Surreale Momente mit La Gare de Perpignan von Salvador Dalí

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Sinnlicher Overload. Knarrzknurrzzz im Zentralhirn. Alles echt? Alles surrealistisch?

Ihr wisst, am Ende ist dieser Blogger hier exakt genommen ein einfacher Junge vom Lande. Gerade dann, wenn die große weite Welt ruft. Nun sitze ich hier auf meinem Bett, traktiere dieses süße kleine Notebook mit hämmernden Fingern, höre schöne Musik von Viveka, denke an sie in einem von Bildern unterlegtem Dauermodus und sortiere meine sinnesbeflügelten Gedanken.

Ausgangspunkt ist ein Flug. Air Berlin gestern. München stand auf dem Programm. Ein Termin. Ich war einer von den Millionen, die morgens in ein Flugzeug steigen, um zu einem Meeting, einem Job, einem Termin zu fliegen. Business. Absichten, Ziele, Organisation, Wünsche, Hoffnungen, Arbeit. Zyklus des Geldes, der Wirtschaft, des Überlebens. Der Puls. Die Luftlinien und Flugrouten als Versorgungsadern von Gesellschaften, Nationen, Zusammenschlüssen. Flügel über allem, Auftrieb, Dynamik, Geschwindigkeiten, Prozesse des Werdens und Vergehens. Genug.

Konkret. Air Berlin ab Köln. Rein in den Luftvogel und mal wieder supergeil beschleunigt. Der Start ist es. Schneller als ein Porsche Turbo. Düsenantrieb für alle. PS? Au Mann. Das kracht, zittert, reißt. Und dann hoch. Fliegen. S-Bahn. Bus. Konferenzraum. Präsentation. Zeit. Ein geplatztes weiteres Treffen.

Dann. Dieses Déjà-vu. Eine U-Bahn-Station. Die Farben. Die Perspektive. Die Lichtrichtung. In Köln hängt Dalís La Gare de Perpignan von Salvador Dalí. Ich mag dieses Bild sehr und schaue es mir an, wenn ich im Museum Ludwig bin. Ich habe es oft fotografiert, darf es hier aber nicht zeigen. Schade. Verboten. Urheberrecht. Deutschland ist dieses immer-mehr-wird-verboten-und-kontrolliert-Land. Klare Richtlinien. Aufmerksames Annehmen der verabschiedeten Regelungen. Vorbildlich. Am Wochenende habe ich auf einem Flohmarkt ein Häuschen fotografiert. Sofort: “Dürfen Sie das?” Darf ich atmen? Darf ich etwas sagen? Darf ich auf die Toilette? Darf ich? Das Foto oben, das darf ich, weil ich kein Stativ verwendet habe und es nicht kommerziell nutze. Ich habe nachgesehen bei den Verkehrsbetrieben. Mit Stativ hätte ich nicht. Meine Güte. Als würde ich Seelen verbrennen. Genug.

Perpignan. Hier der Link zum Bild, damit ihr euch ein Bild machen könnt. Mir gefällt das Licht, mir gefällt der Aufbau, mir gefällt die Dynamik. Und die Farben, der fliegende Künstler ist für mich das Highlight. Die Symbolik, der Zug. Es saugt das Bild, es zieht. Steht man davor, es ist riesig, beginnt es zu leben. Es kommt etwas, es geht etwas. Ich bin kein Kunsthistoriker, ich kann es nur sagen, wie ich es empfinde. Es hat etwas mit Jesus zu tun und dem Tod und dem Übergang. Bahnhof.

Ein U-Bahnhof in München. Das Licht, die Farben, die Linien. Und bald schon kommt ein Waggon. La Gare de… Im Zentrum das Leben, die Menschen, viele verschleierte Frauen. München ist voller verschleierter Frauen. Seit dem all die Dinge unter dem Kürzel IS geschehen, bröckelt meine liberale Einstellung. Da rücken Dinge, gefärbt von den schwarzen Flaggen, in die Grauzone. Kreuzzug 14. Der Halbmond als Sichel. Schattenseiten der Toleranz. In der Folge werden die Waffen ausgegeben. Taucht in einem Roman am Anfang eine Pistole auf…

Surreal, diese Welt. Die Verbindungen globalisiert schleichend. Subversive Bewegung. Und dann, das Auge Gottes am Himmel (wie war das mit den Übertreibungen? :)

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Wir sind in die Innenstadt gefahren, als der Anruf kam, dass der Folgetermin ausfällt. Es hätte sich schon lohnen sollen. Ein Flug, zwei Treffen. Nun, es läuft nicht immer so. Warten auf den Abflug. Zwischenzeiten.

Zum Marienplatz, Viktualienmarkt. Fußgängerzonen sternförmig in alle Richtungen. Mehr Menschen als in unserer ganzen Gemeinde leben. Fluchttendenzen. In einem Schaufenster der Sound der Stadt. Muezzin Megaphone. Kafka. Lange Wege, Flure, Enge, Beklemmungen. Man könnte verrückt werden und glauben, es gäbe Soundbotschaften. Als müsse man nur hinhören, um den Sinn des Lebens zu erfassen. Als müsste man nur in diesem einen richtigen Augenblick dort stehen, um die Nachricht zu hören. Den Kopf neigen, das Ohr an die Scheibe, die Sinne konzentrieren, den Gehörgang freiräumen, entrümpeln, lauschen.

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Und das war lange nicht alles. Es folgte der Ort der Beichte, um heute in dieser aufgeputschten Sakralsprache zu bleiben. Ein Bündel glänzender Mikrophone. Gereicht von der Hand einer Göttin aus dem OFF. Sprich jetzt! Sag, was du immer schon sagen wolltest. Befrei dich, lass es raus, erleichtere dich.

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O.K. Landung. Zurück in der Realität. Ciao, Dalí. Am Ostbahnhof der Asiate von rechts nach links. Ein Bettler mit Tüten. Klein gebückt, silbernes Haar. Joggingschuhe an den Füßen. Asics Tiger. In XXL. Größe 47? Viel zu groß, fest an die Füße geschnürrt, irgendwo gefunden, geht schon. Passt ist eh nur eine Gewohnheit. Er hat mir gefallen, der kleine gebückte Mann mit aufrechtem Ziel.

Wir sind abgeflogen. Ich habe in der Men’s Health über das göttliche Hormon Testosteron gelesen, das Sixpack von Christano Ronaldo bewundert, ein Bier getrunken, Chips gefuttert und versucht, die Eindrücke Revue passieren zu lassen. Kommt man vom Land, sind die Sinne offen wie Scheunentore. Man nimmt die Rush hour als Grundrauschen einer irritierenden Zeit.

Dalí malte La Gare de Perpignan 1965. Da bin ich geboren worden an einem sonnigen Ostersonntag. Auferstehung. Das war eine andere, eine ferne Zeit.

Der wunderbare Kauf eines Gebrauchtwagens bei der Familie Santirci in Essen

Stunde der Wahrheit.

Die Karre is am Ende. Mein Plan war, es bis zum Ende zu schaffen. Januar 2014. Termin bei einem deutschen TÜV. Ciao, baby. Never. Klar, alt, rostig, leckt wie Sau. Ich meine. Ja. Was soll ich sagen? So isses. Irgendwann kommt die Inkontinenz. Auch Autos tröpfeln. Was will man machen.

Wenn man auf dem Land wohnt, braucht man diese Karren. Da führt kein Weg dran vorbei. Ganz einfach, weil keine U-Bahnen fahren, jeder Rad-Trip zum Aufstieg Alpe d’Huez wird (wo bekanntlich ohne ein gutes, feines Blutdoping nix läuft, ne Jan, Lance, Dr. Fuentes – und wer will das schon, ich komme noch nicht einmal zum Blutspenden, was viel sinnvoller wäre) und die Mindestetappe zum nächsten Ziel liegt so im zehn Kilometer-Bereich. Mal eben… Geht einfach nicht.

Deshalb haben wir zwei Autos. Einer ist jobmäßig unterwegs oder fährt wie ich zur Arbeit, der andere ist Chauffeur und Fahrer mit besonderen Aufgaben. Vom Schulbus abholen, Einkaufen fahren, Klavier, Hipp-Hopp, kein Bus fährt mehr, Freunde besuchen. All so’n Kram. Da kommt ganz schön was zusammen.

Bei meinem Pferd, das mittlerweile ein alter Gaul ist, steht die Uhr bei 310.000 Kilometern. Nun brauche ich aber ein Fahrzeug, auf das ich mich verlassen kann und das nicht dauernd in der Werkstatt steht (was mein Schätzchen tatsächlich nicht gemacht hat, außer ab und an).

Lange Rede, kurzer Sinn. Samstag habe ich einen neuen Gebrauchten gekauft. Einen kleineren mit noch weniger Spritverbrauch. 4,2 Liter Diesel, heißt es. Wäre O.K. Mir ist tatsächlich geringerer Spritverbrauch wichtiger als todschick. Is mir egal. Die Kiste soll fahren (O.K., klar. Hätte ich die Kohle, könnte es auch… Mann. Hubraum lässt sich nur durch Hubraum ersetzen).

Also habe ich das Orakel befragt. Liebes Internet, was hast du für mich. Die Firma mobile machte mir einige Vorschläge, aber ich haderte und zögerte. Bis kürzlich. Da fing mein guter Wagen an zu dampfen. Wie so eine Heißmangel. Vorne raus wie Atem an kalten Tagen. Die Folge: Ich muss jetzt regelmäßig Wasser nachfüllen. Oder die Wasserpumpe samt Dichtung austauschen. Da läuft so ein kleines Rinnsal, wie ich heute entdeckt habe…

Hab ja sonst nichts zu tun. Komisches Gefühl, wenn man sich da in so eine Autoschlange einreiht und die Karre unterm Popo dampft wie ein Feuerdrache. Ist noch genügend Wasser drin oder sagen gleich die roten Lampen, dass ein Boxenstopp angesagt ist? Ein Fall für die gelben Engel? Holt mich hier raus! Macht weder wirklich Spaß noch Sinn. Und es lohnt sich nicht wirklich, noch Zeit und Muße und Geld in eine Reparatur zu stecken (da wäre einiges fällig. Zum Beispiel der linke Kotflügel, der zaubern kann. Der hat Metallic-Blau in Rostbraun verwandelt. Echt.)

Ich bin aktiv geworden. Und? Ihr glaubt es nicht, aber das Schicksal führte mich nach Essen zu einem türkischen Gebrauchtwagenhändler. Attenzione! Das Kopfkino schlägt jetzt Alarm und verwandelt das Wort Gebrauchtwagenhändler in Angst, Sorge und Misstrauen. Klar, ist mir auch so gegangen. Der Preis war in Ordnung, die Farbe hätte eine andere sein können, die Fakten stimmten. Also habe ich den Hörer genommen, habe angerufen und hatte Herrn Santirci am Apparat.

Ich habe ihm dann auf den Zahn gefühlt, weil ich wissen wollte, ob ich es mit einer ehrlichen Haut zu tun habe. Es ging hin. Es ging her. Ich stellte penetrante Fragen und diskutierte mit ihm das Serviceheft und Kilometerstände durch. Ich gebe zu, ich war ein wenig fordernd und habe auch Wert darauf gelegt, persönlich überzeugt zu werden. Herr Santirci war irgendwann ein wenig ungehalten, weil er das Gefühl nicht los wurde, ich würde ihm nicht vertrauen. Ganz genau so war das auch. Zunächst.

Die Wellen schlugen hoch, er sprach von dreißig Jahren und Ehrlichkeit und offenen Worten. Ich suchte ihn zu beruhigen. Er müsse mich verstehen, ich wolle nur wissen, ob er tatsächlich eine ehrliche Haut sei und ob ich ihm vertrauen könne. Denn: Gebrauchtwagenkauf ist fernab aller Fakten einfach Vertrauenssache. Ich möchte ein gutes Gefühl haben.

Er legte auf, weil er noch weitere Papiere aus dem Fahrzeug holen musste, er rief zurück. Ein großes Palaver. Wir kamen uns näher, der Ton wurde sanfter, das Vertrauen stieg. In mir. In ihm. Wir einigten uns, dass ich vorbeikommen würde. Am nächsten Tag. Essen. Was für ein wundersamer Zufall, wie habe ich mich gefreut. Geht doch, liebes Schicksal. Einfach mal mitgedacht und 1 und 1 zusammengezählt.

Also konnte ich statt des jährlichen Holzsägens für den Winter (das wäre am Samstag dran gewesen), nach Essen fahren. Zur Liebsten (die momentan im Blog namentlich nicht erwähnt werden möchte, was ich selbstverständlich respektiere. Klar, Logo.) Wir verbrachten also einen schönen Abend und fuhren am Samstag in der Früh zum Verkaufsplatz der Familie Santirci.

Dort geschah dann Wundersames. Wir betraten die heiligen Hallen. Das Büro. Funktionsmöbel, Rechner, ein Schreibtisch, hinter dem mein Gesprächspartner saß. 53 Jahre alt, seit 50 Jahren in Deutschland. Ich stellte mich vor. Sein Sohn fragte, ob wir gerne einen Kaffee trinken würden. Und wie. Wir waren zu früh gefahren, weshalb es keinen Adams Kaffee gab (erst am nächsten Tag). Ich hatte vor, mir unterwegs einen McDoof-Cappuccino (gar nicht so schlecht) zu gönnen, aber das gelbe M verweigerte mir ein in die Quere kommen. Nix. Also freute ich mich über das Angebot.

Herr Santirci zog die Augenbrauen hoch: “Ich wundere mich. Sie sind Herr Schönlau? Ich habe mich geirrt. Ich hätte Sie mir ganz anders vorgestellt. Eher so mit Anzug. Sie müssen wissen, ich versuche seit 20 Jahren, aus Menschen schlau zu werden. Sie zu lesen. Bei Ihnen, habe ich mich geirrt.” Ups.

Der Kaffee kam. Köstlich. Türkischer Mokka. Schwarz, tiefer Geschmack. Wir sahen uns in die Augen, lächelten, hatten Spaß an unserem kleinen psychologischen Spielchen. So isses. So saßen wir da, tranken Kaffee, sprachen über Wien, das osmanische Reich und allerlei anderes. Wir haben uns gut verstanden und ich habe mich wohl gefühlt in diesem schmucklosen Verkaufsraum eines Gebrauchtwagenhändlers, der so viel Wärme ausstrahlte. Ein guter Mensch, würde ich sagen.

Er gab uns die Schlüssel für den Wagen, wir fuhren eine Runde durch Essen. Wir kamen zurück, setzten uns wieder, erzählten. Verhandelten. Unterschrieben. Ich zahlte an. Ein gutes Auto in einem guten Zustand. Sehr gepflegt. Und: 4,2 Liter Verbrauch. Mit einem Auto kauft man sich Kosten. Die halte ich gerne niedrig, weil alles andere nicht wirklich Sinn macht. Die Freude am Fahren ist ein Mythos, den jede Autobahn killt. Egal. Ich bin sowieso weniger auf Straßen unterwegs als in Gedanken.

Wir verabschiedeten uns herzlich. Voller Respekt und Achtung füreinander. Wir gaben uns die Hand und das war der eigentliche Vertrag. Nun geht das Procedere seinen Weg. Heute hat er mich angerufen, dass der Wagen frisch getüvt ist. Morgen kommen die Papiere, dann klicke ich mich durch die Versicherungen, buche einen Termin beim Straßenverkehrsamt, lasse die Schilder drucken und kehre zurück. Hoffe auf einen guten Mokka und bin gespannt, was es noch zu erzählen gibt. Das könnte eine Menge sein, da bin ich mir sicher. Essen ruft. Verrückte Welt.

Auf sweet little GAGGIA Baby Millenium folgt Maverick von ISOMAC

Isomac Maverick. 2013
Isomac Maverick. 2013

Sie geht, er kommt.

Es ist eine Zeit des Wandels, des Neuanfangs, des Abschieds, der Begrüßung. Wie die Zeit vergeht, tiefe Spuren im Sand. Unsere sweet little GAGGIA Baby Millenium ist den Weg des Gerechten gegangen. Zwölf Jahre lang hat sie uns mit Kaffee verwöhnt. Mit italienischem. Schwarz, ölig. Tief in Farbe und Geschmack. Alltagszeremonien, kleine Fluchten, zwischendurch das Glück des feinen Geschmacks am Gaumen. Nicht einfach nur Filter rein, Pulver drupp und los und fertig ist die schwarze Suppe. Bitter ist sie dann, schwer verträglich. Das Gute, das Eigentliche, das Wahre, die Kaffeeöle, sie bleiben im Filter. Finden den Weg nicht in die Kanne, die Tasse, zu den Geschmacksknospen (was für ein merkwürdiges Wort, als wäre unser Mund ein Busch, eine vor dem Blühen stehende Zimmerpflanze).

Our Baby dagegen hat Wert darauf gelegt, einen guten Job hinzulegen. Und das hat sie, wahrlich, getan. Ab und an musste ich sie reparieren. Dann habe ich mit dem GAGGIA Ersatzteildealer meines Vertrauens im Osten der Republik telefoniert, habe Rat eingeholt, habe geschraubt, geprüft, gemessen, ersetzt, gereinigt. Ja, ich kannte die Baby Millenium. Den Klang, wenn sich im Boiler der Druck aufbaute, wenn die Dampfmaschine loszischte, um sich mit Kraft und Leidenschaft dem frisch gemahlenen Espresso anzunehmen. Eine Wissenschaft für sich, das Mahlen. Die richtige Körnung, wenn sich das Wetter ändert. Wenn die Luftfeuchtigkeit abnimmt oder zunimmt. Erbsengroße Flocken müssen entstehen, dann ist das Pulver richtig. Dann entsteht die Crema, der Schaum obenauf, der sagt: Ja, hier sind sie , die Öle. Alles ist perfekt. Perfetto infernale bomba atomica.

Nun hat sie den Geist aufgegeben. Oder, sagen wir es so. Die Kosten für die Ersatzteile rechtfertigen den weiteren Betrieb nicht. Nicht wirklich. Die Entscheidung ist eine gefühllose, rationale, auf Fakten beruhende Entscheidung gewesen. Die eines herzlosen BWLers – wohnt auch in mir. Baby, wir müssen uns trennen. Hart.

Ja. Ich habe es mir schön geredet und mir eine Geschichte dazu ausgedacht, um mit meinem schlechten Gewissen und meiner Kaltblütigkeit klar zu kommen. Ich habe einfach gesagt: Das ist ein Transfer. Die GAGGIA Baby Millenium war der italienische Superstar in unseren Reihen. Von Milano hierhergekommen, immer fantastico gespielt und zuletzt dann doch öfter verletzt. Das Alter. Wir spielen aber ganz oben, Champions-League. Feine Crema, schnelles Kombinationsaufbrühen – wider der guten deutschen Tasse Bohnenkaffee. Das ist eine Lebenseinstellung, eine Philosophie, eine Haltung.

Da hat man eine Verantwortung und da muss man als Manager manchmal harte menschliche Entscheidungen treffen. Ein letzter Check. Aufgeschraubt, nachgesehen. Sah nicht gut aus. Der Aluboiler angefressen, die Dichtungen marode und zwei Thermoschalter zu ersetzen, vielleicht sogar die Heizung. Puh. Und: Es gibt keinen Messingboiler. Ela verzichtet auf Alu-Deos, weil das Zeugs gesundheitlich nicht so optimal ist und dann pfeifen wir uns Espresso aus einem sich auflösenden Aluboiler rein.

Also mussten wir, musste ich handeln. Vamos con dios. Bye, bye, GAGGIA Baby Millenium. Schönes Leben noch. Wünsche dir alles Gute. Ich erspare euch die weitere harte Wahrheit, schildere euch nicht den Weg, den sie jetzt gehen wird. Aber Schluss nun mit Trübsal. Die Königin ist tot, es lebe der König. Wir haben einen neuen Mittelfeldregisseur. Die 10 in den Reihen der Espressomaschinen. Er heißt Maverick von Isomac und stammt ebenfalls aus Italien. Immerhin schlagen uns die Italiener im Fußball immer dann, wenn es drauf ankommt. 2006. Das Sommermärchenende. Merda!

Also können die was. Und er, der Isomac Maverick sowieso. Sieht italienisch gut aus, glänzt auch ohne Pomade und steht voll im Saft. Bringt echte 15 Bar auf die Pumpe, was die Kaffeeöle nur so sprudeln lässt. Und hat Boiler und Brühgruppe aus Messing. Starke innere Werte sozusagen. Ein feiner, solider Charakter. Und ja, tatsächlich, es ist ein Unterschied. Die Baby Millenium hatte einfach Druck verloren. Und ein Aluboiler ist eben auch nicht so gut, weil er ein schlechteres Wärmemanagement hat. Das Wasser muss sehr heiß sein, die gesamte Brühgruppe auch, damit am zentralen Ort des Geschehens, dort, wo Wasser auf Pulver trifft, optimale Bedingungen herrschen. Ein Hexenkessel muss es sein. Voller Druck, voller Hitze. Und das alles in der richtigen Geschwindigkeit. Langsam durchlaufen lassen, aber nicht zu langsam. Also alles nicht so einfach. Aber da die Menschen jenseits der Alpen nun einmal wissen, was ein guter Espresso ist, haben sie eben die Maschinen so entwickelt, dass die einen richtig guten Espresso hervorzaubern können. Und das kann er, der Neuzugang, der Maverick aus dem Hause Isomac. Ein Talent mit Potenzial für die obere Liga.

Gut, die Bleche sind etwas labberig. Qualität und so, Verarbeitung. Mañana. Da biegt sich halt mal ein Blech an Stellen durch, wo ein kleiner Schweißpunkt das verhindert hätte. Dolce Vita. Das stört keinen großen Geist. Mamamia! So sind se und so mag ich sie und so leben wir mit diesem kleinen Abzug in der B-Note. Mein Dealer, ein sehr netter Herr aus dem Osten (da wohnen scheinbar die deutschen Espressospezialisten, weshalb eigentlich?), hat mich beruhigt und mir zugesichert, dass das keinerlei Einschränkung der technischen Eigenschaften nach sich ziehen würde. Ich könnte gerne versuchen, das Blech eigenständig wieder gerade zu biegen und wenn das nicht funktionieren sollte, könnte ich sie gerne zurückschicken. Och nö. Jetzt, wo der Maverick da steht. Soll er bleiben. Außerdem war er etwas günstiger, weil er ein Ausstellungsstück war. Also quasi am Ende des Transferpokers übrig geblieben – da hat der Herr Schönlau hart zugeschlagen. Paff.

Allerdings: Ich muss zugeben, der Wechsel fällt mir nicht leicht. Noch sehe ich sie da stehen. Unsere gute, alte, liebgewonnene GAGGIA Baby Millenium. Was haben wir uns damals über sie gefreut. Ach, ja. So isses. Maverick ist halt etwas kerliger. Und Männer untereinander müssen sich erst aneinander gewöhnen. Am Theater nannten wir das zu Beginn einer Produktion Rüdenbeschnüffelung. Manchmal haben wir Jungs sie nicht alle. Aber das macht uns ja aus – sonst wär ja langweilig:)

Jetzt werde ich mir mal schön ein feines Käffchen ziehen… Ciao.