Wow, was für ein Tag! Die Kinder haben Ferien, mein Patenkind Geburtstag und alles dreht sich ums Heiraten. Morgens habe ich mich um 7.30 Uhr vom Acker gemacht und bin 90 Minuten über die Autobahn zu einem Kunden geeilt, um bis am Abend um 19 Uhr eine Sportkollektion in allen Details zu beschreiben. Was ist das für eine Hose? Was kann die? Aus welchem Stoff ist die? Welche Rolle spielt die in der Kollektion? Irgendwann verschwammen die Stoffe vor meinem geistigen Auge zu einer riesigen Fasersauce. So muss sich eine Zitrone nach dem Auspressen fühlen. Dann zurück auf die Autobahn nach Hause, wo sich der Tag in einen Hochzeitstag verwandelte.
Jim kam mir entgegen und präsentierte mir auf Zoes iPod ein Youtube-Video, in dem es um einen Heiratsantrag geht. (Ihr habt jetzt nicht aufgrund der Headline geglaubt, dass ich Hochzeitstag gehabt hätte und den ganzen Tag arbeiten war? Geht ja gar nicht. Weil ich doch, wie ihr alle wisst, überhaupt so ganz und gar nicht verheiratet bin, geschweige denn es je war. Was das Folgende nicht einfacher macht…) Dieser Heiratsantrag ist so kolossal gut und groß inszeniert, dass ich mich frage, wie ich das mit Ela jemals hinkriegen soll? Also Youtube versaut echt den Schnitt und legt die Latte enorm hoch. Arme Männer, bei denen es ja nun einfach bislang liegt, sich um die Hand und so zu bewerben und zu kümmern. Habe ich da bisher vielleicht einfach grandios versagt und es nicht auf die Reihe gekriegt, so wie dieser junge Mann im Film zu agieren? Schaut mal rein…
Schwer zu toppen, oder? Vor allem: Wir haben hier gar kein Kino. Ob das mit Ela und mir und dem Heiraten noch mal was wird? Auf jeden Fall komme ich dann gestern Abend nach einem kurzen Mailcheck zu Zoe ins Zimmer, weil die ganze Bande spurlos verschwunden war. Da sitzen die drei dort im Bett und schauen sich eine DVD an. Ferienprogramm. Liebeskomödie. Amerika. “Verliebt in die Braut”. Ein Zeichen, ein Zeichen. Die Mannschaft rückt zusammen, drapiert sich anders aufs Bett, ich muss einen Hocker für das Laptop holen und setze mich nach links außen. Ela rechts außen, neben ihr Zoe, dann Jim. Die Reihenfolge spielt im Folgenden eine Rolle.
Während der Hauptdarsteller erst versucht, seine Geliebte, die er für einen guten Kumpel hält, nicht zu heiraten, muss er plötzlich, als sich eben diese Frau in einen anderen verliebt, alle Register ziehen, um sie doch noch zu bekommen. Bekommt er sie? Ihr wisst schon. Doch bevor das passierte, machte es zunächst leicht Knacks. Unter Jim und mir war das Bett eingekracht! Ein Zeichen, ein Zeichen! Aber nur so leicht. Jim sagte: “Papa, nicht bewegen!” Und was macht der Papa? Bewegt sich! Und was geschieht? Aus dem kleinen Knacks wird ein großes Rums! Im Gewichtstest markant durchgefallen. Das Kinderbett zum Einstürzen gebracht. Großes Gelächter. Erneute Filmunterbrechung wegen des Papas und Jim sagt: “Papa, das du aber auch niemals hören kannst! Was habe ich dir gesagt? Nicht bewegen! Und was machst du? Bewegst dich. So geht das nicht weiter. Du musst einfach mal auf deinen Sohn hören, wenn der dir was sagt…” Peng und Autschn! Wo hat der nur diese konservativ spießigen Erziehungsworte her? Sollte ich? Och nö, bitte nicht. Herr Schönlau, fällt Ihnen nichts Besseres ein? Sagen wir, das hat er von der Oma:)
Nun saßen Jim und ich wegen des partiellen Zusammenbruchs leicht schräg da. Die Popos tief auf dem Boden, die Füße oben auf der Bettkante und schauten auf, um Hollywood zu sehen. Derweil die Damen kicherten, obgleich ihr Teil des Bettes weiter nahezu horizontal da lag. Der Rahmen hatte sich ganz schön gebogen, war aber nicht gebrochen und konnte am Ende glücklicherweise gerichtet und wieder in den Originalzustand gebracht werden. Am Ende des Abends waren also zwei Männer mehr verheiratet und ich sitze immer noch hier und keine will von mir vor den Altar der Eheschwüre geführt werden. Wenn das mal kein Grund ist, sich ernsthaft Gedanken zu machen und die Sache mit der Midlifecrisis neu zu überdenken…