts abkühlt. Was mag da gerade in Köln abgehen, wo die Hitze in den Häuserzeilen steht, wo jedes Haus ein Nachtspeicherofen ist, der die Sonne des Tages bis in die Morgenstunden bewahrt. Halali. Peng, Peng. Autsch. Da bleibt nur feiern…

So ist es in Italien im Sommer. Allerdings, nicht drei Tage lang, sondern drei Wochen. Am Stück. Und natürlich länger. Blauer Himmel. Ich freue mich. Über dieses Wettergeschenk momentan und auf die Aussichten. Über die Alpen, die Wetterscheide, in den Süden. Dort ist das Wetter blau. Himmelstechnisch. Mal ein Wölkchen, mal ein Regentröpfchen. Vom Kellner als seltene Delikatesse auf silbernem Tablett serviert.

Mein Barometer hier sagt mir, dass die Stimmung fällt. Es steht irgendwo bei 1020 hPa zwischen Tief und Hoch – noch mit Gute-Laune-Tendenz. Fallend. Leicht. Noch. Bin gespannt, was wird. Meine MacBook Wetter-App spricht von 24, 22, 18, 17, 16 Grad in den nächsten Tagen. Das wird eine Umstellung.

ACDC

Denn tatsächlich kann ich mir kaum etwas besseres vorstellen als dieses Wetter. Ja, es ist heiß. Aber: Das mag ich. Sehr. Das ist das italienische Feeling. Raus auf die Piazza, die Nacht zum Tag gemacht. Nach dem Yoga heute Abend habe ich mich ans Meer gesetzt, also in den grünen, grünen Garten, den ich jetzt mal als Äquivalent sehe. Dort habe ich den Herrn Alex getroffen, der mich auf ein AC/DC-Bier eingeladen hat. Highway to hell. Dort saßen wir, über uns die kreischenden Mauersegler im Formationsflug, dann die Krähen, die kurz vor der allgemeinen Vogelnachtruhe einmal kollektiv aufsteigen, um so richtig Pallaver zu machen.

Ach.

Wenn es hier immer so wäre. Hell bis in die Puppen, das Gras trocken, weil es nicht abkühlt und beschlägt. Ohne T-Shirt, barfuß. Himmlisch. Quatschen. Draußen sein. Midsommer, wie mir die IKEA-Werbung im Radio erzählt hat. Die längsten Nächte des Jahres. Ausnutzen!

Irgendwie ist es am Ende dann doch immer wieder Italien, auch wenn ich die Jungs und Mädels dort nicht immer verstehe. Wenn man in einem so schönen Land mit so guten Voraussetzungen, glücklich zu sein, lebt, weshalb wählt man dann Berlusconi? Paradoxie.

Auf jeden Fall merke ich jetzt schon, wie die Azzurri nach mir rufen und locken. Heute zum Beispiel bin ich mal wieder über eine Seite im Web gestolpert, die versuchte, mich über italienische Schuhe zu verführen. Ich konnte kaum widerstehen. Hätte ich nicht gerade die Lederjacke, für die es jetzt viel zu heiß ist… Ach. Elegante Schuhe für Italien, Levanto, abends, Piazza, die Konzerte des Musikfestivals… Ah. Nun gut.

Es sind immernoch 29 Grad und ich muss noch Fotos suchen, um den Beitrag optisch aufzupeppen. Fast hätte ich geschrieben: Schließlich liest das Auge auch mit. Ups. Ist halt heiß. Viel Spaß wünsche ich euch mit der Nacht der Nächte. Macht was draus. Schnappt euch wen. Amors mio:)

Putzen, küssen, recyceln:)

Gestern die Liebeserklärung, heute eine Anfrage. Ob der fiftyfiftyblog nicht Lust hätte, über einen Spot zu berichten und den zu zeigen. Lasst mal gucken. Werbung? Colgate? Nun, da ich ja selbst Werbung mache, stehe ich dem Thema offenherzig gegenüber, weshalb ich den Link geklickt habe (zumal ich natürlich auch neugierig war). Und siehe da: Es ging um Singles und küssen. Ups! Ist ja wie der Zauberlehrling – die Geister, die ich rief.

Und? Ein süßer Spot mit Zahn- und Kuss-Fee. Jungs, die mit Zahnbürsten den Hamburger Rathausplatz schrubben und dafür prinzesslich feenhaft entlohnt werden. Schmatz. YES. Und dann hat das Ganze neben der netten Komponente (am besten gefällt mir der ältere Herr, der sich wirklich so richtig freut. Hach.) auch noch Sinn. Denn Colgate arbeitet mit TerraCycle zusammen, die aus alten Kunststoffprodukten neue Sachen machen. Klingt irgendwie besser als die gelbe Tüte.

So. Dann mal viel Spaß und gute Hoffnung für alle männlichen Hamburger Single – die Erlösung ist nah, die Hoffnung schrubbt bis zuletzt und irgendwann fällt Glück vom Himmel, weil ja auf jeden Topf ein Verschlüsschen passt und in jeden Mund ne Bürste. Oder so. So long. Be happy. Lasst gehen. Haut rein und guckt:)

Liebeserklärung. Punkt.

Herzen

Ach. Sagt David Bowie. Auf der Platte, die ich ihr jetzt geliehen habe. 1976, 1977. Ach.

Ich sage auch ACH. Ach du. Wisst ihr, es ist jetzt schon eine ganze Weile… Wir kennen uns seit fast zwei Jahren und haben uns im letzten Sommer ineinander verliebt. In Italien. Im Urlaub. Als ich dachte, das könnte ein schwieriger Urlaub werden, weil ich mit Jens und Ela und Zoe und Jim gefahren bin und nicht wusste, wo mein Platz sein würde. Wie ich das hinkriege, verpacke, wegstecke.

Nun. Ach.

Da war sie. Ich kannte sie. Ein Jahr schon. Sie hatte mir geschrieben, ein Buch geschenkt. Es gab Verwicklungen, Komplikationen, Irrlichtereien. Wir hielten Abstand von wegen Unmöglichkeit und Vorsicht und nichts wollen. Ganz andere Dinge im Sinn. Wir trafen uns abends. Gingen noch zum Strand. Einmal haben wir getanzt zu italienischer Musik und danach haben wir uns in der Dunkelheit ins Meer gestürzt. Ich habe so gelacht. Alles weggelacht. Mich sähr wohl gefühlt.

Tausendmal berührt, tausendmal ist nichts passiert. Mein Kopf hatte andere Dinge vor. Über Wasser bleiben. Hinkriegen. Weiteratmen. Den Schmerz gehen lassen. Die Erwartung war eine Verkrampfung. Eine Disziplin. Ein irgendwie hinbekommen. Und dann.

Dieser Tanz, dieses Lachen. Die warme Luft vom Meer, die Sterne, die Sternschnuppen. Die Via del Amore mit Aperol und Sonnenuntergang. Geschenke. Aufmerksamkeiten. Wie inszeniert. Wie in der Werbung. Nur eben nicht plastic, sondern getragen. Echt. Irdisch. Es nicht fassen können. Was geschieht?

Dieser Moment, am Strand. Der kurze Augenblick. Ein Hinsehen. Ups. Oh. Und? Nun? Auweia. Kribbeln im Kopf.

O.K., dachte ich. Eine Romanze. Eine italienische Liebesgeschichte, die kitschiger nicht sein kann. Zuckerwatte. Paradiesäpfel. Mon Cherie mit der Piemont-Kirsche. Sie fuhr, ich blieb. Saß abends alleine am Meer und dachte zurück. An Verrücktheiten. Ja, Nicholas Sparks. Mindestens. Soll es das gewesen sein? Kann etwas so schön sein und sich dann auflösen wie ein Regenbogen?

Manarola

Es ist viele Monate her. Wir haben uns immer wieder gesehen. Am Wochenende war sie hier. Wieder. Seit dem Urlaub habe ich sehr intensiv gelebt. Wir haben viel erlebt. Sachen gemacht. Verrückte Sachen. Wir werden uns in Italien wiedersehen. Ich weiß nicht, wie es sein wird. Damals, waren wir für uns. Niemand hat gewusst, geahnt. Wir haben oft still gelächelt. Sanft gefreut. Nichts erwartet, nichts gehofft.

Heute Morgen ist sie gefahren. Noch eine gemeinsame Runde mit Herrn Cooper. Ins Maikäfertal. Verloren. Gewonnen. Viele Sätze gesprochen. Einzelne Sätze wie in Stein gemeißelt.

Kennt ihr das Gefühl, wenn man es nicht fassen kann? Wenn es einfach so ist… Ach. 1976. 1977. David. Lenny. Henrik. Burnt. Marcus. Mouse. Es sind jetzt schon so viele Geschichten, die ich euch verschwiegen habe. Nun ist mir danach, mein Schweigen zu brechen. Weil ich verliebt bin. In dich. Sähr. Schluz. Ich freue mich und sage es der Welt. She’s the only one. Kisses. So schön kitschig wie Italien und so besonders wie dieses Land der Verrückten.

del amore

Tele-Shopping mit Phil Collins im Museum Ludwig

In jedem Traumhaus ein Herzschmerz.
In jedem Traumhaus ein Herzschmerz.

Köln. Kürzlich. Ich berichtete.

10 Euro und rein. Ins Vergnügen. Nicht nur die dauerhafte Ausstellung mit den alten Meisterinnen und Meistern, nein, auch Extravorstellungen. Extrarunden der Kunst. Exklusiv dort. Neben Andrea Fraser auch Phil Collins. Kannte ich auch nicht. Macht der nicht Musik…

Phil Collins ist Engländer. 1970 in England nahe Liverpool geboren und lebt aktuell in Berlin. In Köln hat er eine Professur für Videokunst an der Kölner Kunsthochschule für Medien (KHM). Momentan hat er das Vergnügen, den schönsten Ausstellungsraum des Museums zu bespielen. Hinten, oben, wo es die lange, schmale Freitreppe runtergeht. Wo man sich in die Kunst hinabstürzt. Stufe für Stufe nähert.

Ich schreibe jetzt über Collins, weil mir das von der Ballustrade gesehene Bild nicht aus dem Kopf geht. Zwei Wohnwagen mit geöffneten Türen. Darin Menschen. Besucher/innen. Ist ja schon mal gut, wenn Kunst neugierig macht. Was geht denn da ab? Im Wohnwagen? Geht’s um Sex? Käufliche Liebe? Andrea Frazer? Kölner Außenbezirke in der Dunkelheit? Nein. Kaufen schon, menschliche Erlebnisse auch, aber nicht live und nicht Sex. Der Brite hat eine Tele-Shopping-Sendung gedreht. Videokünstler. Man kommt also in einen der Wohnwagen und lässt sich auf engem Raum berieseln.

Was für eine Stimmung. Eng, muffig, Wohnwagen. Insel der Glückseligen, der Aufbrechenden, sich nieder Lassenden. Freiheit. Enge. Das Wohnzimmer, Schlafzimmer, die Küche, das Bad. Mitgenommen. An den Mittelklassewagen drangehangen. In dunklen Holztönen. Praktisch, quadratisch, eng. So also fühlt sich das an. So ein Fernsehabend, wenn Kacke läuft. Irgendwas Berieselndes. Lebensbegleitende Bilder im TV mit Abverkaufsabsicht. Schales Leben, inszenierte Oberflächlichkeit. Desillusionierendes Geflimmer. Hirnwäsche.

Von oben sah alles so niedlich aus. Dieser Märklin-Tiny-People-Verkleinerungseffekt. Das da unten. Und wenn man dann Teil der Kunst wird, fühlt sich das so eng an. Uaaaahh! Gut gemacht. Mein Körper erinnert sich noch. Für 10 Euro also auch bleibende, sensitive Erinnerungen. So geht Kunst. Auch. Der gute Mr. Collins hat noch einige andere Dinge in die Ausstellung gezaubert, aber die schaut und hört ihr euch bitte selbst an. Lohnt sich. Gelegenheit habt ihr bis zum 21. Juli, dann werden die Wohnwagen gebraucht. Urlaubszeit und auf und davon. Tele-Shopping an der Ostsee, Herr Collins?

Übrigens hat die Ausstellung auch einen Namen: In every dream home a heartache. Mein Übersetzer des fiftyfiftyblog-Kooperationsunternehmens GOOGLE (dieser BIG BROTHER IS WATCHING YOU US-PRISM-NEUGIERDE-KONZERN, der jetzt weiß, dass ich solche Sätze gerne in Deutsch hätte und was weiß ich mit diesem Wissen anstellt…) hat folgendes ausgespuckt: In jedem Traumhaus ein Herzschmerz. Si. Könnte man so sagen.

Phil Collins 2_red