Scarlett Johansson, John Travolta, Ela, Zoe und ein paar Rumkugeln

Filmabend. Nach einem langen Tag.

Ich kam spät nach Hause. Traf Ela im Flur, half ihr, den Einkauf teils hoch, teils in den Keller zu tragen. Die Spülmaschine musste ausgeräumt, Holz für den Ofen geholt werden. Und was essen. War ich tagsüber nicht zu gekommen. Seit Wochen Arbeit ohne Ende. Mein Kopf, meine Finger tippen, tippen. Klackidiklack. Tastaturhämmerei. Ausgebucht bis. Termine, Meetings, Briefings. Am Freitag drei Stück hintereinander. Ich schaffe es gerade immer so viel zu texten, dass ich dran bleibe. Und ich denke, ich arbeite schon schnell. Nun will ich mich nicht beschweren. Freue mich ja. Texte gerne. Gutes Geld. Der Kopf wird gern bewegt. Sonst würde ich jetzt nicht hier sitzen…

Aber heute war echt mal PENG. Auszeit. Zu viel. Ela sagte, sie würde einen Film gucken. Einen aus dem Apple-Store. Runterladen, mieten. Sie hatte Lovesong for Bobby Long ausgesucht. So saßen wir zu dritt im Ofenzimmer. Mama, Papa und in der Mitte Kind. Zoe. Ela hatte ihr Abendbrot mitgenommen, ich Rumkugeln, die ich kürzlich geschenkt bekommen hatte. Schnuckeln. Fast hätte ich die Tüte komplett leer gegessen. Ela wollte nicht. Linie.

So saßen wir drei Grazien dort auf dem Futon. Wir haben kein Sofa, sondern ein Podest aus Holz auf dem diese japanische Matratze mit Kissen liegt. Sehr gemütlich und funktional. Zoe und ich hatten dort vorher Rommee gespielt. Einfach ein nettes Plätzchen. Im Ofen brannte Feuer, Cooper lag gemütlich davor.

Und dann der Film. Das soll John Travolta sein? Der hinkende, gebeugte Mann mit grauem Haar im weißen Anzug? Toll gespielt. In New Orleans. In einem alten Haus, am Fluss. Menschen, die zueinander finden. Ich glaube, das sind mir die liebsten Geschichten. Eine kleine Familie, zwei Männer, eine junge Frau. Fast noch Mädchen. Die umwerfend süße, schöne Scarlett Johansson. Mit schönen Kleidern. Frech. Immer eine Zigarette in der Hand. Die Jungs saufen, beide. Nette Trinker. Verzweifelte, die sich nicht unterkriegen lassen. Die in ihrem Leben leben. Bier trinken, Schnaps, Gitarre spielen, in Zitaten sprechen. „Das Glück macht an Höhe wett, was ihm an Länge fehlt.“ Yes. Sehr schöne Zitate von rauen Kerlen mit weichem Kern.

Ein sehenswerter Film. Sonne. New Orleans. T-Shirt. Wieso will ich dann immer auswandern? Weil ich eine alte Frostbeule bin. Egal. Vielleicht habt ihr mal Gelegenheit, den Film zu sehen. Lohnt sich. Schöne Geschichte, gut gespielt. Dieser John Travolta, diese Scarlett Johansson. Und dann war da noch ein Gabriel Macht. Der junge Literat. Travoltas Kumpel. Was für ein Paar.

Hier die youtube/universalfilm Kurzzusammenfassung: „Nach dem Tod ihrer entfremdeten Mutter kehrt Purslane Hominy Will (Scarlett Johansson) erstmals in ihre Heimatstadt New Orleans zurück. Leider muss sie feststellen, dass sich der Familiensitz, ein einfaches Holzhaus am Stadtrand, in eine heruntergekommene Bruchbude verwandelt hat. Und zu allem Überfluss muss sie sich auch noch mit zwei fremden Männern arrangieren, die sich im Haus eingenistet haben: mit dem in die Jahre gekommenen Ex-Literaturprofessor Bobby Long (JohnTravolta) und seinem Schützling Lawson Pines (Gabriel Macht).“

Alcatraz im Reichshof

Hier ist was los!

Meine Güte. Letzte Woche Dienstag im Radio. Ich war auf der Autobahn unterwegs, als ich es erfuhr. Die Gemeinde Reichshof soll um eine forensische Klinik bereichert werden. Also eine Klinik, in der Straftäter untergebracht werden, die aufgrund psychischer Probleme irgendetwas angestellt haben.

Es gibt zu wenige Plätze in Nordrhein-Westfalen, weshalb dringender Bedarf besteht. Schon jetzt sind die Einrichtungen überfüllt und unser Bundesland ist auf die Hilfe der Nachbarn angewiesen. Also muss etwas getan werden. Es wurde überlegt, gemacht und getan. In Düsseldorf. Im Gesundheitsministerium der Barbara Steffens von den Grünen. 14 Orte und vorausgewählte Möglichkeiten standen zur Auswahl, fünf wurden gewählt. Darunter wir hier.

Im Vorfeld hat niemand etwas erfahren. Wir dachten, oben, ins alte Munitionsdepot, würden ein Holz-Recycling-Platz und ein Tier-Gnadenhof kommen. Das 55 ha große Areal, dass seit 2004 ungenutzt ist und wo ein Naturparadies gewachsen ist, soll nun Großbaustelle werden. Eine komplett neue Einrichtung mit entsprechenden Zaun- und Sicherungsanlagen soll da errichtet werden. Mitten im Wald fernab der Zivilisation. Da ist man die Leute los. Ab aufs Land, Zaun drum, vergessen. Unterbringung inmitten der Gesellschaft? Nah zu den Verwandten? Fehlanzeige. Und Naturschutz? Da kommen die Bagger und das wunderschöne Areal wird geplättet. Super Idee.

Die Alte Schule, in der wir wohnen, war auch so ein Kurzsicht-Projekt, bevor wir eingezogen sind. Ein Asylbewerberheim. Auf dem platten Dorf. Ohne Busanbindung, ohne irgendetwas. Rein ins Haus, Tür zu, schönen Tag noch. So Dinge geschehen, wenn man einfach nur ein Haus, ein Grundstück sucht und nicht weiter denkt, ob das, was man macht, auch Sinn hat. Es war keine gute Lösung. Das Haus war isoliert. Die Asylbewerber haben sich mit Sicherheit nicht wohl gefühlt. Das war Quatsch.

Für uns hier ist eine forensische Klinik auf dem Berg ein absoluter Fremdkörper, weil es keinen erklärbaren Grund, außer den des dringenden Bedarfs, gibt, weshalb sie aufs platteste Land kommen sollte. Nur weil es hier ein Grundstück gibt. Sehr kurz gedacht. Und so bekommen wir aus Düsseldorf als strukturschwache Gemeinde keine Unterstützung, sondern bekommen eine forensische Klinik, die hier niemanden glücklich macht und die hier sicherlich keinen Sinn macht. Das ist eher eine Abschiebung der Insassen weit weg an den Rand der Zivilisation. Denn hier gibt es nichts. Eine Flächengemeinde mit 112 Dörfern. 20.000 Einwohner. Wenn hier ein Patient aus der Forensik Freigang hat, weiß jeder: Der kommt vom Berg. Und natürlich stellt sich dann die Frage – was hat er getan? Sexualstraftäter? Ist ein tolles Konzept, so jemanden zum Beispiel aus therapeutischen Gründen hier im Rewe einkaufen zu lassen. Der könnte sich auf Blicke gefasst machen. Das passt einfach nicht.

Gestern war nun eine Infoveranstaltung mit Ministerin im Nachbardorf. Die Glück-auf-Halle voll, ich stehe draußen im Regen und höre über Lautsprecher zu. Klar, zwei Meinungen. Die Ministerin will ihr Vorhaben durchziehen, weil sie Forensikplätze braucht, die Gemeinde will klagen. Die Dörfer sind mobilisiert. Es gibt eine Bürgerbewegung, alles hängt voller Plakate und Banner. Ich hoffe, das alles kommt zu einem guten Ende und die Gemeinde bekommt einen Holzrecyclingplatz, der in ein lokales Energiewendeprojekt mit Gemeindewerken mündet. Das würde passen und Sinn machen.

Hier geht es zur Petitionsseite mit Pro- und Contra-Debatte. Ich denke, die Argumente gegen die Forensik hier überwiegen. Wer mag, kann unterschreiben und uns im Kampf David gegen Goliath unterstützen.

Windows 8 Pro, wie ist das so?

Nunja. Gewöhnungsbedürftig. Aber auch sehr gut.

Eines vorweg. Ab jetzt braucht ihr die Windowstaste, die mit dem Kreis und dem Fähnchen im Wind. Ich bin zuerst immer nicht rausgekommen aus irgendwelchen Programmbereichen und wusste mir dann nur mit dem Taskmanager zu helfen, mit dem ich Prozesse beendet habe. Jetzt weiß ich: Will ich irgendwo weg, drück ich auf die Freiheitstaste mit dem Windowsemblem.

Doch langsam. Wieso überhaupt Windows 8 Pro? Das hatte ich beim Kauf des Laptops für 15 Euro mitgekauft. Im nächsten Jahr kostet das 280 €. Microsoft möchte im Markt möglichst schnell Akzeptanz finden für das neue System. Also habe ich es mir heruntergeladen und habe es installiert. Dummerweise habe ich anfangs auf „Persönliche Daten erhalten“ geklickt. Ich hätte auch noch zusätzlich auf „Windowseinstellungen erhalten“ klicken können, das hätte mir wahrscheinlich Arbeit erspart. Auf jeden Fall musste ich meine Programme neu installieren, wobei zum Beispiel die Kontoeinstellungen in Outlook inklusive der Kontaktdaten und Mails nach der Installation des Mailprogramms noch da waren. Puh!

Und wie ist es nun, das neue Betriebssystem? Haben sich die fünf Milliarden Euro und drei Jahre Entwicklungszeit gelohnt? Generell schon. Es ist wirklich zeitgemäßer und moderner. Man schaut beim Hochfahren nicht mehr auf diese hässliche DOS-Ebene in schwarz-weiß mit den vielen Zahlen und Buchstaben, die einem im Vorbeiflug nix sagen. Das ist mal was – hab ich mir schon lange gewünscht. Überhaupt geht das Hochfahren und auch das Runterfahren viel, viel schneller. Signifikante Geschwindigkeitserhöhung in Form eines Start-Stopp-Turbos. Congratulation.

Geht der Bildschirm dann auf, kommt es. Das, was neu ist. Die Seite mit den Kacheln, die für Apps stehen. Lauter bunte Rechtecke mit Infoangeboten. Da blicke ich noch nicht so durch. Unter Mail soll ich ein Microsoft-Konto eröffnen. Da geht es wohl irgendwie darum, alle möglichen Dinge bei Microsoft zu zentralisieren. Man kann sich dann von jedem Rechner per Microsoft-ID einloggen und hat seine Daten. Eigentlich cool. Aber ich weiß noch nicht, ob ich so eng mit Microsoft zusammenarbeiten möchte. Ob ich denen meine Daten gebe, sie wissen lasse, wann ich mich wo einlogge. Und meine Fotos und Facebookdaten und so weiter. Emotional wirkt das ein wenig wie Heiratsangebot, das etwas überraschend kommt. Da brauch ich noch…

Also klick ich die Windowstaste, um auf die Startseite zu kommen. Meine Welt. Mein Desktop wie immer. Meine Ordner, Programme, Strukturen. Kurz und bündig. Alles da. Bis auf: Den Startbutton unten links! Huch! Und jetzt? Wie komme ich zu den Systemeinstellungen? Zu den Programmen? Überhaupt tiefer ins System? Das wäre schwierig. Um zu den Programmen zu kommen, müsste ich die „Kachelansicht“ wählen und dann nach rechts scrollen und dort mein Programm öffnen. Viel zu umständlich. Im Internet bin ich dann auf ein kleines Zusatzprogramm gestoßen, dass sich „Classic Shell“ nennt. Einfach installieren und schon hat man wieder den Startbutton mit dem schnellen Zugang zu den wichtigen Dingen. Ich denke, hier ist Windows 8 Pro zu weit gegangen. Das ist ein wenig Entmündigung, um die User zu den Kacheln zu zwingen, die im Arbeitsalltag nicht die Bedeutung haben. Hier brauche ich Programme, keine Wetterinfos oder Börsenkurse. Schließlich ist der Rechner ein Arbeitswerkzeug, kein Entertainmentcenter. Wird man wahrscheinlich alles einstellen können, aber da bin ich noch nicht. Und da werden die meisten so schnell nicht sein.

Anfangs hatte ich es bereut, Windows 8 Pro installiert zu haben. Als ich das mit der Windowstaste nicht wusste, hab ich innerlich geflucht. Lauter Sackgassen und Einbahnstraßen. Jetzt geht’s. Ich kann wie früher agieren und habe die Vorteile, die Schnelligkeit eines neuen Systems. Und: Alles ist ausbaufähig. Mit der Zeit werde ich wahrscheinlich auch dahin kommen, dass ich die Kacheln nutze…

Im Herbstwald unter einem Baum liegen und in den Himmel schauen.

Wie schön das ist. Wieder ein Sonnentag. Wieder ist es schweinekalt, wie gestern schon. Herr Cooper und ich haben uns nach einem späten Frühstück auf den Weg gemacht.

Der Bach im Maikäfertal hat mich gelockt, diese Stelle im Wald, an der ich kürzlich diesen dicken, frischen, unbeschädigten Steinpilz gefunden habe. Was soll ich sagen: Da war wieder einer. Dieses Mal angeknabbert von einer Schnecke und tiefgefroren. Ich konnte ihn kaum schneiden. Der Steinpilz köchelt nun hier auf dem Herd. Ein Süppchen als Vorspeise. Heute Abend gibt es ein Gericht, das Jens Oma immer gekocht hat. Rübstiel mit Kartoffeln. Rübstiel vom Marktwagen, Kartoffeln von unserem Pfedebauern.

Der Bach war so frisch. Die Sonne knapp über den Hügeln, flach, warm. Gefrorene Wiesen, Pfützen. Ich musste an Damien Rice denken. Cold Water.

Cold, cold water surrounds me now
And all I’ve got is your hand

Mit dem Pilz im Stoffbeutel und den Fotos von den Blättern im Bach sind wir weiter. Zu den beiden Kühen auf der Wiese. Über die Zäune. Querfeldein, keine Wege. Kinderei. An den Teichen vorbei, den Hügel hinauf zu dem kleinen Birkenwald, in dem die Sonne tanzte. Als wären wir umgeben von Elfen, was wir wahrscheinlich waren. So hab ich mich hingelegt, ins gefrorene, tockene Laub. Herr Cooper kam und schaute irritiert. Das hatte ihm nicht gefallen. Ob er wohl gedacht hat, ich sei verletzt oder so? Oder er wollte einfach nur weiter. Ich glaube, er mag keine Pausen? Wozu? Hat eh kein Trinkpäckchen, keine Banane, kein Wandertagsbrot dabei. In Pergament verpackt. Mit Liebe.

So lag ich da und schaute hoch. An der rauen Rinde vorbei ins Licht. Die gelben und noch grünen Blätter. Die Letzten, bevor. Ihr wisst. Dann ist es soweit. Der Winter kann kommen, wir haben gestern Holz gesägt. Der Keller ist voll mit rund 10 Raummetern Holzscheiten. 30 cm. Buche, Eiche, Fichte, Ahorn. Holzernte der letzten Jahre. Bald muss ich wieder. Fällen, sägen, spalten. Mit der Stihl in den Wald. Mit meinem Traktor. Diesen oder spätestens nächsten Winter.

Ich lag also unter dem Baum. Und da dachte ich: Hier liegst du nun. Allein, denn außer Herrn Cooper niemand weit und breit. Werde ich irgendwann wieder bereit sein, eine Beziehung einzugehen? Zu zweit im Wald unter einem Baum zu liegen, um in den Himmel zu schauen. Wie kompliziert dies alles doch. An schönen Tagen.

To be overwhelmed with…

Overwhelmed.

Dieser Begriff kam mir heute Morgen in den Sinn. Wie ihr wisst und als fiftyfiftyblog-Öfterleser bereits gemerkt habt, weiche ich öfter ins Englisch aus. Als Texter, der auf Deutsch schreibt. Eigentlich. Nun vertrete ich die These, dass diese Vereine zur Rettung von Sprachen Verhinderungseinrichtungen sind, die etwas Altem anhängen. Einem Wunschgedanken, der sich nicht halten lässt. Permanent kommen in diesem unserem Lande Thesen, die Sprache würde den Jordan runtergehen und verdenglishen und die guten alten Goethe-Schiller-Hölderlin-Zeiten gingen in Flammen auf. Eine Asozialisierung des deutschen Sprachraums. Huch. Quatsch mit Sauce. Selbstverständlich gibt es Extreme. Jugendsprache, die kaum verständlich ist. Werbeboys and Werbegirls, die sich englishcool verhaspeln und keiner blickt mehr durch. Gibt es. Aber das ist nun einmal die Realität, das Abbild der Zeit, der gesellschaftlichen Dynamik. In Zeiten von Globalisierung, von Exporten in alle Welt, von Firmen aus der Nachbarschaft, die ihre Produkte zu 80% nach China verschiffen, in Zeiten von Vernetzung, facebook und WWW allerorten lassen sich die Dämme nicht stützen. Wer wollte das auch? Und dieser Sprachdruck ist eben auch sprachinspirierend. Es passiert so viel. Sprachwandel. Wir können doch nicht dauernd die alten Worte verwenden, die nicht mehr passen.

Ist doch toll. Passiert was. Druck auf die Sprache, Innovationspotenzial, Veränderung, Erneuerung. Wozu? Ein Beispiel. Gedichte. Kürzlich sagte sie zu mir, ich sein ein Romantiker. Was ja nicht so ganz von der Hand zu weisen ist. Ich schreibe Gedichte, die öfter mal von Liebe handeln. Gefühlen. Menschlichen Innensichten. Muss ich euch nicht erklären. Es kommt so ein Augenblick, der mich overwhelmed with. Mit Freude überwältigt, weil mich etwas anfliegt. Weil dieser spezielle Zustand entsteht, der entrückt. Der Körper fühlt sich anders an, der Kopf auch, die Worte suchen sich zu ordnen. Welche nehme ich? Höderlin? Goethe? Novalis? Lasker-Schüler? Brecht? Heiner Müller. Something is rotten in this age of hope… Fickzellen mit Fernheizung. Worte eines deutschen Dichters. Der hat sich in der DDR an Shakespeare rangemacht. Hat mit ihm gekuschelt und mitten im Osten die Sprache des Klassenfeindes genutzt. Über Mauern, Selbstschussanlagen und Tretminen hinweg. Denn Worte fliegen selbst über Todesstreifen. Die fliegen mit dem Wind, kann man hören, wenn man will. Wer sich mit Sprache beschäftigt, spürt, wo die Worte herkommen. Sie haben eine lange Tradition, sind in unsere Gene gehämmert und transportieren sich mit. Bis ein „Hey, Alder, wat…“ da integriert ist, das dauert. Und geht. Natürlich bin ich schockiert, wenn Zoe zu mir sagt: „Hey Alter, kannste mal…“ Ist dann auch wieder süß. Und eine Zwischenstation, ein Ausprobieren, Individualität formen, schleifen, polieren. Auf dem Weg. By the way:)

Tatsächlich bin ich vom Thema abgekommen, weil dieses „To be overwhelmed with…“ eigentlich in dem Sinne gedacht war, dass ich sagen wollte: Ich bin überwältigt. Das wäre eine gleichzeitig reißerische und langweilige Head (Überschrift) gewesen, die mir nicht gefallen hätte. Also die englische Version, die diesen Zustand des überwältigt Seins stärker in den Klang nimmt. Wenn man das Wort langsam ausspricht, ist es tatsächlich so, als würde ein Vierzigtonner über einen hinwegrollen, als würde man langsam durch eine 100 to. Rollenpresse geschoben und zur Briefmarke verarbeitet.

Das war ja jetzt mal die längste Vorrede bzw. dreisteste Themenabweichung, die ich bislang aufs Parkett gelegt habe. Schönlau: Thema verfehlt. Setzen. Stupido. Womit verdienst du dein Geld? Hey, das hier ist Freestyle. Freizeit. Klar? Mach ma nich die Welle. Gut.

Momentan bin ich überwältigt vom Leben. So viele Eindrücke. Frankfurt, Glen, Besichtigung einer Maschinenfabrik, Meeting in einem abhörsicheren Ovaloffice, Briefing in einer Agentur zu drei Themen, Fahrt in einem 420PS-Boliden über eine Landstraße, Telefonate, Mails, Texten in Köln in einem Postraum mit Blick auf eine Hinterhofmauer mit drei restlichen Blättern vom roten Wein, im Stau stehen morgens, es nicht glauben können, was da abgeht. Autos, Autos, Autos, die sich wie Wasser in die Stadt drängen, die aus allen Ritzen sprudeln, alles verstopfen, zum Stehen kommen. In jedem Auto ein Mensch. So wie ich. Wie bescheuert ist eigentlich das Verkehrssystem der Menschheit? Individualismus. Egoismus. Abends wieder im Stau. Die gleiche Sache andersherum. Würden in jedem Auto zwei Menschen sitzen, wäre die Zahl der Autos schon halbiert. Ja. Ganz einfach. Allein in unserem Dorf: 210 Einwohner und bestimmt 90 Autos. In manchen Familien hat jedes Familienmitglied einen Wagen. Fünf Personen, fünf Autos. Wir haben auch zwei. Hier unten im Dorf stehen neun Häuser. Zu denen gehören 20 Autos – ohne die Geschäftslieferwagen und die Feuerwehrautos. Man könnte sich einen Fuhrpark teilen und würde mit deutlich weniger Fahrzeugen hinkommen. Würde man dann noch gemeinsam fahren – zum Beispiel zum Einkaufen… Wären das dann noch Elektroautos, die von einem Windrad auf dem Berg betankt würden…

Wie war das Thema? Überwältigt. Wahrscheinlich deshalb. Ich kapituliere. So wie gestern vor meinen Kindern. Auf der Rückfahrt aus Köln habe ich einen überwältigten Jim aus der Schule abgeholt, der mich zugetextet hat. Ich hatte also diesen Kölner stadtauswärts Stau überlebt, war dann geheizt, um pünktlich zu sein und habe mir dann Jetstream und Corioliskraft erklären lassen. „Weißt du Papa…“ Dann hat er mir noch im Detail erläutert, welche Fälle es im Russischen gibt und wie seine mündliche Prüfung in Russisch gelaufen ist. Ich hatte ja eher die Assoziation eines KGB-Verhörs. Sieben Minuten allein mit der Lehrerin und das Wissen der vergangenen Unterrichtseinheit auf Russisch erzählen. Puh. Zuhause dann kam mir Zoe entgegen geflogen, die fragte, ob sie morgen, also heute eine Gegenparty veranstalten dürfe. Weil ihre Freundinnen und sie nicht eingeladen worden wären… Irgendsoetwas. Sie nannte drei Namen, die kommen würden und in meinem Kopf drehte sich noch die Corioliskraft auf Russisch im Stau und ich sagte JA. Fehler. Ich ging die Treppe herauf, wo mich Herr Cooper überschwenglich oben stolz stehend, schwanzwedelnd, popowackelnd empfing. Da drang vom Telefon her die Zahl 8 in mein Ohr und Zoe legte auf und erzählte, wer alles kommen würde und dass die Mama nicht da sei und das alles kein Problem sei… Äh, moment mal. Zu spät, Papi. Boah, ey. Frech. Timing.

So. Jetzt wisst ihr ungefähr, was ich mit der Überschrift meine. Oder? Jetzt werde ich hier ganz ruhig arbeiten und all das, was ich die Woche über in meine Tasche habe stecken dürfen, texten. Kaum ein Wort geschrieben. Nur geredet. Schönen Tag euch, schönes Wochenende. Was nehme ich für ein Foto? Ach, was schreib ich denn, ihr habt es ja schon gesehen:) Overwhelmed…