Die kleine FRITZ!Box 7530 und die große, weite Welt

Profan ist das Leben. Nicht manchmal, jeden Tag.

Umgeben von den großen Themen der Zeit, von Umwälzungen und Transformationen, von globalen Ereignissen und permanenter Veränderung im Wandel von allem.

Und doch geht morgens einfach nur der Wecker, wir stehen auf, putzen die Zähne, trinken Kaffee, essen eine Kleinigkeit und gehen im weiteren unseren Tagesgeschäften nach. Jede und jeder in seinem Leben. Am Abend, wenn wir ins Bett gehen, was ist dann schon passiert? Ist die Welt explodiert? Ruhig ist es. Du küsst sie auf die Wange, legst dich auf deine Lieblingsseite, schaltest alles aus. Dann geht der Wecker.

Im Grunde leben wir zu 99 % das kleine Leben. Manchmal plustern wir uns zu Größerem auf, fühlen innere Revolte, sagen Dinge, vielleicht tun wir sogar was. Aber am Abend wird alles wieder ruhig und am Morgen klingelt der Wecker.

Was das mit der FRITZ!Box 7530 zu tun hat?

Das habe ich erfahren, als sie ausfiel. Keine Kontrolllampe leuchtete mehr. Und damit war ich raus aus dem großen Spiel meines kleinen Lebens hier im Homeoffice irgendwo im Nirgendwo.

Kein ZOOM, TEAMS, Skype. Kein Spiegel online, Facebook, keine Mails.

An einem unbedeutenden Montagmorgen, als die Woche starten sollte. Da stand die Schale mit Cappuccino, also eigentlich ein französischer Milchkaffee der Sorte Grand Creme, aber eben mit italienischen Espressobohnen und aufgeschäumter Milch zubereitet. Die Kaffeemaschine, die ISOMAC Maverick, ist auch so ein kleiner bedeutender Teil der Geschichte, bleibt hier und heute im Weiteren aber absolut unerwähnt.

Ich trank einen Schluck Kaffee, öffnete das Laptop, wollte starten mit Mail- und Kalendercheck. Mit einer positiven, freudigen Haltung in Richtung „Alter, was liegt an, was geht?“.

Niente, nothing.

Noch blieb alles souverän. In mir. Kein Thema. Browser-Check, mal das W-Lan neu starten.

Tot.

Rien ne vas plus.

Ich bleib weiterhin ruhig. Mal kurz Router checken, Kabel ziehen, neu starten.

Keine LED leuchtet. UPS! Merkwürdig. Strom? Ich schalte das Licht ein. Leuchtet, der Router nicht.

Ab diesem Augenblick wurde es spannend. Vor meinem geistigen Auge liefen die Tagestermine ab und dann das Szenario, was ich nicht werde tun können, weil ich offline bin.

OFFLINE im Homeoffice ist wie nicht mehr auf dieser Welt. Abgetreten, so gestorben wie dein Fucking Router.

An der Wortwahl merkt ihr, dass mein Inneres sich daran erinnert, dass ich wohl meine Gutlaunigkeit verloren habe. Genau genommen war ich von 0 auf 100 vollgepumpt mit Adrenalin. Diesen Mr. Bolt hätte ich auf der Strecke stehenlassen wie einen Anfänger.

Karma.

In jedem Augenblick bestimmt man selbst die eigene Zukunft. Letztlich bestimmt man selbst, im falschen Moment am falschen Ort zu sein.

Ich hatte meinen Router ausgetauscht. In blindem Aktionismus, nicht wissend, was auf mich zukommt. Anfang des Jahres hatte ich einen Artikel über MESH-Netzwerke gelesen, die ein Haus wie unseres perfekt mit W-Lan versorgen. Da wir hier völlig dekadent in vielen Zimmern leben, dachte ich mir, es wäre eine gute Idee, so ein MESH-Netzwerk aufzubauen.

Der Plan war, einen zweiten, neuen, schöneren Router zu kaufen und die beiden Geräte aus gleichem Hause symbiotisch zu verbinden.

Sagen wir, Plan A.

Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt.

Die Geschichte landete bei der Polizei und in diversen Call-Centern.

Zunächst hatte ich einen gebrauchten 7530 kaufen wollen für zarte 55 Euro. Guter Deal, schlechte Umsetzung. Einem Betrüger habe ich mich anvertraut, der eine Identität gestohlen hat und dem ich auf sein Konto der Kreissparkasse Siegen das Geld überwiesen habe. Seither ist Marco A. aus Siegen verschwunden. Einen LinkedIN-Account hat er, einen bei Xing. Man könnte glauben, es gäbe ihn. Naiv. Lehrgeld.

Also Plan B. Neu erstehen. Über das Web. Fritzi kam an, alles lief rund, MESH super, ich glücklich. PENG! Tot. LED aus.

Besagter Montagmorgen. Den alten Herrn 7560, den ich zum MESH-Repeater degradiert hatte, musste wieder Router werden in kürzester Zeit. Ein wenig eingeschnappt ob der Situation ließ er mich nicht gewähren. Access denied! DU nicht, Schönlau.

Er war ja kein Router mehr, also kam ich an ihn über die Routerdaten nicht ran. Boah ey, hat der mir den Stinkefinger gezeigt. Ich wusste nicht, das grüne LEDs so fies grinsen können.

Aber: Nicht mit dem Commander. Ich liebe Google. Die amerikanischen Server wringe ich aus wie einen Schwamm, und wenn ich bis zur Seite 1.000 gehen muss. Ich denke, es war so in etwa Seite 6. NOTFALL-IP. Yep, jetzt habe ich dich, du kleiner Stinker. Das trojanische Pferd, das mir hilft, dir deinen kleinen Datenarsch aufzureißen.

ACCESS!

Das wird ihm nicht gefallen haben. Im Gegensatz zu ihm bin ich zumindest weniger nachtragend. Ich habe mich auf Teamwork mit ihm geeinigt, eingegeben, was eingegeben werden muss (finde unter Adrenalin mal die Mappe mit den Zugangsdaten! ALTER!!!) und die Sache lief.

Es kam dann der neue Router, den toten Router habe ich für 4,99 eingesendet, die 4,99 habe ich von PayPal nach Antrag zurückbekommen. Den neuen Router habe ich dann eingerichtet, die Zugangsdaten hatte ich ja nun gefunden. Alles easy.

Bis auf: Die rote LED.

Von Anfang an.

Start Teil 2 eines irdischen Martyriums, wie es Raffael nicht besser hätte malen können. Ich sehe mich als der Heilige Johannes (Jens = Johannes) an der Decke einer italienischen Kirche in meinem Routerdesaster abgebildet. Nur ein Tuch um die Hüften, ansonsten getragen vom finsteren Blick des Leids.

Mein Problem? Alles lief. Gut, perfekt. Nur eben, ROT.

ERROR. (habe ich euch schon die Geschichte von ERR73 meines eMountainbikes erzählt? Keine Sorge… Nicht hier und jetzt:)

Natürlich hätte ich locker sagen können: FUNZT! So what.

Aber so bin ich nicht. Die Dinge müssen laufen wie geplant. Manchmal sagt meine liebste Viveka zu mir: Pedant.

Nun. Ja, nein. Nicht so wirklich, aber irgendwie auch. Schon. Wenig. Eigentlich auch nicht.

Jedenfalls Hotline AVM Berlin telefonisch, per Mail, per Mail, per Mail…

Ich habe jetzt arabischstämmige Freunde in Berlin, bei denen ich sicher auch einfach mal klingeln könnte. Wir haben viel gemailt, uns ausgetauscht. Ich kenne nun alle Winkel meines 7530. Alle Haken gesetzt und zurück. Auf Werkseinstellungen zurückgesetzt, neu eingerichtet, Support-Berichte gesendet, Fotos, Bildschirmaufnahmen.

Das ging lange. Lange. Lange lange. Sehr lange hin und her. Zwischendurch empfahl man mir, mit meinem Internetprovider zu sprechen. Auch hier fast eine Stunde gemeinsam Häkchen setzen und zurück. Dann sollte ich den Router so umstellen, dass die gesagte LED einfach für ein anderes Thema steht. Also: Ignorier die Warnung einfach. Fast war ich so weit, aber: Statt Rot leuchtete die LED mit anderer Aussage nun Orange. Genauso Kacke. Inakzeptabel. Welche Farbe haben Warnwesten? Eben.

Dann kam eine Mail von AVM, die mich fragte, wie mir denn der Service so ganz allgemein gefallen würde…

Ich schrieb irgendetwas von „Ich will keine neuen Mail-Freunde, sondern ausschließlich das Erlöschen der roten LED, die für WARNUNG steht!“.

Manchmal bin ich ein nervöses Tierchen, wenn Gefahr droht. Homeoffice mit rotem Lämpchen? Der Kontakt zur Welt am seidenen Faden? Montagmorgen mit dem hoffnungsvollen Gefühl, dass es klappen könnte?

Hast du jetzt echt bis hierhin gelesen? ORDEN. Held*in. Respekt. Kurze Pause. Kaffee? Gebäck? Smalltalk? Ruf an:)

Ich denke, mein Ton in der Mail war nicht so fürsorglich nett. Wenn nervöse Tierchen in Panik geraten, verwandelt sich der Kuschelfaktor in Monsterzähne mit Tötungsfunktion. RATSCH!

Kurze Zeit später traf der neue Router ein, dessen Kennung „Outlet“ ist. Kleiner Scherz seitens AVM, die Jungs haben Humor und wissen, wie man Vertrauen in die Marke aufbaut. YEP!

Und?

Mensch, läuft. Herr Schönlau ist zurück im Leben und kann wieder bloggen, weil er nicht mehr ständig mit den Jungs von AVM mailen muss. Vermissen tu ich sie schon, den Christian und den Marwan, die mich anfangs für grenzdebil hielten. Ist O.K. das mit der roten LED hatten sie noch nie. Da kann man schon mal denken: SPACKO. Vergeben.

„Guten Tag Herr Jens Schönlau,

vielen Dank für Ihre nette Rückmeldung.

Es freut mich zu hören, dass der Fehler mit der neuen FRITZ!Box nicht auftaucht. Wir werden uns die defekte FRITZ!Box dann näher ansehen, da wir diesen Fall bisher nicht kennen.

Ich hoffe, die Austausch FRITZ!Box, kann nun das Vertrauen wieder aufbauen, da uns mit der 7530 keine Probleme bekannt sind und genau wie die FRITZ!Box 7560 ohne Probleme durch laufen wird/kann.

Dann wünsche ich Ihnen viel Spaß mit Ihrer FRITZ!Box 7530.
Falls Sie weitere Unterstützung benötigen, so zögern Sie bitte nicht sich wieder zu melden – wir helfen gerne. 

Freundliche Grüße aus Berlin“

Was meint er mir wird/kann? Nun.

Ob das mit dem nicht zögern ernst gemeint ist?

So ist das also, mit dem eben mal die Welt retten und den großen Themen der Transformation. Ist dein Router kaputt, bist du am Arsch und die Welt weiß nicht einmal, dass es dich gibt.

Danke für das tapfere Durchhalten beim Lesen. Wie bist du eigentlich drauf, dass du so langweilige Routerstorys liest? Hast du kein Leben? Kümmere dich mal um Wichtigeres… Is ja mein Routerproblem. Mann, ey.

Küsschen:)

Vater.

Mit Kindern ist gut, ohne Kinder ist auch gut.

Ich traf mal einen Mann in Frankfurt auf einem Ball mit edlen Getränken, der trug in seinem feinen Zwirn eine mich berührende Traurigkeit. Er hatte eine große Anziehungskraft auf mich, weil sein Geheimnis als Schatten um ihn schwebte, obwohl er schön und leicht war wie ein Mensch, dem niemals etwas geschehen ist.

Seine Frau hatte Knochen aus Glas und ein Kind wäre ihr Tod gewesen. Er erzählte mir die Geschichte, als um uns herum diese wichtigen Menschen saßen, die jemanden treffen wollten, der ihnen Geld bringen würde. Montserrat Caballé sang, Nina Ruge moderierte, es gab Getränke ohne Ende und mir war nur diese Geschichte wichtig.

Sie litten. Kein Kind. Irgendwann konnte sein Vater es nicht mehr mit ansehen und sagte ihm. Junge. Mit Kind ist gut, ohne auch.

Da fiel ihm ein Stein vom Herzen und er war frei. Ich auch, an dem Abend. Ich litt mit ihm, ich hätte ihn küssen können. Er gehört zu den Menschen in meinem Leben, die mich am tiefsten berührt haben. Ich habe ihn nie wieder gesehen.

Vatertag 2021.

Mir war und ist das Glück beschieden, zwei Kinder zu haben. Pella und Max. Ich war bei ihrer Geburt dabei. Ich hatte das Glück, mit einer wunderbaren Frau zusammen zu sein, die mir 50 % gab. Die es verlangte und zuließ. Wir haben Job und Kinder fifty-fifty geteilt. Deshalb der Name dieses Blogs.

Ich weiß nicht, was aus mir ohne all das geworden wäre. Keine Ahnung. Als sie da waren, wurde ich auf einen Schlag erwachsen. Da war kein Baum mehr, hinter dem ich mich vor dem Leben hätte verstecken können. Du bist Vater, du hast Verantwortung, du entscheidest. Du gibst vor. Du erziehst. Ohne von Irgendwas überhaupt irgendeine Ahnung zu haben. Willkommen im wahren Leben.

Heute sind sie 21 und 24 Jahre alt. Sie leben in Köln. Sie leben ihr Leben.

Sie sind das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist. Sie sind die tiefste Tiefe, die ich erlebt habe. Ich bin voll von ihnen.

Nun. Vater sein. Klingt so profan.