
Und zwar dringend.
Und anders.
Jeder Mensch hat in seinem Leben sein persönliches Waterloo. Wir versuchen so zu tun, als würden wir unbeleckt durchlaufen. Als hätte niemals je uns etwas antun können.
Nun.
Du hast deine Leichen im Keller, ich auch.
Damals war das anders. Damals haben alle geschwiegen, weil du nicht reden konntest. Weil du die Geschichten nicht hören wolltest.
Die Opas und Onkels.
Immer dieser Krieg. Onkel Heini hat gesoffen und Zigarren gekaut.
Wir waren Kinder in den Siebzigern in Deutschland zwischen Kalifornien und der Realität unserer Familien.
Eigentlich alles gut, aber eben doch nicht. Nicht so richtig. Beatles, Doors, Stevens auf dem Plattenteller und Mama und Papa in der Küche und im Wohnzimmer.
Sie haben uns gelassen, wir waren frei.
Aber sie nicht, und wir dann auch nicht.
17. Juni 1976.
Fußball-Europameisterschaft. Jugoslawien-Deutschland in Belgrad, Halbfinale. Deutschland gewinnt nach Verlängerung in Belgrad 2 : 4. Deutschland gewinnt, wir verlieren. Meinen Vater. Schlaganfall am Abend, in der Nacht. Einen ganzen Tag liegt er auf der Couch, bis der Notarzt kommt. Es dauert zwei Jahre, insgesamt, bis er zurückkommt. Linksseitig gelähmt.
Nun.
So war das nach dem Krieg. Da fehlte ein Arm, ein Bein, eine Seele, eine Körperhälfte.
Fortan habe ich meinen Vater nachmittags angezogen, nach dem Mittagsschlaf. Die Unterhose, das Unterhemd. Alles, die Schuhe. Hab ihm aufgeholfen aus dem Bett.
Das war einfach so.
So wie Covid jetzt.
Damals wurde nicht darüber geredet, das war so. Jetzt redet niemand, das ist so, obwohl wir uns alle verändert haben.
Es muss weiterlaufen, so wie es in Deutschland immer weitergelaufen ist. WW1, WW2. Die Zerschossenen. Die Verletzten. Die tief Verwundeten.
Who cares? Macht, zieht durch.
Das hat sich durchgezogen.
Und nun in Covid wieder. Augen zu und durch.
Covid hat uns verändert. Covid hat Spuren hinterlassen.
Wir hinterfragen nicht, wir kümmern uns nicht. Wir ziehen durch wie nach WW2. Gesund ist das nicht. Gut ist das nicht, das werden wir lange mit rumschleppen, weil wir Covid unter den Teppich kehren. Es geht nicht um Impfungen, sodern um das, was Covid mit uns gemacht hat. Die Teilung, die gegenseitigen Vorwürfe, die Angst, die Isolation, das ungute Gefühl.
Die meisten sagen NICHTS.
Okay.
So läuft das 2021.
Karma ist, dass wir in jedem Augenblick unsere Zukunft kreieren. Wir schreiben Zukunft und Geschichte.
Schreiben wir gerade die Geschichte, die wir wollen?