Lone at the beach

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Gestern super Wetter, heute ist es zugezogen. Ab Mittag. Wolken, Wind, später Regen. Am letzten Tag gibt es immer einiges zu tun. Sich verabschieden vom Meer. Sich alles noch mal so richtig reinziehen. Mit den Jungs ein letztes Bier im van der Werff. Kleine Geschenke kaufen.

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Nach dem Bier mit Jens und Jens haben sich unsere Wege getrennt. Jens wollte noch in den Bioladen, Jens in einen anderen Shop. Mich zog es ans Meer. Für Viveka. Sie liebt das Meer und wenn sie an der Küste ist, ist sie vom Strand nicht wegzubekommen. Tagelang, nächtelang. Sitzen, laufen, eintauchen, gucken. Es gab diese wunderbare Szene im letzten Jahr in Italien, als die Wellen hoch waren. Viveka schwamm raus, weit raus, lange raus. Dorthin, wo niemand mehr war. Ein kleiner Punkt draußen. Ich machte mir schon Sorgen, wusste nicht, wie gut sie schwimmen kann und wollte sie natürlich um keinen Preis der Welt durch eine Fehleinschätzung verlieren. Sie spielte mit den Wellen, dem Wasser, den Bojen.

Ich schnappte mir ein Bodyboard und schwamm raus. Mir war in den hohen Wellen schon ein wenig mulmig. Als ich zu ihr kam, lächelte sie. Alles in Ordnung. Sie muss einmal ein Fisch gewesen sein, eine Meerjungfrau, ein Delfin. Kein Problem. Stundenlang. Ihr Element.

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Und so bin ich heute raus auf die Sandbank. Die Ebbe hat es möglich gemacht, der Übergang ein kleiner Rinnsal. Kein Problem. So durch. Meine Rossis hatte ich vor der Abfahrt dick eingefettet, also konnte ich trockenen Fußes hinüber. Auflandiger Wind, kaum Vögel, mir entgegen fliegender Sand. Ich wusste nicht, wann die Flut einsetzen würde oder ob sie vielleicht schon… Ich habe eine Linie in den Sand gezogen – neben die Wassergrenze und habe geschaut. Keine Veränderung. Highest Peak, habe ich angenommen. Ein Niederländer mit hohen Gummistiefeln folgte mir und ging sicheren Schrittes Richtung Wellen.

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Gut. Ein Schauspiel. Der fliegende Sand, die ziehenden Wolken, das Getöse, die Weite. Der andere Mann verschwand in eine andere Richtung, wurde kleiner und kleiner und unbedeutender. Wen juckt es, wenn so ein schwarzer Punkt von irgendwelchen Naturkräften verschlungen wird. Ich machte mich auf den Weg. Fotografierte, was das Zeug hielt. Erreichte das Wasser, sah ein Fischerboot im Dunst des aufkommenden Regens verschwinden.

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Zum ersten Mal musste ich alle Einstellmöglichkeiten meiner Goretex-Jacke justieren. Nach unten hin abdichten, die Klettverschlüsse am Ärmel eng ziehen, die Kapuze ums Gesicht legen. Alles gut. Fotos nur mit dem Wind, um die Kamera zu schützen. Am Ende ist die Linse voller Tropfen. Und ich bin allein. Der andere Mann ist schon wieder auf sicherem Boden. Mir fehlt Herr Cooper. Egal, er brauchte heute eine Pause. Anstrengende Tage. Mit dem Fahrrad unterwegs, das ist für Hunde Leistungssport.

Ich bewege mich Richtung Land zusammen mit dem fliegenden Sand, erreiche den Übergang, das Flussbett. Geht noch. Die Hose ist eh nass, die Schuhe sind es auch. Ich denke an Viveka und sauge alles auf. Sie wäre noch geblieben. Ich fahre nach Hause, mir ist es kalt, die Finger sind klamm. Jens sitzt im Jacuzzi, ich setze mich dazu. Der Regen fällt, das Wasser wärmt. Schön. Luxus. Morgen geht es nach Hause. Ostern. Aufgetankt für die nächste Runde.

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Und hier zum Abschluss noch ein Video von Finn und Jim, der Support geleistet hat…

Liebeserklärung

Fein schimmernd
am Grund tiefer Wasser
gesunkene Schätze in Teak, Mahagoni
gepackt
zu sagende Worte
in Samt gehüllt
von Ammen genährt
durch Zeiten getragen
die Silben gerundet
geküsst
der einzige Tag
sie zu bergen
dem Atem zu weihen
den Lippen
anheim zu geben
der Tiefe
Weite
deines grünen Blicks

april 2014

Mission Impossible auf dem Weg ans Ende der Welt

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Draußen schreit eine Möwe und die Welt ist eine Scheibe.

Zwei Tage hintereinander habe ich, haben wir es versucht. Ich wollte bis ans Ende der Welt vordringen. Also bis zum Ende der Insel. Das sind einige Kilometer immer am Strand lang. Meine Vorstellung war, das Ende der Insel, dieser kleinen Welt mit weit auslaufendem Horizont zu fotografieren. Rechts das Meer, links das Meer und dazwischen der letzte Sand unter den Füßen bis es tief abfällt. Bis zum Mariannengraben oder der letzten Ruhestätte der MH 370.

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Das Meer lockt, tröstet, fasziniert, inspiriert. Einfach am Wasser entlang. Den Fischerbooten zusehen, den Wellen, den Möwen, den kleinen Vögeln. Schauen, wie sich alles verändert. Durch Wind und Gezeiten. Gucken, was so angetrieben wird. Alles, was irgendwo über Bord gegangen ist. Von Holzkisten über Spüliflaschen bis zu Fischernetzen und Brettern mit Farbsprenkeln.

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Gestern der erste Versuch. Annäherung über Land. So weit wie möglich mit dem Fahrrad vordringen, dann querfeldein über Wiesen und durch Dünen bis zum Strand. Am Morgen hatte sich eine Gefolgschaft gesammelt. Entdecker, Eroberer. Conquerors. Eine Fahrrad-Armada begleitet durch einen hechelnden Herrn Cooper. Als wir am letzten möglichen Fahrrad-Parkplatz ankamen, stellte sich heraus, dass der Datumszeiger auf dem 15. April stand. Exakt. Und ab dem 15. April ist die Landschaft hinter diesem letzten Fahrrad-Parkplatz unzugänglich. Brutzeit. Vogelschutzgebiet. Ach. Kann man natürlich nicht machen. Mission abgebrochen.

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Heute Morgen dann die Idee: Wenn nicht über Land, dann den Weg am Meer entlang. Wieder sammelte sich ein Team. Eine lange Strecke ist das bis zum Ende der Insel. Viele Kilometer. Menschenleer. Nur Dünen rechts, Wellen links und dazwischen Strand und all der angespülte Müll. Ein Niemandsland. Eine Wüste. Ohne Getränkeverkauf, Raststätte. Unwirklich, unwirtlich. Ist trotzdem schön. Eine beeindruckende Landschaft. Groß, weit, scheinbar unendlich.

Wir waren unterwegs. Gut unterwegs und hatten schon eine weite Strecke mit weiten Augen hinter uns gelassen. Ab und an reduzierte sich die Gefolgschaft um einzelne Mitstreiter, die auf den Besuch des Endes der Welt gerne verzichteten und abdrehten. Da tauchten Schilder am Horizont auf. Zunächst klein. Dann größer. In einer Linie vom Meer zu den Dünen aufgereiht. „Sie verlassen nun den westdeutschen Sektor.“ Nein. Vogelschutzgebiet. Brutzone. „Auch hier, mein Sohn Brutus.“ Ab 15. April. Seit gestern. Ende Gelände. Aus der Traum. Vertagt auf einen Inselbesuch in der Zukunft.

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Also ist der verbleibende Trupp rechts abgebogen und hat sich auf den Heimweg gemacht – immer am Fuße der Dünen entlang. Bei strahlend blauem Himmel und dem Fernziel Strandcafe.

Freies Freiraumleben

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Tja.

Hm. Also.

Ihr merkt, hier herrscht Urlaub, aber die Finger schaffen es nicht, die Tastatur links liegen zu lassen. Man könnte von Schreibsucht reden. Der Kopf. Das Sprachzentrum. Es kommen das eine und das andere zusammen. Die Themen, die in der Luft liegen, mich anfliegen, in Worte gepackt werden möchten. Oder auch nicht.

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Heute war ein besonderer Tag. Punkt.

Urlaub, klar. Erst Montag. Noch eine Woche. Zwischendurch habe ich Geburtstag, werde zum Fourtyniner. Mein liebes Tagebuch, es gibt so viel zu schreiben. Überbordend.

Wo fange ich an? Wo höre ich auf?

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Lasst uns über Freundschaft sprechen. Schreiben. Mittlerweile sind wir hier zu 14t. 6 Erwachsene, 8 Menschen im jugendlichen Alter verschiedener Ausprägung. Zu den 6 gehören 3x Jens. Der Commander. Elas Freund. Moi.

Wer den Blog regelmäßig liest, weiß einiges. Unter anderem meine Vorliebe für intensives Abschalten. Diesen Schalter im Hirn umlegen und die Systeme auf Null fahren. Shavasana am Ende der Yogastunde. Heute durfte ich die Multiplikation erleben. Wenn man an solche Rückzugsorte reist, entsteht Raum. In diesem Falle für eine Massageliege. Die Kids over 14 haben sich entschieden, sich zwei Zimmer zu teilen. Dadurch wurde in dieser ziemlich großen Ferienwohnung ein Zimmer frei. In diesem Zimmer steht die Massageliege.

Als hätten wir mit allem nicht Luxus genug, hat die Hälfte unserer Erwachsenen gelernt, nach Ayurveda zu massieren. Heute durfte ich. 90 Minuten lang. Eine Synchronmassage. Holla die Waldfee. Erst denkt man: Hm. Oje. Anfassen und so. Und ohne Klamotten. Und überhaupt. Ihr kennt das, dieses verdammte Unbekannte. Albert Camus: Der Fremde. Am Ende tot. Unwissenheit. Bammel.

Nun mag ich Abenteuer und Neues und Anderes und Herausforderungen und macht mal, ich lass mich überraschen. Nach den 90 Minuten war ich auf Turkey. Sprache weg. Auweia. Kopf leer. Abgeflogen. Turbo-Shavasana. Da lag ich unter einem Tuch, Jens und Jens, die mich massiert hatten, haben den Raum verlassen. Irgendetwas Duftendes lag auf meinen Augen und mein Körper schwebte.

Wir haben das früher am Theater gemacht. Bevor wir mit Jerofejews Walpurgisnacht oder die Schritte des Komturs für das Theatertreffen in Berlin ausgewählt wurden. Ein Körpertrainer. Eine Stunde lang massieren. Vor jedem Probenbeginn. Ich war junger Assistent und durfte Wolfgang Jaroschka massieren. Ein großer Kerl. Ein stattlicher Schauspieler. Erst massierte er mich, dann ich ihn. Das war eine Grenzerfahrung, weil die nächste Intimitätsstufe nach Massieren ist… Ihr wisst schon. Aber wenn man sich einmal so nah gekommen ist, hat man eine andere Verbindung. Da fällt was weg.

Das war damals eine Art Teambuilding. Danach war auf der Bühne einiges mehr möglich. Ein blindes Verstehen, ein gegenseitiges Fühlen. In Berlin durfte ich, weil ein Schauspieler ausgefallen war, mitspielen. Großes Kino, äh Theater. Wir wussten, ohne Hinsehen, wo die anderen sind. Wer wann was sagt, wohin geht, wie reagiert. Verbindungen. Sensoren. Das war unglaublich.

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Nach Jahrzehnten heute also wieder. Komplett durchgeknetet. Eine ziemlich gute Erfahrung. Ach. Wie schön ist Panama. Wenn Freiraum da ist. Platz im Denken, Handeln, Tun. Like it. So much. Freiheit. Fängt an, wo Miteinander Stufen erklimmt. Ich freue mich. Um 7:45 Uhr gehen wir morgen Joggen. Anschließend gehöre ich zur Frühstücksgruppe. Und dann werden Jim, Herr Cooper und ich das Inselende erkunden. Abenteuer. Ein weiteres.

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Am Nachbartisch im van der Werff

Leopardenrock
ihr gegenüber
wattiert, tailliert
Rosen in Rot und Pink
die Kladde
Mappe
zwischen ihnen
ergrautes Haar
Strähnen
lebensvolles Lächeln
ihre Hand
zart
über die Kladde
als wäre sie gemeint
im Rot
Leopardenblick
voll Liebe
Die gleichen Ringe
in Silber
in Gold
drei Kreise, aneinander geschmiegt
am kleinen Finger
und gleich daneben
Jede Geste
das Streichen der Strähne
aus dem Gesicht
das Fassen des Glases
ein Fühlen
ihr Leben
trägt und hält
in ihren nahen Körpern
eins
schön
ein letzter Blick
und aufgelöst
in Wolken

april 2014