Großes Drama um Herrn Cooper

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Herrje.

Mittwochabend gegen 19 Uhr. Nach heftigen zwei Wochen Konzeptionsphase kam ich aus der Präsentation. Nach Hause. In die Alte Schule. Unten lief der Yoga-Kurs für Einsteiger, Zoe war beim Tanzen und Jim saß am Rechner und programmierte. Post-Familien-Idylle 2014. Der Ofen bollerte, ich freute mich auf meinen Yoga-Kurs ab 19.30 Uhr. Entspannung, loslassen, durchbluten, entdenken, fliegen. POFF.

Da lag er. Im Ofenzimmer mittendrin, wedelte mit dem Schwanz. Ich raste vorbei, sagte “Hallo Coopi”, tätschelte seinen Nacken und stürmte zu Jim ins Zimmer. “Papa, hast du gesehen, mit Cooper stimmt was nicht.” Wie? Hä? Mein knackiger alter Knabe? Am Morgen noch durch den Wald. “Er kann nicht aufstehen. Seine Beine zittern.” Schock, Not. “Junge, was machst du. Komm, steh auf, lass dich nicht hängen.” Sein Blick verriet mir: Reitet ohne mich weiter!

NEIN, Baby, das kannste knicken. Nicht mit dem Commander. Und wenn die Apachen zu Tausenden kommen, wir schleifen dich mit bis ins Fort Laramy und bringen dich zu Doc Snyder. Da lächelte er schon ein wenig, hob die hängenden Ohren, brachte ein kleines Leuchten in die Augen und schöpfte Hoffnung. Langsam versuchte er, aufzustehen. Die rechte Vorderpfote gestreckt, die Linke, langsam die Hinterläufe. Eine Sekunde, da saß er auf seinem schwarzen Labrador-Hintern und sah mich verzweifelt an. “Es geht nicht, Boss. Lass mich einfach sterben.”

Locker bleiben, ne. Mir wurde ein wenig schummrig. All diese übertrieben verzweifelten Horror-Erstgedanken. Was ist, wenn er gelähmt ist? Hat er Krebs? Organe? Hüftverschleiß? Hüftdysplasie. Die eingefahrene Gedanken-Konventions-Autobahn. Die bösen Wörter aus dem Giftschrank. Das Hirn greift im Archiv in die erste Dokumentenreihe auf Griffhöhe. Da steht der ganze Belletristik-Mist des Gewöhnlichen. Die Schlagzeilen der Magazine und einfachen Lösungen. Man muss schon ein wenig tiefer gehen, um die Oberfläche des eigenen Denkens zu verlassen.

Ruhe bewahren! Bewahren Sie Ruhe. Frauen und Kinder zuerst! Die Fakten. Fakten, Fakten, Fakten. Die Stupidität des Focus-Billig-Journalismus. Aber: Klar. Man braucht die Basis. Eckdaten. Hat das Tier Schmerzen? Wo sitzen sie? Also habe ich so getan, als wäre ich ein Veterinärmediziner und habe meinen haarigen Kollegen untersucht. Keine Akutschmerzen, die zu Fiepen oder Abwehrverhalten geführt haben. Schon mal nicht schlecht. Nachdenken. Wirken lassen, wie Viveka immer sagt. Die Lösung ist da. Im All unterwegs und muss nur gegriffen werden.

Ich habe ihn auf sein Kissen getragen und bin zum Yoga. Vielleicht ist es ja gleich wieder weg… War es nicht. Einmal ist er aufgestanden, hat sich zwei Schritte vom Kissen weggeschleppt. Was für ein Bild. Oh, der Ärmste. Hexenschuss. Der Gedanke war mir gekommen. Aus dem All gegriffen. Die Information abgerufen. Herr Dr. Prof. Vet. Schönlau in Aktion. Natürlich im Konjunktiv. Könnte sein. Wahrscheinlich. Vielleicht.

Warten wir die Nacht ab. Am nächsten Morgen. Keine Veränderung. Herr Cooper liegt, wedelt mit dem Schwanz, steht aber nicht auf. Kacke. Und jetzt? Tierärztin. Schon ewig nicht mehr gebraucht. Aber jetzt. Die Assistentin wohnt nebenan. Dorf. Ich rufe an und sie kommt sofort. Schaut, misst Fieber. Vertreten, wahrscheinlich, vielleicht. Verspannt. Wir entscheiden, ihm ein Schmerzmittel zu geben. Wirkt. Herr Cooper steht auf, geht. Ein Wunder! Rettung. Wasser zu Wein. Wir drehen unsere Runde. Auf dem Rückweg des kurzen Gassitrips muss ich ihn tragen. Er ist einfach stehengeblieben. Kopf runter, Ohren hängen gelassen. Reite ohne mich weiter! Never. Also habe ich ihn mir auf die Arme geladen und ihn aus der Schusszone gebracht. Kameraden for ever.

Und jetzt? Puh. Entwarnung. Er läuft wieder. Normale Runde am Morgen. Das Joggen danach habe ich ihm erspart. Leichte Bewegung. Gestern habe ich ihn den Tag über immer wieder massiert. Die Muskelstränge in der Hüfte waren knallhart. Vertreten, Zugluft, keine Ahnung. Die Gespräche laufen immer gleich: Herr Cooper, was ist passiert? Gab es einen Augenblick, in dem Sie einen besonderen Schmerz verspürt haben? Keine Antwort. No way. Der Mann hat Charakter.

Und es auch genossen. Alle haben sich gekümmert. Was ist das Tier verhätschelt worden. Massiert, gestreichelt, gut zugeredet. Alle waren für ihn da. Ich hatte schon das Gefühl, dass er sich die Nummer für Augenblicke der Nichtbeachtung merkt. Einfach mal nicht aufstehen, dann machen die wieder diesen Zirkus. Das ganze Programm mit Leckerli, Streicheleinheiten, süßen Worten… Menschen sind manchmal so einfach zu durchschauen und zu steuern.

Mir ist nach der Präsentation der zweite große Stein für diese Woche vom Herzen gefallen. Läuft. Das Leben, der Job, der Hund.

P.S. – Coopers altes Foto oben habe ich für filo rausgesucht, damit sie den fiftyfiftyblog wiederkennt:)

6 Antworten auf „Großes Drama um Herrn Cooper“

  1. Ich fall ja in solchen Situationen total aus. Letztes Jahr haben sie mich mehr oder weniger aus der Praxis geworfen, als unser geliebtes Mopshundilein operiert werden musste, weil sie ein Geschwür am Bauch hatte. Ich habe so heftig geweint und hatte unsere Muffin auf dem Schoß. Sie hatte gerade die Narkose bekommen und sollte einschlafen. Ist sie aber nicht- wegen mir. Ich habe wohl meine Angst auf sie übertragen. Da haben sie mich höflich der Praxis verwiesen. Es war dann kein Krebs und sie ist wieder putzmunter. Schön, dass es Cooper wieder gut geht. (Übrigens: Wir wohnen wieder auf Öland. Es hat geklappt. Wir sind jetzt endgültig angekommen und richtig glücklich). Liebe Grüsse von Nicola

    1. Herr Cooper wurde auch einmal operiert. Eine fette Entzündung der Speicheldrüse. 4 h. Ich habe ihn dann abgeholt und ins Auto getragen. Mann, das tut weh. Hat der mich angeguckt: “Hast du sie noch alle? Wieso hast du mich hierhin gebracht?” Kann man ja auch nicht erklären. Jetzt schaut er mich auch gerade an – mit einem halb geöffneten Auge. Döst, der Kollege. Herzensbrecher.

      Öland. Wie schön. Immer frische Luft. Ich freue mich für dich, euch.

      Liebe Grüße

      Jens

      P.S. – Herr Cooper lässt Muffin grüßen:)

  2. Hallo Jens,

    ohje, geht es dem Hund schlecht, geht es dem Herrchen gleich auch schlecht. So ein Tier kann einem ganz schön erschrecken, vor allen Dingen, weil er ja nicht sagen kann, was er hat.

    Hoffentlich ist Herr Cooper bald wieder ganz fit.

    Dir, Jens, wünsche ich trotzdem ein schönes Wochenende.

    Annegret

    1. Liebe Annegret,

      nicht zu vergleichen, und doch ähnlich wegen der Hilflosigkeit: Die eigenen Kinder. Au Backe.

      Er ist wieder ganz fit und der Alte – wird aber auch nicht jünger. Nächstes Jahr wird er 10, wo ich ihn doch erst kürzlich als Welpen abgeholt habe. Alle Bilder im Kopf, wie er im Fußraum neben mir gelegen hat. Alle meinten: Der muss hinten im Kombi in einen Käfig. Au Mann. Erster Eindruck Knast? Ich hab ihm ein Kissen mitgebracht und es hat ihm gut gefallen und wir waren gleich auf einer Wellenlänge. Wie mag ich diesen alten Knaben.

      Viele, viele Grüße

      Jens

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