Das schöne, ganz normale Leben

Kaltstart. Lange nicht gebloggt.

Dabei steht bald ein Jubiläum an. Am 18. Februar 2010 schrieb ich meinen ersten Blogbeitrag. 10 Jahre.

Angefangen hatte alles mit diesem Gedicht. Aber dazu vielleicht mehr am Tag des Jubiläums.

Kirschblütenblättersehnsucht

noch

wirft der schmelzende Schnee

mir kalten Nebel in den Kragen

wann

wirst du kommen

Kirschblütenblättersehnsucht

küss mich

leg deine Hand in meine

die Katzenpfoteninnenseiten

ineinander

aufgelöst eins

nicht wartensehnen

nicht tränentropfen

alles

jens schönlau, januar 2010

Und nun, heute?

Ein sonniger Tag Anfang Februar 2020. Alles um mich herum ist anders. Ich muss feststellen, dass außer meinen Kindern und meiner Familie nur ich die eeinzige Konstante meines Lebens bin. Ist wohl so.

Heute. Sitze ich in der Küche an meinem alten kleinen Tisch aus Abizeiten. Ein Erbstück quasi. Buchenholz, braun gebeizt, gedrechselte Füße, ein Schublade mit Furnier und gedrechseltem Knopf zum Öffnen. Gebrauchsspuren, einige Wurmlöcher, in denen niemand mehr Zuhause ist.

Ein Termin hat sich verschoben. Eigentlich hätte ich für einen Kunden, den ich schon lange betreue, an einer Strategie arbeiten wollen. Gestern habe ich mich lange eingearbeitet, heute hätte ich die Dinge zusammengefasst. Das ist aufwendig. Eine Präsentation mit Herleitung, Hinführung, Belegen, Beispielen. Das wäre einiges an Geld für den Kunden gewesen. Also habe ich ihn angerufen und vereinbart, dass wir uns treffen und über meine Sicht der Dinge sprechen. Denn am Ende des Tages geht es um Weichenstellung und Veränderung. Change. Muss man wollen, können, die Zeit muss reif sein. Ihr kennt das. Manches begegnet einem, man lehnt es ab, um es irgendwann für sich zu entdecken.

Wir haben uns am frühen Nachmittag verabredet. Ist nicht weit, um die Ecke, fast in der Nachbarschaft. Ein Traditionsunternehmen auf dem Weg. Nichts bleibt wie es ist.

Was also tun mit der Zeit bis dahin? Es stehen Renovierungsarbeiten im Flur an. Schleifen und ausbessern von Wänden. Der Hausflur ist nicht geheizt, da stecken wir kein CO2 rein. Also sagte mein Inneres: Fliehe mein Sohn vor dem, was dich draußen erwartet. Eine andere innere Stimme sagte: Du solltest mal wieder bloggen. Über das Leben.

Gut.

Es ist schön. Weil die Sonne gerade hereinscheint, weil mich eine Zufriedenheit angefallen hat. Eine schöne Ruhe. Die Kinder sind aus dem Haus, wie man so schön sagt. In Australien und Köln. Sie sind in ihr eigenes Leben gestartet und machen das gut, so weit ich das mitbekomme. Bei allem Vermissen ist es schön, sie so selbständig und stark zu sehen. Sie machen ihr Ding. Das war irgendwie das Ziel. Ich habe keine Sorge. Das ist ein gutes Gefühl.

Gleichzeitig fühle ich mich nicht alleine oder zurückgelassen. Es ist jetzt viel Raum für Beziehung. Ein Leben zu zweit. Irgendwie normal. So hatte ich das noch nicht. Wir gehen beide arbeiten, treffen uns am nachmittag oder Abend, gehen Einkaufen, kochen, essen, schauen uns Filme an, lesen, trinken Tee, lachen, streiten, renovieren, planen, fahren in den Urlaub, machen Pläne, besuchen Freunde, schauen uns Kunst in Köln an, planen im Garten. All diese normalen Dinge im Leben von Menschen.

Mir gefällt das. Es ist schön, vieles nicht mehr machen zu müssen. Kinder erziehen. Elternabende. Zum Musikunterricht bringen. Überzeugungsarbeit leisten – Paprika hat noch niemanden umgebracht!!! Raum haben. Für sich. Keine Hetze, weil das Mittagessen auf dem Tisch stehen muss. Das Leben durchtakten, den Plan B, C, D abrufen. Ruhiger leben, mit all den feinen Erinnerungen, die mit dem Gedächtnis aller Sinne da sind. Babyduft, ankuscheln, neben einem einschlafen. Bitten. “Bitte, Bapu!” Oh. Alles da. Und dann kommt Max hier rein, besucht uns oder Pella meldet sich per FaceTime und ich bin plötzlich in Sydney.

Das war der Anfang dieses Blogs. Fifty-fifty. Jens Schönlau als der erziehende Vater, der tatsächlich 50 % übernimmt. Den Vormittag mit den Kindern oder den Nachmittag. Viel Zeit habe ich mit den beiden verbracht, wir waren viel unterwegs und haben viel erlebt. Zwergenwohnungen bauen im Wald. Aus Zweigen, Moos, Blättern. Drachen steigen lassen, im Weiher schwimmen, durch den Wald stromern, Bobbycar-Rennen. Alles abgespeicherte Filme, ein unbezahlbarer Schatz. Familienkino im besten Sinne.

Und jetzt sitze ich hier und habe ein angenehmes Gefühl, im Leben schon etwas erreicht zu haben. Viele Flausen sind weg, nicht mehr gegen alle Windmühlen anreiten, sich auch mal zurücknehmen, nicht jede Diskussion führen, nicht unbedingt überzeugen wollen. Die Fahnen sind kleiner geworden.

Im Beruf darf ich mittlerweile andere Dinge machen. Nicht nur Text. Man fragt mich nach meiner Meinung. Was ich glaube, wie es sein sollte. Die Agentur hat mir das Rüst- und Handwerkszeug vermittelt. Fundiert arbeiten, recherchieren, herleiten, den weiteren Zusammenhang sehen. Es ist immer auch ein wenig Wissenschaft. These, Antithese. Checken. Denke ich das nur, ist das mein Wunsch oder Glaube, oder ist das Wirklichkeit?

Jetzt mache ich mir einen Cappuccino und genieße ein wenig die Sonne, bevor ich mich auf die Socken mache. Der liebe Gott schenkt mir jetzt manchmal Zeit, die ich gerne nutze. Momente für mich. Raum für irgendwelche Gedanken. Sich treiben lassen in den Weiten der Welt. Ich liebe das (den Satz darf man sich nicht von dieser – Zitat Rolf Schönlau, mein Vater – “amerikanischen Fressdiele für Proleten” rauben lassen).

Einen schönen guten Tag und beste Zeiten wünsche ich euch. Und wenn ihr mögt, könnt ihr gerne kommentieren und vielleicht kurz beschreiben, wie es euch in eurem Leben geht.

Stiller Kämpfer:)

Das Leben ist wundervoll und schön. Es ist reich und prall. Ich liebe es. Aus dem Vollen schöpfen. All die wunderbaren Dinge, die geschehen. Das neue Jahr beginne ich mit Demut und Dankbarkeit.

Gerade sitze ich in der Küche, der Ofen bollert, ich muss mit dem Heizöl sparsam umgehen. Wenn alles gut läuft, das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle und das Denkmalamt zustimmen, werden wir dieses Jahr auf regenerative Energien umsteigen. Also muss das restliche Öl bis zum Frühjahr reichen. Wenn nicht, muss es der Ofen schaffen. Für uns ist der Umstieg ein großer Schritt. Wärmepumpe plus Pellets für die richtig kalten Tage. Unser schöner Holzofen wird umziehen müssen, in eine andere Etage.

Das Klimapaket der Bundesregierung macht es möglich. 45 % Förderung. Wenn der Antrag durchgeht. Das Gesetz wurde kurz vor Weihnachten durch Bundestag und Bundesrat verabschiedet. Es gilt seit dem ersten Januar und schon am Sonntag konnte ich den Antrag einfach online stellen. Genial. Respekt, liebe Verwaltung. Respekt. Kein Chaos. Das Gesetz tritt in Kraft und ist praktisch anwendbar. Jetzt bin ich auf den Ablauf und vor allem das Ergebnis des Procederes gespannt.

Und sonst? Hinter mir liegt ein fettes Jahr. Meine Mutter, die Familie, die Brüder. Mein kleiner Bruder, wie ich ihn seit jeher nenne, hat geheiratet. Meine Tochter Abitur gemacht. Sie lebt jetzt für eine Weile mit ihrem Freund bei einer Familie in Sydney und kümmert sich um das wunderschöne Baby Charlie. Die beiden haben gerade das Vergnügen, Essentials zu lernen. Wickeln, füttern, beruhigen, beschäftigen, ins Bett bringen.

Wir stehen in Kontakt. Facetime, WhatsAPP, Wahnsinn. Infos von der anderen Seite, Gespräche über die Brände, Gedankenaustausch über den Plan B. So weit weg und doch so nah.

Mein Junge, unser Junge. Er hat seine Ausbildung abgeschlossen, lebt nun in Köln in einer WG mit alten Freundinnen aus der Schule. Seit der Einschulung kennen sie sich. 13 Jahre in einer Klasse. Nun lernt er in einem neuen Studiengang. Luxus pur. Er ist glücklich, macht genau sein Ding. Programmiert, lernt darüber hinaus im Kontext. Macht das, was er immer wollte und was er kann. Denken. Sein Gehirn einsetzen. Input aufnehmen und umwandeln. Er ist im Wonderland. Ich konnte ihn in der Uni besuchen. Nun weiß ich, das er am richtigen Platz ist. Vaterglück.

Viel rumgekommen bin ich, sind wir in 2019. Silvester in Paris, Blick auf die Stadt vom Montmartre. Im Frühling Gardasee, Verona und fünf Tage Venedig. Mein Geburtstag auf den Treppenstufen von San Giorgio Maggiore. Portugal, Estoril, Lissabon im Sommer. Eine lange Auszeit, dreieinhalb Wochen. Weg. Raus. Weihnachten mit den Brüdern bei meiner Mutter im Haus unserer Kindheit. Weihnachtsbaum, Weihnachtsessen, bollernder Ofen. Zuhause habe ich eine Weihnachtskarte bekommen, die mich weinen ließ. Manchmal summiert sich Vergangenheit in einem Moment. Ich mag es, wenn das Leben mein Herz ergreift. Dann macht es Sinn.

Jahresausklang, Jahresstart auf Schiermonnikoog. In anderer Besetzung. Zu siebt. Spannende Tage, die wunderschöne Insel, Strand. Über die Sandbank bei Sonne und wirbelndem Sand. Der Strandspaziergang bei Dunkelheit. Das Licht des Leuchtturms, kein Mensch außer uns. Blau das Meer, die Luft. Vogelgeräusche, Wellen, das Knirschen unter den Schuhsohlen.

Nun sitze ich in der Küche an dem kleinen Holztisch, den ich 1984 im Internat von einem Flurnachbarn geschenkt bekommen habe. An ihm habe ich für das Abitur gebüffelt, nun ist er unser Küchentisch und oft mein Arbeitstisch, wenn ich frei oder im Homeoffice arbeite. Ein guter Kollege. Zwischen Kaffeemaschine und dem warmen Ofen im offenen Wohnzimmer. Um 11 Uhr habe ich eine Telefonkonferenz, morgen einen Termin in Köln. Ein Briefinggespräch in einem Café. Das Jahr läuft ruhig und entspannt an.

Meine Seele hat die Flügel ausgebreitet und schwebt. Ich habe mir die Haare abgeschnitten, bin im Modus eines stillen Kämpfers der Klarheit:) Ups. Yep. Es ist ein schönes Gefühl, in der Konzentration zu sein mit Raum über den Dingen. Das Haar hat irgendwie eine größere Bedeutung. Als meine Abi-Löwenmähne bei der Bundeswehr geschoren wurde, erwachte im Spiegel ein anderer. Seither schneide ich ab und an meine Haare ab. Lasse alle Eitelkeit gehen und sehe aus wie ein frisch entlassener Häftling. Oder ein gerade eingezogener Rekrut. Dann kommt die Frage: Hä, was ist mit dir los? Bleibt mir nur ein Lächeln. Und ein inneres “Ist mir doch egal”, wie sie sagen würde. Manchmal ist es gut, einen Schritt zurückzutreten und das Äußere außen vor zu lassen. Ups, gefällt mir der Satz. Das Äußere außen vor lassen.

Das Leben ist schön, es ist wundervoll. Ich liebe es.

Le soir rouge

red moon

Es gibt so kulminierende Zeiten. Manchmal, da passiert nichts. Man könnte von Ruhe oder Langeweile sprechen. Es sind Millimeter, die den Unterschied machen. Gefühle fallen von Klippen, Stimmungen fliegen, landen, steigen, erobern. Nichts ist fest, alles ist in Bewegung. Man würde gerne. Zementieren. Betonieren. Festhalten. Aber genau dann, wenn man glaubt, man könne greifen, nun, in diesem Moment, hätte man es, dann: Puff. Ciao. Aufgelöst, weggebeamt, schön hinterher winken. Bis bald, liebes Glück, Schöngefühl.

Heute Abend hatte ich die Qual der Wahl. Die große Entscheidung. Fußball oder Yoga. Dabei ging es zunächst nicht um Bayern/Real, das Hinspiel des Champions League-Halbfinales. Nein. Ganz profan: Training. In den letzten Wochen habe ich es verpasst. Nun, ich soll nicht lügen. Es ist noch ein wenig anders. Ganz ehrlich? Wir hatten Spiele. Ü32. Über 32 Jahre. Tja. Und da bin ich nicht mehr dabei. Zu alt. 49. Ja, es schmerzt. Zugegeben. Was soll ich sagen? Natürlich. Selbstverständlich. Alle sagen, 49 ist kein Alter. Alles im grünen Bereich. Klar. Nur auf dem Platz bin ich raus. Also hatte ich kein Training, weil Meisterschaftsspiele stattgefunden haben, an denen ich nicht teilnehmen konnte. Fußballer-Frührente. Und dann war da noch viel Arbeit. Lange Tage. Nun ja. Ausreden gibt es immer.

Also habe ich mich heute auf das Training gefreut. Es war mir lieber als Yoga. Männerschweiß, Sprüche, Tackling, rennen, schreien, vollenden. Weil die Bayern gespielt haben, waren wir nur zu acht. Vier gegen vier. Keine große Sache, ein kleines Hin und Her. Geklicker. Aber dann. Ich hatte meine schwarzen kurzen Hosen angezogen, die Kaiser geschnürt, das neuseeländische Nationaltrikot der Rugby-Mannschaft übergeworfen und war aufgelaufen, als wollte ich Christiano Ronaldo ins Hallo stellen. Voll motiviert, gut gelaunt, mit voller Freude auf das, was kommt.

Es kam anders, als ich dachte. Manchmal ist das Leben spontan. Die Dinge ändern sich, die Erwartungen verfliegen wie Wasser auf der heißen Herdplatte. Wusch. Plötzlich, vom einen auf den anderen Augenblick hatten wir einen Gegner. Die trainierende A-Jugend. Junge Kerle im besten Alter. 17, 18 Jahre jung. Holla die Waldfee. Respekt. Ausdauer, Wille, Schnelligkeit, Können, Stärke. Mir fiel so manches Wort ein. Am Ende ließ sich alles in dem Wort Respekt verdichten.

Ich wollte nicht verlieren. Nicht so kurz nach meinem 49-zigsten Geburtstag untergehen. Gegenwehr, aufbäumen, zeigen, was da ist. Lief gut an. Die jungen Götter klebten am Ball, spielten jeder für sich Traumfußball. Kaum vom Leder zu trennen. Tja. Aber. Es fehlte was. Die Konsequenz. Das Durchsetzungsvermögen. Und so konnten wir atmen, Luft holen, reagieren, kontern. Und. Obwohl. Ich eigentlich. Verteidiger bin, ging ich nach vorn und hatte die ausgesprochen wunderbare Gelegenheit, Tore zu machen. Buden. Zu vollenden. AAAHHH! Ego, Leuchten, Heiligkeit, Wunderbarigkeit.

Während des Spiels, das kurz vor dem Spiel der Bayern gegen die Reals stattfand, hörten wir plötzlich die Blaulicht-Sirenen. Und: Jetzt schließt sich der Kreis. Spätestens hier beginnt das Kulminierende. Das neue Feuerwehrauto aus MÜNCHEN war eingetroffen. Unsere Feuerwehrjungs aus der Nachbarschaft waren gestern nach München gefahren, um den neuen Wagen (der sich offiziell Fahrzeug nennt) abzuholen. Eine sündhaft teure Kiste, die sich die Gemeinde kaum erlauben kann. Aber bei Autos der Farbe Rot werden Männerherzen nunmal weich. Also: GEKAUFT. Weil die Karre so groß ist, muss nun auch das Feuerwehrhaus komplett umgebaut werden. Das erklärt die Riesenbaustelle mit Kran vor unserem Haus. Nichts bleibt, wie es ist. Immer hat einer eine Idee, wie es noch besser geht. Deutschland. Investieren, machen, tun, verändern, Aktionismus. Keine Ruhe in keinem Augenblick. Ein durchgeknalltes Land.

Auf jeden Fall wussten wir, das Fahrzeug ist da. Angekommen. Wir spielten zu Ende, gönnten den Young Gunss das letzte Tor, das ihre Niederlage bei weitem nicht abwenden konnte und machten uns mit einem Bier in der Kabine und einer heißen Dusche fit für das Spiel der Fußballgiganten. 22 Kerle in Madrid auf dem Platz. Ein Name größer als der andere. Die Bayern überlegen, die Madrilenen die Gewinner. Diese Bayern haben zwar ordentlich Dampf gemacht, aber immer, wenn es drauf ankam, vorne gestanden. GESTANDEN! Keine Bewegung, die bei den Madrilenen zu Fehlern hätte führen können. Hätte führen können. Ein erbärmlicher, langweiliger Konjunktiv, der beschreibt, was nicht passiert ist. Keine Überraschungen, keine genialen Pässe, keine geschaffenen Räume, kein Pass in die Tiefe. Nothing. Zwei Konter von Ronaldo & Co., ein Tor, eine Bayern Niederlage. LANGWEILIG.

Hat trotzdem Spaß gemacht der Abend. Denn meine Alten Herren haben gegen die Jugend gewonnen, das neue Feuerwehrauto ist angekommen und alle im Dorf sind glücklich und zufrieden (Gute Nacht, Johnboy). Ab in die Betten, dem Tag Adieu sagen und sich auf das Tagwerk eines neuen Tages freuen. Ich werde im Job ein neues Medium bespielen. Was eine klassische Broschüre werden sollte, hat sich zu einer digitalen Präsentation mit einem verspielten Programm entwickelt. Ich schreibe nicht nur, sondern überlege mir eine mit visuellen Effekten gespickte Präsentation. Für einen Termin in München. Im Mai und im Juni wird es mich dorthin verschlagen. Herr Schönlau auf Reisen. Als festangestellter Texter kommt man rum. Raus aus dem Büro, rein in die Welt. Gefällt mir. Kriegt ‘nen Like und ‘nen Smiley:) Ciao. Schlaft gut, träumt süß, bessert euch.

Ach ja: Die Überschrift. Le soir rouge. Der rote Abend. Das bezieht sich auf die Bayern-Trikots und das neue, sensationell fantastische neue Feuerrwehrauto (in Fachkreis einfach das neue Fahrzeug genannt).

Und jetzt die Rumänen…

Focus Seite

Ja Mann, was weiß ich eigentlich über Rumänien? Bilder im Kopf, sonst nix. Dracula, Transylvanien, Pferdefuhrwerke, ein toter Ceaucescu und erzkonservative CSU-Bayern, die mit Rumänen Wahlkampf betreiben. Kohl, Koch, Seehofer. Wie war das damals: Das Boot ist voll. Dann brannten die Häuser. Biedermann und die Brandstifter. Immer schön einheizen und Stimmung gegen Menschen machen und Angst schüren. Des lieben, hart verdienten Geldes wegens, dass dann die anderen in Saus und Braus verprassen. Janos hat da die schöne Geschichte vom Maulwurf und der Grille gemalt, die den ganzen Sommer über gefiedelt hat. Und? Im Winter setzt sie der Hirschhornkäfer (als Hundebesitzer mag ich keine Jäger, die nerven nur und lauern einem auf und sind tiermordende Großkotze mit perfidem Revierverhalten – wie Hausmeister in grauen Kitteln – tu das nicht, tu jenes nicht, des armen Wildes wegen, dass sie dann zum Wohle des Tieres erschießen. Hä? Nun gut, klar, es gibt auch nette Jäger. Aber einige. Vollschuss.) vor die Tür: Hast den ganzen Sommer nur gefiedelt! Nun sieh zu, wie du klar kommst! Und so stapft sie durch den hohen Schnee in dünnen Schühchen. Herrje. Das Mitgefühl ist nicht die Stärke der christlichen Vorreiter! Wie machen die das immer mit ihrem Gewissen und den sonntäglichen Kirchenbesuchen und den folgenden Reden? Ablassbriefe? Beichten? Schizophrenie?

Nun, Thema dieses Beitrages ist ein ganz anderes. Erinnert ihr euch an Den kommen die Polen holen? Da war unser alter Focus im Oktober den Weg des Gerechten gegangen. Also ab nach Polen in die Heimat Wojtylas. Von dem habe ich den Versuch in Erinnerung, Christen, Juden und Moslems zu versöhnen. Mit krummem Rücken nach Jerusalem. Eine seiner letzten Reisen, oder?

Im Oktober hatte Adrian die Kiste aufgeladen und sie mit nach Osten genommen. Der Wagen war alt, hatte den Erdball mehrfach umrundet und durfte sich nun darauf freuen, eine polnische Wellnessfarm für Westkarren zu besuchen. Nun geht es ihm gut, er läuft weiter rund und ist der Schrottpresse noch einmal vom Haken gesprungen. Ich hatte Ersatz besorgt bei einem wunderbaren türkischen Mitbürger, der eine wahrhaft weise Freundlichkeit besaß und mich in zwei Gesprächen mit wunderbarem Mokka beglückte. Das hatte Stil, die Karre läuft, alles gut.

Tja. Mit jenem Auto. Weil wir aber zwei Kisten brauchen und aufgrund unserer familiären Situation mit Liebesverhältnissen in Essen und Köln ziemlich viel rumkommen, hatte nun auch das zweite Fahrzeug – unser Urlaubs-Kinder-Hunde-Familien-Kombi – den Geist aufgegeben. Zwei Turboladerschäden hintereinander. Die erste Reparatur kostete 1.600,00 €. Es stellte sich raus, dass dieses TDCi-Modell motorenmäßig ziemlich kacke konstruiert ist. Falsche Ölleitungen, Hohlschrauben mit Sieben, die sich notorisch zusetzen und den Fordhändlern ganze Armeen von Geschädigten in die Arme treiben. Und nicht nur den Ford-Händlern – das Motorenkonzept ist auch in Citroens und Peugeots verbaut. Irgendwie reingefuckelt in die Karosserie und Turbolader ade wegen nix Öl. Boah, ey. Hals ohne Ende. Mittlerweile bin ich Turbolader- und Ölzuführungsspezialist für Ford Focus 1.6 Liter TDCi-Motoren. Ford hat das einfach mal so laufen lassen und auch das überarbeitete Modell hinsichtlich der Ölversorgung nicht überarbeitet. Das Turbolader-Ableben geht fröhlich weiter. Ford-Händler bestätigen das und arbeiten mit obskuren Vorfiltersystemen, die die Reparatur noch einmal um rund 300 Euro teurer machen. Kommt gut, wenn man schon bei 150.000 km 1.500 Euro für den obligatorischen Wechsel des Rußpartikelfilters gelatzt hat. Bravo! Gut überlegt. Ich denke mal, dass die eine oder andere Familie in Deutschland aufgrund dieser Konstruktions-Weltmeisterleistung schön Zuhause am Baggersee verbringen konnte, weil die kleinen Konstruktionsprobleme das Urlaubsbudget geschluckt haben. Shareholder-Value – Hauptsache die Gewinne stimmen.

Wir fahren jetzt Renault. Das Web hat bezüglich des Motors und des Turboladers mehr Positives als Negatives ausgespuckt. 1.5 dCI. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Jetzt waren wir ziemlich blank. Diese Karren fressen einem die Haare vom Kopf. Was will man machen? Landleben. Der Natur so nah, von allem anderen so weit weg. Bis Köln mit öffentlichen Verkehrsmitteln ca. 2,5 h. Für 65 Kilometer. Zur Arbeit nach Attendorn – das wären, wenn überhaupt möglich, sicherlich auch mehr als 2 h. Erst einmal eine Stunde lang nach Gummersbach… Wir waren aber nicht nur blank, sondern hatten auch noch eine kaputte, vom Schrauber unseres Vertrauens zerlegte Schrottkiste am Hals. Ich meine, der Wagen war eigentlich echt super. Ghia-Ausführung mit allem. Elektrisches Glasschiebedach, Klimaautomatik, Sitzheizung, Tempomat, Multifunktionslenkrad, CD-Spieler, Alufelgen, 8-fach bereift, Anhängerkupplung und all so’n Schnickschnack. Bequem, komfortabel. Aber kaputt.

Focus Klima

Da stand er nun und lag mir im Magen. Was tun damit? Der Freund eines Freundes wollte ihn kaufen. Für wenig Geld. Nö. Ich meine, wenn es einen so erwischt hat, hat man nix zu verschenken. Mein Gefühl sagte mir, 2.000 bis 2.400 Euro. Die wollte ich haben. Also fotografiert, abends rein in mobile und los gings. 2.000 hatte ich geschrieben. 5 Minuten, 5 Mails (meine Telefonnummer habe ich nicht reingesetzt). Bei dem Erfolg hab ich gleich den Preis erhöht. 2.400. Weitere Mails. Wieder ein Adrian, ein Toni, ein Tony, ein Dragon und ein Fane. Alle mit der Bitte, doch meine Telefonnummer rauszurücken. Sie selbst hatten als Vorwahl 040. Rumänien. Ich habe zurückgemailt, um mal zu schauen, wer wirklich interessiert ist und wie das mit dem Preis so hinhaut. Angebot und Nachfrage. Bald hatte ich den Preis raus: 2.200. Am nächsten Tag musste ich arbeiten, hatte ein langes Telfonbriefing und die Jungs parallel im Mailaccount. Die ersten hatten dann über meinen Namen meine Telefonnummern rausbekommen und riefen an. Mit Dragon, der den Wagen un-, un- unbedingt haben wollte, hatte ich für die nächsten Stunden einen netten Telefonkontakt.

Nun ist in diesem Business eine gewisse Linie gefragt, sonst versinkt man im Chaos und geht unter. Also schrieb ich mir auf die Fahnen: Jungs, sorry, ich weiß, ihr würdet aus Rumänien kommen, aber es ist so – wer zuerst die Kohle auf den Tisch legt, kriegt den kaputten Focus. Fane mailte ins Briefing. In zwei Stunden hol ich ihn ab. Nachdem das Telefonbriefing dann beendet war, läutete Dragon durch. Und? Ich berichtete ihm von Fane, der bereits unterwegs sei. Dann rief Fane an, dann Dragon. Dragon schwor Stein und Bein, dass er ihn Montagfrüh abholen würde. Zwischendurch sagte mir Adrian, er würde Sonntagmorgen kommen. Ein Hin, ein Her. Dragan war mir, das muss ich so zugeben, am sympathischsten. Er hatte auch das überzeugendste Argument: Ich will den Wagen für mich haben! Tja, das hätte ich auch gerne gesagt…

Es war ein irrer Tag. Als hätten sich alle verabredet, mich gänzlich wahnsinnig zu machen. Meine rumänischen Freunde, Jobs, Mails, Anrufe, Kinder. Hammer. Um 14.30 Uhr dann der Anruf. Sind gleich da. Dragon fragte nach, ob der Wagen jetzt wirklich abgeholt sei? Nein, noch nicht! Ich versprach, mich zu melden. Das versprach ich allen, auch Toni, der 1.450 geboten hatte. Die Ersatzteile seien so teuer, mehr könne er nicht geben. Sorry, Toni, weißt du, das hier ist mit Turboladern und diversen Reparaturen auch kein Kinderspiel.

Die Jungs rollten auf den Hof. Mit Anhänger. Fanes Jungs. Er war nicht dabei. Die beiden begutachteten die Kiste, sprachen kein Wort Deutsch oder Englisch und berichteten alles mobil nach Rumänien. Am Ende dann gab mir der Kleinere mit wichtigem Gesichtsausdruck den Handapparat: Chef Fane. Ja, klar, dann ging es los. Preisverhandlungen. Ich meine, vier Leute wollten die Kiste haben. Habe ich Fane auch gesagt. Du musst nicht. Kommt ein anderer. Er redete vom fehlenden Turbolader, dass er den kaufen müsse und vom fehlenden Reserverad (die Kisten haben heute Reparatur-Kits). Handapparat zurück an die Jungs. Ich blieb stur. Palaver. Gucken. Haube auf, Haube zu. Chef Fane. Turbolader, Reserverad. 100 Euro runter. 50. Nein, 100. MANN! O.K. Kohle bar auf die Kralle, kein Vertrag, Papiere übergeben, aufgeladen und Tschüssikowski. Das war eine Sache der Ehre. Fane konnte vor seinen Leuten nicht das Gesicht verlieren. So was nimmt mir die harte Linie. Geschäfte unter Männern. Wissen, was der andere fühlt. Alles komplett irrational.

Das Aufladen war ein Abenteuer für sich. Den Seilzug mit Altöl geschmiert, tropf. Die kaputte Umlenkrolle mit einem Eisenhebel zurechtgerückt (mein Part). Teamwork. Händedrücke, Lächeln, Abfahrt, Hupen, Winken. Ciao, Jungs. Grüßt mir Rumänien. Mir wurde warm ums Herz.

Telefon. Dragon. Sorry, ist weg. Für wie viel? 2.100 Schweigen am anderen Ende. Geistiges verarbeiten. Was? 2.100? Ich hätte dir 2.200 gegeben. Montag. Konnte er nicht verstehen. Heute ist Montag, ich musste arbeiten und Ela auch. Ich glaube auch nicht, dass das ihre Welt gewesen wäre. Telefonate mit Fane und Dragon und Verhandlungen und Aufladen und… Dragon hat sich bedankt, sehr freundlich. Tat mir leid, aber so geht Auto-Business. Mal gewinnst du, mal verlierst du. Kann da gerade mitreden.

So. Story zu Ende. Jetzt könnte ich noch von den ganzen Reifen erzählen, die gerade samt Felgen in unserem Gartenhaus liegen. Zwei Autos vierundzwanzigfach bereift. Wenn die alle passen würden. Aber es gibt Lochkreise, Einpresstiefen, Reifengrößen, Felgen mit vier und fünf Schraubenlöchern – aber das ist eine ganz andere Geschichte und zudem eine Wissenschaft für sich, in die ich mich auch einarbeiten durfte. Aktuell habe ich zwei Semester Automobilwissenschaft studiert.

Jetzt könnt ihr mir zwei Gefallen tun. Erstens: Bitte gut über Rumänen denken und sprechen. Zweitens: Mir die Daumen drücken, dass die Karren jetzt mal halten. Grazie.

Focus schräg

Mann, oh Mann, heute ist Internationaler Männertag!

Grins. Sorry, hatte kein anderes passendes Themenbild:) So auf die Schnelle...
Grins. Sorry, hatte kein anderes passendes Themenbild:) So auf die Schnelle…

Ja sowas!

Wusste ich gar nicht, dass es den gibt. Habe ich heute in der Agentur erfahren, als gerade eine Kollegin am Telefon (wir sitzen im Großraumbüro) mit einer Kundin – nun, sagen wir mal – Männlichkeit im Arbeitskontext als suboptimal darstellte.

Klar, konnten wir zur Feier des Tages so nicht hinnehmen und haben in freundlich charmanter Kavaliersweise nachgefragt, um uns hinsichtlich des Aufgeschnappten rückzuversichern, was zu einem gewissen Maß der Relativierung geführt hat.

Männer. Frauen. Läster, läster. Eine never ending story, in die Tradition und Emanzipation reinspielt. Vergessen wir das einen Augenblick lang und wenden uns dem einen Geschlecht zu. Spezies Mann. Oh Mann, oh Mann.

Ziemlich coole Spezies, die mir schon sehr gut gefällt. Kerle. Handfest.

Mann sollte ausrufen an diesem Tag: Kerle aller Länder vereinigt euch – äh, ich meine, also, gut, wer es so sehen will und wem es Spaß macht, klar, auch. Ich meinte aber eher, haltet zusammen, übt den positiven Schulterschluss und lebt die wunderbare schöne Männlichkeit.

MÄNNLICHKEIT. Da kommen doch gleich diese verzwackten Bilder hoch, die sich als Blaupause im Gehirn festgesetzt haben. Brusthaare, schnelle Autos, Bodyposing, flotte Sprüche, Dominanzgehabe, Fußballhysterie, Machoallüren, Rumsauferei und andere Hobbys und Auswüchse.

Hey, hey, hey. Mal schnell das Kopfkino ausschalten und sagen: Landet mal! Nöö. Alle. Wikipedia meint zum Internationalen Männertag am 19. November (der auf den Weltmännertag am 3. November folgt – alles Mann im November): “Ziele des Internationalen Männertages sind es, den Fokus auf Männer- und Jungen-Gesundheit zu legen, das Verhältnis der Geschlechter zu verbessern, die Gleichberechtigung der Geschlechter zu fördern und männliche Vorbilder hervorzuheben. Es ist ein Anlass, um Benachteiligungen von Männern und Jungen aufzuzeigen und ihren Einsatz für die Gemeinde, Familie, Ehe und Kinderbetreuung zu würdigen.”

Da konzentrieren wir uns doch mal ganz schnell auf das zentrale Wort würdigen und vergessen mal allen Geschlechterkampf. Peace, Friede. Denn so ein Mann, das muss ich hier einfach mal sagen, der ist schon eine geniale Erfindung. Was der alles so kann. Mond und zurück und so. Im Ballon um die Erde, im Segelboot, auf dem Fahrrad, in der Raumstation. Höher, schneller, weiter.

Aber jetzt mal Spaß beiseite. Der wahre Mann, der zeigt sich meiner Meinung nach im gewöhnlichen Alltag. Das ist der Mann, der sich seines tradierten männlichen Stolzes entledigt hat und im Alltag tut, was getan werden muss. Von harter Arbeit bis zum sanften Kümmern, vom Holzhacken bis zum Windelwechseln, vom Auto reparieren bis zum Kochen und Spülen, vom Wände einreißen bis zum einfach mal Zuhören. Und auch all die Dinge, die dazwischen, man könnte meinen zwischen Himmel und Hölle liegen.

Das ist natürlich eine ganz schöne Bandbreite, die sich nicht immer durchsetzen lässt, weil einem nicht alles gegeben ist – zumindest nicht im gleichen Maße. Und da fängt Mannsein denn auch an. Das zu sein, was man ist. Fernab der Klischees und Erwartungen. Sich nicht verbiegen in die eine oder andere Richtung, nicht dem Mannsein, das allgemein kolportiert wird, hinterherlaufen. Da ist vermeintliches Starksein manchmal einfach nur Unterordnung und das Behindern der eigenen Potenziale.

Was Männer alles könnten, wenn sie nicht MANN im Kopf wären, sondern Mann im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Wozu sich Kraft und Tatkraft, Erfindungsgeist und Tüftlertalent nicht alles einsetzen ließen. Er könnte die Welt retten, der Mann, genau so, wie er sie. Ihr wisst schon.

Er ist ein ewiges Thema, eine unendliche ambivalente Geschichte mit allen Facetten. Weil wir ihn heute feiern, sagen wir mal nur Wunderbares und denken an die positiven Eigenschaften. Das Smarte, das Starke, das Schöne, das Charmante, das Feste, das Faszinierende.

Wenn sie rausgehen, die Männer, wenn sie in die Welt gehen, ihr Glück herausfordern, das Abenteuer suchen, sich opfern, bis zum Letzten kämpfen, um am Ende verschwitzt, dreckig und breit grinsend heimzukehren mit ihrer Story, die sie ein Leben lang in jeder Männerrunde neu und noch ausgeschmückter, pointierter bringen.

Ja, für mich sind es die Geschichten, die für mich den Mann ausmachen. Seine Lust, zu erzählen, die Vergangenheit zu heroisieren und sich selbst ab und an in ein positives Heldenlicht zu rücken. Ich gebe zu, es wird geflunkert. Und wahrlich übertrieben – aber das ist das Wesen der guten Story. YEPP! Ein Hoch auf uns Männer. Lasst uns tun, was getan werden muss und anschließend die Geschichten erzählen, die dabei entstanden sind. Natürlich bei einem Bier. So sind wir. Das ist das herrliche Klischee. Prost.

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