Die Wurzeln meines Bloggens ausgerissen…

Das ist doch mal eine dramatische Überschrift, die einem Axel Springer gerecht wird. Den erwähne ich, weil ich heute Morgen im Bett beim Cappuccino einen Artikel über ihn und eine Ausstellung im Magazin der Kulturstiftung des Bundes gelesen habe. Dramatisch ist die Head natürlich vor allem auch, weil ich gestern nicht gebloggt habe. Da könnte man sich fragen, ob es da einen Zusammenhang gibt? Nö. Ich hatte ganz einfach mal keine Lust. Damit hat die Überschrift also nichts zu tun.

Es geht um einen kleinen Baum, den die regelmäßigen Blogbesucher/innen kennen dürften. Dieses kleine schiefe Gewächs, das ich immer wieder fotografiert habe. So im Januar 2010, als daraufhin das Gedicht Kirschblütenblättersehnsucht entstanden war, über das ich dann zum Bloggen bei Brigitte Woman gekommen bin. Die Story von vor zwei Jahren findet ihr hier. Olle Kamellen.

Nun bin ich eben mit Cooper auf die Wiese rauf. Über die Straße, über den Bauernhof, unter dem Zaun durch, durch den Wald, über den Stacheldrahtzaun auf die Wiese. Ich hatte nämlich eine Vermutung: Der kleine Baum hat einen Sturmschaden. Sah von hier unten so aus. Der steht ja eh schief, windschief, und jetzt eben noch mehr. Die Herbststürme der vergangenen Tage haben ihm zugesetzt. Mein Baumkontrollrundgang hat meine Befürchtung bestätigt. Eine Wurzel hat sich aus dem Erdreich gelöst, hat losgelassen und den Baum weiter in die Schräge rutschen lassen.

Mein Sherlock Holmes Gespür sagt mir: Die Kühe sind schuld. Rund um den kleinen Baum überall Hufspuren. Die müssen einen Kreistanz, ganz klar, aufs Wiesenparkett gelegt haben. Hatten wahrscheinlich mächtig viel Spaß. Wahrscheinlich eine ausgelassene Kuh-Weihnachtsfeier. Buntes Treiben, lautes Muhen, Glück bis in die letzte Euterspitze. Dabei haben sie den Boden rund um den Baum aufgeweicht. Als nun die Sturmböen in hui, hui Hexengeschwindigkeit heranflogen und zerrten und rüttelten, da konnte der kleine Baum nicht mehr. Tatsächlich hat er gekämpft wie ein Stier, hat sich in der Erde festgekrallt, hat geschrien “Ihr bekommt mich nicht, ihr werft mich nicht um. Kommt doch, kommt doch…” Letzteres hätte er vielleicht nicht sagen sollen, dennn tatsächlich kam ein Hagelschwung, der sich zunächst helfend schwer als Gegengewicht auf die Wurzeln legte. Doch dann tauten die dicken Hagelkörner und durchtränkten das Erdreich erst recht. Alles wurde feucht und glitschig, der Wurzel entglitt der Halt, in Tränen gab sie nach und musste den anderen Wurzeln zurufen “Es tut mir so leid, ich konnte einfach nicht mehr. Die Kräfte wurden übermäßig. Reitet ohne mich weiter.”

Ganz aufgegeben hat der Baum nicht, er hat seine Kräfte konzentriert und aus der Krone, die jede Böe ausgetanzt hat, Kommandos an die Muskelarbeiter am Fuße geraunt. “Vorsicht, scharfe Böe von links, drückt dagegen, haltet.” Und so weiter, und so fort. Am Morgen, als das Spiel der stürmischen Nacht zuende ging, schüttelte sich der Baum im Morgennebel und suchte sich zu orientieren. “Nunja, ganz unbeschadet sind wir nicht durchgekommen, aber wir stehen. Nicht wie eine Eiche, aber doch imposant. Herzlichen Glückwunsch an alle. Wieder einmal getrotzt, so wie unser entfernter Onkel in Pisa.”

Pisa. Ich meine, da waren Zoe und ich im Sommer. Ganz schön schief das Teil. Auf Sand gebaut. Aber dem Turm wird geholfen, weil er ein ebenso beliebtes Fotomotiv ist wie mein Baum. Äh, mein Baum? Natürlich nicht. Mein Model, äh, ein Model. Oder so. Auf jeden Fall sind Cooper und ich zur Hilfe geeilt. Symptome erkannt, Gefahr gebannt. Wie zwei junge Hunde liefen wir als Nimm Zwei-Freunde über die Wiese und konstruierten – wie in Pisa – eine Stützkonstruktion. Dazu mussten wir in den Wald. Dort fand ich einen fetten Buchenast, der super schwer war. Den krallte ich mir nach dem Motto “viel hilft viel” und bugsierte ihn über den Stacheldraht, was mich in Nöte brachte, weil ein Stachel sich nicht ganz niedrücken ließ und sich in den Schritt bohren wollte. Vertrackte, unangenehme Situation mit diesem Balken auf der Schulter. Kommandos aus dem Baumwipfel in die unteren Zonen. Indiana Jones like habe ich die Situation ausgetanzt und habe den Balken zum Baum gebracht. Überall Matsche und das, was die Kühe sonst so während ihrer Weihnachtsfeier hinterlassen haben. Flitsch, rutsch. Nein, nicht mit dem Hintern rein und vom eigenen Balken erschlagen. Aber fast. Das Leben auf dem Lande ist eines der gefährlichsten.

Nun steht er also dort, der Baum mit Stütze. Meine Klamotten sehen aus wie Schwein, aber so ist das halt, wenn die Jungs vom Spielen kommen:) Ich hoffe, die Stütze bringt ihn heil durch den Winter und wenn die Wachstumskräfte des Frühlings kommen, kann er wieder neue Wurzeln in die Erde rammen.

Tranströmer II, 2011

Der Gedanken wegen
der leichteren Fahrt
der gepäcklosen Reise
Fury in the Slaughterhouse

In Leverkusen
an der Fabrik vorbei
in der Kurve zum Rhein

Der Blick durch zwei Strommasten
Giganten auf stählernen Füßen
Roboterversorger
Aliens
Hollywood 3D

Das Bild voll
hier

Gursky
Rhein II
ein Kuraufenthalt

Er sagte
Die Joggingstrecke
Das Kraftwerk wegretuschiert

Bliebe doch Zeit
später
in Düsseldorf
die Stelle zu suchen
bei Ostwind

Die News schalten sich ein
automatisch
stoppen die Wingenfelders
Der eine wohnt
Dörfer weiter
hinter Alice Schwarzer

Durban am Ende
der Müdigkeit wegen
ein Kompromiss
Bourban in Durban
Der Kongress tanzt nicht mehr
die Lichter erloschen
wie manches mehr
Ein langes Warten
bis ein steter Tropfen
verdampft

Düsseldorf
Tranströmer heute
Habe zwei Karten
brauche nur eine
Ela bei Zoe
des Lampenfiebers wegen
der Tanz am Nachmittag
muss mich sputen
und Ela kühlt
das Fieber
mit den Fingern der Anwesenheit

Der Weihnachtsmarkt
vor der Bühne
steht still
in Erwartung

Das Parkhaus
am frühen Morgen
dritter Advent
so leer
wie das kleine Haus

Entschuldigung
so ist das mit Lyrik
der Generalintendant
die Botschaftsrätin
die Schauspielerin

“Tranströmer wollte Präludium hören. Das Erwachen
ist ein Fallschirmsprung aus dem Traum. Sie las es
in Anwesenheit des Musikers und es war
als sei Gott im Raum gewesen.”

Ich schließe die Augen
höre Gedicht für Gedicht
die Bilder springen wie junge Katzen
auf der Leinwand hinter den Lidern
Manchmal fluten mich
die Worte
ein Erbe
meines Vaters

“In meinem Schatten werde ich getragen
wie eine Geige
in ihrem schwarzen Kasten.”

Tage könnte ich sitzen
Nächte dazu
in diesem dunklen Raum
schwarz gestrichen
nur Worte dürfen leuchten
im Leuchtturmdrehen

Weihnachtsmusik
vor dem kleinen Haus
Schauspiel
aus den Boxen
der Eisbahn

Voll

Die verlassene Tiefgarage
schenkt den Bildern Raum
projeziert an die
Wandflächen aus Beton

Mit dem Auto aus der Stadt
quer durch Weihnachtsmärkte
Coffee to go

Ein anderer Meister
für die Rückfahrt
Gabriel, Peter

Für Gursky
bleibt keine Zeit
die Ufer zu suchen
es wartet der Tanz
der Kinder

Allemal besser
als das ungelenke Geschiebe
in Durban

Am Abend
falle ich ins Bett
Neben mir
Bücher getürmt
Bölls Irisches Tagebuch
darüber
Tranströmer komplett

Mein Kopf sinkt auf den Stapel
die Wörter kichern
huschen aus den Deckeln in mein Ohr
klingen nach
gesprochen von Frauenstimmen
toben durch mich hindurch
mein Kopf
eine Tiefgarage
Hall und Schall
Diaprojektionswände
Das Meer, der Wald, die Seen
ohne Spiegelbilder

Schlafe
wache auf
Tranströmer

dezember 2011

Weihnachtsmarktsehnsucht…

Ach, ich komme immer mehr in Weihnachtsstimmung. Ist das schön dieses Jahr. Und ja, ich gebe zu, ich bin beim Dekowahn dabei. Selbstgebundener großer Adventskranz, vor dem Haus im Flieder eine bunte Lichterkette (mit Zeitschaltuhr, deren Programmierung mich fast wahnsinnig gemacht hätte) und in der Küche in der Ecke eine Novität: Eine Weihnachtsbirke. Hä? Ja. In den letzten Jahren hatten wir dort immer eine Vase mit großen, hohen Weidenzweigen stehen. Die haben dann irgendwann immer angefangen grüne Blätter zu bekommen. Mitten im Winter. So schön. Wie ein vorgezogener Frühling. Dieses Jahr nun hatte ich eine andere Idee. Ich wollte einen Baum. Eine Birke. Also sind Ela und ich mit dem Traktor in den Wald gefahren, dorthin, wo es viel zu viele Birken gibt, und haben eine ausgegraben und Zuhause in einen Topf gepflanzt. Dort steht sie nun mit Lichterkette und bunten IKEA-Weihnachtskugeln.

Zu jeder Mahlzeit brennen die Kerzen des Adventskranzes und die Lichterkette der Weihnachtsbirke. Schön stimmungsvoll. Im Ofenzimmer vor dem Fenster hängt zusätzlich ein großer Weihnachtsstern, der draußen mit der großen Glühbirnen-Sternschnuppe der Feuerwehr um die Wette leuchtet. Heimelig. Diese Woche war ich fast jeden Abend Zuhause, saß im Ofenzimmer, las, spielte mit Zoe Rommee oder hörte mit den Kindern Radio, während Ela an ihrem Pullover strickte. Klingt wie Nachkriegsjahre, nur, dass im Radio kein Swing lief, sondern die 1Live-Krone. Mit Philip Poisel, Casper, Clueso, Tim Bendzko – die jungen Wilden des deutschen Pop. Ist doch schön, die Zeiten fliegen zu sehen und dabei zu sein. Zu sehen, wie sich die eigenen Kinder Idole suchen, wie sie durch das Leben tanzen zu neuer Musik. Mal eben schnell die Welt retten… Weshalb nicht. Wäre in Durban möglich. In wenigen Sekunden heben alle Delegierten die Hand für eine Sache. Und die Welt wäre mal eben kurz gerettet. So einfach ist das. Heb die Hand Durban, setz ein Zeichen, spring über deinen Schatten.

Weihnachten. Der Erlöser erscheint. Zurück zum Thema. Weihnachtsmarktsehnsucht. Ich habe es noch nicht geschafft, einen zu besuchen. Dabei wäre einer direkt um die Ecke im Nachbardorf. Der ist mittlerweile so bekannt, dass sogar der WDR darüber berichtet. Der Odenspieler Weihnachtsmarkt. Der ist auf jeden Fall eine Landpartie wert. Klein, urig, schön. Und wer noch keinen Baum hat, der bekommt einen vom Weihnachtsbaumspezialisten Lars Dissmann. Der kennt sich aus, weil er die Bäume selbst pflanzt, hegt und pflegt.

Oder Aachen? Mein geliebtes Aachen? Oder Köln? Habe ich auch noch nicht geschafft. Aber bald sind Ela und ich einen Abend in Köln und feiern ein kleines Fest. Da könnten wir kurz… Wie damals in Aachen an unserem ersten gemeinsamen Tag. 1991. Bei Schneefall über den Weihnachtsmarkt geschlendert. Nah. Eng. Verliebt. War das schön und mein Gehirn hat tatsächlich die Bilder gespeichert. Ja. Oder was mich auch reizen würde, wäre Frankfurt. Wäre eine Überlegung wert. Allerdings müsste man da übernachten, weil das von hier doch zu weit wäre. Ich habe mal geschaut – hier einige Hotels in Frankfurt.

Mal sehen, was an Ausflügen in die Adventszeit noch reinpasst. Sonntag bin ich in Düsseldorf und höre mir im Schauspielhaus Tranströmer-Gedichte an, nächste Woche Sonntag haben wir bei Freunden ein Adventssingen. Wird schon alles recht knapp, weil da auch noch ein siebzigster Geburtstag sind und Zoes Tanzaufführung, bei der ich natürlich selbstredend dabei sein muss und will. Und da sind noch ein paar Jobs vor Weihnachten abzuschließen… Müsste mich mal wegstehlen. Zeit rauben bei der Schicksalsbank. Kredit – zieht ihr bitte einfach einen Tag hinten ab und schiebt den wie bei Murakami dazwischen. So eine Parallelwirklichkeit mit Fahrstühlen, die Welten zwischen zwei Etagen bieten. Das wäre was… Weihnachtsmarktsehnsucht geht über in Weihnachtsmarktabenteuer. Die Tür geht auf und ich stehe mitten in London. Im Jahr 1763. Die Gassen sind dunkel, vereinzelt höre ich ein Keuchen, Laternen leuchten mit echtem Kerzenlicht, eine Droschke fährt mit hoher Geschwindigkeit an mir vorbei, ich erhasche einen kurzen Blickkontakt und begegne…

Ab ins Altersheim?

Was? Hä? Wie denn jetzt? Hey, Herr Schönlau, was soll das denn? Altersheim? Ja, ja. O.K. Ich gebe zu, ich bin 46 Jahre alt und deutlich zu jung, um mir tatsächlich Gedanken zu machen. Mach ich trotzdem. Perspektivisch. Weshalb? Och, weil es mir Spaß macht. Quatsch aber auch. Weil es vielleicht wichtig ist? Rechtzeitig und so. Gedanken machen, wie ich leben will. Immer dann, wenn man das Leben so total gehen lässt, wenn man sich sagt, das regelt sich alles von alleine, dann setzt man im großen Kasino of real life auf Rot oder Grün. Alles oder Nichts. Hauptgewinn oder Arschkarte.

Gestern habe ich über Twitter und Facebook eine nette Schweizerin kennengelernt. Also bin in Kontakt getreten. Social Media halt. Sie war über einen Beitrag von mir zum Thema Älterwerden (Ich weiß nicht mehr, welcher das ist und was ich geschrieben habe. Der Kopf zu voll. Zu viele Beiträge. Annegret hat’s gefunden – eine Antwort in der Rubrik 50/50-Fragen.) im Blog gelandet. Der gefiel ihr und so sind wir jetzt Facebook-Freunde. Und da “sprachen” wir über das Thema Alters-WG, weil ich da so etwas im Hinterkopf habe. Ich würde mal sagen, in etwa zehn Jahren wird es hier im Haus ziemlich ruhig werden. Wenn Zoe und Jim gehen, bleibt eine Ruhe. Stille. Sind Ela und ich allein hier im Haus, weil die Kinder zum Beispiel bei der Oma sind, dann können wir das alte Gebäude nicht mit Leben füllen. Wir verlaufen uns. Dann wird die Alte Schule plötzlich zum Schloss mit vielen Zimmern. Halloooo?

Bisher war angedacht, die Schule dann später zu verkaufen und irgendwo wieder kleiner einzusteigen. Reduzierte Wohnfläche. Das ist natürlich noch überhaupt nicht konkret und wird sich auch wieder ändern, dennoch mache ich mir da gerne meine Gedanken, weil ich mich dann auf das freue, was kommt. Das wird aufregend. Eine schöne Veränderung, so stelle ich mir das vor. Nur, wird das mit der schönen Veränderung nicht klappen, wenn da nicht jetzt schon zumindest im Denken ein Veränderungsprozess stattfindet.

Wohnen im Alter. Damit verbinde ich Schnabeltassen, Rolatoren und Windelwechseln. Aber das kommt ja, hoffentlich, erst ganz spät. Vorher ist da Raum. Platz. Entfaltungsmöglichkeit. Wenn das rechtzeitig angedacht und umgesetzt ist. Nun kam mir kürzlich der Gedanke, dass unser schönes altes Haus doch hervorragend für eine Alters-WG geeignet wäre. Zusammenleben mit Gleichdenkenden. Gleichlebenden. Sich auf das Abenteuer einlassen. Ich weiß, was ihr jetzt denkt. Skepsis. Ih, Haare im Waschbecken. Streit um Küchendienst. Wie soll das alles geregelt werden?

Ich erinnere mich an schöne Zeiten im Internat und in der Studi-WG. Das war sehr schön, auch wenn Themen geregelt werden mussten. Aber wir sind doch Menschen. Lern- und anpassungsfähig. Und was ist wichtiger: Ein hundertprozentig sauberes Bad ohne Fremdspuren oder ein gemeinsames Leben, Lachen, sich helfen. Glücksforscher haben herausgefunden, dass soziales Miteinander, menschlicher Kontakt für das eigene Glück am wichtigsten sind. Gespräche, das Teilhaben. Miterleben, was passiert. Und dadurch mittendrin dabei sein in einer Wichtigkeit. Und damit eben auch eine Aufgabe haben: Miteinander leben und füreinander da sein, was im Alter eine besondere Bedeutung hat. Klar, da kommt Angst hoch, plötzlich für einen Pflegefall verantwortlich zu sein. Aber das sind nur die typischen Ängste vor Neuem. Keine Frage, für einen solchen Fall der Fälle müssen Modelle angedacht und Vereinbarungen getroffen sein. Das ist alles noch nicht durchdacht und etabliert. Da gibt es keine Muster und Vorbilder, das muss man weitestgehend selbst entwickeln. Man zahlt also einen Preis, bekommt dafür aber Gemeinschaft. Und hoffentlich auch Glück, wenn man die richtigen Menschen erwischt.

Denn es ist klar: Das Projekt Alters-WG steht und fällt mit den Menschen, mit denen man zusammenlebt. Da passt nicht Jeder und Jede. Da muss man schon gut überlegen. Und ja: es ist ein Risiko. Doch das ist das Alleinwohnen auch, wenn man es nicht schafft, Kontakt zu halten. Sicherlich ist die Alters-WG nicht das Nonplusultra, aber eine überlegenswerte Alternative. Ich auf jeden Fall behalte das mal im Hinterkopf und schaue, wer da passen und wie das laufen könnte.

P.S. Der fiftyfiftyblog ist übrigens mittlerweile ja auch eine kleine WG. Irgendwie. Mit Besuchern, Probewohnern/innen und fest Eingezogenen:)

Hoffnung, Liebe, Weihnachten.

Liebe ist nur ein Wort. Sagen manche, heißt es manchmal. Mich beschäftigt das Wort gerade aus zwei Gründen: Bei mir nahe stehenden Menschen steht es gerade um die Liebe nicht sehr gut. Und Ela und ich sind nächste Woche seit 20 Jahren zusammen. Jubiläum. Nun möchte ich hier nicht das Eine gegen das Andere stellen oder mich hervorheben im Sinne von “Sehr her, bei uns klappt es doch auch”. Never. Es gibt immer, wie im Fernsehen, gute Zeiten, schlechte Zeiten. Der Mond geht auf, der Mond geht unter, die Sonne kommt, die Sonne geht, der Frühling frühlingt, der Herbst herbstet. Kreisläufe, Wechsel. Sicherheit ist in Sachen Liebe ein fulminantes Risikogeschäft, von dem selbst Hedgefonds die Finger lassen.

Also habe ich mir Gedanken über die Liebe gemacht. Meine Liebe. Bin ihr nahe getreten, um nachzufühlen, wie es ihr geht. Ein Ergebnis dieser Innensicht kann und werde ich euch nicht mitteilen, weil sich das nicht in Worte fassen lässt. Ich möchte hier auch nicht meine Sprachwerkzeuge wirken lassen. Das wäre profan und instrumentalisiert. Was ich aber sagen und schreiben möchte, ist folgendes: Die Liebe spielt gerade jetzt eine immens große Rolle. Sie ist wirklich wichtig.

Wir haben ein Jahr hinter uns, das von merkwürdigen Ereignissen geprägt war und ist. Kernkraftwerke sind in die Luft geflogen und haben Menschen und Meer verseucht, die Atomkraft wurde in Deutschland perspektivisch ausgeschaltet, Revolutionen haben sich durchgesetzt, Kriege werden geführt, der EURO und Europa zappeln wie ein Fisch an der Angel und lassen sich nicht in ruhige Gewässer ziehen. Es war ein unruhiges Jahr mit einem wunderschönen November.

Ich persönlich bin reich beschenkt worden. Mit und von diesem Blog, den ich betreiben konnte bei gleichzeitigem, persönlichem Bestumsatz im Business. Ich durfte eine sehr schöne Zeit in Italien verbringen, war in Berlin, in Frankreich und Ela hat mir einen Gedichtband gestaltet, den ich bislang noch nicht unterbringen konnte – das wäre der Gipfel gewesen. Aber ich will nicht unverschämt sein. Mein persönliches Schicksal meinte und meint es gut mit mir. Ich durfte ein weiteres luxuriöses Jahr in einem der reichsten Länder der Erde verbringen. Ich schaue nach Durban, sehe wie die von der Klimakatastrophe am stärksten betroffenen Entwicklungsländer um Entlastung kämpfen und Spielball der Industrienationen sind.

So what? Ja. Wir sind im Landeanflug in Richtung Weihnachten. Adventszeit. Lichter leuchten und ich versuche, nicht an die Kohlendioxidbilanz des E-Schmucks zu denken. Stattdessen denke ich an ein altehrwürdiges Wort, dass so beschädigt ist wie viele andere Worte: Besinnung. Sich besinnen. Nicht besonnen werden, sondern aus sich selbst heraus Besinnung schaffen. Der WW, der Weihnachtswahn läuft auf Hochtouren. Geschenke, Karten, Weihnachtsessen und -feiern, der Tannenbaum, die Planung für die Festtage. Ein Fest der Liebe. Ja. Und dann ist alles organisiert und alles ist bereit und die Festklamotten liegen bereit und es wird gesungen. So weit, so gut. Wenn es klappt. Wenn es nicht nur eine Vorstellung von schöner, heiler Welt ist. Wenn die angestauten Emotionen und Erwartungen dann nicht explodieren oder in schlechte Laune und Anspannung implodieren. Erwartungen, Vorstellungen, Verpflichtungen. Entäuschungen.

Der Kern der Weihnacht. “Uns ist ein Kind geboren.” Der Heiland, geschickt vom heiligen Vater zur Errettung der Welt. Hey! Errettung der Welt. Da war doch was. Adam und Eva hatten sich nicht fernhalten können und waren hinausgestoßen worden. Seither wälzen wir uns in Schuld und leben sündig, wie es von der Kanzel heißt. Mich persönlich stört diese Sicht der Schuld und Sühne, weil sie den Menschen so klein macht. Eine sich selbst bewahrheitenden Prophezeiung. Nun leben wir in dieser Welt, die ich gerne einmal Paradies II nennen möchte. Phil Collins: All, think twice, it’s just another Day in Paradise.

Da haben wir diesen Planeten mitten im Weltall geentert, haben es vom Lurch zum Menschen geschafft und können Äpfel essen, die wir von Bäumen pflücken. Frisch und knackig. Wir können in den Wald gehen, uns von herunterfallenden Sonnenstrahlen streicheln lassen. Wir haben Familien, in denen wir wie in einem warmen Nest durchatmen können. Und was machen wir? Stoßen Kohlendioxid aus, weil wir glauben, sonst nicht genügend Geld zu haben, um zu leben. Uns zu ernähren. Was einst die Frucht vom Baum der Erkenntnis war, ist jetzt der Baum der Umweltverschmutzung, von dem wir reichlich knabbern. Tatsächlich ist es so, dass wir es gerade so richtig vermasseln. Die Kiste in den Dreck fahren, in den Sand setzen.

Wir haben die Chance, das in Durban zu ändern. Einen internationalen Klimavertrag zu unterzeichnen, der unser Paradies erhält. In Durban schlafen sie nicht, verhandeln die ganze Nacht, die ärmsten Entwicklungsländer wollen auf Geld verzichten, um ein Zeichen zu setzen. Denen steht das Wasser, bzw. die Dürre bis zum Hals, während sich hier noch manche fragen, ob es überhaupt einen Klimawandel gibt und ob der mit Kohlendioxid zu tun hat. Gleichzeitig sitzen wir auf privater Ebene Zuhause und vergessen, die Liebe zu füttern. Mit kleinen Brotkrumen. “Ich schieße keine Möwen tot, ich lass sie lieber leben und fütt’re sie mit Roggenbrot und rötlichen Zibeben”.

Was ist los? Sind Menschen so? Können wir unser Glück nicht fassen, halten? Ich plädiere für Besinnung und Katharsis. Das schöne alte griechische Wort für Reinigung. Die Welt reinigen, unsere Gedanken reinigen. Sich konzentrieren. Auf das Wesentliche. Weihnachten, das Fest der Liebe. Der Erlöser wurde geboren. Wer ist der Erlöser? Wo wohnt er? Erlösung ist Passiv. Erlöst werden. Da reichen keine Kerzen, kein Kinderlein kommet. Da braucht es internationale Verträge und Zuhause einen ehrlichen, offenen, gütigen Blick auf die Liebe. Dann würde es vielleicht klappen mit der geweihten, gesegneten Nacht. Wir sind dran mit dem Segnen.

P.S. Die Rose oben habe ich heute Morgen fotografiert. Sie blüht seit gestern vor unserem Haus. Ein Zeichen, für was auch immer.