Das Imperium schlägt zurück.

Schafskopf_red

Das kann ich nicht auf mir sitzen lassen. Das geht zu weit. Also wirklich. Ich meine, ich mache schon viel. Versuche, ruhig zu bleiben. Freundlichkeit nach Brecht zu üben. Auf den Buddha zu hören. Da wird einer laut, geht mir auf den Sack und ich atme das weg. Om. Prima. Aber das jetzt. Hallo? Ich meine, es gibt Grenzen. Da könnte ich bei Aldi den Code für die Sprengsätze in den Kartenleser tippen. Zack, Amerika weg. Wargames. Alarmstufe rot. Strike.

Was ist geschehen? Amerika hat mich angegriffen. Persönlich. Mit einer Pershing XI, fünf. Neuestes Modell. Die wissen nicht, mit wem sie sich da angelegt haben. Heute, nach einem echt langen, intensiven und anstrengenden Tag. Nicht mit dem Commander, wie mein Trainer immer sagt.

Also. Ich öffne facebook. Ganz normal. Mal schauen, was so los ist. Was gepostet wurde, wer kommentiert hat. Und so. Routine. Doch heute war es anders. Da mischt sich dieser Zuckerberg in mein Leben ein. Frechheit. Der Sack. “Sollen wir dir mal deine 20 Highlights aus 2012 posten?” Wie ein Lemming schreitet mein bekloppter, stumpfsinniger, arg debiler Zeigefinger zur Entertaste und drückt “Ja, ich will”. Wenn es nach dem ging, hätte ich damals in der Eifel diese Bauerntochter mit den großen Brüsten geheiratet, die dieses Bayern-T-Shirt mit dem gespannten Aufdruck “Die Bullen” trug. Sie hatte fettige Haare, keinen Bock auf mich und wurde von ihrem Vater an meine Seite geschoben, weil ich mich mit ihm als Getreideannehmer während der Semesterferien ein paar mal gut unterhalten hatte. DESWEGEN MUSS MAN DOCH NICHT HEIRATEN! Hat sie auch so gesehen. Er war ein wenig enttäuscht, weil nicht sofort das Feuer der Liebe samt Eros entflammt ist. Ich sage nur: “Die Bullen”. Wow.

Hä? Wie kam ich jetzt da hin? Ah ja, Angriff auf die Persönlichkeit. Da glaubt dieser Zuckerberg, er wüsste was von meinem Leben. 2012. Bin ich froh, dass diese Server so abgrunddämlich sind. Was wissen die denn? Ein paar Bilder? Ein paar Posts? Und schon sind die Highlights 2012 da? Hat er mit am Grab meines Vaters gestanden? Hat er in der Küche gesessen, als Ela sagte, sie habe sich verliebt hat? Wo war denn dieser Zuckerberg?

Manchmal sind diese Social Media halt doch emotional ziemlich einfach gestrickt. Serveridioten. Nehmt ruhig alle meine Daten, ihr strickt doch das Falsche. Weil ihr nur 1 und 0 kennt und keine Zwischentöne. Euch fehlt ganz einfach die Herzensapp. Das ist dieses Teil, das sagt: “Hey, du bist ein Mensch. Ich mag dich. Was kann ich für dich tun? Ich möchte dich lächeln sehen.”

Begreifen die nicht. Für die ist egal, was ist. Schmerz, Lachen, eins. “Deine 20 Highlights.” An meine 20 Highlights werdet ihr nie dran kommen und wenn ihr meine ganze Festplatte leer saugt. Ihr müsstet mir Elektroden ins Hirn pflanzen und von dort versuchen, die Tür zur Seele zu finden. Verschlossen. Code. Zu’er als Fort Knox. Ein emotionales Verschlüsselungssystem. Da geht nichts, überhaupt nichts ohne authentische Menschlichkeit.

Ich verrate euch jetzt ein Highlight, das ihr niemals werdet verarbeiten können, ihr Zuckerbergs. Nachdem mein Vater im Februar gestorben war, war ich unendlich traurig. Das könnt ihr euch nicht vorstellen, wie das ist, wenn der Vater stirbt. Ich habe geheult, es nicht fassen können. Und irgendwann habe ich mich hingesetzt und ihn gehen lassen. Das ist der Moment, in dem man weiß, dass es ihm gut geht, dass er angekommen ist, wenn man sagen kann: Jetzt ist es gut. Das ist ein Moment unendlicher Friedlichkeit. Das war mein Highlight 2012. Versuch das mal zu posten, Zuckerberg. Du unverschämter Mensch.

Im Westen nichts Neues

Straßenlaternen_red

Es schneit. Sach ma. Das hatte ich mir definitiv anders vorgestellt. Ich muss es zugeben, ich bin absolut leichtgläubig und leicht manipulierbar. Worte sind für mich dann doch Wahrheit, obwohl ich immer denke: Nur Worte. Ja, denkste.

Irgendwer hatte gesagt: Diesen Winter kommt kein Schnee. Auf den fahrenden Zug bin ich freudig draufgehopst, hab mich wie ein windelgewickelter Schneekönig gefreut und habe mich ganz schön umgesehen, als es dann passierte. Ich meine, vor kurzem noch, nur kleine Wochen her, da hingen Blätter an den Bäumen. Bis zum Schluss in Grün und schönem leuchtendden Gelb. Ich hatte da Fotos gepostet, also auf eure Bildschirme gepappt. Putsch.

Und nune? Hab ich den Salat. Rumgegurke auf Streusalzkompromissen. Dieses Jahr ist das komisch. Die Salzstreuer wollen nicht so richtig. Vielleicht haben die aus Versehen das teure Himalaja-Salz genommen und nun dürfen se nich. Also sehr sparsam. Was ordentlich Schneematschepampe bedeutet. was wniger Spaß macht als feste Schneedecke, die den reifen sogar mehr Halt gibt. Vielleicht wollen die nicht gleich zu Beginn alles rauspulvern. Streuen scheint dann doch auch eine sensibel mentale Sache zu sein. Im März würde es heißen “alles muss raus”. Ja, im Februar würden sie schon rufen “un fot domit, der Prinz kütt.” Kamelle.

Am Freitag will ich nach Stuttgart. Es soll warm werden, heißt es. Hörensagen. Hatte ich das nicht zu Beginn dieses Textes? Dieses Mal weiß ich, wer es gesagt hat und wen ich zur Rechenschafft ziehe. Rächenschaft mit ä. Uah. Ist nämlich alles ganz schön unkomfortabel, wenn man dauernd Schnee schüppen, Autos befreien und frieren muss. Bibber. Gerade helfen keine Tricks. Das Schönreden geht mir schlecht von den Lippen. Ich werde üben… Muss doch hinhauen mit dem strategischen Selbstbelügen. Schönen Abend euch. Macht es euch kuschelig-warm-gemütlich. Rutscht zusammen, haltet euch, wärmt euch, schenkt euch lächeln, lachen, Kinder. Sagte ich Kinder? Ist mir so rausgerutscht. Wo kam der denn wieder her? Egal. Wenn’s sein soll, auch das.

Mit Henrik Schwarz auf fester Schneedecke unterwegs

Bin gerade viel unterwegs. Mit dem Auto. Hierhin, dorthin. Während ich so fahre, versuche die Kiste auf der Straße zu halten, weil alles ziemlich rutschig ist und die Schneeräumer die Sache irgendwie recht entspannt angehen lassen, höre ich Musik.

Musik von. Ihm. Meinem momentan neuen Favourite. Dieses Jahr haben sich ja schon einige die Klinke in die Hand gegeben. Die CDs stapeln sich in meinem Zimmer. I’m listenig to the worlds music. There are so many people. Sehr viele, die es drauf haben. Gerade habe ich ein Dejavu – als hätte ich diese Szene mit diesen Gedanken und dem, was folgt schon einmal erlebt. Gehirnquuxquax. Egal. Fehlschaltung.

Henrik Schwarz. Musiker und DJ. Elektroszene, in die es mich verschlagen hat. Weil mich da jemand versorgt. Das macht mich glücklich, wenn sich Menschen rührend um mich kümmern und Dinge mit mir teilen und mir gutes tun. Geschenke des Lebens. Immer und überall. Von wegen der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Nix da. Der Mensch ist dem Menschen ein Weihnachtsmann. Eine Weihnachtsfrau.

Auf jeden Fall habe ich jetzt eine Henrik Schwarz CD mit 23 sehr unterschiedlichen Tracks, die eine ziemliche Bandbreite darstellen. Gestern habe ich eine Klarinette gehört, ein Saxophon, ein Fagott, eine Oboe? Und dann klang es wie James Brown und plötzlich ein Schuss Reggae. Bob Marley. Alles verarbeitet. Heiner Müller sprach immer von Material.

Jetzt habe ich noch 10 Minuten. Dann ist es 00 Uhr und ich muss pennen, weil der Wecker wecken wird. Unmissverständlich. Bin spät dran. Eis, Schnee, Fußball, Haushaltsdienste von Holz hoch holen bis Spülmaschine. Natürlich muss ich euch noch einen Song präsentieren. Das ist nicht so einfach, weil die Bandbreite breitband ist. Ganz breit. Ich habe mich auf youtube durchgehört und für einen elektrisch minimalistischen Track mit Jazzelementen entschieden. Den hat er zusammen mit Bugge Wesseltoft aufgenommen. Sind ja immer Projekte und jeder mit jedem. Tatsächlich leben wir in freakigen Zeiten, wo schon lange nichts mehr so ist wie früher und es wird rasant weniger, was ja auch gut ist, es sei denn, man gehört zu den nostalgischen Melancholikern – wer tut das nicht, manchmal. Hier also “Leave My Head Alone Brain”, was ich mir auch manchmal wünsche.

Ein Wort zu den Fotos noch. Oben, das war das Abendrot von meinem Schlafzimmerfenster aus gesehen. Vorgestern. Leider hat mir jemand die Kamera weggenommen, ich hätte da gerne noch mehr. Egal. Hatte ja recht. Ich muss nicht immer fotografieren. Wird man süchtig von. Aber geht halt nicht immer, nicht fotografieren. Den Baum hatte ich vormittags in der Mittagssonne – Highnoon – getroffen. Der sah im Gegenlicht so fantasymäßig aus.

Ich wünsche euch einen schönen Dienstag. Bleibt auf der Straße. Fahrt langsam. Heute Morgen auf meinem Weg zur Arbeit war direkt hinter dem Dorf ein 7,5 Tonner in der Kurve geradeaus in den Wald gefahren. Und Tschüss. Kleine Böschung runter, eingeparkt. Dem Fahrer war nix passiert. Später stand ein Kleinwagen leicht verdreht in einer Böschung mit Felskontakt. Sah auch nicht gut aus. Manchmal ist das Leben einfach kein Ponyhof, sondern ein schöner, großer Pferdehof. Also. Ergo. Manjana.

What a wonderful world…

Heute Morgen bin ich schon den Engeln begegnet. Dem Erzengel Michael im Stall, der im einfallenden Sonnenlicht und mit dem kleinen Bullen Buffi wie eine Krippe wirkte. Danach traf ich seine Frau Angelika, die mir vom Mondlicht heute Nacht erzählte. Von den Sternen, die auf die weißen Flächen leuchteten. Und heute Morgen hat sie oben auf den Hügeln die Sonne aufgehen sehen. Alles leuchtete Orange. Sie war, jetzt noch, ergriffen.

Hier herrschen gerade paradiesische Verhältnisse. Die Temperaturen sind auf Minus neun Grad gefallen, die Sonne scheint, am Himmel nur ein paar Wolken. Herr Cooper und ich haben uns mit der Kamera auf den Weg gemacht und haben erst Michael getroffen, der uns seine Kuh Alma und deren kleinen Bullen zeigen wollte. Ich rieche jetzt noch schön nach Stall. Was für eine Atmosphäre. Die Sonne fiel durch die Milchglasscheiben, alles, Sättel, Halfter, Führstricke hingen an ihrem Platz. Es herrschte Ruhe, ausgestrahlt von den Tieren, die keine Hektik kennen. Sehr schön.

Ich habe fotografiert. Und danach bin ich hoch auf die Weide, in die Schneelandschaft. Der kleine umgekippte Baum im Sonnenlicht. Reitet ohne mich weiter. Herrlich. Wunderbar. Klick. Klick. Klick. Ich weiß nicht, wie oft. Konnte mich gar nicht satt sehen. Nun sitze ich hier und schaue und gucke und wähle aus und bearbeite und müsste eigentlich putzen. Drückeberger und Co. KG. Kommt. Keine Sorge, Ela. Kommt. Mach ich. Die Bude wird glänzen wie der Schnee draußen. Naja, fast.