In letzter Zeit habe ich es nicht so mit Büchern. Keine Zeit, keine Ruhe, keine Muße. Andere Dinge stehen im Vordergrund.
Nun ist mir aber ein Buch auf eine Art und Weise begegnet, die mir so am besten gefällt. Es ist mir vor de Füße gefallen, es ist in meinem Leben aufgetaucht. Um es vorweg zu nehmen: Es ist ein gutes Buch. Eines, das eine Geschichte mit feinen Worten stringent erzählt. Ein unentdecktes Buch, das bereits 2005 geschrieben worden ist. Von Wolfgang Cziesla aus Essen.
Zusammen mit Viveka bin ich ihm begegnet. Wir haben ihm ein wenig geholfen, die Wohnung seiner Mutter auf Vordermann zu bringen. Viveka hatte sich in den letzten Jahren um sie gekümmert. Beim Kistenräumen, beim Transport von Bücherkisten in verschiedene Etagen und Abstellräume sind wir ins Gespräch gekommen. Wolfgang Cziesla hat mir Kaffeetrinken in Cabutima geschenkt und ich habe gesagt, dass ich wahrscheinlich darüber bloggen werde. Ob das O.K. sei? Ja. War es. Ist es. Also los.
Zunächst einmal: Wo liegt Cabutima? Ich habe gegoogelt und habe das Wort nur in Kombination mit dem Autor gefunden. Also gehe ich davon aus, dass es eine Fantasiestadt ist. In Süd-Amerika, wie ein Blick auf den Cziesla-Wikipedia-Eintrag verrät. Irgendwo in Chile. Wikipedia: “Ein Jahr später wurde dort auch der Roman „Kaffeetrinken in Cabutima“ veröffentlicht, der in einer anonymisierten Form Czieslas Chile-Erfahrungen unmittelbar nach der Pinochet-Diktatur verarbeitet. Cziesla reiste durch Afrika, Asien, Polynesien, Nord-, Mittel- und Südamerika. Zurzeit lebt er im Ruhrgebiet.”
Hauptfigur des Romas ist Alfonso Serna, der mit guten Absichten in diesen Staat nach der Diktatur reist. Er verkauft Espressomaschinen für eine italienische Firma, fährt einen zickigen Chevrolet Impala aus den Sechzigern, wird in die Wirren des Übergangs von der Militärdiktatur zur Mehr-oder-weniger-Demokratie verstrickt und verliebt sich in Noshima, eine junge Frau, die auf dem Weg ist, investigative Journalistin zu werden. Es ist viel los im Buch, es passiert viel auf den 330 Seiten.
Wolfgang Cziesla erzählt ruhig, nimmt einen auf eine sehr angenehme Weise mit. Cabutima entsteht als Welt, Alfonso als eigener, facettenreicher Charakter. Ich habe mir das Buch aufgehoben, habe es langsam gelesen, obwohl die Geschichte zum Durchrauschen einlädt. Irrungen, Wirrungen, Verstrickungen. Politischer Widerstand, die Suche nach Verschwundenen, die weiterhin präsenten und allmächtigen Militärs. Demonstrationen, rollende Panzer, Verhöre, ein Kreis intellektueller Widerständler. Zwischen all dem Liebe, Sex, Alkohol, Café und ein Chevrolet Impala, der mal fährt und mal nicht – das vor allem in Augenblicken, in denen es drauf ankommt.
Während die Menschen um ihn herum versuchen, diese neue Demokratie zu stützen, ist es Alfonsos Ziel, der neuen Gesellschaftsordnung guten Café mit auf den Weg zu geben, was ihm mehr oder weniger gut gelingt. Irgendwie ist er zur falschen Zeit am falschen Ort, wodurch er letztlich in die Hände eines Staatsanwaltes gerät, der ihn die Macht des alten Systems spüren lässt.
Kaffeetrinken in Cabutima von Wolfgang Cziesla ist ein spannendes, lesenswertes Buch, das im Firwitz Verlag erschienen ist. Möchtet ihr es lesen, könnt ihr es über den Buchhandel eures Vertrauens oder direkt über den Verlag bestellen.
P.S. – Übrigens hat Wolfgang Cziesla noch mehr geschrieben und arbeitet wohl auch an einem neuen Roman.