The brillant Katona Twins.

Heute geht es weiter in der Reihe der verrückten Männer. Dieses Mal sind sie weder in ihren tollkühnen Kisten noch an den Griffen des Einkaufswagens Deutschland II im IKEA Siegen unterwegs. Diese Männer wandeln in andere Sphären. Die Rede ist von den brillanten Katona Twins. Zwillingen, wie der Name schon sagt. Ungarn. Gitarristen. Sie leben in Liverpool und arbeiten weltweit. Peter and Zoltán Katona. Vom Daily Telegraph als “the classical world’s best known guitar duo” bezeichnet.

Man könnte mit Fug und Recht behaupten, die beiden haben schon jetzt fast alles erreicht. Mit Preisen und Awards überschüttet, aufgetreten in den größten und bekanntesten Konzertsälen der Welt: Carnegie Hall, Wigmore Hall, Concertgebouw Amsterdam, Konzerthaus in Wien, Suntory Hall in Tokio, Philharmonie in Köln. Jetzt bleibt nur die Frage: Wie haben diese Überflieger es bis in den fiftyfiftyblog geschafft? Mit Ausdauer. Quatsch. Ich hab sie gesehen.

Ab und an geben wir uns gemeinsam mit Freunden der Kultur hin. Ich hatte hier zum Beispiel über das Hélène Grimaud Konzert in der Kölner Philharmonie berichtet. Am Sonntag trieb es uns auf ein westfälisches Schloss. Schloss Vornholz in Ennigerloh-Ostenfelde. Ein schöner alter Herrensitz, in dem wohl regelmäßig Klassikkonzerte stattfinden. Und am Sonntag nun waren die Katona Twins da. Besagte Freunde hatten nach einem Konzert der Katona Twins recherchiert und haben die Karten besorgt. Carnegie Hall in Ennigerloh. So einfach kann es sein.

Im „Konzertsaal“ saßen schon rund 130 Menschen, wir kamen kurz vor knapp als letzte Zuhörer/innen. Immerhin noch vor den Gitarristen. Der Saal war lustig. Anders kann ich ihn nicht beschreiben. Rechteckig, die Stühle standen um den Kamin an der Längsseite herum aufgestellt. Vor dem Kamin zwei einfache Hocker. Das nennt man dann unplugged. Keine Kabel. Auf dem Kamin, ich schwöre hoch und heilig, ein röhrender Hirsch. Eine Bronzestatue, vom Künstler wahrscheinlich durchaus mal in einer anderen Zeit ernst gemeint, hier brachte er mich als Biedermeier-Karrikatur zum Schmunzeln. Ansonsten überall im Saal Ahnengemälde. Die sahen tatsächlich so aus, als würden sie bei Dunkelheit ab Mitternacht die Bilder verlassen und im vom Kristallleuchter reflektierten Mondlicht zu tanzen beginnen. Leicht gruselig. Ihr seht: Nettes Ambiente.

Dann kamen die Katonas und haben wirklich beeindruckend gespielt. Scarlatti, Piazzolla, Manuel de Falla. Als Zugabe die Beatles. Liverpool. Die Frisuren sind auch ähnlich. Teils haben sie die Stücke im Original gespielt, teils für sich neu arrangiert. Virtuos. Das Schloss durfte sich freuen, dass nach so vielen Jahrhunderten diese Klänge in das Mauerwerk dringen durften. Ich saß da, tief ergriffen. Im Klang verschwunden. Inspiriert. Ein sehr intensives Konzert und ja, sie waren tatsächlich brillant. Im Zusammenspiel der Zwillinge. Mir persönlich hat die Adaption eines Scarlatti Stückes am besten gefallen. Die beiden nannten die Veränderungen, die sie vorgenommen haben, Metamorphose. Ein Hinüberretten in die neue Zeit. Und glaubt es oder nicht, am Ende haben die alten Ahnen von ihren Ölgemälden heruntergelächelt.

Wer die Katona Twins hören und sehen möchte, dem empfehle ich hier und jetzt deren Internetseite. Auf der Startseite haben sie ein Promovideo hinterlegt, das Ausschnitte ihres Schaffens zeigt. Die ganze Bandbreite – von den alten Meistern bis zum verstorbenen Curt Kobain. Viel Spaß.

Bleibt mir nur, euch einen klingenden Tag zu wünschen. Music is in the Air. Antennen auf Empfang stellen:)

Der IKEAmann

Hier könnte ich nun gut von einem Teil 2 sprechen. Nach Tanz im Hochregallager vom 20. September nun also wieder eine IKEA-Story. Mir war gar nicht bewusst, welche Rolle dieses schwedische Möbelhaus in unserer Familie spielt. An diesem Wochenende der sozialen Studien, die mich schon am Freitag beschäftigt hatten (siehe Text gestern), war das Småland für Erwachsene in Siegen am Samstag mein Übungsfeld. Zoe und ich hatten uns aufgemacht, einen Vorhang samt Vorhangstange zu kaufen. Irgendwie gelangten dann noch andere diverse Kleinigkeiten in unseren Wagen – eine Deckenleuchte für das Ofenzimmer (wegen der hässlichen Kabel unter der Decke), zwei hübsche Vasen und vier kleine Rosenbüsche in vier verschiedenen Farben, die es mit Familiy-Card für 99 Cent das Stück gab. Alter Schnäppchenjäger. Aber ich wollte schon lange den großen Rosenbusch vorm Haus um weitere Farben bereichern. Frühling, du kannst kommen…

Natürlich ging es erst einmal ins Restaurant. Der Land-IKEA in Siegen macht das möglich – selbst am Samstagmittag. Relativ wenig los, im Vergleich zu Köln früher. An der Essensausgabe vor mir steht ein älteres Paar. Es kommt zu einem Missverständnis, ein Essen ist über, das cirka 30 Sekunden auf der Theke stand. Für jemand anderen zubereitet, der plötzlich weg ist. Die Frau vor mir bestellt das gleiche Gericht, will aber diesen Teller nicht. Der stand ja schon. Der Teller wird weggeräumt, landet hinter dem Glasschutz irgendwo dazwischen. Die Frau nimmt ihren Teller, geht. Ich will auch das gleiche Gericht und nehme den übriggebliebenen Teller. Kann es nicht haben, dass das Essen weggeworfen wird. Möchte der Frau vor mir aber auch keine Vorwürfe machen. Sage es unauffällig. An der Kasse stehe ich dann hinter der Frau. Beide Teller stehen nebeneinander. Ich glaube, sie hat es doch mitbekommen, dass ich den Teller genommen habe. Sie fühlt sich irgendwie nicht wohl. Das wollte ich natürlich auch nicht. Ist in Ordnung, dass sie ihren Teller haben wollte. Wer weiß, wo sie sonst immer zurücksteckt. Leben ist kompliziert.

Zoe und ich suchen uns einen Tisch, da kommt er von links ins Bild, der IKEAmann. Unser IKEAmann des Tages. Ein Familienvater. Zunächst höre ich hinter mir ein glückliches Kleinkinderjuchzen. Ich drehe mich zur Seite und sehe das kleine Mädchen mit dem Kopf nach unten an den Händen ihres Papas hängen. Ein glückliches Äffchen. Am Tisch sitzen schon seine Frau und seine ältere Tochter. Auf unserem Weg durch den schwedischen Möbeldschungel werden wir ihnen wieder begegnen. Eine Familie, die strahlt. Alle ganz relaxt, gut drauf.

Zoe und ich räumen unser Geschirr weg und stürzen uns die Treppe runter ins Vorhangverlies. Suchen, fragen nach, messen, entscheiden, packen ein. Weiter. Da kommt im Übergang zur nächsten Abteilung wieder dieser Vater ins Bild. Diesmal mit der größeren Tochter – so um die 13. Zoe und ich befinden uns auf der Hauptstraße, der Mainstreet von Little Stockholm, als von links ein doppelt besetzter Einkaufswagen – diese flachen mit Eisengitter und zwei Bobgriffen am Deutschland II-Gefährt – herangeschossen kommt. Darauf stehen Vater und Tochter und bewegen sich mit Höchstgeschwindigkeit. Aus der Seitenstraße unter Missachtung aller Vorfahrtsregeln prescht das Geschoss auf den Mittelgang und wird im selben Moment vom lenkenden IKEAmann elegant herumgeworfen, um gleich wieder Fahrt aufzunehmen und sich eine Schneise durch die erstaunte Besucherschaft zu schlagen. Wunderbar. Eine Dame rückt erstaunt zur Seite. Niemand schimpft, viele lächeln. Einige wenige schütteln den Kopf. Was für ein Auftritt! Die Szene ließe sich nur schwer inszenieren. Hätte ich die Videokamera dabei gehabt. Hätte, wenn, aber.

Am Horizont der Wäscheabteilung sehe ich sie mit Speed in die Kurve gehen und Richtung Handtücher verschwinden. Die Jacken fliegen im schwedischen Mittsommerwind, äh Mittelganglüftchen. Schade. Hinter uns kommt die Mutter des Teams Deutschland II und fragt sich, wo die sind und vor allem: Was die wohl jetzt wieder anrichten. Hoffentlich geht das mit der Vasenabteilung gut. Dann sind sie weg. Wie schade. Zu schnell für Zoe und mich. Vor meinem geistigen Auge sehe ich sie durch die Expresskasse durchbrechen und im Hotdog-Stand landen. Es gibt Menschen, die leuchten. Die setzen Fantasie frei. Die bereichern die Welt mit ihrer Unbekümmertheit. Sollte jetzt jemand sagen „wenn das alle machen würden“, was heute, glaube ich, kaum noch jemand macht, dann würde ich sagen: Wie schade, dass es nicht alle machen. Dann wäre ich immer mit meiner Videokamera dabei und würde das Einkaufswagen-Ballet filmen. Die Bewegung, das Chaos, das Lachen und Juchzen. Vielleicht würde dann auch die Frau mit dem Teller lächeln – ihr würde ich den Spaß einer Fahrt mit dem IKEAmann wünschen. So kaufe ich mir Rosen für den Garten und warte darauf, dass sie im Sommer Blüten tragen.

Euch wünsche ich einen Tag voller ungewöhnlicher Erlebnisse. Die sind doch das Salz in der Suppe.

KOMED und „Lass‘ uns nie wieder miteinander sprechen…“

Freitagnachmittag. Es regnet bin Strömen. Wir sind auf der A4 unterwegs Richtung Köln. Jim hat einen Kurs im KOMED, einem der acht Gebäude des Kölner Mediaparks mit Cinedom und Mediatower. Ein Geburtstagsgeschenk. Thema: Musik schneiden, Songs basteln. Hat er sich ausgesucht. Wir bringen ihn ins Gebäude, in dem der Pförtner kurz weg ist. Wohin mit uns? Alle in den Fahrstuhl, fünfte Etage. Nichts. Zoe und ich fahren wieder runter, finden den Pförtner, alle in den Keller. Der Kurs will gerade beginnen. 17.00 Uhr. Alles ältere Menschen. Haare eher im Grauformat. Der Kursleiter fragt: Soll er alleine hier bleiben? Äh, ja. Klar. O.K. Wir lassen ihm Elas Handy da. Kursende: 21 Uhr.

Ela und Zoe fahren in die Stadt. Da fehlt noch der Schleier für das Karnevalskostüm. Indische Prinzessin. Ich lehne die Einkaufstour im Regen dankend ab. Unter dem Schirm ist eh nur Platz für zwei und gehe ins Kino. Cinedom. Vorstellung 17.30 Uhr. 72 Stunden mit Russell Crowe. Lakritz kaufe ich mir am Kiosk um die Ecke. Die Vorschau beginnt, der Film beginnt. Russell Crowes Filmfrau wird gerade verhaftet. Wegen Mordes. Die Polizei ist ins Haus gestürmt. 18.04 Uhr. In meiner Hose vibriert es. SMS-Nachricht. „Das hier ist ein Kurs für Musikverwaltung. Jim.“ Raus aus dem Kino, das schafft Russell schon alleine. Rufe Jim an: „Papa, hier stimmt was nicht. Das ist der falsche Kurs.“ „O.K. Hast du mit dem Kursleiter gesprochen?“. „Nein, wollte erst mit dir sprechen. Bin jetzt vor der Tür.“ „Dann geh wieder rein und sag das und dann musst du leider da warten, weil Ela und Zoe erst um 9 wiederkommen und du das Handy hast. Und ich bin im Kino und kann da gerade auch nix für dich tun. 90 Minuten. Dann komm’ ich raus.“

Wieder rein ins Kino. Russell hat echte Probleme. Und seine Frau erst. Alle sind überzeugt, sie ist eine Mörderin. Verurteilung, Knast, Revision abgelehnt, letzte Instanz. 18:19 Uhr. SMS von Jim. Ganz schön blöd im Kino. Hab’ natürlich auf lautlos gestellt, aber die SMS leuchtet durch den Saal. Halte das Display schief. „Der Kurs ist erst im nächsten Monat.“ Simse zurück, dass er warten müsse. Mist. Der Ärmste. Mit Russel geht es derweil bergab. Hoffnungslosigkeit. Er weiß, dass seine Frau unschuldig ist. Er schmiedet Pläne, kommt mit dunklen Gestalten zusammen. 18:30 Uhr. SMS von Jim „Ich soll anderthalb Stunden warten???“ Was soll ich machen? Es regnet in Strömen, wir haben keinen Regenschirm. „Ja.“ So leid es mir tut. Russell macht, tut und am Ende…

Ich treffe Jim. Der ist leicht entnervt. Sorry, manchmal laufen Dinge im Leben schief. Wir haben noch 70 Minuten bis zum Eintreffen der anderen Fifty-fifty-Fraktion. Jim will in die Stadt. O.K. Wir laufen durch den Regen bis zur nächsten U-Bahn-Station – klitschnass. An uns kommt eine Frau vorbei, die ins Telefon sagt „Lass‘ uns nie wieder miteinander sprechen…“ Nie wieder ist eine verdammt lange Zeit. Jim erzählt, wie er im Sommer eine Szene mitbekommen hat, in der ein Mann so um die 60 in einem Cafe seine Frau verlassen hat. Für immer. Düstere Szenerie. In der U-Bahn tausend Gespräche um uns herum. „Das kostet nur 60€. Ich weiß nicht, ob ich das machen soll…“ „Der hat immer noch diesen 900 € Job und wohnt bei seiner Mutter. Nix mit studieren.“

Jim sucht einen bestimmten Laden. Aber, willkommen bei Kafka, alle Läden machen gerade zu. Gerade, als wir kommen. 19 Uhr. Feierabend in der City. Ende Konsum. Nichts geht mehr. Wir schlendern durch die Stadt. Überall Menschen mit Bierflaschen. Feierabendbier. Freitagabend. Wochenende. Weiter strömender Regen, der allmählich durch die Jacke durchbricht. Zurück in die Bahn zum Mediapark. Noch mehr Gesprächsfetzen. Schreiende Jugendliche auf dem Bahnsteig. Party. Ein Mann erzählt einem anderen die Story von der gestohlenen Sackkarre. Zwei Frauen stehen in der Bahn neben uns, trinken Bier. Zwei andere sagen, das koste 25 Euro. Ich brauche Ohrenstöpsel. Zu viel Input…

Wir treffen Ela und Zoe. Ah. Zuhause. Lasst uns abdampfen. „Und Jungs, wie war’s bei euch?“ „Och ganz gut, nur der Kurs, der findet erst nächsten Monat statt.“ „Ah, dann können wir ja wieder…“ Ja, klar.

Und jährlich heult der Rasenmäher…

Was? Jetzt schreibt der über Rasenmäher? Das darf doch nicht wahr sein! Äh, wieso? Ist doch ein schöner Rasenmäher. In Ferrari-Rot, 4 PS, ein Benziner. Spießer. Nun. Wie ich gestern auf das Thema Rasenmäher kam, dazu später mehr. Es war das Jahr 2000. Die Menschen rätselten, ob das Millenium nun begonnen habe oder aber erst zum darauffolgenden Jahreswechsel beginnen würde. Für mich hatte das Jahrtausend angefangen, weil ja jetzt die Zwei da vorne stand. Wir lebten seit eineinhalb Jahren auf dem Land in der alten Schule und hatten jede Menge zu tun mit zwei Windelkindern, Jobs und Umbau. In dem Jahr hatten wir uns entschlossen, den Asphalt des Schulhofes, der bis ans Haus reichte, bis an die Grundstückgrenze zu entfernen. Wir waren ja nicht aufs Land gezogen, um auf Asphalt zu wohnen. Der Bagger kam, entsorgte das schwarze Gold der Straße. Es kam Mutterboden, der so bergisch steinig war, dass ich ihn auf Vaterboden umtaufte. Der Sommer kam, wir säten den Rasen und schwups hatten wir ein Problem.

Von Elas Vater hatten wir einen Handrasenmäher bekommen, der jetzt noch im Gartenhaus steht. Der riss die jungen Graspflanzen einfach samt Wurzeln aus. Auch eine Methode. Eine Entscheidung musste her, an einem Montag. Ich erinnere mich. Das Wochenende über hatten wir wahrscheinlich im Garten gesessen, damals noch regelmäßig mit Wochenend-Stadtflüchtlingen aus Köln. Da war es uns dann aufgefallen: Eine Frisur musste her. Faconschnitt. Im Nachbarschaftsgespräch wurde mir der heimische Dealer im Nachbardorf schwerstens ans Herz gelegt. Der repariert auch, wenn mal was dran ist. Es war öfter was dran, was an meiner Mähmethode liegt…

Die Auswahl war groß. Ich entschied mich im Rahmen eines großen Palavers für den schönen roten. Einer aus Italien. Rot. Italien. Super. Wir kamen ins Gespräch, also der Dealer und ich, nicht der Rasenmäher und ich, redeten über Gott und die Welt und letztlich bot mir der Händler meines neuen Vertrauens an, gleich mit zum Fußballtraining zu kommen. In Köln hatte ich immer am Fernsehturm auf der grünen Wiese gebolzt. Auf einem richtigen Platz hatte ich bislang nie gestanden. Fußballschuhe hatte ich keine. O.K. Wann? 19 Uhr. Der Termin ist bis heute geblieben. Nun also seit elf Jahren.

Weshalb ich darüber jetzt schreibe? Weil es da gestern mal wieder eine lustige Szene gegeben hat. In Vorbereitung auf die Pokalspiele der Alten Herren hier in der Region bereiten wir uns gerade intensiver vor. Was Bayern München im Trainingslager Overseas macht, absolvieren wir in heimischen Soccerhallen. Extrarunden. Donnerstagabend. In meinem Gepäck befanden sich neben den Fußballklamotten drei Flaschen Duschdas. (Merkwürdiger Name. Dusch das! Dusch was? Na, das da. Das Mensch.) Diese drei Shampoo-Flaschen hatte ich beim heimischen Discounter billigst erworben. Beim Fußball gehen solche Flaschen regelmäßig gerne mal rum und sind nach einem Duschvorgang auch fast prompt leer. Empty. Nothing.

Ein Kollege hat niemals Duschzeugs dabei. Der duscht fasst immer dann, wenn ich auch dusche. Netter Kerl, Maschinenbau-Ingenieur, entwickelt härteste Getriebe für Steinbruchnutzungen, fährt gemütlich einen alten Benz und hat niemals Shampoo dabei. Kein Thema, ich gebe gerne. Nun habe ich gedacht: Hey, drei Flaschen Shampoo. St. Martin. Zwei für mich, eine für ihn. Sind unsere ersten beiden Pullen leer, teilen wir die dritte. Also übergebe ich ihm die Pulle feierlich vor dem Training. Überraschung, ist denn schon wieder Weihnachten? Er hatte Montag Geburtstag. Da passte das ganz gut. Kleine Aufmerksamkeit des Hauses. Wir spielen also, rennen uns die Lungen aus dem Hals, gewinnen und verlieren in verschiedenen Mannschaftskonstellationen und gehen duschen. Ich stehe unter der Brause, da kommt er rein. Nackt. Klar. Mal wieder nackte Männer unter der Dusche hier im Blog. Kommen hier ja regelmäßig vor. Aber, wenn ich nackt sage, meine ich ganz nackt. Nichts. Nada. Kein Shampoo!!! St. Martin.

In dem Augenblick dachte ich, wie nett. Jetzt spielst du mit den Jungs seit elf Jahren Fußball und mittlerweile kennst du sie einfach. Der hat den Tick, der die Ecke. Und jener hat halt nie Shampoo. Ich glaube, man könnte ihm eine LKW-Ladung schenken. Der spielt bestimmt seit über dreißig Jahren Fußball. Alle Mannschaften durchlaufen. Tausend Mal und mehr den Weg von der Umkleidekabine unter die Duschen zurückgelegt. Immer ohne Duschzeugs, Duschdas. Da kann man nicht einfach so Zeugs mitbringen und dann ist alles anders. Fand ich nett. Hat mich kurz gerührt. Rasenmäher, Fußball, Duschdas, elf (!!!) Jahre und gestern hab ich über Karneval geschrieben (11.11. elf Uhr elf). Coelho, ich sehe die Zeichen:)

Wünsche euch einen schönen Tag.

P.S. Der rote Rasenmäher übrigens liegt in den letzten Zügen. Der Vaterboden hat des öfteren Steine an die Oberfläche wachsen lassen, die ich regelmäßig gekürzt habe. Meine Nachbarin, die oft parallel mäht, geht immer in Deckung und lacht sich kaputt. „Na, sprengste wieder?“ Ha, ha. Auf jeden Fall hat im letzten Jahr die Welle, an der das Messer hängt, beim Kürzen eines Meteoriten einen mitgekriegt. Jetzt hat das Teil, also der italienische Heißsporn, eine Unwucht und wackelt mit seinem kleinen roten Hintern hin und her. Das lässt parallel den Motor unrund laufen, was das Mähen – na sagen wir mal – aufheitert. Sieht lustig aus, wie ich da so Schlangenmuster ums Haus drapiere. Findet die Nachbarin auch…

Hektik, Stimmung, Karneval

Karneval. Ihr wisst: Die Sache mit dem lustig Sein. Feiert ihr nicht? Doch. Weil ihr nicht in NRW wohnt oder in Mainz oder da, wo der Karneval Fasching oder Fastnacht heißt? Ah, ihr seid sowieso immer mittendrin und tagelang nicht Zuhause. Dann ist ja gut. Hier im Haus wächst allmählich die Aufregung. Rheinische Einflüsse machen sich breit. Insbesondere bei den Damen. Ela hat ihr Kostüm schon lange, Zoe seit kurzem. Nun gibt es aber ein Problem: Am Freitag nach Weiberfastnacht findet die große Schul-Karnevals-Party statt. Und Ela ist morgens nicht da, weil Sie am Abend vorher mit einer Freundin nach Köln fährt, um dort zu feiern. Damit sie auch was trinken können, was ja nun Mal so ziemlich unbedingt dazu gehört, pennt sie dort. Das bedeutet, am Morgen ist sie nicht da, um Zoe zu schminken.

Nun liegt mir Zoe seit Tagen in den Ohren, wie wir dieses Problem des Papa-Schminkens in den Griff bekommen. Sie will ja nicht „aussehen wie Harry“. Zumal sie mit Ela gemeinsam ein wunderschönes Kostüm besorgt hat – sie wird als indische Prinzessin gehen, weil Indien das Klassenmotto ist. „Papa, du musst mal im Internet gucken, wie die aussehen.“ Prinzessin!!! „Papa, du musst da vorher üben.“ „Papa…“ So allmählich wird mir etwas mulmig zumute. Ich meine, es sind ja nur noch drei Wochen bis zu besagtem Termin. Ela erwähnte irgendetwas von Lidstrich und Lidschatten. Ich wusste gar nicht, dass man beim Schminken singen muss. Tä tä, tä tä, tä tä. Quatsch.

Also, wenn ich das vermassele, kann ich mir vorstellen, was passiert. Ich will es mir lieber nicht vorstellen. Panik im Bad. „Ich will nicht zu dieser blöden Karnevalsparty. Papa, du bist so doof.“ Stress. Morgens schon ’ne ruhige Hand haben und meinem Töchterchen mit einem Stift im Auge rumfummeln. Also wirklich. Der rote Punkt auf der Stirn, O.K. Stift und klätsch. Dreh rum und fertig. Aber sie hat da was von Ornamenten erwähnt. O-R-N-A-M-E-N-T-E!!!

Was die Sache nicht einfacher macht, ist Jims Wunsch, als Punk zu gehen. Auch hier gibt es ein kleines Problem. Jim hat ein Foto von einem Punk in einer Zeitung gesehen. Der hatte einen richtig fetten Iro oben auf der Glatze. Die Spitzen stehen sternförmig bestimmt so 40 cm ab. Fett eben. Will Jim auch. Die Haare dazu hat er. Lässt er seit dem Kindergarten wachsen und will sie auf gar keinen Fall kürzen. Da geht nix. Sein Ding. Nun muss ich also Zoe in eine Inderin verwandeln und Jim in einen Punk. Wann sollen wir denn dann morgens aufstehen? Wahrscheinlich wollen die beiden dann eh gefahren werden, weil sie mit den Maskierungen nicht in den Bus können. Ist ja gleich alles ruiniert. Das wird ein Tag, ein Morgen. Herrje. Irgendwann kommt Ela dann aus Köln dazu, weil die Feier auch für die Eltern ist. Und ich stehe dann da mit dem Ergebnis meiner Frisier- und Kosmetikkünste. Wie würde Rene Mareks Maulwurfn sagen: Autschn! Ein klassisches Fifty-fifty-Problem.

Na, warten wir mal ab. Ein noch größeres Problem ist sowieso: Was ziehe ich zur großen Karnevalsparty meines Sportvereins in der Glückauf-Halle an? Die anderen Jungs sind da in Sachen Kostüm ziemlich weit. Drei von denen werden auf der Bühne stehen und als Trio das Programm-Highlight des Abends sein. Die gehen am Sonntag ins Studio, um die Songs aufzunehmen. Boah, ey. Karneval. jetzt schon Stress. Drei Wochen vorher. Nun gut, bleibt nur eines: Mit Humor nehmen. Ich hoffe, Zoe und Jim sehen das auch so…

Wünsche euch ein schönes Alaaf und Helau und Bumm Bumm (so heißt das hier treffend bei uns) für den Tag. Macht euch lieber mal jetzt schon Gedanken über euer Kostüm. Nachher ist es zu spät und dann ist es auch schon wieder vorbei und die Fastenzeit beginnt. Auch das noch:)