Heute ist ein guter, ach was, ein hervorragender Tag, Ballast abzuwerfen. Sand über Bord, damit sich das Flugschiff erhebt, an Leichtigkeit gewinnt, der Schwere des Herbstes die Stirn bietet. Weshalb ausgerechnet heute? Südwind. Heute Morgen bin ich mit Cooper zur Tür raus und wollte die letzten ebay-Playmobil-mal-eben-schnell-verticken-Grins-Pakete zur Post bringen. Beziehungsweise ins Kaufhaus Schmali, weil wir keine Post mehr haben. Früher, ja früher, da hatten wir. Da war alles…
Cooper und ich waren zu früh. Die hatten noch gar nicht geöffnet. Und der Hund sagt nichts. Springt einfach in den Kombi und lässt mich fahren. Ein Assistent mit anderen Qualitäten. Ich hab dann Geld gezogen am Automaten, um Jim und Zoe auszuzahlen. Die Einnahmen für 13 Playmobilsets beliefen sich auf 109 € abzüglich Porto von 40 Euro. Also jeweils 35 € für Jim und Zoe, wobei 20 € verprasst werden und jeweils 15 € auf dem Sparkonto landen. Modernes Family-Finance-Management – ausgeklügelt zwischen Tür und Angel, Frühstück und Mittagessen, ein komplett analoges System.
Nach dem Ziehen der Scheine dann fragte ich Cooper, was wir jetzt machen. Wo wir jetzt spazieren gehen. Es zog mich, uns auf die Höhen. Der Geldautomat liegt im Tal (300 m), die Höhen liegen oben am dicken Stein (450 m). Von oben kann man also übers Tal gut drüber blicken. Oben am dicken Stein erwartete mich dann ein befreiendes Naturschauspiel. Eine steife Brise, angenehm warmer Südwind. Tief treibende Wolken mit hoher Geschwindigkeit. Zwischendrin mal kurze Sonnenabschnitte, dann wieder alles grau. Die Windräder am Horizont drehten sich wie am jüngsten Tag. Als wollten sie in den Himmel abheben. Das hätte sicherlich schön ausgesehen – Windräder wie Pusteblumensamen in der Luft. Alles war in Bewegung. Die Bäume, die Wolken, die Blätter, die Grashalme.
Das Schöne: Südwind ist warm und weich. Der streichelt sanft und freut sich. Und nimmt mit. Emmi Rothner aus „Gut gegen Nordwind“ hätte der Wind mit Sicherheit gefallen. Mir hat er auch gut gefallen. Ich habe die Gelegenheit genutzt, mir ein paar Dinge von der Seele zu schreien. Lachend im Wind. Da oben ist man ganz allein und kann tun und lassen, was man will. Das habe ich getan. Der Südwind nimmt nämlich gerne Dinge mit und bringt sie zum Meer, das die gerne aufnimmt. Die Wellen übernehmen dann dort das Verquere und legen es am Meeresgrund ab, wo es gut liegt und schlafen kann. Cooper, hoffentlich einziger Zeuge der Szene, hat mich ein wenig irritiert angesehen. Tja. Ich fühle mich nun gut durchlüftet und eine ganze Ecke klarer, zentrierter, besser. Manchmal muss man Dinge einfach mal in den Wind schreien.
Euch einen schönen Tag und vielleicht habt ihr die Gelegenheit, zwischendurch mal den Südwind zu kosten. Er schmeckt vorzüglich und ist von den Windrichtungen her meine erste Wahl und eine persönliche Empfehlung. Ciao.