Liebeserklärung an die Stadt Köln und raum13

IHR SCHREIBT GESCHICHTE!

Wer hätte jemals für möglich gehalten, was gerade in Köln geschieht?

Eine Stadt stellt sich auf die Seite der Kunst und auf die Seite eines Kunstprojektes, dass sich wie David gegen Goliath gegen eine vermeintliche Übermacht aufstellt.

Veedel gegen Investoren.

Bislang schienen Investoren sakrosankt. Die investieren, kommen mit Geld, gestalten quasi kostenlos. Man muss sich um nichts kümmern. Stadtentwicklung all inclusive. Kleiner Nachteil: Es gibt nur die billigen Getränke. Muss sich ja rechnen. Das ist so eine Art Fake. Alles sieht proper und geschniegelt aus. Die Facility Manager kümmern sich um fein gemähte Rasenflächen und die Mülltonnen sind irgendwo schön versteckt. Städtische Idylle im oberen Kauf- und Mietpreissegment. Weshalb also der Vergleich mit den billigen Getränken?

Weil etwas fehlt, was viel mehr kostet als Fassade!

Inhaltlichkeit, Menschenorientierung, Entwicklung entlang den Bedürfnissen einer Stadt und ihrer Menschen. Weshalb ist es denn so schön in Nippes und Ehrenfeld? Weshalb leben denn die Menschen dort so gerne? Weil da was los ist. Weil das lebendige Viertel sind. Weil sich da Kulturen treffen. Weil da die Dönerbude und die Kölschkneipe lebendig nebeneinander koexistieren. Dat is Kölle. Das macht Köln zu dieser wunderbar sympathischen Stadt.

Feiert mal Karneval auf der Neusser. Und dann feiert mal Karneval unter den Kranhäusern. Gute Nacht, Marie. Kannste knicken. Und wie wird das wohl zukünftig auf der anderen Seite sein? Da wo die alten Industriegebäude standen? Da wird gerade viel betoniert. Stahlbeton als Fundament einer neuen Lebenswelt für gut Betuchte. Ein Reichen-Ghetto. Da kommt dann irgendeine Schickimicki-Gastronomie hin, die Stimmung bis zum Abwinken garantiert.

Und nun zur Liebeserklärung:

Kölle, du min Stadt, du min Hätz. Was hast du mich überrascht. Ich muss mich bei dir entschuldigen, weil ich skeptisch war, ob du das mit dem Otto-Langen-Quartier kapierst und ob du richtig reagierst. WOW! Was für eine Performance in den letzten Monaten. Was für bahnbrechende Entscheidungen, die in ihrer Größe und Bedeutung kaum zu fassen sind.

Du hast dich entschieden, die Flächen des Otto-Langen-Quartiers per Vorkaufsrecht zu übernehmen. Das war schon großes Kino. Aber dann bist du noch einen Schritt weiter gegangen und hast eine Resolution verfasst, in der du raum13 zum Ankerpunkt der Entwicklung im neuen Otto-Langen-Veedel machst.

Die Politiker*innen deiner zauberhaft wunderbaren Stadt haben, wie im Märchen, fraktionsübergreifend gemeinsam (bis auf die immer-sowieso-gegen-alles-kopf-in-den-sand-und-merkel-muss-weg-hinderer-politikvermeider) entschieden und eine Resolution verfasst.

Ladies and gentlemen, so geht Geschichte. Ich erlaube mir zu zitieren:

„Die oben genannten Fraktionen, Gruppen und Einzelvertreter des Rates der Stadt Köln:

1. …

2. sprechen sich dafür aus, dass raum13 — Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste weiterhin den Ankerpunkt im ehemaligen Hauptverwaltungstrakt der Gasmotorenfabrik Deutz für eine ganzheitliche Entwicklung des Otto-Langen-Quartiers in einem gemeinwohlorientierten Nutzungsmix aus Wohnen, sozialen, kulturellen und gewerblichen Nutzungen bilden und dies auch unter Berücksichtigung der besonderen Rahmenbedingungen des Denkmalschutzes. 


3. streben für die Stadt Köln oder eine mit ihr verbundene Entwicklungsgesellschaft spätestens über die Anwendung des besonderen Vorkaufrechtes den Kauf und somit die Sicherung der unter 3. ausgeführten Ziele und Rahmenbedingungen an.“

Hat es das schon gegeben?

Das ist groß. Das ist sehr groß. Das hat Bedeutung.

Die viertgrößte Stadt Deutschlands setzt Gentrifizierung Grenzen. Sie schreit in die Welt! Sie sagt: Wir wollen es anders als bisher machen. Sie vertrauen dem Kunstkollektiv raum13. Sie setzen ein Zeichen, das Wellen schlagen wird. Der Blick richtet sich nach Köln. Wie läuft das da? Was passiert da? Ist das ein alternativer, ein besserer Weg?

Köln hat sich mit dieser Entscheidung, so sie tatsächlich und letztendlich umgesetzt wird, zurückgemeldet und einen Anspruch formuliert. Wir wollen unsere Stadt selbst gestalten. Wir wollen eine lebendige, lebenswerte Stadt gerade auch dort sein, wo Neues entsteht bzw. Altes bewahrt wird.

Viele werden kommen und schauen. Viele werden berichten. Viele werden über das „Modell“ Köln sprechen. Politiker*innen anderer Städte werden sich fragen: Sollen wir es wie in Köln machen?

Mit der Entscheidung hat sich Köln entschieden, ein Leuchtturm in Sachen Stadtentwicklung zu sein. Dafür liebe ich diese Stadt nur umso mehr. Congratulation, Respekt! Endlich Champions League:)

Und raum13?

Ach Anja, ach Marc. HOPE! haben wir einmal gesagt. Dran glauben. Dranbleiben. Einstecken, weitermachen. Hoffnung nicht verlieren, arbeiten, Möglichkeiten aufzeigen, eine Vision entwickeln.

Neun Jahre habt ihr geschuftet, geackert, Überzeugungsarbeit geleistet, begeistert. Ihr habt eine unbändige Energie, mit der ihr die Geschichte der Stadt Köln ein Stück verschoben habt. Einen Tick auf eine neue Bahn.

HOPE!

Da geht was. Welt ist nicht immer so, wie wir sie sehen. Es ist nicht, wie es gerade ist oder zu sein scheint. Der Staus quo steht auf einem wackeligen Sockel. Es ist, wie wir es wollen. Und wenn am Anfang nur steht: Es soll anders sein. Wenn es nur darum geht, den Standard aufzuhalten, weil er nicht gut ist.

Ihr habt gezeigt, dass es anders geht. Ihr habt Geduld bewiesen. Und vor allem: Weitblick.

Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen? FUCK.

Der soll daran glauben und die Welt zu einem schöneren Ort machen.

Das habt ihr getan. Ihr habt einen Ort, der so historisch, so wichtig ist, vor der Abrissbirne gerettet! Ihr habt eine Fläche, die Millionen, Millionen, Millionen von Euro wert ist, den Plattmachern entzogen, um sie den Menschen und dem Leben in der Stadt Köln an die Hand zu geben.

In Markenworkshops suchen wir stets nach dem WHY. Dem wahren Antrieb. Der tieferen Bedeutung von Unternehmen auch für Gesellschaft. Unternehmen, die etwas bewirken wollen, die der Menschheit etwas geben wollen fernab von Profit, sind immer die besseren, geschätzteren Unternehmen.

In der Immobilienbranche, bei den Projektentwicklern scheint es das WHY nicht zu geben. Die haben nur das WAS sie machen und das WIE sie es machen. Kaufen – abreißen – hochziehen – vermieten – verkaufen – Rendite einstreichen. Klingt so langweilig wie das, was ohne WHY entsteht. Weshalb sollten die an einen Fahrradladen denken? Oder an einen Unverpacktladen? Oder eine Krabbelgruppe? Oder einen Proberaum? Oder eine Theaterbühne? Oder einen PC-Reparaturladen? Oder einen Schuster? Oder einen Buchladen? Oder einfach einen Treffpunkt für Menschen? Oder eine Kölschkneipe? Kommt im Investorendenken nicht vor. Ist nicht im Mindset, in der Gedankenwelt. Bringt nix.

Hat man aber ein WHY wie raum13, denkt man an das Wohl der Menschen, dann hat man auch Argumente, die am Ende des langen Überzeugungswegs gepunktet haben. Ein lebendiges Viertel. Für Menschen gemacht. Mit dem, was sich Menschen wünschen. So, wie Menschen leben wollen. Schön, nett, durchdacht. Mit allem, was die Menschen brauchen. Es geht darum, Menschen, Kölner*innen glücklich zu machen. Über einen partizipativen Prozess. Transformation durch das Einbinden der Menschen, die in dieser Stadt leben. Die wissen, was sie für ihr Glück brauchen. Die das sagen, formulieren und in die Diskussion geben. Nur dann kann entstehen, was echt ist.

Letztlich einen Ort schaffen, an dem man auch Karneval feiern kann. Und alles andere tun kann, was mit Veedel zu tun hat. Diese Stadt hat eine Historie. Diese Stadt ist besonders. Diese Stadt hat es verdient, ihr Glück zu mehren, ihre Menschen zu ehren und der Welt zu zeigen, dass es auch anders geht.

Ihr habt es geschafft, Anja, Marc, raum13 mit all euren Helfer*innen, Unterstützer*innen, Fans, die Weichen zu stellen, das Fundament für Entwicklung zu bauen. Mit all den wunderbaren Menschen, die ihr um das Projekt geschart habt. Mit all den Künstler*innen, Wissenschaftler*innen, Architekten*innen, Politiker*innen, Kulturschaffenden, Denker*innen, helfenden Händen.

Dafür liebe ich euch. Dafür liebe ich raum13. Ihr gebt Hoffnung, auch mir.

Jetzt bleibt nur noch, die letzten Schritte zu gehen, bevor das einzigartige, wunderbare, formidable Projekt seine Arbeit vollends aufnehmen und finalisieren kann.

Erstens: Möglichst die Räumungsklage überstehen. Der Noch-Besitzer schachert und will raum13 raus haben. In der Annahme, das würde die Preisverhandlungen mit der Stadt Köln positiv beeinflussen? Keine Ahnung. Wahrscheinlich geht es um Geld. Rendite. Immobilienmensch ohne WHY. Nur irgendwie – Kohle machen. Schade, dass er auf der falschen Seite der Geschichte steht und in den Geschichtsbüchern der Hinderer sein wird. Der, der die Knüppel zwischen die Beine wirft. Er könnte sich einbringen, er könnte die Seiten wechseln, er könnte seinem Herz einen Ruck geben, er könnte mitmachen. Mach doch.

Zweitens: Schnell kaufen, liebe Stadt, damit es losgehen kann und raum13 seine Energie nicht für sinnlose Prozesse verballert. Die Zeit für all den Quatsch ließe sich kreativer nutzen. Lasst raum13 schnell durchstarten. BITTE:)

Lang geworden der Text. Hat sich einiges aufgestaut. Aber die Liebe muss eben raus.

Wenn ihr was für raum13 tun möchtet, dann schreibt über das Projekt. Postet in den Social Media, geht auf die raum13-Seite und informiert euch über Veranstaltungen und Aktionen. Macht mit bei einem großen Projekt. Werdet Teil von etwas Großem. Geht hin! Ihr seid alle willkommen. Es ist so außerordentlich spannend und erwärmend, dort vor Ort zu sein. Ihr solltet euch einen Gefallen tun und mal reinspüren. Lohnt sich.

Hier der Link zu raum13: https://www.raum13.com

Alles neu macht der Mai, alles…

Mögt ihr auch dieses junge Blättergrün? Diesen heillos optimistischen Farbton, der in seiner gänzlichen Zartheit so vor Willen und Kommendem strotzt? In etwa so wie Kirschblüten, nur noch ein wenig realistischer. Nicht ganz so märchenhaft.

Früher habe ich ihn überwiegend in dem Buchenwald unten im Maikäfertal wahrgenommen, nun in Essen Werden. In den Wäldern der grünen Hauptstadt Europas. Steht hier überall. Nun. Wenn das mal nicht mit der Reinwaschung eines hier heimischen Strombetriebs zu tun hat, dessen Kohlkraftwerke mehr Schatten als Licht verbreiten. Aber es ist Mai und es war von Optimismus die Rede.

So lassen wir ihn zu Wort kommen. Auf meinen Streifzügen durch Facebook habe ich einen Interviewausschnitt aus einer Talkshow gesehen, in der sich Claas, der von Joko, über Europa und die Zukunft äußerte. Er sprach davon, 1983 geboren zu sein und zu einer Generation zu gehören, die bislang dachte, die Politik samt Demokratie und Europa käme mit der Post. Seit den politischen Volksentscheidungen im angelsächsischen Raum sieht das nun anders aus. Demokratie ist gar nicht so einfach und strikt, wie man denkt. Und ja, wenn sie nicht gepflegt wird, oh, bekommt sie ein Haltbarkeits- und Verfallsdatum.

Es ist an der Zeit. Als unbelehrbarer Optimist und Mensch, der sich Strohhalme zu Bäumen redet, glaube ich fest an das Sprießen von Hoffnung. So Schritt für Schritt erreichen wir den Zenit der dunklen Kräfte. Das sich Überstülpen der schwarzsehenden Mahner und Warner macht so wenig Spaß und verdirbt dermaßen die gute Laune allerorten, dass sich diese Erscheinung hoffentlich bald auflöst. Was immer dieses Breitmachen von Frust und Enge auch bedeuten mag, möge es sich jetzt wieder zurückziehen. Braucht kein Schwein.

Je suis Uncle Sam

Ermutigung!

Ein Wort wie Ertüchtigung. Wahrscheinlich habe ich es schon einmal geschrieben: Wir leben in aufregenden Zeiten. Immerhin. Denn schön sind sie nicht. Im ästhetischen Sinne. Wo ich auch hin lese, taucht er, es, auf. Dieser hässliche Mann mit T. facebook. Normalerweise gehe ich gerne durch die Zeilen und schaue was abseits von Spiegel Online in meiner Welt der Freunde und Bekanntschaften los ist. Soziales Netzwerk. Diese kleinen Geschichten, der Alltag.

Und wo ich auch hin schaue, da ist er. Nun, sie haben ihn gewählt. Selbst schuld. Ich meine, wozu ist Demokratie da? Das Mindeste ist, dass man weiß, was man tut. Ein paar Gedanken sollte man sich schon gemacht haben. Über Angela Merkel und Martin Schulz freue ich mich derzeit sehr. Dann tauschen sie auch noch Freundlichkeiten per SMS aus und sprechen von Respekt. Was für ein Land. Gut, wir haben auf dem Weg auch einige verloren. 20 %?

Das ist nicht wenig, aber es nicht die Hälfte und es werden andere Zeiten kommen. Hoffe ich. Wer will so leben? Natürlich ist es nicht schön, in Terrorangst zu leben. Und natürlich möchte niemand 9/11 oder Charlie Hebdo oder Brüssel oder Weihnachtsmarkt in Berlin. Aber was hilft es, die Freiheitsstatue einzumauern? Amerika hat seine Freiheit verkauft. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten mauert sich ein und verliert den Glauben an Freiheit. Sie haben sich verwählt und verkauft. Die USA verraten und verkauft. FUCK.

Aber auch, wenn derzeit die Kacke am Dampfen ist, es geht weiter. Und auch er, der bekennende Lügner, wird Geschichte sein. Früher, später. All zu lang wird es nicht dauern. Was sind ein paar Jahre? Es wird ruhiger werden, weil auch er irgendwann in die Knie geht. Lieber früher als später. Klar, denken wir jetzt.

Die Weltgeschichte ist derzeit wie so ein normaler Haushalt. Erst geht die Waschmaschine kaputt, dann kommt der Motorschaden an der Familienkutsche, ein Portemonnaie geht verloren, eine Liebe und am Ende schickt das Finanzamt einen Steuernachzahlungsschrieb. Zahnschmerzen habe ich vergessen und Fußpilz. Da ist Amiland gerade. Dieser grauenhafte One-Night-Stand. Ups. Tatsächlich mit dem und jetzt geht das Licht an. Uaahhh! Das Gesicht. Mit dem Frühstück lassen wir lieber. Und der Typ will nicht gehen und hat noch so viele tolle Ideen und Weisheiten auf Lager. Herpes-Alarm.

Man bekommt, was man verdient. Das Prinzip von Ursache und Wirkung. Karma. Wenn man bereit ist, eine Grenze zu überschreiten, darf man sich nicht über Nordwind wundern. Das gelobte Land jenseits ist nicht immer das Paradies. Da wohnen die Menschenfresser und Zombies.

America is Zombieland.

Schade auch. Dumm gelaufen. Gut, dass da ein Atlantik zwischen liegt. Wer das gelobte Land verlassen möchte, den lade ich ein. Gewähre demokratischen Amerikanern mit Anti-Zombie-Gesinnung Asyl. Freies Wohnen, freies Geleit. Für die Zeit, bis es so weit ist. Wir stehen das durch.

Auch, dass ich nun nur noch eingeschränkt facebook nutzen kann. Jedes zweite Bild der Papa Zombie. Diese Selbstherrlichkeit. Das Verlogene. Die Arroganz. Und: Diese über alle Maßen selbstbewusste Dummheit. Ein Rattenfänger, der die Cowboys ins Death Valley gelockt hat. Der Schurke mit dem schwarzen Hut.

Immerhin. Irgendwann können wir sagen, dass wir das alles live erlebt haben. Wir waren in diesen irrsinnigen Zeiten dabei. Aber, wir haben sie überstanden. Am Ende ist der Mensch doch schlauer, als man denkt. Der böse Mensch hat sich in Luft aufgelöst, alle haben sich die Hände gegeben und Lucky Luke reitet der Sonne entgegen.

Wichtig: Ruhig bleiben. Noch wichtiger: Nicht hassen. Versaut das Karma, das übrigens keine Sünden zählt, sondern das Innere, den eigenen Weg programmiert. Es geht darum, über eigene Erfahrungen und Entscheidungen den Weg zu definieren. Entscheide ich immer Kacke, wird das nix. Halte ich inne, überlege und lege eine Portion Weisheit an den Tag, wird daraus ein Schuh. Amiland ist gerade ziemlich barfuß unterwegs.

Bleibt, sich über den Widerstand zu freuen. Der Patient atmet und ringt auf der Intensivstation. Es ist ein resistenter Keim, der sich da eingenistet hat. Die üblichen Antibiotika wirken leider nicht. Macht was, forscht, überlegt oder klärt das in Western-Manier: Highnoon. Haut die Pfeife weg.

P.S. – ich wollte das nicht schreiben. Ich möchte keinen von all diesen derzeitigen Brandstiftern hier erwähnen. Letztlich hat mich die Hilflosigkeit übermannt und ich musste. Ich möchte wieder über kaputte Waschmaschinen, das Maikäfertal, die Befindlichkeiten des Herrn Cooper oder Kunst in den Nächten der Städte schreiben. Egal. Muss halt.

P.S. 2 – das Privileg, in die USA einreisen zu dürfen, kannst du dir ganz klein aufrollen und in deinen fetten Milliardärs-Arsch schieben (für die Immigration, wenn ihr dann bei einer eventuellen Einreise meine Gesinnung und Social-Media-Accounts checkt – fickt euch, äh, fuck you:)

Am Ende dieses Jahres könnte ich weinen…

Und zugeben, dass es nicht wegen Aleppo ist. Nicht wegen der Ertrunkenen im Mittelmeer. Nicht wegen des Dresdener Hasses. Das ist alles so weit weg, dass ich es nicht denken kann. Ich wünschte, all das würde nicht geschehen. Ich wünschte, die Menschen würden endlich human. Ich wünschte, ich müsste nicht zusehen, wie mein Land verroht. Wie sich Menschen vom Konsens der Menschlichkeit abwenden. Es ist, wie es ist. Unerträglich.

Nun. Ich sitze mit meiner Tochter in der Küche und wir essen Mandarinen. Die Holzkiste mit der spanischen Verführung steht auf dem Tisch. Wir sind uns nah. Wir reden. Sie erzählt mir von sich und es ist wie Südwind im Rauschen der Zeit.

Was tun, mit diesem Jahr? Bowie ist gestorben. Heroes.

Und vieles anderes ist geschehen. Ich weiß es gar nicht zu fassen. Cohen. Die Alte Schule weg. Als würde sich alles auflösen, als hätte sich die Vergangenheit aufgelöst. Alles Trugbild, Fata Morgana, Schimäre.

Wohin treibt es? Was wird dieses 2017? Den Blick richten in welche Richtung? Wo ist in diesen fucking times verdammt nochmal vorne? Wo ist das Licht?

Ich fahre Achterbahn, Berg-und-Tal-Bahn, Amorbahn, Kettenkarussell. Ich fliege zwischen den Zeiten. Silvester in Paris, Frühjahr in Hamburg, mit Jim in London, an der Côte d’Azur, Menton, ein paar Tage Ballermann mit den Jungs. Abgehoben, weggeflogen.

Und nun? Wenn ich einen Strich unter dieses Jahr ziehe? Wenn ich alles summiere und abziehe, was bleibt? Ich weiß es nicht.

Ich liege in meinem indischen Bett, und schaue auf den Mond und die Sterne draußen. Viveka nennt den Blick raus Frankreich. Ich habe noch den alten Blick im Herzen. Das Dachfenster, den Mühlenberg. Heimat ist, wenn man weiß, wie der Mond vorm Fenster zieht, wenn man die Sternenbilder des Himmelskinos vorm Fenster kennt, wenn alles da ist, was da sein soll.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass diese Welt dort draußen zu groß ist. Dass da zu viel ist, was nach anderen Regeln spielt. Zu viel, was grob, hässlich, unästhetisch ist. Einfach grausam.

Es reißt mich. Was tun? Hinsehen und auseinandersetzen und sich in diesem Tohuwabohu zerreißen? Oder Arkadien sehen? Das Dionysische? Die Liebe?

Die Zeiten erinnern mich an Charleston und die Dreißiger. Der Tanz auf dem Vulkan. Absinth und schöne Verse. Die Türen schließen, den Ball eröffnen, die Kapelle spielt, die Augen funkeln, die Diamanten leuchten, der Champagner berauscht, das Störende löst sich auf. In den Drehungen der Nacht. Verpisst euch.

33 konnte man die Türen auch nicht mehr verschließen, weil sie eingetreten wurden. Heil Petra & Co. marschieren nun auch in braunen Stiefel durch das Land und werfen Fackeln durch Fenster und Türen. 2016. So lange hat das „Das darf nie wieder geschehen!“ gehalten. Ja, ihr seid Nazis. Nix da, man darf nichts mehr sagen. Wenn ihr so eine braune Kacke redet seid ihr eben Nazis. Bislang habt ihr euch gewunden und getarnt und nun zeigt ihr eure hässlichen Fratzen. Rote Armbinde, weißer Kreis, schwarzes Kreuz mit Haken. Nur halt alles im Kostümchen. Mit vollen Händen in der Volksseele wühlend. Knietief drin.

Und was ist mit Bowie, Pink Floyd, Jim Morrison, Cohen? CUT. Zusehen, wie das nun alles. Irgendwie. Inspirierend ist das nicht. Diese Zeiten haben den fuckin‘ Charme eines Nürnberger Parteitages. Aus den Löchern kommen die schreienden Idioten. Endlich dürfen sie wieder. Arschkrampen.

Nun gut, Herr Schönlau. Beruhigen sie sich. Für Sie ist das Jahr gut gelaufen. An ihrer Seite dieses wunderbar verrückte Wesen. Niemals langweilig. Dieses Lächeln. Die Grübchen. Und immer dabei. Ja, machen wir. Egal wie verrückt oder abwegig. Dabei. Und dieses Haus. Habe ich euch schon gesagt? Ja habe ich. O.K. Trotzdem mache ich es noch einmal. Ich habe ein Haus gekauft. Eines verkauft und eines gekauft. Ein schönes Haus mit einer schönen Atmosphäre und Platz und es ist warm und die Fenster sind neu und die Räume sind hoch und es gibt eine Wendeltreppe. Dieses Jahr ist Wahnsinn. Mindestens.

Nächste Woche noch eine Präsentation. Die letzte Marke für dieses Jahr und dann ist Schluss mit Gedanken und Business und Strategien und Bildern und Heads und Kanälen. 3 Wochen Urlaub. Vergessen, zu nehmen. Immer weiter, durchgezogen, gemacht, getan. Ganz ehrlich? Allmählich gehe ich in die Knie. Ich mag keine Adresse mehr online ändern, keine neue Versicherung mehr anfragen, keinen Stromanbieter kontaktieren, kein Wasserwerk, keinen Entsorger. Grunderwerbssteuer, Notargebühren, Zahnriemen, Treckeranlasser, Holz sägen, Küche einrichten, Wände schmirgeln. Im Klang des Zeitenrauschens. Mit Pegida als Backroundchor, das Jammern der Kleingärtner, weil jemand den Rasen betreten hat.

Es reicht. Entweder ihr beruhigt euch jetzt oder ich werde Revolutionär. Fidel is ja jetzt auch weg. Die wissen alle schon genau, weshalb gerade jetzt. Nun, kann sie verstehen. Wer will schon mit all den Arschgeigen 2016 auf einem Planeten zusammenleben? Alles hässliche Orks. Könnt ihr jetzt mal bitte wieder in eure Höhlen verschwinden? Verpisst euch einfach. Kusch. Ins Körbchen. 2016 ist das Outing-Jahr der Schwachmaten.

Wendepunkt 2016

ohne-titel

Ist das zu fassen?

Irgendwie scheint es nach 2016, dass nichts mehr ist wie zuvor. Gestern habe ich von Trumps Wahlkampf gelesen. Big Data. Eine Londoner Agentur hat ihn mit Daten gefüttert. Und dann hat er. Seine Leute losgeschickt. Die haben an Türen geklingelt und Wahlkampf betrieben. So weit, so gut, so normal. Aber. Seine Helfer hatten die Daten der Menschen hinter den Türen. Ausgelesene Facebook-Profile etc.

20 facebook likes reichen, um zu sagen, was für ein Mensch man ist. 70 likes geben so viele Infos, dass man mehr über einen weiß als die eigenen Eltern. Trump wusste mehr. Seine Leute haben an den Türen geklingelt, von denen sie wussten, wer dahinter wohnt. Eine App auf den Smartphones hat dann gesagt: Den musst du so ansprechen, die so.

Das hat überzeugt. Jede und jeder hat seine, ihre Story bekommen.

Und nicht nur das. Die einen wurden zum Wählen animiert, die anderen davon abgehalten. Schwarze bekamen auf facebook Infos, dass Miss Clinton gegen Schwarze ist. Targeting nennt man das. Zielgruppen, Zielpersonen fokussieren und mit entsprechenden Infos indoktrinieren. Nicht mehr nur KGB, CIA, BND, nein. Nun auch Parteien. Trumps.

Der Brexit scheint schon so gelaufen zu sein. Deshalb passen Vorhersagen nicht mehr. Diese Beeinflussung ist nicht mitgedacht. Niemand wusste, dass Trump infiltriert.

Wie naiv sind wir. Wie demütigend ist es zu erfahren, dass Trump geschickter war. Wahlsieg gebucht. In London.

Moral, Ethik, Werte. Klo runter. Dreckig, feige und gemein, ja, so muss man als Politiker sein. Überzeugungen? Hindern. Ziele? Wozu? Hauptsache, man ist Präsident. Egal, wie. Einfach sagen, was die Leute hören wollen. Opportunist. Who cares? Chamäleon. Die Strategie: Einfach immer sagen, was passt.

Nun hat die AFD in Deutschland die facebook-Hoheit. 2017 wird gewählt. Puh.

Orwells 1984 ist mittlerweile Kinderkacke. Aktuell wird das Internet zu 70% über Smartphones genutzt. Und nahezu alle haben Smartphones. Wer nun also in Deutschland 2017 die Smartphone-Hoheit hat, wird gewinnen. Die politische Dummheit ist grenzenlos. Wir sind tatsächlich an der Grenze der Aufklärung: Der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Jetzt läuft es so, dass facebook & Co. politische Wirklichkeit vorgaukeln. Ein Beitrag hier, ein Post dort. Langsam ranführen, anfüttern, mit gezielten Infos lenken. Eine Frage des Geldes. Targeting. Und Mr. Zuckerberg verdient. „Bitte verführt meine Kunden, verarscht sie, lasst sie das tun, was ihr wollt.“

Ein perfides Spiel, bei dem die Welt zuschaut und nichts macht. Ist ja alles legal. Nur ein Geschäft, keine Tat. Daten kaufen, Daten nutzen. Wie tief das wirklich geht? Keine Ahnung. Aber dass der Einfluss immens ist, liegt auf der Hand. facebook & Co. greifen in die Hirne von Menschen, die in Demokratien wählen. Wie auch immer ist das nicht wirklich zielführend und sinnstiftend.

Da macht jetzt natürlich auch die „Lügenpresse“ Sinn. Wenn man die Presse verteufelt, muss man sie auch nicht mehr lesen. Weil sie ja lügt. Und woher bekommt man dann seine Informationen? Wie verschafft man sich eine Meinung und ein Bild, wenn man nicht liest und die Medien meidet? Wer informiert dann? Tja. Facebook-Informanten.

Es ist ein Wahnsinn. Die Menschen sind so verunsichert, dass sie jeden Scheiß glauben. Niemand traut niemandem mehr. Und Angela Merkel stellt sich der Wiederwahl in ihrer CDU und sagt ihren Leuten: 2015 wird so nie wieder passieren. Ja, alle lernen und richten sich aus. Passen sich an. AfD wirkt. Schiebt, drückt. 20% sind eine Kraft, an der niemand vorbeikommt. Und 2017 wird die AfD auf facebook richtig Alarm machen. Und viele wissen gar nicht, weshalb auf ihrer Seite plötzlich Dinge auftauchen, die sie glauben. Von denen sie glauben, dass sie sie glauben. Holla.

Nie war Intellekt so wertvoll wie heute. Erst Hirn einschalten.