Ja Mann, was weiß ich eigentlich über Rumänien? Bilder im Kopf, sonst nix. Dracula, Transylvanien, Pferdefuhrwerke, ein toter Ceaucescu und erzkonservative CSU-Bayern, die mit Rumänen Wahlkampf betreiben. Kohl, Koch, Seehofer. Wie war das damals: Das Boot ist voll. Dann brannten die Häuser. Biedermann und die Brandstifter. Immer schön einheizen und Stimmung gegen Menschen machen und Angst schüren. Des lieben, hart verdienten Geldes wegens, dass dann die anderen in Saus und Braus verprassen. Janos hat da die schöne Geschichte vom Maulwurf und der Grille gemalt, die den ganzen Sommer über gefiedelt hat. Und? Im Winter setzt sie der Hirschhornkäfer (als Hundebesitzer mag ich keine Jäger, die nerven nur und lauern einem auf und sind tiermordende Großkotze mit perfidem Revierverhalten – wie Hausmeister in grauen Kitteln – tu das nicht, tu jenes nicht, des armen Wildes wegen, dass sie dann zum Wohle des Tieres erschießen. Hä? Nun gut, klar, es gibt auch nette Jäger. Aber einige. Vollschuss.) vor die Tür: Hast den ganzen Sommer nur gefiedelt! Nun sieh zu, wie du klar kommst! Und so stapft sie durch den hohen Schnee in dünnen Schühchen. Herrje. Das Mitgefühl ist nicht die Stärke der christlichen Vorreiter! Wie machen die das immer mit ihrem Gewissen und den sonntäglichen Kirchenbesuchen und den folgenden Reden? Ablassbriefe? Beichten? Schizophrenie?
Nun, Thema dieses Beitrages ist ein ganz anderes. Erinnert ihr euch an Den kommen die Polen holen? Da war unser alter Focus im Oktober den Weg des Gerechten gegangen. Also ab nach Polen in die Heimat Wojtylas. Von dem habe ich den Versuch in Erinnerung, Christen, Juden und Moslems zu versöhnen. Mit krummem Rücken nach Jerusalem. Eine seiner letzten Reisen, oder?
Im Oktober hatte Adrian die Kiste aufgeladen und sie mit nach Osten genommen. Der Wagen war alt, hatte den Erdball mehrfach umrundet und durfte sich nun darauf freuen, eine polnische Wellnessfarm für Westkarren zu besuchen. Nun geht es ihm gut, er läuft weiter rund und ist der Schrottpresse noch einmal vom Haken gesprungen. Ich hatte Ersatz besorgt bei einem wunderbaren türkischen Mitbürger, der eine wahrhaft weise Freundlichkeit besaß und mich in zwei Gesprächen mit wunderbarem Mokka beglückte. Das hatte Stil, die Karre läuft, alles gut.
Tja. Mit jenem Auto. Weil wir aber zwei Kisten brauchen und aufgrund unserer familiären Situation mit Liebesverhältnissen in Essen und Köln ziemlich viel rumkommen, hatte nun auch das zweite Fahrzeug – unser Urlaubs-Kinder-Hunde-Familien-Kombi – den Geist aufgegeben. Zwei Turboladerschäden hintereinander. Die erste Reparatur kostete 1.600,00 €. Es stellte sich raus, dass dieses TDCi-Modell motorenmäßig ziemlich kacke konstruiert ist. Falsche Ölleitungen, Hohlschrauben mit Sieben, die sich notorisch zusetzen und den Fordhändlern ganze Armeen von Geschädigten in die Arme treiben. Und nicht nur den Ford-Händlern – das Motorenkonzept ist auch in Citroens und Peugeots verbaut. Irgendwie reingefuckelt in die Karosserie und Turbolader ade wegen nix Öl. Boah, ey. Hals ohne Ende. Mittlerweile bin ich Turbolader- und Ölzuführungsspezialist für Ford Focus 1.6 Liter TDCi-Motoren. Ford hat das einfach mal so laufen lassen und auch das überarbeitete Modell hinsichtlich der Ölversorgung nicht überarbeitet. Das Turbolader-Ableben geht fröhlich weiter. Ford-Händler bestätigen das und arbeiten mit obskuren Vorfiltersystemen, die die Reparatur noch einmal um rund 300 Euro teurer machen. Kommt gut, wenn man schon bei 150.000 km 1.500 Euro für den obligatorischen Wechsel des Rußpartikelfilters gelatzt hat. Bravo! Gut überlegt. Ich denke mal, dass die eine oder andere Familie in Deutschland aufgrund dieser Konstruktions-Weltmeisterleistung schön Zuhause am Baggersee verbringen konnte, weil die kleinen Konstruktionsprobleme das Urlaubsbudget geschluckt haben. Shareholder-Value – Hauptsache die Gewinne stimmen.
Wir fahren jetzt Renault. Das Web hat bezüglich des Motors und des Turboladers mehr Positives als Negatives ausgespuckt. 1.5 dCI. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Jetzt waren wir ziemlich blank. Diese Karren fressen einem die Haare vom Kopf. Was will man machen? Landleben. Der Natur so nah, von allem anderen so weit weg. Bis Köln mit öffentlichen Verkehrsmitteln ca. 2,5 h. Für 65 Kilometer. Zur Arbeit nach Attendorn – das wären, wenn überhaupt möglich, sicherlich auch mehr als 2 h. Erst einmal eine Stunde lang nach Gummersbach… Wir waren aber nicht nur blank, sondern hatten auch noch eine kaputte, vom Schrauber unseres Vertrauens zerlegte Schrottkiste am Hals. Ich meine, der Wagen war eigentlich echt super. Ghia-Ausführung mit allem. Elektrisches Glasschiebedach, Klimaautomatik, Sitzheizung, Tempomat, Multifunktionslenkrad, CD-Spieler, Alufelgen, 8-fach bereift, Anhängerkupplung und all so’n Schnickschnack. Bequem, komfortabel. Aber kaputt.
Da stand er nun und lag mir im Magen. Was tun damit? Der Freund eines Freundes wollte ihn kaufen. Für wenig Geld. Nö. Ich meine, wenn es einen so erwischt hat, hat man nix zu verschenken. Mein Gefühl sagte mir, 2.000 bis 2.400 Euro. Die wollte ich haben. Also fotografiert, abends rein in mobile und los gings. 2.000 hatte ich geschrieben. 5 Minuten, 5 Mails (meine Telefonnummer habe ich nicht reingesetzt). Bei dem Erfolg hab ich gleich den Preis erhöht. 2.400. Weitere Mails. Wieder ein Adrian, ein Toni, ein Tony, ein Dragon und ein Fane. Alle mit der Bitte, doch meine Telefonnummer rauszurücken. Sie selbst hatten als Vorwahl 040. Rumänien. Ich habe zurückgemailt, um mal zu schauen, wer wirklich interessiert ist und wie das mit dem Preis so hinhaut. Angebot und Nachfrage. Bald hatte ich den Preis raus: 2.200. Am nächsten Tag musste ich arbeiten, hatte ein langes Telfonbriefing und die Jungs parallel im Mailaccount. Die ersten hatten dann über meinen Namen meine Telefonnummern rausbekommen und riefen an. Mit Dragon, der den Wagen un-, un- unbedingt haben wollte, hatte ich für die nächsten Stunden einen netten Telefonkontakt.
Nun ist in diesem Business eine gewisse Linie gefragt, sonst versinkt man im Chaos und geht unter. Also schrieb ich mir auf die Fahnen: Jungs, sorry, ich weiß, ihr würdet aus Rumänien kommen, aber es ist so – wer zuerst die Kohle auf den Tisch legt, kriegt den kaputten Focus. Fane mailte ins Briefing. In zwei Stunden hol ich ihn ab. Nachdem das Telefonbriefing dann beendet war, läutete Dragon durch. Und? Ich berichtete ihm von Fane, der bereits unterwegs sei. Dann rief Fane an, dann Dragon. Dragon schwor Stein und Bein, dass er ihn Montagfrüh abholen würde. Zwischendurch sagte mir Adrian, er würde Sonntagmorgen kommen. Ein Hin, ein Her. Dragan war mir, das muss ich so zugeben, am sympathischsten. Er hatte auch das überzeugendste Argument: Ich will den Wagen für mich haben! Tja, das hätte ich auch gerne gesagt…
Es war ein irrer Tag. Als hätten sich alle verabredet, mich gänzlich wahnsinnig zu machen. Meine rumänischen Freunde, Jobs, Mails, Anrufe, Kinder. Hammer. Um 14.30 Uhr dann der Anruf. Sind gleich da. Dragon fragte nach, ob der Wagen jetzt wirklich abgeholt sei? Nein, noch nicht! Ich versprach, mich zu melden. Das versprach ich allen, auch Toni, der 1.450 geboten hatte. Die Ersatzteile seien so teuer, mehr könne er nicht geben. Sorry, Toni, weißt du, das hier ist mit Turboladern und diversen Reparaturen auch kein Kinderspiel.
Die Jungs rollten auf den Hof. Mit Anhänger. Fanes Jungs. Er war nicht dabei. Die beiden begutachteten die Kiste, sprachen kein Wort Deutsch oder Englisch und berichteten alles mobil nach Rumänien. Am Ende dann gab mir der Kleinere mit wichtigem Gesichtsausdruck den Handapparat: Chef Fane. Ja, klar, dann ging es los. Preisverhandlungen. Ich meine, vier Leute wollten die Kiste haben. Habe ich Fane auch gesagt. Du musst nicht. Kommt ein anderer. Er redete vom fehlenden Turbolader, dass er den kaufen müsse und vom fehlenden Reserverad (die Kisten haben heute Reparatur-Kits). Handapparat zurück an die Jungs. Ich blieb stur. Palaver. Gucken. Haube auf, Haube zu. Chef Fane. Turbolader, Reserverad. 100 Euro runter. 50. Nein, 100. MANN! O.K. Kohle bar auf die Kralle, kein Vertrag, Papiere übergeben, aufgeladen und Tschüssikowski. Das war eine Sache der Ehre. Fane konnte vor seinen Leuten nicht das Gesicht verlieren. So was nimmt mir die harte Linie. Geschäfte unter Männern. Wissen, was der andere fühlt. Alles komplett irrational.
Das Aufladen war ein Abenteuer für sich. Den Seilzug mit Altöl geschmiert, tropf. Die kaputte Umlenkrolle mit einem Eisenhebel zurechtgerückt (mein Part). Teamwork. Händedrücke, Lächeln, Abfahrt, Hupen, Winken. Ciao, Jungs. Grüßt mir Rumänien. Mir wurde warm ums Herz.
Telefon. Dragon. Sorry, ist weg. Für wie viel? 2.100 Schweigen am anderen Ende. Geistiges verarbeiten. Was? 2.100? Ich hätte dir 2.200 gegeben. Montag. Konnte er nicht verstehen. Heute ist Montag, ich musste arbeiten und Ela auch. Ich glaube auch nicht, dass das ihre Welt gewesen wäre. Telefonate mit Fane und Dragon und Verhandlungen und Aufladen und… Dragon hat sich bedankt, sehr freundlich. Tat mir leid, aber so geht Auto-Business. Mal gewinnst du, mal verlierst du. Kann da gerade mitreden.
So. Story zu Ende. Jetzt könnte ich noch von den ganzen Reifen erzählen, die gerade samt Felgen in unserem Gartenhaus liegen. Zwei Autos vierundzwanzigfach bereift. Wenn die alle passen würden. Aber es gibt Lochkreise, Einpresstiefen, Reifengrößen, Felgen mit vier und fünf Schraubenlöchern – aber das ist eine ganz andere Geschichte und zudem eine Wissenschaft für sich, in die ich mich auch einarbeiten durfte. Aktuell habe ich zwei Semester Automobilwissenschaft studiert.
Jetzt könnt ihr mir zwei Gefallen tun. Erstens: Bitte gut über Rumänen denken und sprechen. Zweitens: Mir die Daumen drücken, dass die Karren jetzt mal halten. Grazie.