Die Macht der Stadt und das Wesen der Photographie

Wie ist man im Leben unterwegs? Was macht das Leben mit einem?

Die Situation ist kompliziert. Im Kleinen, im Großen, im Globalen. Was sind die Dinge, die uns umgeben? Gestern Abend die Diskussion. Wie viele Tränen braucht ein Leben? Meine Tränen sind verflossen. Ist das akzeptabel? In Zeiten der Tränen. Wer weiß…

Mal wieder sitze ich auf dem neuen gebrauchten Sofa. Bei ebay Kleinanzeigen geschossen. Mit dem Hänger aus dem Reichenviertel abtransportiert. Zwischen den Porsches durchlaviert. Ein schönes Teil. Form, Design, Details. Auf den Hänger mit Pferdemist. Die Dörfler kommen in die Stadt. Die Macht der Stadt. Das Große Ganze.

Es ist ein Lavieren.

Heute Abend habe ich mir die Zeit genommen. Keine Lust mehr auf das Organisatorische. Das Primat der Realität. Das Abgasrückführventil besorgen, diesen Festplatten-Connector des MacBooks reparieren lassen, die Ölpumpe der Heizung, den Hund anmelden, die Gebäudeversicherung wasserdicht machen. Was steckt in der Wand? Holz? Lehm? Bims? Dämmmaterial? Den W-Lan Empfänger des iPhones wieder zum Laufen bringen. Man muss es erhitzen, bis es zu heiß wird und abschaltet. Dann greift die Lötstelle wieder. Einen Hard-Reset braucht es dann. Habe ich irgendwo tief in den Welten gefunden. Hat geklappt. Heizung, Auto, Macbook, iPhone laufen wieder. Der Hund ist angemeldet, die Haftpflicht umgeschrieben, das Steuermodell muss noch feinjustiert werden. Da geht es um Abschreibungen und Kaufpreis und Anteile und überhaupt.

Die Lesung steht an. 8. März. Duisburg. Lokal Harmonie. Wir müssen proben. Ich muss die anderen kontaktieren. Die Texte habe ich. Stücke, Blogbeiträge, Gedichte. Vielleicht noch die Neuen?

In welcher Verbindung stehen Liebe und Tränen? Je mehr man weinen würde, wenn man sich verließe, desto größer wäre die Liebe? Würde man einen Bierkrug mit Tränen füllen, wäre dann die Liebe so groß wie der Mount Everest?

Ich denke, gerade fällt es euch schwer, zu folgen.

Nun. Gut.

Die Photographie.

Herr Cooper und ich haben heute Abend zwei Filme geschaut. Ein aktuelles Musical und einen aktuellen Film über einen Heroincrack, der das Glück hatte, einem Kater zu begegnen. London.

Danach habe ich mich meinen vergessenen SD-Karten gewidmet. Die habe ich 2016 restlos gefüllt. Aktuell sind alle Karten voll bis hinten hin. Ich kann kein Foto mehr schießen. Heute Abend habe ich mir die größte Karte genommen. 32 GB. Voll. 548 Bilder. Mal 2. jpgs und RAWS.

Ich nehme RAWS. Dann kann ich sie verwandeln. Kann die Schärfe nachziehen, die Farben, die Kontraste, die Lichter, Tiefen, Details, das Objektiv korrigieren. Das gibt mir die Freiheit, beim Fotografieren nichts machen zu müssen. 100 % Automatikeinstellung. Nichts mit Blenden, Schärfen, Belichtungen. Unter den Fotografen bin ich ein Straßenköter. Ein Analphabet, der es liebt, einer zu sein. Mir gefallen die Unwuchten, die Zufälligkeiten, das Unberechenbare, die Überraschungen. Ich mag dieses Funktionieren nicht, diese Regeln. Ich entziehe mich gerne. Der eigene Weg. All dieses Hochglanz kotzt mich an. Bei aller Wahrheit steckt darin die Lüge. Etepetete. Kotz.

Trash Treasure aus Köln macht gute Fotos. Kleinbildkamera. Straßen, Menschen, Alltag, Perspektiven, Blicke, Ungewöhnlichkeiten. Sie ist, im positivsten Sinne, auch ein eigener Geist der Photographie. Gerade läuft “Awakening… Live in NY ’71 – Mahavishnu Orchestra”. Ich habe mir Heiligabend drei Monate Spotify für 99 Cent gegönnt. Nun bekomme ich montags immer ein Mixtape. Wow. Spotify, nehmt meine Daten, scannt mich, durchleuchtet mich, nehmt meine Kontobewegungen, hört mein Liebesgeflüster am Telefon, lest meine Texte, untersucht den Blog – nehmt, was ihr kriegen könnt und schenkt mir dafür weiter diese Tapes. Gil Evans. Alles Seventies. Ich hätte nie gewusst, dass es all das gibt.

Falls ihr es nicht gemerkt habt, es geht eigentlich um die Fotos. Die Macht der Stadt. Fotos machen süchtig. Der Blick scannt. Schweift umher. Sucht nach Anziehung. Posen. Die Stadt posed. Hält hin. Gelangweilt, aber im Licht.

Das Wesen der Photographie, das möchte ich noch sagen, ist nicht der Apparat. Es ist nie der Apparat. Es ist immer das Teil zwischen den Ohren, das befähigt, Schlüsse zu ziehen, Blicke zu führen, Dinge zu sehen und Tränen zu bewerten.

Raum zero

Der Tätowierer am Altar neben dem Schokoladenspringbrunnen

die weiße Angorakatze mit orangenen Augen und Chanelduft

Calla aus den Gewächshäusern der Großeltern

die Musik aus fernen Zeiten mit Seele

sagen wir Billy Paul und Me and Mrs. Jones

In diesen Wänden der Wahrheit können wir es uns erlauben

abzuschwören

Dein Gesicht unter der Mütze mit Tasche ist das Schönste überhaupt

Die Tür aus Stahl der Verlässlichkeit

Blut auf unseren Opferbrüsten, Tintenbilder

Das Geschrei und Verbrennen draußen ist nur ein Traum

Räkeln auf dem Eisbärfell des Vergessens

Streicheln, küssen, küssen

Die schönen Gedanken mit feinem Gebäck füttern

Himbeeren und Champagner

jANUAR 2017

Verweht

Lippen im Staub
gefesselt, beschwert
gebunden
mit Striemen

Den Pflock
mit Ellenbogen
langsam
sehr langsam
ein wenig
und mehr

Der Horizont
Staub
Wüste
Tornado

Die Reiter
mit Schwertern
und Lanzen
ihr Argwohn

Die Sonne
Highnoon
Zenit
Stirn
Nase
Ohren
verbrannt

Der Boden
er zittert
die Hufen
die Füße
der Elefanten

Würde
der Pflock
sich lösen
bitte
jetzt

Ihr Kuss
auf Pille
die Hand
auf der Brust
in leisen
Wogen
gestreichelt

Als letzter
Gedanke

Am Rücken
die Flügel

Die Kette
vom Fuß
schnell
und endlich nun

Zurück
in die Höhle
das Haus
die Schnecke
verschlungen

Es lebt sich
gebunden
ein wenig
wund

Am Horizont
Schritte

Um die Hüfte
der Ring
aus Eisen
geschmiedet
mit Hand
und Schwung

Die Seile
gezurrt
im Kreuz
über Rücken
und Beine

Über die Hand
der Skorpion

Unsere Nasen
so kurz
voreinander

In den Betten
Montmatre
le coeur

Das Tosende
draußen
am Kai
die Mauer
am Hafen

Möwen
Brötchen
mit Fisch

So zart
wie dich
hab ich nie
was gespürt

Die Reiter
bis Abend
sie eilen

Die Fesseln
die Sonne
gezurrt

Es bleibt
nur die Flucht
in die Gärten

Zu Blüten
und Früchten
mit Duft

Entfliehen
mit Händen gebunden
vergehen
in jenem
Moment

Die Augen
sie schließen
und wachen

Der Körper
grad eben
verlassen

Am Boden
die Seile
und Eisen
und mehr nicht
als Spuren im Sand

januar 2017

Zurück in der Normalität

Ihr Lieben, erschreckt nicht. Der alte Mann auf dem Foto bin ich. Aber in Wirklichkeit sehe ich gar nicht so aus. Weshalb ich das Foto trotzdem bringe? Es erinnert mich an ein Foto von Beckett, das ich mag. Beckett hat auf dem Foto viele Falten und ist dennoch ein schöner Mann. Nun möchte ich mich nicht mit Beckett vergleichen. Herrje. Aber nein. Weder in der einen noch der anderen Art. Ich möchte es hier im Blog als Erinnerung an diese Zeit parken.

Heute ist etwas geschehen. Mein erster Arbeitstag nach 3 Wochen Urlaub, in denen ich mich um Wichtiges gekümmert habe. Um mein Mädchen, meine Kinder, meine Familie, Freunde, Herrn Cooper, die Fertigstellung der Küche, eine Stromleitung für das Küchenlicht über dem Herd, das Abgasrückführventil meines Autos, die Ölpumpe der Heizung.

In diesen 3 Wochen war ich noch ziemlich benebelt vom Jahr. Kennt ihr das, wenn man weiß, dass etwas nicht stimmt und man hat eine Ahnung, was nicht stimmen könnte, kommt aber nicht drauf? Wenn man sich selbst ein wenig fremd ist, neben sich steht? Alles ist gut, man könnte sagen sehr gut, alles hat sich positiv entwickelt und dennoch ist da etwas, das kratzt. Wie ein Stein im Schuh, ein Bläschen an der Zunge.

Ich wusste nicht was. 1.000 Dinge gingen mir durch den Kopf. Terror, Türkei, Berlin, Syrien und all dies unsägliche deutsche Geplapper auf allen Kanälen. Gutmenschen gegen Schlechtmenschen vorwärts und rückwärts. Die da. Nein, die da. Niveauloses Rumgepöbel und Pseudofachgesimple. Woher nehmen nur all die Menschen diesen Brustton der Überzeugung? Woher nehmen sie den Anspruch, die einzige Wahrheit zu kennen?

Von allen Seiten ein Aufstand der Unzufriedenen. Rechts, links, Ost, West. Hauptsache aufeinander eindreschen. Ich dachte, das wäre ein Thema in meinem Kopf. Ist es nicht, das freut mich. Geht mir heute Abend am Popo vorbei. Der Mensch flieht vor sich selbst und sucht Stellvertreterkriege. Übersprungshandlungen des Alltags. Kennst du einen, kennst du alle. Es ist ein atemloses babylonisches Geplapper auf allen Kanälen mit Protagonisten, die in meiner Küche und in meinem Kopf nichts zu suchen haben.

Aber was ist es dann? Was zählt? Worauf kommt es an? Mit sich selbst im Reinen zu sein. Mit sich selbst klar zu kommen. Chill mal dein Leben. Das habe ich heute getan. 2016 war ein schreckliches Jahr und ein schrecklich wichtiges Jahr. In näherer Zukunft kann ich erst einmal auf eine Wiederholung verzichten. Danke auch. 2017 nun liegt wie eine grüne Wiese vor mir. Und was habe ich nun heute festgestellt? Etwas ganz Profanes: Die Normalität des Alltags ist zurückgekehrt. Mehr nicht. Und das ist eine Qualität. Wenn es einfach ist. Wenn es schön ist. Wenn es die Qualität des Ruhigen, Unaufgeregten hat.

Zur Arbeit fahren. Einem Freund zwei Tage zu früh zum Geburtstag gratulieren. Per WhatsApp in den Supermarkt zum Eierkauf geleitet werden, Freunde in Nosbach besuchen, zum Fußballtraining gehen, die neuen Laufschuhe auspacken, die Freude des Herrn Cooper über die Rückkehr genießen, mit Jim plaudern, kurz Zoe auf dem Weg vom Bad zurück ins Bett sehen, im Auto mit Viveka telefonieren, ein italienisches Fertiggericht in die Mikrowelle schieben, Gill Scott-Heron per Spotify hören, in der Küche sitzen am alten Tisch, an dem ich fürs Abi gelernt habe, den Ofen stochen, die Gedanken schweifen lassen, hoffen, dass ich mal wieder ein Gedicht schreiben kann…

Es ist so schön, wenn der Schmerz nachlässt. Ich komme mir vor, als wäre ich entführt worden und hätte Monate gegen meinen Willen in einer Höhle gelebt.

Morgen arbeite ich frei, werde an einem Text für ein Ballonfahrt-Unternehmen arbeiten, die Steuer angehen, für Jim und Zoe kochen, mit Herrn Cooper durch den Wald stromern. Das Maikäfertal fehlt mir. Sehr. Nun. Hier gibt es sehr viel Wald und schöne Ecken. Der Weg zur Quelle, vorbei am dichten Fichtenwald mit der Pfütze, in der sich die Wildschweine suhlen.

Der Weg zu den Steinbrüchen und dem Steinbruch, in dem die Eule wohnt. Durch die Buchenwälder zur Jagdhütte mit dem Blick über die Wiesen und das Dorf in das Tal. Man muss vergessen und vergeben können, um das Herz für das Neue zu öffnen und den Augen und der Seele die Möglichkeit zu geben, das Schöne zu sehen. Es ist ein Spiel, die neuen Lieblingsorte zu finden. Herr Cooper und ich diskutieren intensiv. Noch ist nichts entschieden, aber es drängen sich Favoriten auf. Es wird sich zeigen, wo der Magnetismus am größten ist.

Wir sind im Wald nicht mehr ganz so alleine wie früher. Es gibt mehr Fußspuren von Menschen und Hunden. Aber wir kennen schon einige Nischen. Ist Viveka hier, ist sie unsere geliebte Verbündete.

Nachdem ich dieses Haus lange Zeit emotional ignoriert habe, kann ich nun sagen: Ich mag es. Es fängt an, das neue Leben. O.K. Gil Scott-Heron. WE ALMOST LOST DETROIT.

So far. Und irgendwann wird dann auch in diesem Blog wieder die Normalität einziehen und es wird um Alltag und all die schönen Unwichtigkeiten gehen. Nicht mehr um fiftyfifty, aber um das Leben auf dem Land, die Kunst, das Zweifeln und Aufregen. Ja. Ich freue mich auf die Heimkehr.

Herr Schönlau hat etwas Neues erfahren und startet 2017 unter neuen Sternen

Willkommen 2017. Bin ein wenig spät dran. Das Jahr hat sich ja bereits entfaltet und geht seinen Weg. Scheint unaufhaltsam zu sein so ein Jahr als kleiner Verwandter der großen Familie Zeit.

2017. Was wird. Nun. Wer weiß das schon. Der Weg ist vorgezeichnet und einige Unaufhaltsamkeiten werden sich weiter zu Wort melden. In Wort und Bild. Wird es ein gutes Jahr? Was ist schon ein gutes Jahr und für wen?

Hier sitze ich auf meinem Sofa und schaue auf mein Jahr 17. Wie wird es werden? Gut, denke ich. Vielleicht sehr gut, vielleicht mit Sternchen. Ach. 2016 habe ich mit Viveka an Silvester oben am Montmartre gesessen und mich gefragt, was kommen wird. Samstag kam Post vom Amtsgericht. Jetzt ist es Wirklichkeit. Mein Name steht verbunden mit diesem Haus im Grundbuch. Das habe ich mit Blick vom Montmatre nicht kommen sehen. Beileibe nicht. Nun, es hat tatsächlich eine neue Ära begonnen.

Nun habe ich hier das erste Weihnachten und Silvester gefeiert. Jims Geburtstag heute. Heute Nacht mit Torte und Kerzen und Freunden und Feuer im Ofen und Ständchen. Überhaupt haben Jim und Zoe das Haus schon ausgiebig befeiert. Partyzone. Klappt. Man muss die Geister mit Fröhlichkeit und Lachen auf die eigene Seite ziehen. Das ist die Sache mit den Tricks im Leben. Ich schwöre drauf:)

Am ersten Weihnachtstag waren meine Mutter und mein älterer Bruder mit Familie hier. Silvester Freunde aus Aachen und Köln. Feuertaufe bestanden. Leben findet statt und ist schön.

Tja. Und sonst? Muss ich mich mit einer bitteren Wahrheit abfinden. In den letzten Jahren habe ich mit einer falschen Prämisse gelebt. Hm. Also. Viveka habe ich immer erzählt, dass ich einen Jungfrau-Aszendenten hätte. Der wäre der Grund für meine Ordnungsliebe und meinen Hang zu Struktur und Sinnhaftigkeit. Gestern nun hat sie gemeint, ich solle das doch mal checken. Im Scherz.

Also habe ich meine Mutter angerufen und mein Geburtsdatum gecheckt. 18. April 1965, morgens um 4:55 Uhr. Das halte ich hier jetzt mal fest, damit ich das nicht mehr vergesse. 18. April bedeutet, dass ich Widder bin. Die sind ja an sich schon verrufen. Zumindest entnehme ich das den mitleidigen Blicken, wenn ich das irgendwo erwähne. “Ooh!”. “So, Widder. Ja, äh…” Nun soll der Aszendent ja noch einmal genauer sagen, wie man so drauf ist. Ihr kennt das: Charakter, Beruf, Beziehung und Liebe.

Und was soll ich sagen. Nun, ich traue es mich fast kaum hinzuschreiben. Herr Schönlau hat das Sternzeichen Widder. Und der Aszendent ist. Pause. Trommelwirbel. Sorry. Widder. Widder/ Widder. Und Vivekas Sternzeichen? Widder! Puh. Wir haben ein wenig im Web recherchiert, was das so bedeutet. Da ist von Feuer und Energie die Rede. Davon, dass man Führungsansprüche und Dominanzverhalten abstimmen muss. Herrje. Nun, das ist die Theorie. Gut, dass die Sterne nicht alles sind. Ich kann euch beruhigen. Wir kommen klar:) 2017 im Sommer dann seit 5 Jahren. Wie die Zeit vergeht. Ich denke, die Sterne stehen gut. Ich freue mich drauf. Auf dieses Jahr, in dem so vieles neu sein wird. Eben habe ich nach dem Abbau des Weihnachtsbaumes die Weihnachtskiste runtergebracht. Meine eigene Weihnachtskiste mit neuen Kugeln, Kerzenhaltern, Schleifen.

Widder mögen das Neue, das Abenteuer, die Veränderung. Heißt es. Sich dem Neuen ergeben, das Gute sehen, Chancen ergreifen, dieses verrückte Treiben weltweit nicht zu nah heran lassen. Bin gespannt und bereit, welche Überraschungen noch so auf mich warten und welche Prämissen ihren Halt verlieren. In Zeiten der Veränderung fallen die Mauern und neue Wege zeichnen sich in die Landschaft vor dem eigenen Horizont. Es bleibt spannend:)