Mela Chus Wertheim KunstBasar in Köln

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KunstBasar Chu Galerie, Köln Hansaring 12. Letztes Wochenende. Hier einige Impressionen – Haus, Kunst, Künstler. Mela Chu hat die wunderbare und für Köln besondere Veranstaltung zusammen mit Oliver Struch und Kathrin Labza initiiert und organisiert.

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Trash/Treasure, Köln. Kosmischer Staub.

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Michael Staab “Educating Ficus – Eine Baumschulung ” – Performance Jennifer Silke.

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Sebastian Linnerz, Installation.

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USE ME NOW!

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Here we are in the Army now. Benutzt mich, macht mit mir, was ihr wollt.

Ts. Nun. Nein. Nicht ganz so, wie ihr vielleicht denkt. Es geht um Unterhosen. Shorts. Wisst ihr, gestern habe ich über Köln und Kunst und KunstBasar und Sebastian Linnerz und Trash/Treasure und Michael Staab geschrieben und die Besucherzahlen waren explodiert – zumindest im Rahmen der Möglichkeiten eines Nischenblogs. Nun hätte ich nachlegen könne, das Feuer schüren, das Eisen schmieden, so lange es heiß ist, aber.

Ich habe gearbeitet, kam vom Fußballtraining, musste meine Tochter ein wenig trösten, deren erstes Handy überhaupt nicht in der Post war. Was ist da Kunst? Wie intergriert man die Fantasie des Lebens, den Rand der Möglichkeiten, das Land OZ, die Sehnsucht der Freiheit, Goethes Arkadien, Nietzsches Dionysien, die Plenaden, das Tor zum Ich, die Unendlichkeit in den Alltag? Wie bitte schön, lässt sich Kunst fernab von Kunstgewerbe und Deko wirklich leben, ohne, dass man nur halbwegs verrückt wird? Seis drum. Lassen wir das. Andere Baustelle, Flucht nach vorn, konzentrieren wir uns auf das Wesentliche, machen wir es wie Tarantino, steigen wir aus der Kunstwelt aus und schaffen eine Kunstwelt, die einfach ein wenig crazy ist. Sprechen wir über Unterhosen. Es ist immer gut, wenn man ein Unfall- oder Trennungsopfer mit Alltäglichkeiten beschäftigt. Wusch. Weg. Abflug. Occupied Mind.

Machen wir es also so wie Rodriguez in “From Dusk till Dawn”. Spielen wir mit der Erwartungshaltung, führen wir die werten Zuschauer/innen in die Erwartungshaltung des brutalen Roadmovies a la “Natural Born Killers” und bieten dann Splatter par excellence. Peng, Paff. Zombies, Untote. Gemetzel.

Sprechen wir tatsächlich über Männer-Unterwäsche. Denn, ich brauche ja hier, um blogtechnisch-thematisch zu überleben (als aberwitzige Ein-Mann-Redaktion) permanent Input. Themen. Content für das zeitgemäße Storytelling. Hey Alter, was geht? Da ich nicht permanent in New York oder Mailand verweile und freakige Menschen fotografiere, da ich nicht ständig in Museen und Ausstellungen rumtobe, nehme ich den Alltag und bausche ihn auf. Ihr merkt, ich arbeite mit Tricks. Zeilen schinden, noch ein Wort. Auf ein Wort. BOXERSHORTS.

Meine Damen, sie können jetzt die Fernbedienung nutzen, das Programm wechseln, auf einen anderen Kanal schalten, denn es geht ans Eingemachte. Das zentrale Wohlfühlelement des Mannes. Die Unterhose. Die Verpackung für ihn. Das Kleidungsstück, das zusammenhält, was zusammen gehört.

Nun habe ich mal wieder neue Unterhosen gekauft, weil meine bisherigen schwächeln. Die Achillesferse der Unterhose ist das Gummi. Wenn es nachgibt, nicht mehr hält, was es verspricht, wenn eine gewisse sentimentale Nachgiebigkeit entsteht, die im Alltag, wenn der Mann seinen Mann stehen muss, einfach nicht gefragt ist. Ich kann nicht texten, wenn die Hose rutscht. Igitt, was für ein ekelhaftes Gefühl.

Gehen wir einen Schritt weiter, eine Station tiefer. Ich erzähle euch jetzt, aber das bleibt bitte unter uns, die Wahrheit über meine Unterhosen. Ja, ich habe sie bislang bei Tchibo im Krimskrams-Kaffeeregal gekauft. Landleben. (Für uns Jungs gibt es hier keine Mieder unter der Theke des heimischen Kaufhauses im Nachbardorf. Der Ladn ist komplett in Frauenhand bis auf die Märklin-Abteilung im Kellergeschoss. Wonderland.) Retroshorts mit Beinchen und breitem Gummi, das Halt verspricht. Baumwolle, kein Plastik. Hautfreundlich, angenehm, nichts Besonderes. Bin ich, nachdem ich vorher in Köln auf Strauss Innovation gesetzt hatte, jahrelang gut und angenehm mit gefahren. Seit geraumer Zeit, seit sich mein Leben irgendwie plötzlich verändert hat, ging das nicht mehr. Die Gummis hatten zeitgleich wie auf Knopfdruck nachgelassen, nichts zog mich mehr zum Tchiboregal, das plötzlich enorm unsexy war. What the hell. Egal.

Große Not. Schließlich ist die Unterhose ein ständiger Begleiter, sofern man nicht auf sie verzichten möchte. Ich habe überlegt, geschaut, auf Eingebung gewartet. Naja, kam nix. Also habe ich meine befreundete Firma Google aus den Staaten nach Rat gefragt und die wollte mich erst mit Shorts überhäufen und erschlagen, aber ich bin standhaft geblieben und habe meine neue Marke gefunden. Puma. Back to the roots. Als damals alle adidas trugen, kaufte ich rote Wildleder Pumas mit weißen Streifen. 30 Tacken, ein Vermögen. 1981. Geile Teile. Und nun also ist die springende Katze zu mir zurückgekehrt. Bestellt per Internet. Amazon. Sorry, ja, aber bei Unterhosen kann ich kein Risiko eingehen. Da hört die political correctness, die ich immer mehr ablege, auf.

Das muss unkompliziert sein. Kein komplizierter Bestellvorgang darf stören. Jungs, ihr versteht das. BITTE. And so I did it. Heute kamen sie. Vier Stück. Zwei schwarze, zwei hellkönigsblaue. Oh. Ah. Angezogen. Reingeschlüpft. Die Erotik des Augenblicks, das Miteinander im intimsten Intimbereich. Die wilde Katze verwöhnt, umschmeichelt, trägt, hält, was sie verspricht. Echt geile Shorts. Ich habe meine neue Marke gefunden, der ich als treues Wesen nun folgen werde. Allein die Verpackung mit dem Aufdruck USE ME. Ich bin und bleibe Werber. Haben die gut gemacht. Eine Verpackung, die lächeln lässt.

Und klappt man auf: THIS FOR YOU! you & only. Unterhosen, die Liebeserklärungen machen. Umgarnen. Schätzchen, Baby, come on. Also Jungs, wenn ihr… Macht mal. Kommt gut:) Und morgen dann vielleicht wieder Arkadien oder Lyrik oder.

“Empört Euch!” und sprecht nur ein Wort…

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Facebook hat einen wirklich großen Vorteil: Hier bekomme ich auf dem Land Dinge mit, die in der Stadt so irgendwo am Rande stattfinden. An diesem Wochenende lief der KunstBasar, eine temporäre Guerilla-Kunstmesse, im schönen Wertheim-Altbau am Hansaring in Köln. Trash Treasure und Michael Staab, die ich bereits über eine temporäre Ausstellung im letzten Jahr kennengelernt habe, waren mit von der Partie. Ich war mir sicher, dass es wieder gute Dinge zu sehen geben würde.

Das Gebäude, ein großer Altbau mit hohen Decken und imposantem hölzernen Treppenaufgang, steht aktuell leer und wird in Kürze komplett renoviert. Kann der Bau brauchen, keine Frage. Vorher hat die Galeristin Mela Chu der Chu-Gallery die Gelegenheit genutzt, diese Ausstellung zu organisieren, was ihr hervorragend gelungen ist. Die Räume waren voller Kunst, Künstler/innen und Besucher/innen.

Also habe ich mich durch die fünf Stockwerke treiben lassen, habe Zeichnungen, Malerei, Objekte und eine Performance gesehen, die rund um einen Ficus Benjaminus rankte. Bestimmt eine Stunde lang sah und hörte ich Michael Staab zu, wie er mit den Mitteln der Kunst und “Kunstdünger” neues Leben in die fast blattlose Pflanze hauchte. Es war ein Kunstdiskurs, ein Fragenstellen zum Stand der Dinge. Oscar Wilde wurde dem Baum vorgelesen, vor ihm wurde in alten Ausstellungskatalogen geblättert (z.B. von der berühmten FLUXUS-Ausstellung, die damals polizeilich verboten wurde), er durfte Gitarrenklänge genießen, wurde mit einem Original Beuys-Werk konfrontiert und, und, und.

Irgendwo in einem Raum zur Straße traf ich auf die oben im Foto gezeigte Installation des Kölner Künstlers Sebastian Linnerz. Im Vordergrund hinterleuchtete Wörter, die sich zu dem Bibelsatz ABER SPRICH NUR EIN WORT SO WIRD MEINE SEELE GESUND fügten. Im Hintergrund eine Art Manifest, das Zeilen aus Stéphane Frédéric Hessels Werk “Empört Euch!” zitiert. Stéphane Hessel (* 20. Oktober 1917 in Berlin) war französischer Résistance-Kämpfer, Überlebender des Konzentrationslagers Buchenwald, Diplomat, Lyriker, Essayist und politischer Aktivist. Er ist erst kürzlich, am 27. Februar 2013, in Paris gestorben.

Für mich klangen die Zeilen wie aus den Seventies: “Das im Westen herrschende materialistische Maximierungsdenken… dass Ethik, Gerechtigkeit, nachhaltiges Gleichgewicht unsere Anliegen werden… friedlichen Aufstand gegen…”. “Empört Euch!” ist ein Bestseller, auf den sich die Occupy-Bewegung beruft. Da war doch was mit 99%.

Und so kam ich in diesen Raum, las diesen sanften Bibelsatz und dahinter das Zitat, das wie eines dieser Pamphlete von Peter Weiss oder den sozialistischen Hochschulgruppen meiner Studienzeit Ende der Achtziger klang. Es hat mich gefreut, politisch motivierte Kunst in diesem Rahmen und so kraftvoll inszeniert zu sehen. Ich habe mich mit Sebastian Linnerz unterhalten und er gab mir am Ende unseres Gespräches seine Karte. Er ist Grafiker, habe ich dann gesehen. Deshalb vielleicht diese ansprechende, harmonische Anordnung, die vielleicht nur auf mich so gewirkt hat, weil ich als Schreiber Worte schwarz auf weiß so sehr mag. Lesen. Botschaften.

Ich habe mich auf den Boden gesetzt, gegenüber der Installation, habe gelesen, fotografiert und wirken lassen. Es war wieder so ein temporäres Kunstwerk, das heute schon verschwunden ist, das ich aber gerne in einem Museum sehen würde, weil es Kraft und Aussage und Spannung und Schönheit hat. Das ist viel, finde ich. Für mich hat es zu den Werken gehört, die im Rahmen dieser Guerilla-Ausstellung besonders waren. Ein lebendiges Werk aus unserer Zeit, das alte Zeiten aufnimmt, das die Bibel sprechen lässt und die Occupy-Bewegung.

Wenn es schon nicht im Museum Ludwig aufgebaut ist oder wird, dann hat es jetzt zumindest einen Platz hier im fiftyfiftyblog und ich freue mich mal wieder, hier ein weiteres Kunstwerk für die Nachwelt hinterlegen zu können.

Liebe und Dracula

Unter deinen Flügeln aus Tüten und Altpapier
wohne ich mit dir flüsternd verschreckt
das Bier ist alle
schon wieder
ohne Besuch

Küsse
Blicke
Bewegungen
vage
flüchtig
intensiv

Auf der anderen Seite des Flusses
die schwarzen Schwäne gegen den Strom
mit roten Nasen zum Himmel
singend
fluchend
scheißend

Du sagst es in klarer Nacht
als das Meer gegen Sterne brandet
die Sonne noch eingesperrt im Stein
wagen wir es
den verbotenen Sprung in die lüsterne Tiefe

Paris, nein
Kein Barcelona
Kein Rio, Tokio, New York
bleib bei deinem Leisten

Wir tun es
wieder

Deine Stimme
samstagsgebadeter Klang
wie Nutellabrot mit Fernsehen im Bademantel
ich liebe dich und Dracula

Du dürftest mich totbeißen
jederzeit ungefragt
an jeder Stelle
den Ort würde ich wählen
im Süden
in Wärme vergehn

Es ist
unumkehrbar geschehn

märz 2013

move, move, move it:)

Lust auf Eis

Yes Sir, mir ist nach tanzen. Heute Nachmittag habe ich nicht getextet, konzeptioniert, gedacht, gewerkelt, weil ich in der Schule beim Schullaufbahngespräch war. Weil allmählich die Schulpflicht in Freiwilligkeit übergeht, sollen die jungen Menschen sich mal Gedanken machen, was werden soll. Wie es mit Schule und so weitergeht.

Da können also wirklich alle über Namentanzen und so ablästern (zum Beispiel Harald Schmidt, dessen Kinder selbst eine Waldorfschule in Köln besuchen), aber es muss hier mal geschrieben werden: Zumindest unsere Waldorfschule hier in Dieringhausen ist die geilste Schule der Welt. Was die alles machen, mitgeben – für das Leben lernen wir. Aber volles Programm. Wenn einem Lehrerinnen und Lehrer gegenübersitzen, in deren Augen es leuchtet, die am Nachmittag dort sitzen, obwohl sie wohl eigentlich frei hätten und mit vollem Herzen dabei sind, die etwas zu sagen haben, die hingeschaut haben, dann ist das ergreifend. Wenn ein Schulbesuch beseelt, kann die Sache mit dem Namentanzen nicht so ganz verkehrt sein. Musste mal gesagt werden und jetzt is auch gut.

14 Uhr, Klassenzimmer, eine Lehrerin und ein Lehrer haben uns erwartet. Wir als Eltern rechts und links, zuhören. Sehr interessant. Die Schüler/innen schreiben im Vorfeld auf, was sie vor haben und wie sie sich einschätzen. Dann gibt es detailliert Feedback und Tipps und es werden Wege aufgezeichnet. Wir haben zwar als Eltern dagesessen, aber wir waren eigentlich schon raus. Das regeln die Jugendlichen alleine. Ich muss zugeben, das ist ein gutes und gleichzeitig merkwürdiges Gefühl nach all den Jahren der Fürsorge, Pflege, des Mitdenkens, Organisierens… Ach.

Nach 20 Minuten war das Gespräch vorbei und wir sind gefahren. Ein gutes Gespräch, wieder eine gute Erfahrung. Nach Hause. Nachmittag gelaufen, weil ich da war, hab ich den Fahrdienst übernommen. Die Mädels zum Tanzen gebracht, eine Stunde Pause. Da habe ich mir die Kamera geschnappt und den Herrn Cooper und bin raus in die Sonne. Also ehrlich. Dieses Gefühl, als wäre ich ein frisch geschlüpftes Schneeglöckchen.

Und dann, und dann. Auf der Heimfahrt. Radio an und da war der Song, den ich seit geraumer Zeit immer wieder gerne höre. So ein Hit, der den Popo im Fahrersitz tanzen lässt. Move your ass, baby. Fahren und tanzen, tanzen und fahren. Die Moderatoren erzählten dann, dass der Song auf einem neuen Album ist, das jetzt raus kommt. Freitag, glaube ich. Sie sprachen von Clubs und Groove und überhaupt. Da spürte ich die Frühlingsgefühle. Tanzen. Move your body, shake your hipps.

Zuhause haben wir dieses Internet angeworfen und haben die Kollegen der Organisation grenzenloser Beschallung (youtube) gebeten, uns das mal vorzuspielen. Meine Kids kannten den Song, die Historie der Videos und auch die anderen Songs des Interpreten. Da war der Daddy mal wieder im Winterschlaf und hätte früher aufstehen müssen. Egal. Wir haben den Song angeschmissen und die Küche beim gemeinsamen Spülmaschineausräumen gerockt. Hier der Song. Darin geht es um 50 Dollar T-Shirts, Secondhand-Shops und diesen ganzen Marken-Konsum-Wahn. Also auch noch politisch korrekt. Geht doch:)

Aber damit nicht genug. Gibt man den Kids diese Beschallungsseite an die Hand, sprudelt es nur so. Hey, das, do you know anything about Harlem Shake? Äh, nö. Hinterm Mond bei den sieben Zwergen. “Man, musste wissen, musste gucken, sonste bisse hinten dran.” O.K. – supi, denn mal die Regler hoch und auch noch den Tisch abgeräumt, denn ganz so doof is Papi auch nich.

Wollt ihr Harlem Shake erleben, so komplett, dann gebt doch bitte einmal bei Youtube “do the harlem shake” ein. Das lässt den Bildschirm tanzen! EHRLICH!!! Macht mal. Und dann klickt ihr euch durch die Spots. Wirklich lustig. Die Welt ist verrückt, wird immer verrückter und keiner merkt es. Außer der fiftyfiftyblog, der Augen und Ohren offen hält, um zu sehen, was geht. Ne, Alter. Deine Mudder… Ach nö, andere Baustelle. Genug beschallt, gelallt, ich winke ab und schiebe von dannen und probe meinen eigenen Harlem Shake mit 20 Dollars in my pocket:) Bye.