Füllhorn

Einhorn

Das Einhorn bemalen

Phosphororange

Pegasus

Peacezeichen

unter die Flügel

Aristoteles

No War

Sticker am Gewand

durch die Agora

Narrenkappe

grundlos lachen

Rednerpult im Bundestag

voller Palletten

pink

Die Straßen

Gelborange

Busse, Bahnen schweben

in Ruhe

voller Zeit

Gedanken hoffnungsfroh

Bambussprossen Richtung Himmel

Der Mond

rotglühendes Herz

Ein jedes gutes Wort

schön warm und weich

herzlich verpackt

Tisch der Gaben

sich hemmungslos bedienen

Der Schönheit fröhnen

Momente

Augenblicke

Zartheit gebend streicheln

Ach

du schöne Welt

hach

Einander küssen

schwelgen

halten

tragen

fEBRUAR 2024

Kuscheln mit der großen Sehnsucht

Wie lange habe ich nicht mehr geschrieben, ohne Auftrag und Geld. Frei und selbstverliebt und schön. 2.300 Kilometer musste ich fahren, mussten wir fahren. Viveka und ich. Um in einem Freiraum zu landen.

Raus aus den Zwängen. Kein Schreibtisch am Morgen, der Ultimatives fordert. Große Gedanken, von viel Energie getrieben.

Im Kern bin ich ein Hippie, der ein wenig zu spät geboren wurde. California 69, stelle ich mir vor, wäre meine Erlösung gewesen.

Wenn es das Konventionelle verlässt, ist es mein Terrain. Obwohl mich das Konventionelle nährt und meine Spießerecke mich dort sprießen lässt. Zuhause bin ich dort nicht. Krawatten sind mir ein Graus. Sie sterben gerade aus, viel zu spät. Von den Fahnen der Ritter, von den Schildern im Kampf zu diesem Stück Stoff von Hals bis Brust verschwindend hinter dem obersten Knopf des Sakkos.

Weshalb ich das schreibe?

Weil es um Freiheit geht. Die, die ich gerade erlebe. Lhasa De Sela singt, draußen bewegt sich das Meer, wie es lustig ist. In Blautönen, unendlich vielen Blautönen und in alle Richtungen.

Die Musik, das Meer, die liebkosende Wärme auf meiner Haut küssen mich. So sollte es immer sein.

Irgendwann, in einigen Jahren, werde ich meinem Leben in Deutschland fliehen und nur noch aufs Meer schauen. Die Wellen, die Farben, das Wetter, die süßen Tomaten, all das, was man trefflich zubereiten kann, werden mich herzen.

Ich liebe Italien, ich liebe Frankreich. Dort sind die schönsten Orte, die ich kenne. Gegen all das ist Deutschland, bei aller Qualität, quadratisch, praktisch, gut. Wir haben leider keine Kultur der Schönheit. Wir sind ein unschönes Motzland. Man kann sich nur auf Inseln retten. Man muss sie finden, die Oasen in Deutschland. Nun.

Ich habe eine lange Geschichte in Italien.

Die fängt an, da war ich noch nicht geboren. Mein Vater und Hausmanns Willi fuhren mit einem Ford über die Alpen. Das war Mitte der Fünfziger. Der Vater meines Vaters, ein überzeugter Nationalsozialist, war nach Gefangenschaft in Russland und Entnazifizierung durch Holzfällen entkräftet an Auszehrung und Darmkrebs gestorben. Mein Vater hatte ihn gepflegt und war dann, die Duplizität der Ereignisse, wie ich nach Italien geflohen.

Wie Goethe. “Auch ich in Italien”. Ende der Achtziger hatten wir im Germanistik-Studium die Italienische Reise bearbeitet und waren ihr gefolgt. Unglaublich. Unser Prof, Schmidti, fragte uns: Wollt ihr die Reise machen? Und wie. Er besorgte einen VW-Bus und wir fuhren sechs Wochen lang auf Goethes Spuren. Wie Goethe am ersten September gestartet. Insbruck, Gardasee, Malcesine, Verona, Vicenza, die Villa Rotonda, Venedig. Den Apenin entlang, Perugia bis Rom und Neapel und Paestum und wieder zurück über Siena, Florenz. Immer auf den Spuren der Renaissance, der Wiedergeburt. Andrea di Palladio, Guido Reni, Michelangelo. Alle. Du gehst in Venedig in eine Kirche und sie hängen dort. Caravaggio. Die Farben. Diese Rottöne, das Blau, das Grün und die Gesichter voller Gefühl. Bislang habe ich es nicht in die Uffizien geschafft. Dort muss ich noch hin.

Wiedergeboren.

So fühle ich mich hier. Das erste Mal bis runter nach Kalabrien. Die Autostrada de Sol entlang, dann die Autostrada de Mediterrano.

Wie sehr die Ginge alle miteinander verknüpft sind. Kürzlich das van Gogh Museum in Amsterdam, die Orangerie in Paris, die Impressionisten. Monet, Manet. Die Normandie, Fecamp, Etretat. Puzzleteile einer wunderbaren Geschichte. Würden wir in Europa einfach nur begreifen, woher wir kommen.

Jetzt läuft Lhasa De Sela.

Gleich werde ich ein Risotto kochen. Später werden wir Schnorcheln.

Leben ist eine Begegnung der Ereignisse. Manche Dinge können wir steuern und dorthin führen, wo wir hin wollen. Manche Dinge sind Glück. Manche Dinge geschehen einfach.

Wie auch immer, jetzt höre ich Lhasa De Sela und schreibe und schaue aufs Meer.

C’est tout.

Nur dieses Gefühl

Erhaben

in Augenblicken

Schweben

fliegen

Schmetterling

Mauersegler

der Künstler

unter allen

der rote Milan

Aufgelöst

schwerelos

Von Küssen getragen

Dort unten

die Blumen

Der Löwenzahn

Vergissmeinicht

Zwischen Schmetterlingen

und süßem Duft

Der Flügel

in den Wolken

ein Streicheln

Entschweben

schwerelos 

frei

juli 2023

Was wird denn nun aus Sunny-Sunny-Shiny-Shiny?

Habe gerade mal parallel zum Schreiben Spotify angeworfen und lasse “Zukunft Pink” laufen.

“Seh die Zukunft Pink, alles gut mein Kind. Mach dein Ding, such dein Sinn.”

Dann kommt da noch was “Trink dein Drink”. “Alles wird supergeil Basta.”

Thanx.

Wenn du mich fragst?

Ehrlich, Gegenwart ist mir gerade eigentlich ziemlich genug. Is nicht so einfach, auf der Höhe mit den Entwicklungen zu bleiben. Die Nachrichten hauen ganz schöne Blockbuster raus. Roland Emmerich in real.

Was geht da gerade? Oder: Was macht das? Mit mir, mit euch? Mit uns?

Ich finde es super schwer, durch die Zeit zu navigieren. Leben leben, arbeiten, alles organisieren, überhaupt kein Problem. Alles in trockenen Tüchern. Ein wenig gegen die Inflation arbeiten, Versicherer unter Druck setzen, Konten wechseln, Zinsen sichern, Tank-Apps nutzen – der ganze Scheiß, um das Gefühl zu wahren: Nicht mit dem Commander.

Letztes Jahr habe ich es noch mit einem Trick versucht. Abtauchen, wegducken, ausweichen, Arsch lecken. Liebe Katastrophen, ihr könnt mich mal. So bin ich, meist mit Viveka, in Budapest, Bukarest, Fecamp, Calais, 2x Paris, Berlin, Levanto, Mallorca und Teneriffa gelandet. Das waren schöne, unbeschwerte Zeiten. Insbesondere am Meer erzeugen Wellen, Himmel, Sonne eine immense Unbedeutendheit der eigene Gedanken.

2023. Der Januar war eine harte Landung in einer tristen Realität. Die Themen der Welt wollen sich einfach nicht auflösen. Dazu das Geschrei allerorten, diese unmenschliche Kakophonie. Manchmal tue ich es mir an und verfolge Kommentarsalven in den asozialen Medien. Politschlachten.

Ihr merkt, da hat sich was angesammelt. Wie gerne würde ich im alten Stil lockerflockig schreiben. Das Leben ist schön, macht euch keine Gedanken, lebt, was das Zeug hält, küsst, umarmt, streichelt. Malt euch Bonbonfarben in eure Gedanken. Fahrt Karussell, schwebt, hebt ab, taucht ein, fühlt, spürt. Und vor allem liebt. Liebt, was das Zeug hält.

War das schön, so zu schreiben. In diesen Endorphin-Rausch zu kommen. Ein Geschenk des Schicksals, sich mit Worten selbst wegblasen zu können. Oh Mann, wie gerne habe ich das gemacht. Die Buchstaben fliegen lassen im Rausch.

Zukunft Pink ist längst ausgelaufen. Habe zu Yo La Tengo geswitched. Passt eher. Cooles Trio, seit 1984 am Start. Meine Welt. Sinatra Drive Breakdown. Der Verlust der alten Zeiten.

In den 90ern bin ich mit schwarzer Woll-Fliegerjacke aus belgischen Beständen rumgelaufen. Kurz geschnitten. Ab und an in der Punk-Disco Pogo getanzt, The Cure gehört. Das schöne Gefühl der dunklen Seite, dieser schwere Abschied aus den Seventies, könnte man sagen. No Future, hieß es.

1999 war ich eine Woche allein in New York. Ein kleines Hotelzimmer mit Fenster in den Hinterhof. Im Fernsehen die Bombardierung Serbiens. Ich trug einen Hut und eine blaue Marinejacke mit goldenen Knöpfen und roten Rangabzeichen am Ärmel. Im Fahrstuhl fragte mich eine Frau, ob ich Rock-Star sei.

Bin ich.

Auch. Natürlich. Im Herzen der Möglichkeiten, in der skalierbaren Seele der Sehnsüchte bin ich alles. Sonnenschein und Nichtsnutz, Lächelnder und Weinender, Mann und Maus.

Was also wird aus Hope und Sunny Shiny und Zukunft?

Ich weiß es nicht. Tatsächlich bekomme ich Politik, Gesellschaft, Entwicklung, Perspektiven gerade nicht in den Griff. Zu viele Variablen.

Es liegt vollkommen klar und eindeutig auf der Hand, was die Welt jetzt braucht. Gute, klare Menschen, die Weichen stellen und es schön machen. Ästhetik, Harmonie, Miteinander. Sich verbinden, respektieren, fördern, gemeinsam an den Themen arbeiten. Eine für alle lebenswerte Welt schaffen.

Daran hat sich seit Anbeginn nichts geändert.

Nur weiß ich gerade nicht, wie wir da hin kommen. Damals in Aachen im Germanistikstudium am WG-Tisch war alles so einfach. Da wussten wir, wie es gehen soll. Die sanfte Revolution, der Sieg der Vernunft über die Idiotie. Protestieren, im Kleinen arbeiten, im Sitzen pinkeln (das war neu), Altglas wegbringen, den 3. Welt-Laden unterstützen. Ich dachte immer: Den gibt es eigentlich gar nicht, weil es nur eine Welt gibt. Gibt es tatsächlich nur eine Welt? Oder sind wir eine Fucking Matrjoschka? Ineinander gefügte Undurchdringlichkeit des Schicksals.

Heute Morgen musste ich mal kurz meinen Verstand checken, ob mein Denken, mein Hirn überhaupt noch funktioniert. Oder sich in der Schwammigkeit der Zeit vielleicht aufgelöst hat. Ich habe tatsächlich einen Online-IQ-Test mit zufriedenstellendem Ergebnis durchgeführt. IQ 140-160. HA! Online-Verarsch-Lockangebot. Positiver Verstärker, um die 19,90 für den Zertifikat-Download rauszukitzeln. Wer zahlt schon 19,90 für ein IQ 75-Zertifikat. War geschickt gemacht, alle Fragen so halb schwer.

Für meine Zwecke hat es gereicht.

Bringt das weiter? Aktuell nicht wirklich. Zu viele Baustellen, die still stehen. Was sind das für Zeiten, in denen sich eine Pandemie klanglos in den Hintergrund verabschiedet? Wo sind die Freudenfeste? Die Survivor-Partys?

Dieses Jahr werde ich nicht fliehen. Habe meinen Urlaub letztes Jahr verbraten. Und: Das Wegfahren ist schön, aber wenn du zurückkommst, hat keiner irgendwas weggeräumt. Das Chaos wird eher größer. Dann geht wieder irgendwo was kaputt. Zerschossen, zersägt, vertrocknet, ertrunken, zerbröselt. Die Zeiten schreddern.

Genug der dunklen Gedanken.

Ihr sollt ja wiederkommen. Ihr könnt also jetzt und hier euer Glückszertifikat für 19,90 runterladen. Du bist schön, du bist wertvoll, du bist geliebt. Dein Strahlen ist so wunderschön, dass man es streicheln möchte. Wie kann man nur so wunderbar sein wie du? So schwebend, so leicht, so einzigartig? Das gibt es dann auch noch in Premium für 29,90. PS: Die Preise habe ich gehalten und alle Inflation von euch ferngehalten. Ist mir eine Freude.

Liebt. Küsst. Tanzt. Geht in die Sonne. Schließt die Augen und sprecht schöne Worte. Das beste Gebet der Zeit. Denn nirgendwo sonst ist mehr Hoffnung als in euch. Das ist das Schöne. Und am Ende stirbt die Hoffnung eben stets zuletzt.

Ich geh mir mal schöne Gedanken machen. Phosphor-Pink. Mindestens.

Glaube, Liebe, Hoffnung

Statisch die Zeit 

galoppierendes Fluchen 

Arabesken, merkwürdig

Schicksalsschnitzereien

Fall out 

Am Ende des Alphabets schreits, jammerts, klagts

Zorn und Zirrhose

Im Vorgarten ertrinken die Erfrorenen 

Die Lippen blutend 

geplatzt

die Brüder küssen einander 

nimmermehr

In Europa schaufeln sie Gräber

Gepiercte Seelen, tätowiert

geritzt

februar 2023