7 days, 6 hours, 22 miuntes, 10 seconds bis zur OSTRALE’013 mit David Grasekamp

c/David Grasekamp, mowaii
c/David Grasekamp, mowaii

Nach Hardrock und Demokratie nun also ART.

Das Hotel ist gebucht, die Fahrt geplant, die Presseakkreditierung läuft. In einer Woche werde ich mich auf den Weg nach Dresden machen, um die OSTRALE’013 zu besuchen. Nachdem ich die documenta verpasst habe, weil ich dann irgendwie doch nicht wollte, jetzt also eine große Kunstausstellung der anderen Art. Im Osten. In Dresden. Dort war ich noch nie. Es ist für mich viele Jahre nach dem Mauerfall immer noch ein wenig wie Neuland betreten – da drüben. Köpfe arbeiten manchmal sehr langsam.

Im Vordergrund der Reise werden aber DAVIDs Arbeiten stehen. Vor allem seine Performance Buß- und Bettag II am Eröffnungsabend. Kürzlich hatte ich das Vergnügen, seine Werke, die er für die Ausstellung realisiert hat, zu sehen und zu fotografieren. Da standen sie nackt und perfekt vor mir. Nächste Woche nun also werden sie Mittelpunkt einer Performance sein – auf der OSTRALE-Seite ist David Grasekamp mit Live-Painting angekündigt.

Das werde ich fotografieren und bin jetzt schon gespannt wie ein Flitzebogen, was passieren wird und wie die Zuschauer/innen reagieren werden. Und ich werde es fotografieren. Klick. Klack. PENG:) Und natürlich berichten. Hier. Vielleicht habt ihr auch Lust, nach Dresden zu kommen und euch die OSTRALE’013 und vielleicht auch DAVIDs Performance anzusehen. Dann würden wir uns am Eröffnungsabend sehen. Ihr wisst dann ja, wo ihr mich findet…

Demokratie in Tränen

Gundgesetz

Ja, ich sitze fett in meinem Bett, meinem Leben und schaue zu.

Es gab Zeiten. Damals und noch früher. Die Wiege der Demokratie, als entstand, was gerade bedenkenlos ausgehöhlt wird: Die Herrschaft des Volkes. Demos. Griechisch. Ist auch nicht mehr das, was es mal war. Deshalb?

Gehen wir weiter im Text, in der Geschichte. Der Sturm auf die Bastille, das Hinwegfeuern des Feudalen. Das Enthaupten der königlichen Prunkdiktatur per Guillotine. Das Überschwappen des Freiheitsgedankens, die Rückkehr der Demokratie nach Europa. Jahrhundertelang vergessen, verschollen, von Unwissenheit der finsteren Zeit überdeckt. Das brennende Kreuz der Ritter über allem, der Kampf gegen die Ungläubigen. So. Renaissance, Entdeckung der Wissenschaft, Re-Etablierung der Philosophie, der Menschlichkeit.

Es hat gedauert, bis Deutschland erwachte. 1848. Büchner. Friede den Hütten, Krieg den Palästen. Es war eine Zeit, als das Volk die Schnauze voll hatte. Gestrichen. Die Zeit der Restauration, die Wiederkehr des Feudalen. Man muss sich einmal vorstellen, wie es ist, wenn man das Licht der Freiheit kurz gesehen hat, um dann in die Sklaverei zurückzukehren. Das haben nicht alle mitgemacht. Nicht in Europa, nicht in Deutschland. Es sind Menschen aufgestanden für ihre Rechte als Mensch und sie sind dafür gestorben. Manchmal. Zur Zeit sollten wir uns daran erinnern.

Denn: Die Demokratie wird aktuell mit Füßen getreten. Und das Merkwürdige ist, kaum jemand sagt, schreibt, schreit etwas. Kein lauter Aufschrei. In der modernen Sprache unseres monetärzentrierten Systems heißt das: Eingepreist. Wir haben uns daran gewöhnt. Man könnte aber auch sagen: Wir pennen. Sind satt, fett, bereit zentrale Rechte über Bord zu werfen.

Momentan geht etwas vor, was unfassbar ist. Bürgerrechte werden von demokratischen Regierungen einfach entzogen. Snowden hat uns gezeigt, dass Amerika und England mit Methoden der Stasi arbeiten. Dass sie komplett in den privaten Bereich aller Bürgerinnen und Bürger eindringen. Dass sie digitale Geruchsproben nehmen. Kabel anzapfen, die aus unseren Wohnzimmern heraus laufen. George Orwell, Big Brother is watching you. Wir haben das früher als Science Fiction abgetan. Nun ist es da. In diesem Augenblick ist es möglich, dass das, was ich hier schreibe, bereits mitgelesen wird, weil der Text per Datennetz auf den Server meines Providers übertragen wird.
„Das Internet ist für uns Neuland.“ Wow. Was für ein Kommentar angesichts dessen, was hier los ist. Angesichts offiziell entzogener Bürgerrechte. Und: Der BND möchte wohl auch gerne und scheint involviert, weshalb unsere Politik eher schweigsam reagiert.

Ich mache mir Gedanken. Schon länger. Das hat damals bei Stuttgart 21 angefangen, als aus politisch taktischem Kalkül auf Demonstrierende Gewalt in lange nicht dagewesener Weise ausgeübt wurde. Das Demonstrationsrecht ist eines der höchsten Güter einer Demokratie. Wir blicken auf die Türkei. Schauen hin, was dort geschieht. Hochnäsig, verurteilend. Vorher haben wir nach Tunesien und Ägypten geschaut. Wohlwollen. Aber auch herabschauend, weil wir ja Demokratie verinnerlicht und in allen Institutionen manifestiert haben. Zumindest glauben wir das. Oder: Haben das geglaubt.

Die Demokratie bekommt Risse. Es geschieht, dass sie offiziell ausgehöhlt wird. Frankfurt. Blockupy. Mehrere tausend Menschen wollen ihrem Unmut Ausdruck verleihen. Eine Demonstration wird angemeldet, die auch vor der Europäischen Zentralbank stattfinden soll. Es gibt im Vorfeld eine juristische Auseinandersetzung, an deren Ende die Gerichte sagen: Ja, ihr dürft an der EZB vorbeiziehen. Ein demokratischer Prozess. Die, die sich mit den Gesetzen auskennen, die in der Demokratie die Aufgabe haben, die Gesetze praktisch auszulegen, haben entschieden.

Und was ist dann geschehen? Unter einem Vorwand stoppte die Polizei den Demonstrationszug. An einer Stelle, die es den Nachfolgenden unmöglich machte, zur EZB zu gelangen. Der Zug sollte umgeleitet werden, eine ganz andere Strecke gehen. Es war eine Sperre entstanden, weil die Polizei bis in den Abend, bis zur Auflösung der Demonstration, die Spitze des Demonstrationszuges in einen Korken verwandelte, der den Weg versperrt hat. Es seien Feuerwerkskörper geflogen. Es habe die Gefahr bestanden, dass der Schwarze Block Gewalt ausübt. Klar. Und Marinus van der Lubbe hat den Reichstag angezündet, oder was? Geht’s noch?

Eine eher präventive Maßnahme, bei der als Kollateralschaden das Demonstrationsrecht über die Wupper ging. Es gab Prügel, es gab Schwerverletzte. Es wurden Bundestagsabgeordnete von Polizisten in ihren Rechten beschnitten. Es wurden Pressevertreter verprügelt. Einheiten aus NRW haben sich als besonders brutal erwiesen – berichtet die Bild-Zeitung (!).

Nun könnte man sagen: Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um. Oder: Klar, immer diese linken Spinner. Diese Argumente haben scheinbar auch dazu geführt, das die Presse sehr zurückhaltend war. Außer die FAZ. Da habe ich sehr gestaunt. Schwerverletzte bei Blockupy-Demonstration Dagegen hat Spiegel Online geschwiegen beziehungsweise faktisch berichtet. Sie hatten nur eine freie Journalistin geschickt, die über Banken schreibt. Kein Aufschrei. Nur der übliche Kleinkrieg. Wir mussten handeln…

Demonstrationsrecht beschnitten? Ausgehöhlt? Pressefreiheit eingeschränkt? HALLO! Deutschland, ein Wintermärchen. Heinrich Heine.

Wir wollen auf Erden glücklich sein,
Und wollen nicht mehr darben;
Verschlemmen soll nicht der faule Bauch,
Was fleißige Hände erwarben.

Es scheint, dass Werte in Vergessenheit geraten. Dass die Politik bereit ist, dass wir alle bereit sind, Dinge über Bord zu werfen. Etwas ist faul im Staate Dänemark. Stehen alle noch hinter dem, was 1948 formuliert wurde? Sollten wir einmal einen gemeinsamen Fernsehabend nutzen, um gemeinsam das Grundgesetz zu lesen? Liest die Exekutive manchmal das Grundgesetz, oder ist das außer Mode? Sollten wir uns noch einmal neu erinnern, wie wir leben wollen? Es kommt immer auf den Geist an, der in einem Haus herrscht. Momentan herrscht der Geist des Gehenlassens. Die Bereitschaft, beim Thema Demokratie wegzusehen, weil sie im Tagesgeschäft stört? Weil es gerade nicht passt, dass Menschen eine Privatsphäre haben oder demonstrieren wollen? Wer die Demokratie nicht mehr zu 100% im Herzen trägt, verschenkt. Das macht erst traurig. Und dann kommt die Wut. Wir ernten, ernten, ernten, was wir säen, säen.

Der Himmel über Deutschland weint, der Demokratie laufen Tränen durchs Gesicht.

Black Sabbath is BACK with 13

 gibson, 1972
gibson, 1972

Babes, folks, herhörn. Ohren anlegen. Heute betont der ansonsten kuschelige fiftyfiftyblog die andere Seite des Planeten. Die Seite, auf der die Lederjackenträger, Langbärte, Tätowierten und schwarz gekleidet grimmig Dreinschauenden hausen und ihre Häupter schütteln. Jetzt ist noch Gelegenheit, auszusteigen und den schönen Eindruck bis zum Ende aller Tage zu wahren. Wer jetzt weiterliest…

Heute gibt es hier das breite Brett. Black Sabbath. 13. Kürzlich fuhr ich als braver Papi samt Töchterchen durch die schöne Natur hier, um eine Heilpraktikerin mit übersinnlichen Fähigkeiten aufzusuchen. Da kam die Meldung im Radio. Black Sabbath. 13. Was? Ehrlich? Ich hatte vergessen, dass es Black Sabbath gibt. Und ich hätte euch auch keine einzige Platte geschweige denn einen Song nennen können. Dann lief erst PARANOID und dann kam Ozzy Ozbourne zu Wort.

Von wegen die Kacke mit dem Kokain und überhaupt. Mann. Was für eine Stimme. Neben dem ganzen weißen Pulver ist da auch eine Menge Whiskey den Hang runter gegangen. Auf jeden Fall, Kokain hin, Whiskey her, ich war angepikst. Da kamen Erinnerungen. Ich meine, das ist der Vorteil. Als die damals ab 70 unterwegs waren und den Hard Rock salonfähig gemacht haben, da war ich quasi dabei. Ich kann sagen: Hey Leute, ich bin vielleicht kein Digital Native, aber Hard Rock, yes, believe me, liegt mir in den Körperzellen. Auf tausend Partys in dunklen Kellern und muffigen Jugendzentren reingebrannt.

Wenn wir gegenseitig die Arme über die Schulter gelegt haben und im Kreis getanzt sind. Wenn wir auf dem Boden knieten und die Köpfe Richtung Erdboden schmissen. Das ich heute überhaupt noch höre, ist ein Wunder. Also kam ich Zuhause an und hab mir Child in Time reingepfiffen. Und dann. Echt ey, manchmal ist das Leben doch wirklich entgegenkommend. Fete am Samstag. Runder Geburtstag, runde Sache. Herr Schönlau dabei. Thema? ROCK. Fette Boxen, dicke Anlage, kühles Bier, breiter Sound. Und. JA!

Was glaubt ihr? Wir brauchten keine Luftgitarren. NO! Es gab Gummigitarren. Aufblasbar. What a feeling! Ozzy für einen Abend. Oh Mann. Die Nacht durch. Black Sabbath is back. Ich auch. Große Bühne, großes Kino, voller Sound. Bis 6 Uhr. Das ganze Programm. Köpfe geschmissen, Kerlsposen, keine Peinlichkeit ausgelassen.

Dann habe ich mir meine Gitarre geschnappt, die mir so ans Herz gewachsen war, dass ich wohl angenommen hatte, das sie meine ist. Zumindest lag sie nach dem Aufwachen neben mir. ROAARRR! Ich ging also raus aus dem Konzertsaal. Der Tag hatte begonnen, ich hatte meine Gibson geschultert, stieg die Treppe zur Schule herauf, öffnete die Tür, fand mein Bett und Ruhe. Ewige Ruhe. 13.

Irgendwann kam Herr Cooper, um mir zu verstehen zu geben, dass er damit nicht einverstanden sei. Von wegen ich muss mal raus und du pennst hier. Ich konnte nur sagen: „Ey, Alter, war ’ne geile Nacht.“ Da sah er mich an in seinen schwarzen Klamotten, schaute auf die Gitarre und lächelte. Da wusste ich: Seelenbrüder:)

Und jetzt ciao, die Regler rufen. Black Sabbath, 13, all night long. Und hier, weil es so schön ist: Black Sabbath Paranoid Live 1970

Im, am, beim, Lommerzheim

Lommerzheim, Köln-Deutz
Lommerzheim, Köln-Deutz

Kürzlich habe ich über die Kranhäuser geschrieben. Über dieses neue Viertel am Rhein. Auf dem Weg dorthin habe ich auch das andere Köln gesehen. An dieser Stelle möchte ich die Stadt dann doch verteidigen. Es gibt es weiterhin, das schöne, südliche, verrückte, spaßige, lachende Multikultitreiben. Das Herz dieser Stadt. Fröhlichkeit, Aufgeschlossenheit, Miteinander. Wollen wir ja nicht vergessen…

Wir hatten in Deutz geparkt und waren am Lommerzheim vorbeigekommen, dieser urigen Ur-Kölsch-Kneipe, die mittlerweile dem Päffgen gehört. Ich hatte Viveka den Laden zeigen wollen. Auf ein kurzes Kölsch. Die Tür stand offen, aber es war geschlossen. Putzzeit. Also standen wir in dieser sonst immer bis zum Bersten gefüllten Kneipe ganz alleine.

Normalerweise sind die Tische randvoll mit diesen Tellern mit den riesigen doppelstöckigen Koteletts, die ein Mensch allein kaum gegessen bekommt. Und die Theke ist umlagert und das Kölsch fließt so schnell wie der Rhein nebenan bei Hochwasser.

Nun waren wir ganz allein. Kein Stuhl besetzt. Niemand da. Also habe ich die Gelegenheit genutzt und das Lommerzheim abgelichtet. Die alten Boxshorts an der Wand hinten, die Geweihe. Das ganze Ding sollte schon komplett ins Museum wandern. Also die gesamte Kneipe, so, wie sie ist. Steht in Wikipedia. Nur gut, dass in Köln nicht alle Ideen Wirklichkeit werden. Was bitte schön, soll denn eine Kölsch-Kneipe wie das Kölner Lommerzheim im Museum? Das bringt doch nichts.

Wenn man sieht, wie viel Spaß die Leute in dem abgewrackten Laden haben, dann können einem die Ärmsten in den Kranhäusern schon leid tun. Dann doch lieber ein wenig Patina (ne!) und bröckelnden Fassadenputz. Härrlisch!

Karl der Nashornkäfer ist tot

Karl.
Karl.

Das hätte nicht geschehen dürfen, von Rechts wegen.

„Der Nashornkäfer ist in Deutschland durch Aufnahme in die Bundesartenschutzverordnung eine „besonders geschützte“ Tierart. Nach §44 Bundesnaturschutzgesetz ist es danach verboten, „sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören“ (§44 Abs.1 BNatSchG).“ (Wikipedia)

Doch ist es geschehen. Unabsichtlich. Am Abend hatte ich die Feuerschale angeheizt. Hatte dort gesessen, die Flammen bestaunt wie ein Sechsjähriger. Die Wärme genossen. Als das Feuer runtergebrannt war, hatte ich mich zur Ruhe begeben. War schlafen gegangen. Am nächsten Morgen sah ich das Unglück. Shit happens. Der Käfer war in der Schale gelandet und vergangen. Den Hitzetod gestorben. Och.

Ich habe ihn aus der Asche genommen. Die Hitze hat seinen Chitinpanzer verbrannt, der jetzt einen Feuerglanz trägt. Er sieht schön aus, beeindruckend. Die Fühler sind weg, merkwürdigerweise, weil sein Beinhaar noch intakt ist. Mr. Sherlock Holmes, was mag geschehen sein? Nicht nah genug an der verglühenden Glut? Oder doch eben gerade zu nah? Nur noch einmal kurz raus. Aus der Höhle. Noch etwas vergessen, so lauten die Anfänge von Geschichten, die tödlich enden.

Das Feuer ein Irrlicht? Die Glut magnetisch? Den Instinkt ausgeschaltet? Käfer-Suizid? Was mag ihn getrieben, was gequält haben?

Die aufgehende Sonne schien am Morgen danach durch die Fensteröffnungen im Vorbau. Dort habe ich ihn hingesetzt und dort sitzt er jetzt noch. Geschützt. Wahrlich. Ich musste ihn fotografieren wie ich vieles fotografieren muss. Will. Natürlich auch.

Nachdem er nun, der werte Käfer, in meiner Feuerschale verstorben ist, möchte ihm nun, postum, ein klein wenig Unsterblichkeit verleihen. Im Rahmen der digitalen Halbwertszeit meines Blogservers. Möge er es geschafft haben, Nachwuchs zu zeugen. Aus Spaß an der Freude und des Weiterlebens in Erinnerung wegen. Machs gut, Junge. Komm bald wieder. Als Hase, Hund, Pferd, Wasserbüffel. Viel Glück.