Der Fall

Der Boden öffnet sich
unendlicher Fall in die gläserne Röhre
Neonlicht Pink
umhüllt vom Kissen aus Luft

Unterwegs
zunehmende Geschwindigkeit
weiter Abstand zur gläsernen Wand
Höchstgeschwindigkeit mehrere Gs

Der Raum, die andere Welt
Funktionsstörung im Hirn
Auflösung von Konventionen
neues Umfeld und Denken

Verlust der Liebe im Dunkeln
ganz allein unterwegs
zum Mittelpunkt
Erdinneres

Ein leichtes Rot
außerhalb der Röhre
Orange, Gelb, jetzt feuriges Glühn
Eiseskälte im Innern

Falle
durch Veränderung
die Geschwindigkeit steigt
klar bei Sinnen wie nie

Ganz im Augenblick
pure Wahrnehmung
kein Gedanke
rein

Kurvengewirr
Abzweigungen, Kreuzungen, Spiralen
ohne Kontakt
wunderschön einsam

Stehe im Raum
Körperstill ruhend
vorbei fliegende Röhre
mit Bildern

Sitze im Stehen
entspannt
freudig leer
völlig abgefallen

Sehe die Bilder
wie Fotos
und Filme in einem
mir unbekannt

Szenen, Momente
fremd, völlig fremd
Drehung im Raum
stehe Kopf

Gefühl für das Jetzt
in Koordinaten geklinkt
mit bestimmter Position
eindeutig klar

Ein Vogel
Eine Fledermaus
Ein Wolf
Ein Waal auf dem Weg durch das Meer

Auflösung
in Teilchen
getrennt
frei von Einheit

Entbunden
von allem
entfesselt
befreit

Verschwindende Bilder
völlig unberührt
davongekommen
Rückkehr des Neonlichts in Pink

Strebe auseinander
verdampfe
bei lebendigem Leibe
verteilt im Röhrengewirr

Riesige Löcher im Glas
weit geöffnet
Ausgänge
Möglichkeiten

In atomare Teile
zerlegt
weit versprengt
trotzdem eins

Unterwegs in der Erde
grenzenlos
an die Oberfläche
und tiefer hinein

Alle Richtungen
alle Zeiten
Dimensionen
jenseits

Das wars
endlich
mit Grenzen
und Halt

Gehe durch
alles
Sterne
und Weiten

Alles ist Raum
nach dem Fall

oKTOBER 2006

4 Antworten auf „Der Fall“

  1. Hallo Jens,

    wow, warum habe ich das Gedicht noch nicht gesehen? Freier Fall – und doch befreit, aufgelöst. Schöne Stimmung!

    Annegret

    1. Hi Annegret,

      auch hier: Ich erinnere mich. Blog wie Gedichte – Tagebuch. Stationen, Material meines Lebens. Das EGO löst sich auf im freien Fall? Die Partikel, der Zusammenhalt – wass wird das CERN finden? Da ist etwas, nur die letzten Steinchen fehlen noch. Wir werden sehen…

      Liebe Grüße

      Jens

      P.S. – Du hast den ersten Kommentar geschrieben. ich weiß, ich habe das Gedicht in einem Schwall mit anderen veröffentlicht, deshalb ist es untergegangen. Mir ging es mehr darum, es öffentlich zu archivieren. Ich freue mich, dass es dir gefällt.

    1. Danke. Ein älterer Text, den ich gerne mag. Schön, wenn die Musik dazu passt und das bei dir ankommt. Ineinanderfließen der Zeiten, Räume.

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