Jetzt muss ich mich doch mal wieder einmischen. In die große, weite Welt der Politik. Also nehme ich mein Megaphon in die Hand und rufe euch allen dort draußen an den Bildschirmen zu: Ruhe bewahren! Bewahrt die Ruhe! Sonst, ja sonst, werdet ihr einfach verrückt. Denn egal, was man liest, es ist letztlich Schwachsinn. Da draußen sind zur Zeit cirka 150.000 Milliarden Meinungen unterwegs, wie diese ganzen Krisen zu lösen sind. Jede und jeder schreibt darüber, hat eine hundertprozentig fundierte Meinung. Boah, geht mal in die Spiegel Online-Foren. Die Welt der Sachverständigen und Experten. „Das zentrale Problem ist doch…“ Und alle widersprechen sich. Es ist eine einzige Kakophonie. Journalliengeblubber, Windspielgesang, Kaffeesatzleserei. Idiotie.
Manche freut der ganze Medien- und Finanzterror natürlich: Die Zeitungen haben permanent etwas zu schreiben. Halten das Spiel zwischen Hoffen und Bangen am Leben, malen die Katastrophe an den Himmel und schreiben dann wieder, alles ist auf einem guten Weg. Zuckerrohr und Peitsche. Die Börsen bewegen sich im Rhythmus von Ebbe und Flut. Gehen rauf und runter. Und bei jeder Transaktion ist jemand, der verdient. Eine kleine Gebühr hierfür, eine kleine Gebühr dafür. Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln. Morgens habe ich immer einen newsletter vom Handelsblatt im Postfach. Da werden die großen Zeitungen und Finanzportale zitiert. Würde man denen glauben, wären der Euro und die Eurozone längst mausetot. Das Merkwürdige ist aber, wie in jeder Krise, dass irgendwann sich die Dinge scheinbar wie von selbst gelöst haben werden. Vielleicht aus einem so profanen Grund wie dem, dass alle den Spaß an der Aufregung verloren haben. Dass ein neues Spielzeug her muss. Ist doch wunderbar, wenn man so ein Krisenthema hat, dann können alle behaupten, sie wüssten, wie die Welt läuft. Können Thesen schmieden, veröffentlichen, raushauen, rausposaunen und zwei Wochen später heißt es: Was interessiert mich mein dummes Geschwätz von gestern.
In Köln gibt es diese wunderbaren Kopf-in-den-Sand-Gebote, die dann doch viel Wahrheit in sich tragen. Die stehen sogar am Kölner Flughafen an den Glaswänden der Eingangshalle (wenn man vom Flieger wieder reinkommt):
1. Et es, wie et es
2. Et kütt, wie et kütt
3. Et hätt noch immer jot jejange
4. Wat fott es, es fott
5. Et bliev nix, wie et wor
6. Kenne mer nit, bruche mer nit, fott domit
7. Wat wellste maache?
8. Maach et jot, ävver nit ze of
9. Wat soll dä Quatsch
10. Drinkste eine met
Scheinen auch derzeit viele nach zu handeln. Die Konsumlaune in Amiland und Deutschland ist hervorragend. Die verbreitete These dazu – es bleibt ja überhaupt gar nix unkommentiert – lautet: Die Menschen wollen ihr Geld nicht anlegen, weil sie Anlagen nicht trauen. Also weg damit. Scheinbar wird der ganze Beklopptenzirkus nicht so ernst genommen. Schon wieder Krise? Schon wieder Angstsparen? Ach was. Raus damit. In die Läden. Offensive. Zum Angriff. Törö. Und damit wird wieder Geld verdient und es werden Steuern bezahlt und Mama Staat ist wieder flüssig. Oder so. Oder auch nicht. Oder ganz anders. Oder es kommt der IWF oder die Schulden kommen in die Tonne oder wie auch immer. Ist doch egal. Scheiß drauf, auf diesen ganzen Finanzfirlefanz. Es ist Adventszeit. Zurücklehnen, Füße hoch, Kekse backen, Orangen futtern, Glühwein schlürfen, freudvoll Geschenke kaufen und basteln und die Krisen der Welt Krisen der Welt sein lassen. Die kommen ganz gut ohne uns zurecht. Ich für meinen Teil setze mich jetzt oben auf die Bank, schaue aufs Meer, futtere ein paar süße Früchte und denke mir: Wat soll dä Quatsch.