Who you are, Mr. oder Mrs. America?

Manchmal schaue ich mir in Google Analytics die fiftyfiftyblog Weltkarte an. Überall, wo Menschen sich in den Blog geklickt haben, ist das Territorium grün gefärbt. Das ist mir sympathisch. Natürlich gibt es auch eine Rangliste der bislang insgesamt 45 Länder. Ganz vorne stehen Deutschland, Österreich und die Schweiz. Wären wir jetzt bei der Olympiade, gäbe es die entsprechenden Medaillen von mir. Aber Blogbesuchen ist ja keine Disziplin, sondern soll eher ein Vergnügen sein. Oder?

Was mich ein wenig wundert oder verwundert hat, ist der Rang vier: The United States of America. Hey, wer liest in Amerika einen deutschen Blog? Wen interessiert das, was hier in einem kleinen Dorf mit einer kleinen Familie und ihrem schreibenden Papa passiert? Hier fällt keine Mauer, hier wird keine Geschichte geschrieben, hier gibt es kein Rodeo und kein BeEmDoubleyou. Nichts, was zumindest im Klischee amerikanische Bedürfnisse erfüllen dürfte. Zumal da das Problem der Sprache vorliegt. “Man spricht Deutsch.”

Meine Recherchen, ja es ist Big-Brother-is-watching-you-Spionage, haben ergeben, dass da ein Mensch öfter wiederkommt (Deutschland, Stasi, IM fünfzischfünfzisch). Ein Mensch aus Amerika mitten in den fiftyfiftyblog. Oder bewegen wir uns im dritten Mann? Ist es eine Organisation? Ich schaue zu viele amerikanische Thriller. Und höre zu oft Fanta4: CIA, FBI… Denn: Besagter Besucher, besagte Besucherin, besagte außenpolitische Fangemeinde – who knows – kommt nicht von irgendwoher. Kein Texas (Schreck lass nach. Da muss ich gleich an Spritzen denken), kein Illinois, Indiana, California (Schade eigentlich, da würde etwas so Süßes hinüberwehen. Eine Vorstellung von Smooth stellt sich ein. Menschlich, landschaftlich, kulturell – nicht politisch). No! Zentrum der US-amerikanischen fiftyfiftyblog Interessen ist der District of Columbia. Ich habe meine Spionagesatelliten, in denen nicht Cooper unterwegs ist (Grüße an Laika auch, du Süße), scharf gestellt. Hier in meinem Cockpit mit Joystick und Cyberhelm. Alle relevanten Daten werden in den Luftraum vor meinem starken rechten Auge visuell inszeniert.

Also. Ergebnis: Washington. Ups! Barack? George W. ist ja gottlob hoffentlich nicht mehr anwesend. Wer weiß, was der aushecken würde. Ich sehe schwarze Hubschrauber mit Bungee jumpenden Agenten in Cyberspace-Uniformen über unserem Haus schweben. Ja, ja, ich haue wieder mächtig auf die Klischeetrommel. Bumm, bumm. Bumm. Die bumm, die bumm. Gut, zurück zum Thema. Wo ist der Herr Schönlau wieder mit seinen Gedanken? Dan Brown. Das verlorene Symbol. Kürzlich gelesen und schon besucht mich Washington. Freimaurer überall (das sind übrigens keine Schwarzarbeiter). Bekanntlich auf der Dollarnote und so weiter. Werter Herr Besucher, werte Frau Besucherin des fiftyfiftyblogs aus Washington D.C., gehören Sie zur Vereinigung der Freimaurer? Oder gehören Sie ganz normal zu einem amerikanischen Durchschnitts-Turnverein? So heißen die maximal organisierten Strukturen hier auf dem Land. Neben dem Bund der Landfrauen.

Lange Rede, kurzer Sinn. Nachdem ich ihre Geduld mit diesem Text über die Maßen strapaziert habe, wo Sie von so weit her kommen (Deshalb Sieze ich Sie, was ich hier sonst nie mache – hier duze ich normalerweise im Countrystyle – Morgen, Heinz!), habe ich eine Bitte: Könnten Sie sich vielleicht kurz outen? Nicht mit Namen und Adresse und Sozialversicherungsnummer, aber vielleicht mit einem kleinen Zeichen. Wenn Sie diese Zeilen lesen. Ein kurzer Kommentar: Hi guy, during the last big world war I spent some time in Karlsruhe… Or so. Oder. Hi, ich bin der deutsche Botschafter in Washington… Oder: Hey, Junge, ich bin dein ausgewanderter Großonkel Henry Schönlau… Oder tatsächlich einfach: Yes, we can. Dann weiß ich auch Bescheid, mein Lieber.

Und vorab: Entschuldigen Sie meine unendliche Neugierde. Aber auf dem Lande gehen Tratsch und Klatsch einfach über alles. Und es ist so schön, wieder neueste Neuigkeiten und diese kleinen Geschichten des Alltags zu erfahren. In diesem Sinne: “Baby, lass uns nach Las Vegas reiten, die Sonne putzen.” He? Herr Schönlau, wo kam der denn jetzt wieder her…

Euch einen schönen Tag. Und drückt mir die Daumen, dass ich in den nächsten Tagen einen Comment aus Amiland bekomme. Bin ja so gespannt.

The Versatile Blogger Award

Jutta Wilke hat heute Morgen dem fiftyfiftyblog den Award “The Versatile Blogger” verliehen. Die Autorin des Romans “Holundermond” bedankt sich damit für “die vielen unterhaltsamen Leseminuten bzw. -stunden”, die sie mit dem fiftyfiftyblog schon verbracht hat. Für dieses Lob einer erfahrenen Autorin sowie für den Award bedanke ich mich hier allerherzlichst. Danke, danke. Jutta und ich haben eine Zeit lang parallel bei Brigitte Woman gebloggt – dort haben wir uns quasi als Parallelschreiber virtuell kennengelernt.

Nun sind an diesen Award zwei Bedingungen geknüpft. Erstens hat der/die Ausgezeichnete sieben persönliche Dinge über sich auszuplaudern und zweitens den Preis weiterzugeben – an einen Blog, der noch nicht ganz so alt ist.

Die sieben Dinge

1. Im Kino esse ich verbotenerweise am Kiosk gekauftes Lakritz
2. Manchmal schnarche ich
3. Ich bin Fan zweier verfeindeter Fußballmannschaften (1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach)
4. Manchmal würde ich gerne in Neuseeland leben
5. Tatsächlich würde ich sehr gerne mal mit einem echten Porsche sehr schnell fahren
6. Ich versuche, die Schönheit des Seins zu sehen, ohne das Leid auszuklammern
7. Ich freue mich immer auf den Frühling und den Sommer – auch im Frühling und im Sommer

Puh. Gar nicht so einfach. Mal eben so aus der Hüfte Sieben auf einen Streich. Momentaufnahme. O.K.

Nun die Weitergabe: ich möchte den Award an Raoul Haagen und goodnewstoday weitergeben. Raoul gelingt auf wunderbare Weise, die Schönheit des Seins täglich einzufangen. Die guten Nachrichten sind ein schönes Gegengewicht zu den normalen, alltäglichen Nachrichten. Heller, lebenswerter, lesenswerter als viele andere News. Dabei konzentriert er sich auf die kleinen Geschichten, das echte Leben, das die Menschen leben. Nicht die visuelle Wirklichkeit der Nachrichtenchannel, sondern die reale Wirklichkeit der Menschen hier im Land. Dass die oft einfach nett, freundlich, lustig ist, macht den ganz besonderen Charme von goodnewstoday aus. Ich zumindest fühle mich immer wieder geadelt, wenn ich dort eine Story unterbringen und zu den guten Nachrichten des Tages beitragen kann. Deshalb: Verleihe ich hiermit den Versatile Blogger Award offiziell an Raoul Haagen und goodnewstoday.

The brillant Katona Twins.

Heute geht es weiter in der Reihe der verrückten Männer. Dieses Mal sind sie weder in ihren tollkühnen Kisten noch an den Griffen des Einkaufswagens Deutschland II im IKEA Siegen unterwegs. Diese Männer wandeln in andere Sphären. Die Rede ist von den brillanten Katona Twins. Zwillingen, wie der Name schon sagt. Ungarn. Gitarristen. Sie leben in Liverpool und arbeiten weltweit. Peter and Zoltán Katona. Vom Daily Telegraph als “the classical world’s best known guitar duo” bezeichnet.

Man könnte mit Fug und Recht behaupten, die beiden haben schon jetzt fast alles erreicht. Mit Preisen und Awards überschüttet, aufgetreten in den größten und bekanntesten Konzertsälen der Welt: Carnegie Hall, Wigmore Hall, Concertgebouw Amsterdam, Konzerthaus in Wien, Suntory Hall in Tokio, Philharmonie in Köln. Jetzt bleibt nur die Frage: Wie haben diese Überflieger es bis in den fiftyfiftyblog geschafft? Mit Ausdauer. Quatsch. Ich hab sie gesehen.

Ab und an geben wir uns gemeinsam mit Freunden der Kultur hin. Ich hatte hier zum Beispiel über das Hélène Grimaud Konzert in der Kölner Philharmonie berichtet. Am Sonntag trieb es uns auf ein westfälisches Schloss. Schloss Vornholz in Ennigerloh-Ostenfelde. Ein schöner alter Herrensitz, in dem wohl regelmäßig Klassikkonzerte stattfinden. Und am Sonntag nun waren die Katona Twins da. Besagte Freunde hatten nach einem Konzert der Katona Twins recherchiert und haben die Karten besorgt. Carnegie Hall in Ennigerloh. So einfach kann es sein.

Im “Konzertsaal” saßen schon rund 130 Menschen, wir kamen kurz vor knapp als letzte Zuhörer/innen. Immerhin noch vor den Gitarristen. Der Saal war lustig. Anders kann ich ihn nicht beschreiben. Rechteckig, die Stühle standen um den Kamin an der Längsseite herum aufgestellt. Vor dem Kamin zwei einfache Hocker. Das nennt man dann unplugged. Keine Kabel. Auf dem Kamin, ich schwöre hoch und heilig, ein röhrender Hirsch. Eine Bronzestatue, vom Künstler wahrscheinlich durchaus mal in einer anderen Zeit ernst gemeint, hier brachte er mich als Biedermeier-Karrikatur zum Schmunzeln. Ansonsten überall im Saal Ahnengemälde. Die sahen tatsächlich so aus, als würden sie bei Dunkelheit ab Mitternacht die Bilder verlassen und im vom Kristallleuchter reflektierten Mondlicht zu tanzen beginnen. Leicht gruselig. Ihr seht: Nettes Ambiente.

Dann kamen die Katonas und haben wirklich beeindruckend gespielt. Scarlatti, Piazzolla, Manuel de Falla. Als Zugabe die Beatles. Liverpool. Die Frisuren sind auch ähnlich. Teils haben sie die Stücke im Original gespielt, teils für sich neu arrangiert. Virtuos. Das Schloss durfte sich freuen, dass nach so vielen Jahrhunderten diese Klänge in das Mauerwerk dringen durften. Ich saß da, tief ergriffen. Im Klang verschwunden. Inspiriert. Ein sehr intensives Konzert und ja, sie waren tatsächlich brillant. Im Zusammenspiel der Zwillinge. Mir persönlich hat die Adaption eines Scarlatti Stückes am besten gefallen. Die beiden nannten die Veränderungen, die sie vorgenommen haben, Metamorphose. Ein Hinüberretten in die neue Zeit. Und glaubt es oder nicht, am Ende haben die alten Ahnen von ihren Ölgemälden heruntergelächelt.

Wer die Katona Twins hören und sehen möchte, dem empfehle ich hier und jetzt deren Internetseite. Auf der Startseite haben sie ein Promovideo hinterlegt, das Ausschnitte ihres Schaffens zeigt. Die ganze Bandbreite – von den alten Meistern bis zum verstorbenen Curt Kobain. Viel Spaß.

Bleibt mir nur, euch einen klingenden Tag zu wünschen. Music is in the Air. Antennen auf Empfang stellen:)

Der IKEAmann

Hier könnte ich nun gut von einem Teil 2 sprechen. Nach Tanz im Hochregallager vom 20. September nun also wieder eine IKEA-Story. Mir war gar nicht bewusst, welche Rolle dieses schwedische Möbelhaus in unserer Familie spielt. An diesem Wochenende der sozialen Studien, die mich schon am Freitag beschäftigt hatten (siehe Text gestern), war das Småland für Erwachsene in Siegen am Samstag mein Übungsfeld. Zoe und ich hatten uns aufgemacht, einen Vorhang samt Vorhangstange zu kaufen. Irgendwie gelangten dann noch andere diverse Kleinigkeiten in unseren Wagen – eine Deckenleuchte für das Ofenzimmer (wegen der hässlichen Kabel unter der Decke), zwei hübsche Vasen und vier kleine Rosenbüsche in vier verschiedenen Farben, die es mit Familiy-Card für 99 Cent das Stück gab. Alter Schnäppchenjäger. Aber ich wollte schon lange den großen Rosenbusch vorm Haus um weitere Farben bereichern. Frühling, du kannst kommen…

Natürlich ging es erst einmal ins Restaurant. Der Land-IKEA in Siegen macht das möglich – selbst am Samstagmittag. Relativ wenig los, im Vergleich zu Köln früher. An der Essensausgabe vor mir steht ein älteres Paar. Es kommt zu einem Missverständnis, ein Essen ist über, das cirka 30 Sekunden auf der Theke stand. Für jemand anderen zubereitet, der plötzlich weg ist. Die Frau vor mir bestellt das gleiche Gericht, will aber diesen Teller nicht. Der stand ja schon. Der Teller wird weggeräumt, landet hinter dem Glasschutz irgendwo dazwischen. Die Frau nimmt ihren Teller, geht. Ich will auch das gleiche Gericht und nehme den übriggebliebenen Teller. Kann es nicht haben, dass das Essen weggeworfen wird. Möchte der Frau vor mir aber auch keine Vorwürfe machen. Sage es unauffällig. An der Kasse stehe ich dann hinter der Frau. Beide Teller stehen nebeneinander. Ich glaube, sie hat es doch mitbekommen, dass ich den Teller genommen habe. Sie fühlt sich irgendwie nicht wohl. Das wollte ich natürlich auch nicht. Ist in Ordnung, dass sie ihren Teller haben wollte. Wer weiß, wo sie sonst immer zurücksteckt. Leben ist kompliziert.

Zoe und ich suchen uns einen Tisch, da kommt er von links ins Bild, der IKEAmann. Unser IKEAmann des Tages. Ein Familienvater. Zunächst höre ich hinter mir ein glückliches Kleinkinderjuchzen. Ich drehe mich zur Seite und sehe das kleine Mädchen mit dem Kopf nach unten an den Händen ihres Papas hängen. Ein glückliches Äffchen. Am Tisch sitzen schon seine Frau und seine ältere Tochter. Auf unserem Weg durch den schwedischen Möbeldschungel werden wir ihnen wieder begegnen. Eine Familie, die strahlt. Alle ganz relaxt, gut drauf.

Zoe und ich räumen unser Geschirr weg und stürzen uns die Treppe runter ins Vorhangverlies. Suchen, fragen nach, messen, entscheiden, packen ein. Weiter. Da kommt im Übergang zur nächsten Abteilung wieder dieser Vater ins Bild. Diesmal mit der größeren Tochter – so um die 13. Zoe und ich befinden uns auf der Hauptstraße, der Mainstreet von Little Stockholm, als von links ein doppelt besetzter Einkaufswagen – diese flachen mit Eisengitter und zwei Bobgriffen am Deutschland II-Gefährt – herangeschossen kommt. Darauf stehen Vater und Tochter und bewegen sich mit Höchstgeschwindigkeit. Aus der Seitenstraße unter Missachtung aller Vorfahrtsregeln prescht das Geschoss auf den Mittelgang und wird im selben Moment vom lenkenden IKEAmann elegant herumgeworfen, um gleich wieder Fahrt aufzunehmen und sich eine Schneise durch die erstaunte Besucherschaft zu schlagen. Wunderbar. Eine Dame rückt erstaunt zur Seite. Niemand schimpft, viele lächeln. Einige wenige schütteln den Kopf. Was für ein Auftritt! Die Szene ließe sich nur schwer inszenieren. Hätte ich die Videokamera dabei gehabt. Hätte, wenn, aber.

Am Horizont der Wäscheabteilung sehe ich sie mit Speed in die Kurve gehen und Richtung Handtücher verschwinden. Die Jacken fliegen im schwedischen Mittsommerwind, äh Mittelganglüftchen. Schade. Hinter uns kommt die Mutter des Teams Deutschland II und fragt sich, wo die sind und vor allem: Was die wohl jetzt wieder anrichten. Hoffentlich geht das mit der Vasenabteilung gut. Dann sind sie weg. Wie schade. Zu schnell für Zoe und mich. Vor meinem geistigen Auge sehe ich sie durch die Expresskasse durchbrechen und im Hotdog-Stand landen. Es gibt Menschen, die leuchten. Die setzen Fantasie frei. Die bereichern die Welt mit ihrer Unbekümmertheit. Sollte jetzt jemand sagen “wenn das alle machen würden”, was heute, glaube ich, kaum noch jemand macht, dann würde ich sagen: Wie schade, dass es nicht alle machen. Dann wäre ich immer mit meiner Videokamera dabei und würde das Einkaufswagen-Ballet filmen. Die Bewegung, das Chaos, das Lachen und Juchzen. Vielleicht würde dann auch die Frau mit dem Teller lächeln – ihr würde ich den Spaß einer Fahrt mit dem IKEAmann wünschen. So kaufe ich mir Rosen für den Garten und warte darauf, dass sie im Sommer Blüten tragen.

Euch wünsche ich einen Tag voller ungewöhnlicher Erlebnisse. Die sind doch das Salz in der Suppe.