The world is burning…

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Meine sehr verehrten Damen und Herren zu Hause an den Empfangsgeräten. Ja, definitiv, die Welt steht in Flammen. Amargeddon ist da, das Jüngste Gericht tafelt, die Apokalypse steigt herab. Zumindest, wenn man in Teilen der Welt wohnt, wo sich Gewalt den Weg bahnt oder man den Himmel sieht, wie er seine Kräfte sammelt. Eine Hexenküche.

Ich habe kapituliert. Bin nach meinem Urlaub zurückgekehrt ins traute Heim, habe die Lage gecheckt, den Garten, die Zimmer. Und habe Spiegel Online angeworfen, wo mich eine Antisemitismus-Debatte traf. Oh, nein, kein Wort dazu. Ich habe lange nachgedacht, bin alles durchgegangen, meine Hirnarchive, habe abgewägt, nach Seiten geschaut, Impulse des Parteiergreifens durchlebt und bin zu dem Entschluss gekommen. Macht mal. Lebt, wie ihr leben wollt.

Und bin in meinem Bett friedlich eingeschlummert und habe mich dem Wesentlichen zugewendet: Meinem Alltag. Den Dingen, die ich beeinflussen kann. Da wartet Arbeit und Aufwand und Herausforderung genug.

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Am Wochenende war ich in Essen. Promenieren am Baldeneysee, ein Flohmarkt Am blauen See in Ratingen. Liebe, Glück, schöne Zeiten. Gutes Essen, nette Menschen, Eindrücke, Reichtum, Wohlwollen. Eine neue Tasche für meine Kamera, ein Geschenk für Viveka und ein wunderbares Feuerzeug aus Holz und den Seventies für Steve, der für uns alle gekocht hat. Prall, das alles. Mehr als genug.

Auf dem Rückweg, dem Heimweg in die Heimat, zog Wetter auf. Es ist ein Sommer voller Energie und Wolken. Gerade steht ein riesiger Mond über unserem Haus und immer wieder kommen diese erzählenden Wolken und tragen Regen vom Atlantik hierher. Und Wind und Sturm. Rund um den Baldeneysee liegen die riesigen zerschmetterten Buchen. Alt, sehr alt, zu Boden gerungen. Mit Wurzeln aus der Erde gerissen. Es ist ein gewaltiger Sommer, der mir komisch vorkommt. All diese Dinge im Großen und im Kleinen.

Ich hoffe, der Winter wird ruhiger und schaltet manch einem den Verstand wieder ein. Wir werden sehen, müssen zusehen, tatenlos. Und können uns sagen: Das war schon immer so.

Derweil bewege ich mich zwischen den Welten. Autofahrten von hier nach dort. Der Geist ist ruhig, das Radio läuft, die Dinge vermischen sich und es ist einfach nur profanes Fahren auf Autobahnen. Ein Kommen, ein Gehen. Das Rad des Lebens.

Sonntagabend war es ein Schauspiel, ein Sonnenuntergang auf dem Weg von Essen nach Düsseldorf, ein Aufziehen brennender Wolken von Düsseldorf nach Köln und ein Abgleiten in die Dunkelheit von Köln nach Nosbach.

Die Welt brennt an manchen Orten. Sie schläft und regt sich, sie atmet und weint, sie geht ihren Weg, zieht vorbei, lächelt und kämpft. Selten war mir so unklar, was das alles soll. Vielleicht sollte ich Foucaults Wahnsinn und Gesellschaft lesen. Oder einfach nichts tun. Mittwoch fliege ich wieder nach München. Job. Ein Tag. Heute war ich in Bonn, nächste Woche geht es vielleicht nach Berlin. Die Zeiten ändern sich, die Wolken ziehen, die Themen auch und dummerweise sterben währenddessen Menschen, die von anderen Dingen geträumt haben. Der Mond füllt sich, Stürme bedrängen uns, die Sonne zeigt sich und alles beginnt von vorn…

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Vom Himmel herab…

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Vom Himmel hoch, da…

Ist denn schon wieder Weihnachten? Nein, Franzl, auch wenn wir Weltmeister sind und einen Astronauten neben dem Mond hängen haben, der uns von oben aus seiner internationalen Blechbüchse, diesem NASA FlieWaTüt, auf die Köpfe schaut.

Ach, Himmel. Auf Erden. Zurück aus dem Urlaub, der dieses Mal einige Überraschungen zu bieten hatte. Schwamm drüber. Vergessen. Nach meiner Rückkehr und dem Überfliegen von Spiegel-Online und meinem Facebook-Stream habe ich gesehen, wie schlimm es tatsächlich sein kann und wer sich überall so das Leben schwer macht.

Also gehe ich einige Tage zurück und schreibe über die Treppe in Ligurien am Rande der Cinque Terre. Eine Freitreppe. Eine Himmelsleiter – deshalb der Titel.

Wir sind schon viele Wege in Ligurien gelaufen. Hoch über dem Meer mit Blick in die Weite und gefühlt in die Tiefe. Jedes Mal entsteht dieser Wunsch, dort zu leben. Und jedes Mal ist es schön, zurückzukehren und die Bilder und Momente und Gefühle mitzunehmen.

Marco hatte uns von dem Weg erzählt. Marco war von deutschen Urlaubern dorthin geführt worden. Im Sommer bei der Hitze sind wenig Menschen auf den Wanderwegen unterwegs. Die meisten Leute sparen sich das. Aber, da wir nun einmal im Sommer da sind, was sollen wir tun?

Also haben wir das Abenteuer gewagt. Sind mit einem Teil-Trupp unseres 14-köpfigen Patchwork-Konglomerats losgewandert. Von Riomaggiore, dem letzten der fünf Cinque Terre-Orte aus. Hoch zum Kloster, von dort durch Weinberge und verbrannte Wälder bis zum Punkt Telegrafo ganz oben auf dem Höhenzug, der bis Portovenere reicht und sich dort ins Meer versenkt. Wir folgten dem schönen Rücken ein Stück weit und bogen dann ab Richtung Küste, um am Ende eines feuchten Waldes zu dieser gigantischen Treppe zu gelangen.

Für mich war es ein besonderer Augenblick, weil ich etwas Heiliges empfand. Nicht christlich oder buddhistisch oder so, nein, eher respektvoll. Man muss sich vorstellen, dass es 1.600 Steinstufen sind, die runter in einen Ort, einen Flecken mit drei oder vier Häusern führen. Dort ist, genaugenommen: NICHTS. Die Häuser eben und der Blick aufs Meer. Mir kam es vor wie ein riesiger Altar inmitten der Landschaft. Als würde man die Stufen eines Azteken-Tempels herabschreiten.

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Da haben sich Menschen die Arbeit gemacht, all diese Steine zu behauen und dorthin zu schleppen und zu einer Treppe zu formen. Zu einer sehr steilen Treppe, bei der man aufpassen muss, nicht zu stolpern, weil man sonst wirklich ein Problem hat. Es gibt kein Geländer, kein Netz und keinen doppelten Boden. Man muss einfach aufpassen und keine Fehler machen. Ansonsten. Tja. Autschn.

Die Treppe in der Hitze fernab von Schatten hinab zu steigen ist schon sehr anstrengend, der umgekehrte Weg lässt Flüche entstehen. Wer kommt auf die Idee, einen solchen Ort zu besiedeln? Das müssen schon sehr unabhängige Geister gewesen sein, die ihre Ruhe haben wollten. Nunja. Unten braust das Meer, ein steiler Weg führt zum Strand, so dass es wohl rausging aufs Meer zum Fischen. Und Weinberge gibt es auch. Fischer und Winzer in einem. Lebenskünstler, Enthusiasten, Naturverbundene, Feinschmecker. Aussteiger. Mittelalter-Hippies.

Das Wasser kommt aus einem Brunnen weit oberhalb des Dorfes. Im Wald steht ein riesiger Wasserbehälter in Form und Größe eines kleinen Hauses. Daraus sprudelt kühles Nass. Süßwasser. Leben. Die Brunnen sind voll, weil es erstmals seit Menschengedenken (zumindest seit des Menschengedenkens der heimischen Menschen, die wir gesprochen haben), in Ligurien im Juli mehrfach heftig geregnet hat. Was für Gewitter! Uaahhhh. Im Zelt ganz schön gewöhnungsbedürftig, wenn die Blitze durch die Zeltwand leuchten und Blitz und Donner fast gleichzeitig stattfinden. Mein Papa meinte immer: „Nach dem Blitz zählen! Jede Sekunden steht für einen Kilometer zwischen euch und dem Gewitter.“ Also dann war das ziemlich direkt über uns… Viveka hat mich beschützt. Und umgekehrt und die Kids haben einfach gepennt und nix mitgekriegt.

Jetzt sitze ich hier auf meinem Bett, schaue auf den Mühlenberg und denke an die gigantischen Ausblicke während unserer Treppen-Expedition. War das schön. Den Weg werde ich wieder gehen so wie ich diese schöne Küstenstraße nach Vernazza immer wieder mit dem Fahrrad fahre. Zurückkehren. Aufsaugen. Zurückdenken. Vorfreuen. Bilder im Kopf.

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Der Sehnsucht folgen…

Italien ruft, das Meer stimmt ein, die helle Stimme der Sonne, der dumpfe Bass der Berge, der ziehenden Wolken. Ich gebe mich dem Verlangen hin, die Seele baumeln zu lassen und die Füße ins süße Warm des Mittelmeeres zu strecken.

Levanto Monterosso 2013

Manarola 2013

Portovenere 2013

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Und los geht die Fahrt:)

Würde und Exzellenz

Turm

Ich weiß nicht, wie es euch so geht mit Sprache. Passiert es euch manchmal, dass ihr ein Wort hört, das trifft, passt, bewegt?

Jeden Tag schiebe ich viel Worte hin und her. Schaue nach den guten, bewegenden, versuche den vagen, verschlissenen, eingebrannten aus dem Weg zu gehen. Was passt, was ist durch, was neu, wieder neu…

Wörter verbrennen. Heben sich auf. Du hast eins lieb gewonnen, da ist es schon wieder weg. Wie ein Popsong, den man zu oft gehört hat und irgendwann leid ist.Eben habe ich die letzten Minuten Italien gegen Uruguay gesehen. Online. ZDF. W-Lan. Stream. Schließlich zahle ich jeden Monat für Fernsehen, auch, wenn ich keines habe. Suarez hat gebissen, ein Italiener hat dooferweise eine rote Karte für zu wenig bekommen und nun fliegen die Azzurris heim. Herrje. Endspiel am 13. Juli. Zoes Geburtstag. Levante. Italien. Ich wage nicht zu hoffen… Und wo würden wir schauen? Und wer ließe uns? Auf jeden Fall: kein Public Viewing. Aber bis dahin…

Als die Italiener vom Bildschirm verschwanden und Olli Kahn die Suarez Bissszene ausreichend kommentiert und psychologisiert hatte, bin ich hängen geblieben. Ein Bericht über Kolumbien. Eine Reise nach Medellin. Zack, kommen die Vorstellungen. Mord und Totschlag. Das Kartell. Uaahhh.

Also ich wäre davon ausgegangen, dass Medellin in etwa so sicher ist wie Mogadishu oder Bagdad. Aber. Tja. Was soll ich sagen? Es ist anders. Es gibt die Viertel, in denen nach wie vor die Waffen sprechen. Aber ansonsten gibt es auch ein normales Leben. Ohne Angst. Eine prosperierende Stadt, die weltweit innovativste im letzten Jahr. Sagte die Reporterin. Was immer das heißt.

In Medellin gibt es einen Politiker, der wohl Gouverneur ist. Und Mathematiker. Und sympathisch aussieht. Und dessen Vater Architekt war. Und der baut. Lässt bauen. Faszinierende, besondere Bauwerke. Eine Bibliothek inmitten von Slums, die Parque Bilbioteca España. Zum Beispiel. Weshalb? Jetzt kommen die Worte der Überschrift ins Spiel. Um den Menschen Würde zu geben. Durch Exzellenz. Wow. Sozio-kulturelle Projekte. Ich suche euch mal einen Link raus, der zum Gebäude, der neuen Architektur Medellins führt.

Architektur hin. Architektur her. Würde. Exzellenz. Worte wie Geschenke. Würde, was für ein wunderschönes Wort in Klang und Bedeutung. Da schwingt das unantastbar aus dem Grundgesetz mit. Dieses oft mit Füßen getretene Wort durch Exzellenz zu flankieren, zu stützen, zu tragen, ist ein genialer Schachzug. Es braucht Menschen mit Visionen. Lieber Helmut Schmidt, das war das Dööfste, was du je gesagt hast: Das mit dem, die sollten zum Arzt gehen. Denn solche, die Dinge denken können, die wie Luftschlösser wirken, die sind es, haben es, machen es. Was wären wir ohne sie. Eine Bibliothek inmitten eines Slums. Bitte, rechnet nun nicht. Zerredet nicht. Lasst wirken. Zeichen, nach Coelho, haben eine immense Kraft. Wer Bücher über Waffen erhebt, sieht einen Weg, den kaum wer denken kann.

Und ich freue mich über die Reinkarnation von Worten, die mit Frischzellenkur und Blutkonserven auferstanden sind. Danke, ZDF. Ihr könnt doch mehr als Traumschiff und Fernsehgarten.

Done!

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Yes! Fertig!

So mit allem. Mit diesem riesigen Holzstapel und auch ansonsten ein wenig fix und foxy, aber glücklich. Ab und an macht es ziemlichen Spaß, so richtig Hand anzulegen und auszupowern. Das Foto oben zeigt den Hang, von dem herunter ich am Freitag das Holz geholt habe. Am Eingang des Maikäfertals. Unten fließt die kleine Wiehl, die in die Wiehltalsperre mündet, in der die Krombacher-Insel, umgeben von unserem Trinkwasser, liegt.

Ein schöner Ausblick. Ich bin heute mal den Hang hoch gekraxelt, um zu schauen, wie viel Holz da noch liegt. Ups! Eine ganze Menge. Allerdings ganz oben. Ui, ui.

Gestern habe ich, teils unterstützt von Jim, den Spalter spalten lassen. Nach dem Es kommt der Tag, da muss die Säge sägen nun also Es kommt der Tag, da muss der Spalter spalten. Eigentlich wollte ich nur anfangen, aber irgendwie dachte ich mir dann: Mensch, zieh das durch, sonst hast du da das Holz liegen und denkst, das musst du noch spalten…

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Also habe ich um 8 Uhr angefangen und war kurz vor dem Anpfiff Ghana-Deutschland fertig. Spalten, stapeln, aufräumen. Nun liegen da neun Raummeter Fichte, zur Hälfte schon in ofenfertiger Größe, zum Trocknen.

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Heute Morgen musste ich mich dann so ganz langsam aus dem Bett winden. Die Unterarme zerkratzt und verkrampft vom Heben. Der Rücken quietschte und selbst Bauch und Brust waren überzogen von Spuren, die die scharfe Baumrinde zurückgelassen hat. Egal. So isses. War zu warm für dicke, schützende Pullis und tut auch schon nicht mehr weh:)

Jetzt freue ich mich auf die neue Woche und die schöne Zeit am Schreibtisch.