
Ich hatte DAVID versprochen, seine Bilder zu fotografieren. Diese Woche haben sie sich auf den Weg gemacht. Nach Dresden. OSTRALE 13. Waffen. Ein Waffentransport. Er hatte mich gefragt oder ich hatte ihm angeboten, die Smith & Wessons & Co. abzulichten. Ich hatte Viveka gefragt und sie hatte Lust. Also haben wir Helga und David besucht, wieder köstlichen Tee getrunken und Knarren im Sonnenlicht fotografiert,
Buß- und Bettag II. Beeindruckend. Sehr kraftvoll. Von den Bildern werden wir noch hören. Ich überlege, ob ich zur Ausstellungseröffnung nach Dresden fahre. Mal sehen, ob das passt. Ist weit.
Nach dem Fotografieren und Teetrinken sind wir weiter nach Köln. Wir haben in Deutz geparkt, um die Stadt über den Rhein zu erobern. Wie Blücher in der Neujahrsnacht 1814. In Kaub. Ich erwähne das hier, weil das eine Kindheitserinnerung ist. Habe ich mit meinem Vater per Auto oder Ausflugsschiff den Rhein überquert, war das immer ein Spektakel. Und Blücher, der Napoleon hinterher hechtete nach der Völkerschlacht in Leipzig, um ihm ein Waterloo zu bereiten (in Waterloo), spielte immer eine Rolle. Ich habe das Zitat vergessen, das mein Vater immer gebracht hat. Zu viele Zitate.
Über die Brücke, am neuen Lanxess-Haus vorbei, zum Schokoladenmuseum und dann den Rhein runter. An den Kranhäusern vorbei, unter den Kranhäusern durch, um die Kranhäuser rum. Sie gefallen mir, weil sie mutig sind. Sie hätten klobig werden können, sind sie aber nicht. Sie ranken fein in den Himmel, sind filigran, haben schöne Linien, egal, von wo man schaut.
Köln. Cologne. Diese Stadt, die das Zeug zur Weltstadt hätte, es sich aber in der Gemütlichkeit eingerichtet hat. Kölsch, Klüngel, Karneval. Die nördlichste Stadt Italiens. Eine Lebestadt – offen, multikulturell, Heimat der Schwulen- und Lesbenszene. Und doch prüde in der eigenen Brauhausromantik. Die Kunst vertrieben, auf den Meriten des Museum Ludwigs ausgeruht. Institutionalisierte Kunst, die Ateliers sind geschlossen. Einst wurde Köln in einem Atemzug mit New York genannt. Vor dem großen innerstädtischen Reinemachen der Investoren. Jeder Quadratmeter ein Invest. Kaufen, umbauen, verticken. Ateliers räumen.
Wie immer, ambivalent, die Stadt. “Willst du den FC oben sehn, musst du die Tabelle drehn.” 2. Liga. Ewiges Talent. Aber jut drupp. Und plötzlich stehen da Kranhäuser. Wie sind die da hingekommen? Irgendwann bin ich nach Düsseldorf reingefahren und da stand plötzlich dieses Haus, unter dem man her fährt. Der Triumphbogen. Gigantisch. Arc. Ich dachte: Wow. Düsseldorf. Die habens drauf. Geile Stadt. Und nun Köln. Wie die Speicherstadt.
Ein Quadratmeter Wohnfläche in den Kranhäusern, bzw. in dem Kranhaus, in dem man auch wohnen kann, kostet angeblich 8.000 Euro. Fürstlich. Andererseits, die waren bestimmt nicht ganz billig. Kein Bauschnäppchen. Sehen schon aufwendig aus, wie da so die Wohnungen frei in der Luft baumeln. Poldi soll da wohnen. Bzw. eine Wohnung haben – schließlich ist der gerade auf Montage bei den Briten.
Als wir dort herumspazierten, tanzten die Wolken um die Giganten und warfen ein schönes Licht in die Szenerie. Aber, echt ey, riesige Häuser zu fotografieren, ist wirklich schwer. Eine Annäherungssache. Komplett drauf? Gerade? Schief? Stimmen die Linien? Die Perspektiven? Natürlich nicht, weil es so viele Linien gibt. Dadurch wird alles schief. Egal.
Vielleicht waren die Kranhäuser ja der Gipfel des Investorenbooms? Vielleicht können jetzt die Ateliers und Künstler und die Kunstszene nach Köln zurückkommen. Denn ohne die Farbtupfer, bleibt es dann doch oberflächlich leer. Eine Stadt zu füllen, mit Geist und Lebendigkeit, vermag letztlich nur die Kraft von unten. Denn aufgeräumte Wohnzimmer, so schön sie sein mögen, werden irgendwann langweilig, wenn niemand darin Geschichten erzählt.