Fucking Pandemie, Kack-Covid und bald ist Weihnachten

Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.

Da war doch was. In der Schule hatte ich Religion, als getaufter und konfirmierter Christ war ich oft in der Kirche. Früher.

War nicht der Herr für unsere Sünden gestorben? So hieß es.

Und nun?

Pandemie trifft auf Social Media. Die Gesellschaft sei gespalten, heißt es. In den USA, nun auch in Deutschland. Die Fraktionen beschimpfen, beleidigen einander.

Alles geht gar nicht.

Nun.

Interessengemeinschaften. Lobbyarbeit. Alle im eigenen Interesse gegen die anderen. Parteiwelten, jung, alt, Eltern mit Kindern, Unternehmen, Künstler*innen, RKI, Drosten, Attila und, und, und.

Ich höre Zahlen, Argumente, Zitate, Geschrei. Und boshafte Stimmen.

Bald ist Weihnachten, und alles ist so angespannt. Die Nerven liegen nach dieser langen Zeit blank. Keine Lust mehr.

Ich habe auch keine Lust mehr auf fucking Covid. Schon gar nicht auf dieses neue Aufbäumen, die x-te Welle.

Tatsächlich hatte ich mal wieder vollkommen naiv gedacht, wir wären durch.

Hach.

So geirrt. Der Irrsinn ist back. Das Virus hat uns wieder voll im Griff, die letzten Tage kaum ein anderes Thema. Alle sind irgendwie betroffen und wollen nicht mehr oder können auch nicht mehr.

Hat sich ja niemand ausgesucht. Gewählt, dabei zu sein. War ja plötzlich da im Februar, März 2020. Im ersten Gefühl so etwas wie Vogelgrippe oder so. Da und doch weit weg. Wer hätte denn geahnt, dass es Pandemien in unserer Welt gibt…

Bald werden es also zwei Jahre sein, die wir hadern und miteinander und gegeneinander ringen.

Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf.

Wisst ihr noch? Hefe, Mehl, Klopapier.

Bislang bin ich ganz gut durchgekommen. Ein paar Mal kurz vor Quarantäne gestanden, Puls, und dann doch nicht. Meine Liebsten sind bislang unberührt, niemanden habe ich an Corona verloren.

Die beiden Sommer sind Viveka und ich immer wieder vor der Realität geflohen. Sind rausgefahren, weggefahren, haben in Kroatien und Italien abgehangen. Waren im Grünen, auf Wiesen, an Flüssen, Seen… Haben uns eingerichtet. Weggelaufen, schneller als das Virus, vermeintlich. War schön. Leicht. Unberührt.

Jetzt ist Herbst, bald Winter. Ich sitze hier und überlege, wie ich mich durchschlängel. Durch meine Gefühle, die Politik, die Social Media, die aggressive Stimmung, sobald es auf das Thema kommt, was es ständig tut. Immer wieder erlebe ich diese Eskalationen mit Schuldzuweisungen, Schuldigen und irgendwie vermeintlich fundierten Argumenten. Irgendwas mit Zahlen, Statistiken, Ländervergleichen.

Das kann ich nicht auf Dauer, das will ich nicht. Ich werde mich verpissen, ins Auto setzen. Mit Viveka hierhin fahren, dorthin. Unscheinbar. Über Grenzen hinweg. Unter dem Radar. Streitet ohne mich weiter.

Will ich nicht mehr hören, is mir egal.

Letztlich kann man all das weder weg rechnen noch weg argumentieren, egal, welche Brille man auf hat.

Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.

Das wäre schön.

Schön ist es, wenn es schön ist.

Hast du es schön? Dann mach es dir schön.

Reite nicht gegen Windmühlen, beschimpfe nicht deine Nächsten.

Wir haben noch einige Hürden vor uns, wir brauchen einander. Da kommen wir nicht allein und nicht als Feinde durch.

Covid ist eine Prüfung. In manchen Punkten haben wir ihr standgehalten, in anderen versagt. Es ist wie in den biblischen Gleichnissen. Die zehn Plagen. Heuschrecken, Finsternis…

„Da sprach der Herr zu Mose: Geh hin zum Pharao und sage zu ihm: So spricht der Herr, der Gott der Hebräer: Lass mein Volk ziehen, dass sie mir dienen! Wenn du dich weigerst und sie weiter aufhältst, siehe, so wird die Hand des Herrn kommen über dein Vieh auf dem Felde, über die Pferde, Esel, Kamele, Rinder und Schafe, mit sehr schwerer Pest.“

Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf.

upus est homo homini, non homo, quom qualis sit non novit.

Ein Wolf ist der Mensch dem Menschen, kein Mensch, solange er nicht weiß, welcher Art der andere ist.

Wollen wir einander nicht lieber Mensch sein? Miteinander in der Sprache der Menschen sprechen?

Zu Bewusstsein kommen, sehen, was wir tun.

Sprechen ist Handeln.

Jedes Wort ist eine Tat. So, oder so.

Worte sind schnell gesprochen und geschrieben. Viveka sagt immer, was man gesagt hat, kann man nicht zurücknehmen.

Ja, auch ich.

Den Mund mit Seife auswaschen. Wir sind keine Heiligen. Nie gewesen. Es gab Zeiten, da war es einfacher, das zu kaschieren.

Was macht Covid mit uns? Was macht Covid aus uns? Was?

Ich überlege, wie ich durch die dunklen Wintermonate komme. Lächeln. Die Seele streicheln, wiegen, ihr Gutes tun. Schöne Worte, Bilder, Momente.

Liebe. Liebe.

Bald ist Weihnachten.

Da ward der Heiland geboren und ein Stern ging auf über Bethlehem. Vielleicht sollten wir uns erinnern, wo wir her kommen.

Verurteilen, beschimpfen, Schuld zuweisen ist einfach.

Miteinander nicht.

Wir werden uns zusammennehmen müssen in den nächsten Wochen und Monaten und füreinander da sein.

Zeit der Geschenke. Kein Schwein braucht einen Toaster.

Ein wahrhaft gutes Wort.

Nun.

Wir MÜSSEN über COVID sprechen

Und zwar dringend.

Und anders.

Jeder Mensch hat in seinem Leben sein persönliches Waterloo. Wir versuchen so zu tun, als würden wir unbeleckt durchlaufen. Als hätte niemals je uns etwas antun können.

Nun.

Du hast deine Leichen im Keller, ich auch.

Damals war das anders. Damals haben alle geschwiegen, weil du nicht reden konntest. Weil du die Geschichten nicht hören wolltest.

Die Opas und Onkels.

Immer dieser Krieg. Onkel Heini hat gesoffen und Zigarren gekaut.

Wir waren Kinder in den Siebzigern in Deutschland zwischen Kalifornien und der Realität unserer Familien.

Eigentlich alles gut, aber eben doch nicht. Nicht so richtig. Beatles, Doors, Stevens auf dem Plattenteller und Mama und Papa in der Küche und im Wohnzimmer.

Sie haben uns gelassen, wir waren frei.

Aber sie nicht, und wir dann auch nicht.

17. Juni 1976.

Fußball-Europameisterschaft. Jugoslawien-Deutschland in Belgrad, Halbfinale. Deutschland gewinnt nach Verlängerung in Belgrad 2 : 4. Deutschland gewinnt, wir verlieren. Meinen Vater. Schlaganfall am Abend, in der Nacht. Einen ganzen Tag liegt er auf der Couch, bis der Notarzt kommt. Es dauert zwei Jahre, insgesamt, bis er zurückkommt. Linksseitig gelähmt.

Nun.

So war das nach dem Krieg. Da fehlte ein Arm, ein Bein, eine Seele, eine Körperhälfte.

Fortan habe ich meinen Vater nachmittags angezogen, nach dem Mittagsschlaf. Die Unterhose, das Unterhemd. Alles, die Schuhe. Hab ihm aufgeholfen aus dem Bett.

Das war einfach so.

So wie Covid jetzt.

Damals wurde nicht darüber geredet, das war so. Jetzt redet niemand, das ist so, obwohl wir uns alle verändert haben.

Es muss weiterlaufen, so wie es in Deutschland immer weitergelaufen ist. WW1, WW2. Die Zerschossenen. Die Verletzten. Die tief Verwundeten.

Who cares? Macht, zieht durch.

Das hat sich durchgezogen.

Und nun in Covid wieder. Augen zu und durch.

Covid hat uns verändert. Covid hat Spuren hinterlassen.

Wir hinterfragen nicht, wir kümmern uns nicht. Wir ziehen durch wie nach WW2. Gesund ist das nicht. Gut ist das nicht, das werden wir lange mit rumschleppen, weil wir Covid unter den Teppich kehren. Es geht nicht um Impfungen, sodern um das, was Covid mit uns gemacht hat. Die Teilung, die gegenseitigen Vorwürfe, die Angst, die Isolation, das ungute Gefühl.

Die meisten sagen NICHTS.

Okay.

So läuft das 2021.

Karma ist, dass wir in jedem Augenblick unsere Zukunft kreieren. Wir schreiben Zukunft und Geschichte.

Schreiben wir gerade die Geschichte, die wir wollen?