Heute geht es weiter in der Reihe der verrückten Männer. Dieses Mal sind sie weder in ihren tollkühnen Kisten noch an den Griffen des Einkaufswagens Deutschland II im IKEA Siegen unterwegs. Diese Männer wandeln in andere Sphären. Die Rede ist von den brillanten Katona Twins. Zwillingen, wie der Name schon sagt. Ungarn. Gitarristen. Sie leben in Liverpool und arbeiten weltweit. Peter and Zoltán Katona. Vom Daily Telegraph als “the classical world’s best known guitar duo” bezeichnet.
Man könnte mit Fug und Recht behaupten, die beiden haben schon jetzt fast alles erreicht. Mit Preisen und Awards überschüttet, aufgetreten in den größten und bekanntesten Konzertsälen der Welt: Carnegie Hall, Wigmore Hall, Concertgebouw Amsterdam, Konzerthaus in Wien, Suntory Hall in Tokio, Philharmonie in Köln. Jetzt bleibt nur die Frage: Wie haben diese Überflieger es bis in den fiftyfiftyblog geschafft? Mit Ausdauer. Quatsch. Ich hab sie gesehen.
Ab und an geben wir uns gemeinsam mit Freunden der Kultur hin. Ich hatte hier zum Beispiel über das Hélène Grimaud Konzert in der Kölner Philharmonie berichtet. Am Sonntag trieb es uns auf ein westfälisches Schloss. Schloss Vornholz in Ennigerloh-Ostenfelde. Ein schöner alter Herrensitz, in dem wohl regelmäßig Klassikkonzerte stattfinden. Und am Sonntag nun waren die Katona Twins da. Besagte Freunde hatten nach einem Konzert der Katona Twins recherchiert und haben die Karten besorgt. Carnegie Hall in Ennigerloh. So einfach kann es sein.
Im „Konzertsaal“ saßen schon rund 130 Menschen, wir kamen kurz vor knapp als letzte Zuhörer/innen. Immerhin noch vor den Gitarristen. Der Saal war lustig. Anders kann ich ihn nicht beschreiben. Rechteckig, die Stühle standen um den Kamin an der Längsseite herum aufgestellt. Vor dem Kamin zwei einfache Hocker. Das nennt man dann unplugged. Keine Kabel. Auf dem Kamin, ich schwöre hoch und heilig, ein röhrender Hirsch. Eine Bronzestatue, vom Künstler wahrscheinlich durchaus mal in einer anderen Zeit ernst gemeint, hier brachte er mich als Biedermeier-Karrikatur zum Schmunzeln. Ansonsten überall im Saal Ahnengemälde. Die sahen tatsächlich so aus, als würden sie bei Dunkelheit ab Mitternacht die Bilder verlassen und im vom Kristallleuchter reflektierten Mondlicht zu tanzen beginnen. Leicht gruselig. Ihr seht: Nettes Ambiente.
Dann kamen die Katonas und haben wirklich beeindruckend gespielt. Scarlatti, Piazzolla, Manuel de Falla. Als Zugabe die Beatles. Liverpool. Die Frisuren sind auch ähnlich. Teils haben sie die Stücke im Original gespielt, teils für sich neu arrangiert. Virtuos. Das Schloss durfte sich freuen, dass nach so vielen Jahrhunderten diese Klänge in das Mauerwerk dringen durften. Ich saß da, tief ergriffen. Im Klang verschwunden. Inspiriert. Ein sehr intensives Konzert und ja, sie waren tatsächlich brillant. Im Zusammenspiel der Zwillinge. Mir persönlich hat die Adaption eines Scarlatti Stückes am besten gefallen. Die beiden nannten die Veränderungen, die sie vorgenommen haben, Metamorphose. Ein Hinüberretten in die neue Zeit. Und glaubt es oder nicht, am Ende haben die alten Ahnen von ihren Ölgemälden heruntergelächelt.
Wer die Katona Twins hören und sehen möchte, dem empfehle ich hier und jetzt deren Internetseite. Auf der Startseite haben sie ein Promovideo hinterlegt, das Ausschnitte ihres Schaffens zeigt. Die ganze Bandbreite – von den alten Meistern bis zum verstorbenen Curt Kobain. Viel Spaß.
Bleibt mir nur, euch einen klingenden Tag zu wünschen. Music is in the Air. Antennen auf Empfang stellen:)

