Barack, Vladimir, ihr kommt jetzt mal aus der Sandkiste und macht PEACE!

So, is mal Zeit für große Politik. Der fiftyfiftyblog schmeißt sich ins Weltgeschehen und unterbreitet einen Vorschlag in Güte. Da muss doch was gehen.

Dear Presidents.

Habt ihr am Wochenende mal ein wenig Zeit? Wir müssen reden. Also ich meine, ihr müsst reden. So kann das doch nicht weitergehen. Was für eine blamable Stellvertreter-Nummer. Ihr schickt Leute in Sicherheitsräte, die nix zu sagen haben. Alle wissen, wie das ausgeht. Die einen wollen dies, die anderen das. Keine Eingung in Sicht. Stattdessen schickt ihr Schiffe ins Mittelmeer. Wollt ihr jetzt Schiffeversenken spielen, oder was?

Jetzt entspannt euch mal und landet. Ich lade euch ein zu einem Vier-Augengespräch in unsere Küche. Da könnt ihr euch an den Tisch setzen, es gibt Kaffee, Schnittchen und am Ende, wenn ihr klargekommen seid, gibt es auch ein gutes Bier. Natürlich nur dann. Oder wollt ihr tatsächlich den Kalten-Krieg-Scheiß wieder aufwärmen? Syrien als neues Korea? Vietnam? Und ihr liefert die Waffen? Wozu, bitte schön? Ich meine, es gibt doch wirklich schon genug Ärger und Probleme. Ihr könntet euch doch um Wasserversorgung oder Umweltschutz kümmern. Sind doch auch schöne Themen, die Spaß machen, wenn man erst einmal angefangen hat.

Jetzt zeigt doch mal guten Willen. Krempelt die Ärmel hoch, überlegt euch eine gemeinsame Taktik, pfeift eure Scharfmacher zurück und lasst mal die Muskeln in Richtung love, peace & harmony spielen. Barack, du weißt, ne. Du hast diesen Preis da damals bekommen, der mit F anfängt und mit riedensnobel aufhört. Ich glaube, da stehst du noch ein wenig in der Kreide. Und Vladi, jetzt mal ehrlich, du kommst allmählich auch in die Jahre und die Nummer mit dem freien Oberkörper auf dem Gaul – da solltest du über einen Imagewechsel nachdenken. Klein wenig softer. Komm.

Zusammen wärt ihr das Dreamteam. Den Nahen Osten befrieden. Vladi spricht mit dem Assad und Barack bietet hier und dort ein Zückerli für den Fall, dass die Friedenstauben über Syrien wieder die Lufthoheit gewinnen. Da muss doch was gehen. Ihr seid doch die Mächtigsten, Tollsten, Allergeilsten überhaupt, oder?

Samstagabend nach dem Abendbrot könntet ihr die Küche haben. Die ganze Nacht und euch mal so richtig aussprechen. Vielleicht werdet ihr ja sogar noch so richtige Männerfreunde, die ihr Herz entdecken. Raketen und Artillerie und Bodentruppen kann jeder, Frieden können nur die Größten. Gandhi und so. So Jungs, die echt ’nen Arsch in der Hose haben. Die nich immer gleich brüllen „Das kriegste zurück“ und dann mit dem Schäufelchen werfen.

Man könnte ja auch fast denken, euch würde nichts anderes einfallen. Als würde es da eine gewisse Beschränktheit geben, über die es nicht hinaus geht. Ideen. Politinnovationen. Mal ’n bisschen ’nen Kopp machen. Wisst ihr noch, was dieser Gorbatschow auf die Beine gestellt hat? Oder der Sadat mit dem Begin? Camp David? O.K. – der Sadat ist dafür denn auch gestorben. Schlechtes Beispiel.

Ehrlich gesagt weiß ich immer noch nicht, welches Interesse ihr da in Syrien wirklich habt. Was wollt ihr da holen? Oder ist das einfach nur, weil ihr euch nicht leiden könnt und euch da gegenseitig irgendetwas nicht gönnt? Sind das so Kindheitsdinger? Könnt ihr nicht loslassen? Kommt Jungs, springt über euren Schatten. Packt die Raketen ein, lasst Luft ab, atmet ruhig, macht Frieden. Dann müssen nicht noch mehr Leute sterben. Nicht noch mehr Kinder ihre Eltern verlieren und umgekehrt. Da sind doch jetzt schon so viele unterwegs. Fragt mal bei UNICEF nach, die sprechen da von einer humanitären Katastrophe. Das wird durch Raketen nicht wirklich besser. Ja, wirklich. Raketen machen kaputt. Versteht ihr? Die machen große Löcher, setzen Dinge in Brand und killen alles, was da ist. Mausetot. Papas, Mamas, Kinder und die Großeltern und Nachbarn auch. Tatsache. Ich weiß, ihr seht das nicht. Ihr seht nur euren Joystick und den Highscore, über den ihr Freispiele bekommt. Aber die Realität, Jungs, das wahre Leben… Olala.

Und wo wir schon mal dabei sind: Angie und Guido, setzt euch mal in den Flieger und sprecht mit euren Freunden rechts und links von Europa. Malt denen doch mal ein Bild, wie es auch sein könnte. Wie wäre es im ersten Schritt mit einer UN-Resolution, die im Land Friedensgespräche durchsetzt. Da könnt ihr dann mal drohen: Entweder an einen Tisch, oder es gibt keinen Pudding mehr, Assad. Und für die Rebellen aller Seiten gilt das Gleiche. Dann bleibts beim fiesen Spinat und aus. Muss doch möglich sein, ein einziges Mal anders als immer zu reagieren. Die Geschichte zu durchbrechen und Unmögliches möglich zu machen. Schließlich seid ihr keine dummen Jungs, oder?

WAR!

Wieder.

Also allmählich werde ich nervös. Gefühlt hat der Rhythmus der Kriegseintrittsentscheidungen heftig zugenommen. Da braut sich was zusammen am Kriegerhimmel. Flieger, grüß mir die Sonne. Die weißen Friedenstauben haben es nicht leicht zwischen all den Drohnen und Tomahawks, die den Himmel durchfliegen, mit dem Auftrag ein target zu zerstören.

Was ist los auf der Welt?

Giftgas. Deshalb hatte der ungeliebte Mann mit dem Dabbelju nach dem George den Irak überrollt. Nichts gefunden. Nun sind in Syrien viele daran gestorben, weil angeblich Militärs aus Versehen die falschen Raketen gezündet haben. Abgeschossen in Richtung Wohngebiete der eigenen Bevölkerung. Ich stelle mir vor, dass oben auf der Höhe über unserem Dorf Regierungstruppen stationiert sind und bei uns in der Schule Rebellen mit Gewehren versuchen, Treffer zu landen. Das nennt man Bürgerkrieg.

Ich habe mir im Web Bilder der belagerten syrischen Städte angesehen. Die sehen aus wie Kabul nach dem Krieg. Häuserhüllen. Grundmauern. Alles weit weg, alles unvorstellbar. Um mich zu verschonen, erspare ich mir die Fernsehbilder (wir haben kein TV). Der Spiegel hat das tote Mädchen auf der Giftgas-Angriff-Titelseite hinter Milchglas gelegt. Sex sells, der Tod auch.

Wir sind mittendrin im Krieg der Welten. Und alle spielen mit. Die große Frage in Deutschland: Lässt sich im Wahlkampf auf irgendeine Weise mit dem Thema punkten oder gar verlieren? Der Spiegel gibt Antworten. Großes Online-Aufmacherthema.

Mir scheint es, als habe Krieg wieder ein bestimmtes Maß an Selbstverständlichkeit gewonnen. Als wäre da die Salonfähigkeit zurückgekehrt. Als wäre das zwar unangenehm, aber notwendig wie ein Zahnarztbesuch.

Antikriegsdemos? Friedenstauben? Friedensbewegung? Mahnwachen? Kerzen? Plakate?

Klar, was soll man tun, wenn Kinder im Giftgas sterben. BESTRAFEN. Sagt die Politik. Assad bestrafen. Nur der bekommt keinen Tomahawk auf den Kopf. Es soll erst einmal eine Lehre erteilt werden. Zwei, drei Tage Raketenfeuer. Der syrischen Armee zeigen, wo der Hammer hängt. Mehr nicht, weil die Rebellen teils zu al-Qaida gehören. Vertrackte Situation aber auch. Wenn man könnte, wie man wollte. Dann würde der Iran Israel auslöschen und umgekehrt und die Russen und Chinesen würden die syrischen Rebellen killen und die USA, Frankreich und Großbritannien sendeten Bodentruppen, um die demokratischen syrischen Rebellen an die Macht zu bringen. Und Deutschland würde das Technische Hilfswerk und das Rote Kreuz mit Lebensmittelspenden und Decken im Rahmen einer humanitären Mission schicken.

Was für ein Chaos. Wie eine Kirmes- und Kneipenschlägerei.

Friedensverhandlungen? Friedenspfeife? Erst nach der Tracht Prügel. Wir schauen zu, wir nehmens hin, wir sagen nichts, warten ab, überlassen es den Regierungen und deren Chefs. Kriegspoker. Es wird in Waffensystemen gedacht, um Lösungen zu bewirken. Was hat die Welt von diesem Krieg? Wo liegt der Sinn? Wo ist das fehlende Teilchen, das zur friedlichen Lösung führt? Irgendwann wird das Land so am Ende sein, dass es sowieso egal ist. Sich selbst mit der Hilfe der großen Brüder in die Steinzeit zurückgebombt. Die Zeit der vielen Toten später. Ein Land voller Feinde, voller Hass, Trauer, Verletzungen. Alles klar, alles eindeutig, alles absehbar, alles schon passiert.

Und: Alle spielen mit. Auch wir, die nichts sagen. Die gelangweilt einem Wahlkampf zuschauen, die auf Europa und die Finanzkrisen schauen und ansonsten den Blick für die Welt verloren haben. Es ist eine Valiumzeit. Alle kollektiv auf Schlafmittel. Hier tut sich nichts, apathisches Hinnehmen. Urlaubszeit, da können Kriege und neue Kriege schon einmal untergehen. Auch die Frage: Zieht Deutschland in den Krieg? Was war das damals, 1999 ein Getöse, eine Diskussion, ein Hinterfragen…

Und jetzt? Die zentrale Frage, ob der eskalierende Syrienkonflikt Vorteile für die SPD oder die CDU bringt. Hinterm Komma. Da spielen doch lieber alle weiter Gesellschaftsmikado: Wer sich bewegt, verliert.

Beck’s löscht Männerdurst

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Friday:) Yippie ey yeah.

Und: Ein schönes, kühles Feierabendbier. Von Beck’s. Ob ich hier Schleichwerbung betreibe? Nein, das ist keine Schleichwerbung, das ist maximal offene Werbung. Hab ich zwar nix von, aber man kann ja auch mal ’ner Brauerei was Gutes tun. Auch, wenn sie neben den B’s für Bremen und Beck’s ein weiteres in Anspruch nimmt: Belgien. Herrje. Die Belgier haben den Laden gekauft. Schon vor langer Zeit. Aber da wir ja alle im Herzen Europäer sind…

Kürzlich. Genau genommen gestern. Da fuhr ich durch Köln und schaute mir all die schönen Bilder links und rechts und über der Straße an. Und plötzlich. Zappadau. Eine große Beck’s-Flasche auf einem Plakat. Nur: Irgendetwas war anders. Das Etikett. Retro. Eine besondere Edition. 140 Jahre. Happy Birthday.

Nun muss ich sagen, dass ich die Marke Beck’s mag. Wegen des Segelbootes und wegen der grünen Flaschen. Sieht so schön schick aus. Und dann, ja. In Italien ist Beck’s das teure Importbier. Das Edelbier. Normalerweise trinkt man Peroni oder Moretti. Aber. Also wirklich. Dieses italienische Bier ist schon sehr süffig. Öffnet man dann die grüne Flasche, schaut aufs Meer, sieht die Sonne versinken, Segelboote am Horizont verschwinden und trinkt den ersten, kühlen Schluck – ja, da ist er, der Moment. Ein inneres
Sail away.

Dieses Bier hat einfach eine wunderbare Story. 1873 gegründet und dann von Bremen in alle Welt verschifft. Ich sehe Windjammer, Matrosen in Wind, Wetter und Sturm. Geschunden, unterwegs im Ungewissen, nicht wissend, ob sie jemals wieder… Gebete in der Kajüte, Fluchen an Deck, Befehle, Skorbut, Tränen, Streit, Schlägereien, Männerliebe, Glücksspiel, Zeitvertreib und das schlechteste Essen, das man sich vorstellen kann. Pampe, Brei, schlecht gespültes Geschirr. Und dann? Und dann? Ein Beck’s! Ausgegeben vom Koch, gehütet wie das Gold in Fort Knox. Verteidigt mit Küchenmessern und Waffengewalt. Wie sehr sie sich nach einem Rausch sehnen. Nach Klettern in den Wanten im Starkwind, den durchnässten Klamotten auf der Nord-Ost-Passage, den an Hanfseilen beim Segelreffen blutig gescheuerten Händen. Ein Moment des Glücks. Nur für sich. Die Lippen umfassen zart Glas oder Flasche, der Kopf neigt sich leicht nach hinten. Bier. Frisch, bitter. Im Mund halten, den Augenblick auskosten, dehnen, weiten. Die geschlossenen Augen, das Lächeln, der Moment.

Nun. Diese Flasche dort oben im Blog war in allen Häfen der Welt, ist mit untergegangen, war die letzte Ration, Hoffnung, Freude.

Mein Vater mochte kein Beck’s. Er hatte einmal, früher, viel früher, bei einer Keilerei eine grüne Flasche auf den Schädel bekommen. Das waren noch Zeiten, als Beck’s Männerdurst löschte und echte Männer sich betranken, um die Fäuste fliegen zu lassen, um sich mit blutigen Nasen zu versöhnen und hoch die Tassen und weiter im Takt und morgens bei Sonnenaufgang Eier braten bei irgendwem… Was für eine Nacht.

Mir gefällt dieses Retro-Etikett sehr. 140 Jahre alt. Bier brauen und Brot backen, das können sie, die verfluchten Deutschen, die doch immer irgendwie wieder auf die Beine kommen und zurück in den Hafen. Sie sind schon merkwürdig, manchmal, aber auch Himmelhunde. Weiß Gott.

So. Und jetzt? Schönlau, lande mal, wie Frau Viveka sagen würde. Ich meine ja nur. Ich freue mich über eine schöne Kampagne und eine tolle Marke, die so viele Geschichten in sich trägt. Es geht doch nichts über Authentizität. Die haben Glück, die Werber und Markenmenschen, die die grüne Flasche umsorgen dürfen. Da ist ernten angesagt. Mitnehmen, was eingezahlt wurde.

Die Flasche ist übrigens eine Limited Edition. Gibt es nur im August. Danach isse wieder weg. Wie schade. Gleich werde ich noch eine trinken. Am Feuer mit meiner Liebsten. Viveka kommt. Ich werde die Feuerschale beladen, das Feuer ohne Anzünder entflammen, wir werden dort sitzen, auf’s Meer schauen, die Segelboote ziehen sehn, die Gesänge der Seemänner hören und in Italien sein. Vorne, direkt vorne am Meer, dort, wo es am Schönsten ist, wo das Plankton im Mondlicht grün leuchtet. Habt ihr das mal gesehen? Unglaublich schön. So grün, wie ein Glühwürmchen oder eine Flasche Beck’s im Sonnenlicht. Und die Wellen summen, und die Fische neigen ihre Köpfe aus Ehrfurcht und der große Wagen im Nordwesten steht still, als würde er zum Einsteigen laden. Hossa.

Ich wünsche euch ein schönes, schönes Wochenende. Lebt, liebt, weitet die Grenzen des Lebens. Ciao.

P.S. Die Headline ist natürlich nicht auf meinem Mist gewachsen. Ein Zitat. In den Sechzigern war das der Werbespruch des Hauses. Da wusste Bauknecht noch, was Frauen wünschen…

The AMERICAN DREAM in Italy

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Zurück in Levanto.

Zumindest gerade hier. Ein wenig erinnern. Auf dem Bett abhängen. Heute Morgen habe ich die Kids mit nach Köln genommen. Ich hatte zwei Kundentermine, sie Karten für die gamescom. Wahnsinn. 1. Publikumstag. 10 Uhr. Sie haben ihre Sachen bei Jens deponiert und ich habe sie dann kurz vor dem Messegelände rausgelassen. Überall junge Menschen. Die Zoobrücke voller Zocker. Junge Burschen in T-Shirts mit wilden Aufdrucken. Peng, Peng, Ratatata. Autoschlangen. Gameswahn.

Ich habe mal für Electronic Arts gearbeitet. SIMS, FIFA und einige Egoshooter stammen von denen. Ich habe die Spiele für den Handel vor dem Erscheinen beschrieben. Ich wusste dann immer, was neu ist. In den Foren habe ich mir die Sprache gezogen und dann die Spekulationen gelesen, was wohl so neu sein wird – während die Infos auf meinem Schreibtisch lagen. Skurril. Die Games-Generation. Vielleicht wird die Bundestagswahl 2021 mit Joysticks ausgespielt. Battlefield Bundestag – den Etat der anderen Parteien zerbomben. AMERICAN DREAM.

Levanto 2013. Dort hat ein Graffiti-Wettbewerb stattgefunden. Alle drei Jahre werden unter den Torbögen der alten Eisenbahntrasse, die mitten durch die Stadt führt, die Wände mit neuen Graffitis versehen. Im Rahmen eines offiziellen Wettbewerbs. Wandverschönerung. Und: Es gibt ein Thema, dem sich die Künstler stellen müssen.

Der Sohn einer Freundin von Viveka, die in einem kleinen Dorf oberhalb Levantos wohnt, wollte teilnehmen. 13 ist er. Filippo heißt er. Netter Bursche. Gutes Grinsen. Und er hat eine gute Freundin, Margherita, die Sprayerin ist und sich Soni nennt. Jung sind die beiden. Sie haben sich vorbereitet, haben die Rückseite des Gartenhauses besprayt, haben sich angemeldet. Filippos Mama wollte ihm den Untergang ersparen und meinte, sie sollten doch erst einmal sprayen lernen und dann in drei Jahren… Hey. Wenn man 13 ist, dann sind drei Jahre ein gefühltes halbes Leben. Sie haben Kohle zusammengekratzt, die Anmeldegebühr von 25 Euro bezahlt und sich was überlegt.

Filippo hat die Farben besorgt, auf die er als Wettbewerbsteilnehmer im örtlichen Farbenladen 10% Rabatt bekommen hat. Waren trotzdem insgesamt noch 37 Euro. Abstottern. Wieder ein gefühltes halbes Leben. Der Wettbewerb rückte näher, die beiden hatten sich was ausgedacht, der Startschuss fiel am Morgen und nach zwei Stunden war ihr Graffiti fertig. Drei Tage später waren dann auch die anderen soweit, die sich etwas mehr Zeit gelassen hatten.

Spannung. Jurysitzungen. Abwägungen. Tja. The winners are: Soni and Filippo. The AMERICAN DREAM war wahr geworden. Du musst nur an dich glauben, heißt es in den Hollywood-Schinken immer. Stimmt doch. Das Foto oben zeigt das Werk der beiden. Der verbeulte Eimer als Quelle des Dreams, die Sterne wie Flausen im Kopf schwebend, das Meer mit dem Delphin, Levanto.

O.K. Ich gebe zu, ich war auch skeptisch, anfangs. Aber als ich die fertig gestaltete Wand gesehen hatte, war ich dann auch really deeply impressed. Es ist so schön, Talente zu sehen. Junge Menschen mit Gaben. Hoffnung. Optimismus. AMERICAN DREAM. Gefällt mir gut. Schön laut, schön bunt – so wie bei uns in der Werbung. Knallen muss es halt. Jung. Wild. Leidenschaftlich.

Und wisst ihr, was die beiden gewonnen haben, neben einem Schulterklopfer des Bürgermeisters? Ein Abendessen. Samstagsabends in einem Restaurant am Meer. Fillipo & Soni. Ich könnte heulen, so schön ist die Vorstellung. Geht’s noch romantischer?

Es ist Wahlkampf und keiner geht hin

Spürt ihr was? Ist da Politik in der Luft? Nix.

Ich meine, hey. Bundestagswahl. Vier Jahre ad acta. Aus, vorbei. Nun können wir ’nen Strich drunter machen, zusammenzählen, überlegen, handeln. Aber? Nix. Die CDU liegt vorne, die FDP kommt rein, die SPD dümpelt, die Grünen können nix ausrichten, die Piraten entziehen Stimmen, die AfD auch, die Sonstigen sind mit 4% recht stark und das war’s.

Klar, ich meine, der Herr Steinbrück ist nun wahrlich kein Ruck, der durch’s Land geht. Germany steht in Europa wie Persil am Himmel (glaubt man), die NSA-Affäre geht allen am Po vorbei und die Sache mit Griechenland steht eh in den Sternen. Angie ist momentan so unangefochten wie der FC Bayern München. Auch wenn der Gerd nun in Detmold in den Wahlkampf eingestiegen ist und rumpoltert. Da tut sich nix mehr. Selbst wenn Angie beim Ladendiebstahl oder Sex mit Tieren erwischt würde, sie bleibt. O.K. So isses. Manchmal ist Demokratie eben auch langweilig. Da bewegt sich nix.

Ich erinnere mich an den 06. März 1983. Das war rund ein Monat vor meinem 18. Geburtstag. Helmut Kohl löste Helmut Schmidt endgültig ab und blieb dann eine ganze Weile. 16 Jahre. Dann musste was passieren, es passierte etwas, Schröder wurde dank Flutwelle knapp wiedergewählt und dann zerlegte sich die SPD ziemlich rasch. Wie unter Schmidt, dem die FDP abhanden gekommen war. Deutschland scheint ein Land für CDU Kanzler/innen zu sein, weil SPD-Kanzler den Hang haben, zurückzutreten oder an Vertrauensfragen zu scheitern. Selten kommt es zur natürlichen Abwahl im Vierjahresmodus. Da geht immer vorher schon was schief. Steinbrück hätte so ein Potenzial des Ausharrens. Die Ruhe des Abwartens. Die Politik der ruhigen Hand, die Schröder in er ersten Legislaturperiode noch ein wenig falsch verstanden hatte. Schnarch.

Nun. Demnächst ist also Bundestagswahl. Ich werde Briefwahl beantragen, weil mir alles andere zu aufwendig ist, wo das Ergebnis eh schon feststeht. Bin einfach nicht da. Klar. Gähn-Demokratie. Bin gespannt, wie die Wahlbeteiligung ausfallen wird. Ich denke, schwach. Was macht ihr? Wählen? Alternativ-Programm? Grillen? Abwarten, Tee trinken? An mir fliegen die Plakate nur so vorbei. Ich könnte überhaupt nicht sagen, wer für was steht. Außer das Übliche. Ziemlich schwammig. Eigentlich ein allgemeines weiter so. Oder habe ich was verpasst? Hat da irgendwer was richtig Spannendes auf der Menükarte? Ideen gar?

Ein Land ohne politischen Diskurs. Im Westen nichts Neues. Was ist das nun? Ein gutes Zeichen? Ein böses Vogelzeichen? Leben wir im Polit-Luxus, in er demokratischen Comfort-Zone oder läuft einfach was schief? Wo steht dieses Deutschland im August 2013? Wisst ihr, ehrlich gesagt, weiß ich es nicht. Da kommt nix an. Und schlimmer noch: Irgendwie interessiert es mich nicht. Mehr. Als wär ich auf Polit-Valium. Irgendwie habe ich das Gefühl, das geht vielen so. Oder?