Heartbeat

Leiter hinunter
Stirnlampenschein
Windungen, Fluss

Beschwerlich
glitschige Wände

Herabgelassen
am Seil
tief

Inmitten
meines Herzens

Die Gefangenen
im Käfig
schlafen

Tattoos
an den Wänden
gebrochenes Herz
Anker
Glaube, Liebe, Hoffnung

Die Strichliste
Narben
das eine Kreuz

Im Licht der Film
grelle Bilder
Super 8

Geburt, Fall
Inri
Immerwiederauferstehung

Das FUCK YOU
Graffiti
sorry

Die Sonne
durch die Brust
die Halle
rotglühend

Auf die Matratze
in der Ecke
zu dir

Kalaschnikow
Sonnenbrille
Dollarschein
die Kette
mit den 108 Perlen

sEPTEMBER 2015

Wenn die Nacht Bilder auf die Straße wirft…

Landstraße_Schatten_Schweiz

An Orte zurückkehren. Zeiten durchleben und merken, dass sich Dinge wiederholen.

Ein wenig platt bin ich. Deshalb erlaube ich mir, einen Text zu kopieren, der erklärt, weshalb.

„Deutschlandreise: Start um 7:30 Uhr an einem Pendlerparkplatz im Schatten von A4 Und A45 – Durchflug nach München – ohne Pause, weil Baustellen den Weg säumen – Gespräche in München – Konzepte, Ideen, Möglichkeiten – am Nachmittag Abfahrt in die Schweiz – die ist so weit weg – plötzlich der Bodensee bei Sonnenuntergang – so schön – 20:20 Uhr – die gebuchten Zimmer sind einfach weg – Plan B – der Gasthof in Gailingen – Ah! – nettes Essen – noch ein kurzer PR-Text auf dem Zimmer – die ständige Suche und Frage nach W-Lan – morgen dann in die Schweiz – die Grenze so nah – Dissenhofen – und dann zurück – Stuttgart, Karlsruhe, Frankfurt, Nosbach – Yep! – ihr könnt gerne die Daumen drücken für die Präsentation am Morgen – gut Arbeiten hilft viel, ein wenig Glück aber braucht man auch:)“

Gestern Abend sind wir an der Schweizer Grenze gelandet. Zwischenstopp, eine Nacht im Hotel. Ein Abendessen auf der Terrasse.

22:30 Uhr. Zu Früh. Ich habe mir meine Kamera geschnappt und bin los. Runter in die Nacht. Zum Rhein. Ins Nachbardorf: Diessenhofen. Die Landstraße entlang, ein Katzensprung. Zu Fuß über die Grenzbrücke aus Holz. Nachtbilder, Nachtlichter. Straßenlaternen, der abnehmende Vollmond, vorbeifahrende Autos, Lichter aus Häusern, das Licht an der Grenze, eine Natrium-Dampflampe in Orange. Krass.

Auf dem Weg runter das Bild oben. Eine Straße vom Grün des Seitenstreifens gesäumt, ganz normal. Und der Schattenwurf. Ein Blätter-Tattoo. Nachts ist alles anders. Das Denken, das Fühlen. Als Mensch steht man anders in der Welt. Kleiner? Unbedeutender? Zurückgenommener? Ehrfürchtiger? Einfach nur müde?

Weiß nicht. Die Luft ist frischer, feuchter. Es ist schön ruhig, konzentriert, leer. Ein wenig ist es so, als würde einem die Welt vielmehr gehören. Die Brücke ist aufgegeben, die Gassen sind verlassen. Ganz allein zu sein, ist es, was ich mag. Auch. Das Alleinsein beruhigt den Geist, durchweht das Denken. Wenn die Farben gehen, kommt die Klarheit. Ein gutes, kompaktes Gefühl. Manchmal glaube ich, dass die Nacht in ihrer Tiefe reich ist. Mich verwöhnt sie. Und manchmal spüre ich ein wenig Angst vor der Dunkelheit und den Ecken, die ich meide. Menschen sind Tagtiere, die sich die Nacht erobern.

Diessenhofen_Mond

Diessenhofen_Gasse

Es dauert nicht mehr lange…

Jens 014

Dann wird der fiftyfiftyblog 5 Jahre alt. Ihr könnt zurückscrollen oder durch die Zeiten gehen, wie es in schön heißen würde.

Der erste Beitrag. Ein Gedicht. Kirschblütenblättersehnsucht. Siehe unten.

Fünf Jahre. Intensive Jahre. Es freut mich, sie nachlesen zu können, was ich nie tue. Nur Viveka macht das, weil sie mich liebt. Weil es sie interessiert, weil es viel über mich erzählt. Geliebtenforschung, nachfühlen, einfühlen, nachvollziehen, anfassen. Hätte sie einen Blog, ich würde versinken, Zeiten verlieren, den Überblick.

Ein Blog. Anfangs hatte ich Angst. Herrje, alle können das lesen – worldwide. Und jetzt? Hey, wir leben tatsächlich in einer offenen Gesellschaft (sofern man nicht den Status Refugee trägt, Kacke). Kann ich machen. Schreiben, denken, Gedichte posten.

Was mich ein wenig kratzt? Den Highscore in diesem Blog, den Tag der meisten Besuche, hält der Beitrag, in dem ich die Trennung gepostet habe. Fast 600x aufgerufen. Nichts hat mehr interessiert. Kein Gedicht, kein Text, kein Foto. Hm. So it is.

Ja, ich gebe zu, meine tatsächliche Sehnsucht ist es, dass eines meiner Gedichte durch die Decke gegangen wäre. Naiv. Nein. Sagen wir hoffnungsfroh. Grins.

Ihr wisst, so ein Blog ist bei aller Freude und der Lust des sprachlichen und virtuellen Austobens eben immer auch Arbeit. Er ist ein Teil von mir, wie immer das geschehen konnte. Keine Ahnung. Eine Bühne. Ein Präsentationsraum, ein Kontaktraum, der Aufmerksamkeit schenkt. Egopflege, Spiegelbild, Kontrollzentrum.

30. September 2010. Es ist noch ein wenig Zeit hin. Vorher feiere ich mit Ela und Freunden 200 Jahre. 4 x 50. Groundcontrol to Major Tom. Ein schönes Fest. Meine Mutter wird 77. Im Zeichen der Jungfrau.

Es stehen Dinge an. Ein Treffen mit Norbert van Ackeren. Er hat Viveka und mich gemalt. Öl. Kupfer. Ein großes Bild. Vielleicht wird es eine Lesung geben. Eine Ausstellung. Texte. Bilder. Ich bin aufgeregt. Mal wieder Publikum nach all den Jahren. Bühne. Keine Konzeptpräsentation vor Kunden, kein Business. Texte, Gedichte. Stimme. Vielleicht. Oder auch nicht. Wir werden sehen. Es würde mich ausgesprochen freuen.

Das Bild hängt in Köln. Bislang habe ich mich nicht getraut, es zu fotografieren. Aus Respekt. Aber es kribbelt. Ich möchte es fotografieren und spüren, was es mit mir macht, uns so zu sehen. Ich möchte es beschreiben. Freien Lauf lassen. Eine Köstlichkeit, die wartet.

Nun.

Wie geht es weiter? Allgemein? Blog? Leben? Wohnen? Genau genommen weiß ich es nicht. Allmählich löst sich hier die Familie auf, weil die jungen Mitglieder ihr entwachsen und Ela und ich Schritt für Schritt nun doch eigene Wege gehen. Wir haben über drei Jahre durchgehalten und die Familienkonstellation getragen. Viveka und Jens mussten das erdulden. Nicht immer einfach, wie ihr euch denken könnt. Wir werden sehen. Die Dinge ändern sich, das Leben läuft weiter, der Horizont wartet (was so viel heißt wie: Ich habe keine Ahnung, was in den nächsten Monaten mit meinem Leben konkret geschieht.)

Der Blog wird weiterlaufen. Ich liebe ihn sehr. Genau mein Format, meine Spielwiese. Manchmal wünschte ich, der Blog wäre geheimer und ich könnte meinem Tagebuch mehr von dem anvertrauen, was mich umtreibt. Aber dann. www. Es gibt doch noch Ecken, die sind im Herzen vergraben.

Kirschblütenblättersehnsucht

wirft der schmelzende Schnee

mir kalten Nebel in den Kragen

wann

wirst du kommen

Kirschblütenblättersehnsucht

küss mich

leg deine Hand in meine

die Katzenpfoteninnenseiten

ineinander

aufgelöst eins

nicht wartensehnen

nicht tränentropfen

alles

januar 2010

Bright-City-Night-Light and loosing my religion

Bahnhofsuhr

Oh. Lichter. There’s a light. Schon kurz nach Zwölf (also 24 Uhr).

Machen wir jetzt mal einen auf Radio und einen Beitrag der katholischen oder evangelischen Kirche: „War es nicht ein Licht, ein Stern, der die Weisen aus dem Morgenland geführt hat? Und sind es in unserem Leben, in unserem Alltag nicht diese Lichter, die uns einen Weg zeigen durch den Dschungel der Möglichkeiten? Und ist es am Ende des Tages, wenn die Sonne versunken ist, nicht er, der für uns strahlt und uns umhüllt mit einem Licht, das uns ein Zeichen ist? Licht ist eine unendliche Sehnsucht, die tief im Menschen geborgen liegt. Nehmen wir…“

Also ich mache mich jetzt nicht lustig. Nicht so richtig. Aber. Nun gut. Botschaften nach dem Werbeblock. 1LIVE. Da sind alle hin und weg, wenn es heißt, dass nun ein paar Worte der Kirche folgen. Läster ich? Ja, verdammt, Herr Schönlau, genau das tun sie. Gibt doch schon genug Religionszoff. Ich dachte immer, Nord-Irland wäre High-Peak. HA! Religion kann noch vieeeellll mehr. George Dubbleju, call me THE BOMBER, als Vertreter ein harten katholischen Linie in der linken Ecke, der schmale, nicht minder vom Wahnsinn zerfressene Osama in der rechten Ecke, Halleluja, Ring frei. Kill them all. Wer hätte gedacht, dass Kreuzzüge einmal Pippikrams sind?

Ups. Vom Thema abgekommen. Is aber auch irgendwie, ich meine, da schiebt sich hier die Religion rein, die es doch nur gut meint.

Herr Schönlau! Ja, hallo, hier, was? Bitte schön? Konzentrier dich mal und komm auf den Punkt. Kann ich mal ’nen Kaffee haben? NEIN. War ja nur ’ne Frage. Leiste erst mal was, dann gibt’s Kaffee, nö! Sei doch nicht gleich so aggro. Ich AGGRO? Pass mal auf, wenn du hier nicht gleich mal zur Sache kommst, dann hagelts rein. Is ja gut, reg dich ab, läuft. Wenn’s läuft, gut, kein Thema, lass krachen.

(Unter uns, der Typ nervt manchmal, aber bitte sagt’s ihm nicht, O.K.? Sonst hagelts rein, der meint das ernst.)

Teil 2 dieses wundersamen Beitrags (weder von der einen noch von der anderen Kirche), der gestartet war mit einem Foto inklusive korrespondierender Headline und dann komplett abgesoffen, versandet ist.

Lichter. Nacht.

Gestern habe ich die Besucherzahlen des Blogs künstlich hoch getrieben. Wenn man oben im Browser auf dieses „neu laden“ klickt, ändert sich jedes Mal das Headerbild, also Kopfbild des Blogs. Zoe kam rein und fragte ‚Paps, was machste?‘ Meine Antwort: ‚Sweetheart, ich spiel ’nen Ego-Shooter‘. Sie war ein wenig irritiert. Kopfbilder. Peng. Religionen bei der Ausübung (wollte ich das jetzt nicht lassen?). Sorry. ‚Was spielst du?‘ ‚…’nen Ego-Shooter.‘ Sie kam um den Küchentisch herum und sah die Startseite des fiftyfiftyblogs. ‚Hä?‘ ‚Ja, ich klicke immer auf das neu laden Zeichen und sage, wo ich das Foto aufgenommen habe: München, U-Bahn, Schiermonnikoog, Strand, Essen, Zeche Zollverein…‘ ‚Oh Papa, du bist… Jim! Der Papa zockt ’nen Ego-Shooter!‘ ‚Was???…‘

Nun. Ja. Ich habe mir meine Fotos angesehen. Klick. Klick. Klick. Und dann habe ich Lust bekommen, meine Speicherkarte zu nehmen und zu durchstöbern. So kam mir die Idee, die Nachtfotos vom vorherigen Beitrag aufzunehmen, quasi zu flankieren. Lange Rede, kurzer Sinn. Oder viel Lärm um nichts, ta da da da, hier sind sie. Handverlesen, handbearbeitet, proudly presented. Spässchen wünsch ich euch und good vibrations und Love und möge ein guter Segen mit euch sein (das meine ich jetzt wieder richtig ernst). Schönes Wochenende, unternehmt mal was. Ordentliches. Nich so’n Pillepalle, kann ja jeder.

Gleis 11

Gleis 10

Stauwerk

Stauwerk 2

Ich habe eine Sehnsucht…

cropped-Bahnhof-Blitz_raw.jpg

… ich möchte schreiben.

Manchmal ist Schreiben eine Flucht, oft eine Erklärung, selten eine Offenbarung, immer eine Botschaft. Sei es.

Für mich ist es ein Wunder. Diese Sprache. Dieses System. 26 Buchstabe plus, die in Kombination alles möglich machen. Liebe, Gewalt, Sex, Ordnung, Fürsorge, Bedienungsanleitungen, Shakespeare, Lieder, Geflüster, die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen, den Text über dem Tor in Auschwitz. Die Kraft der Worte, der direkte Weg, ins Abwehren, ins Verstehen. Ping. Tigger.

Ein Blitz. Oben im Bild. Mein Sprachzentrum hat mich an den Rechner geprügelt. Komm, lass uns spielen. Die Tasten drücken, bewegen.

Seit ich kaum noch blogge, staut es sich. Der Kopf ist voller Geschichten. Die Worte türmen sich, die Bilder auch. Die Speicherkarten sind voll. Es würde für Wochen reichen. Zu viel Arbeit? Ach. Nicht wirklich. Schon. Einerseits, aber nicht im Wesentlichen. Es macht Spaß, zu überpowern. Auf der Grenze des Glücks zu tänzeln, herauszufordern, fast zu fallen, den Halt noch einmal zu gewinnen, sich zurückzubeugen, zu lächeln, aufzuatmen und zu sehen, was ist. Was ist? Ja was? Ihr wisst schon. Das Übliche, das Alltägliche, das sich Hineinbegeben, das Zweifeln, das Staunen, das Lästern, das Mitfühlen und das alles beinhaltende Beglücktwerden.

Es passiert. Regelmäßig. Es ist groß. Es ist.

Das Foto dort oben war ein Abend seit langem, der mich hat allein durch die Nacht ziehen lassen. Konstellationen. Lichter der Nacht. Ein Gewitter in der Luft. Eine Sommernacht, ein See, ein Rückzug, ein sich selbst Genügen.

Ihr versteht kein Wort? Ihr wisst nicht, worum es hier eigentlich geht? Um alles. Verdammt, um alles.

3 Nüsse für Aschenputtel. Eine, eine Nacht, ein Bild, eine Intensität mit zentraler Wichtigkeit für eine Dekade. Glaube ich. Nehme ich an, jetzt. Ein Geschenk. Im Sinne des Wortes. Unfassbar groß. Materiell, immateriell, sinnlich, direkt, schonungslos. Ihr werdet hier noch in den Genuss kommen. Das Thema ist noch lange nicht durch. Nicht das Foto oben, ein anderes Bild.

Eine für einen Satz. Ich kann ihn euch nicht beschreiben, aber er hat mein Herz mit Sanftmut umhüllt. Ein zarter Satz mutig gesprochen. Aus einem ernstzunehmenden Mund. Nebenbei. Fallen gelassen. Gesetzt. Was zu sagen ist. Kurz. Wenige Worte.

Die letzte für eine Umarmung. Im rechten Moment. Alltäglich, auch. Der Alltag hat mehr Größe, als es scheint.

Danke, fürs Lesen. Genug Worte, der Abend wartet. Gerade geht die Sonne unter und ich hoffe, es werden wieder Sternschnuppen fallen. Es ist so schön. Jede wie ein neues Wort. Genug gespielt, das Leben ruft.