Schmitz: Guten Tag, Herr Cooper.
Cooper: Guten Tag, Frau Schmitz.
Schmitz: Herr Cooper, Sie sind ein Hund, ein Labrador, der es in den letzten Monaten zu einigem Ruhm gebracht hat.
Cooper: Ja, das ist mir absolut bewusst. Es ist eine Karriere, die ich mir so kaum vorstellen konnte. Sie müssen wissen, ich kam als namenloser Labrador nach Deutschland, bin so eine Art Migrant. Ich hatte nichts. Gar nichts, außer den festen Willen.
Schmitz: Nun wurde sogar ein sibirisches Kältetief mit eisigen Temperaturen nach Ihnen benannt.
Cooper: Das ist richtig. Es ist mir natürlich eine große Ehre, wenn auch vielleicht ein wenig zu viel des Guten. Es ist so, ich habe meine Kernfamilie früh verlassen. Das waren damals harte Zeiten. Wir waren viele Kinder und die Bedingungen waren nicht gerade die besten. Ich bin früh von meiner Mutter getrennt worden – Retriever in Not e.V. hat sich um mich gekümmert und irgendwann hat mich mein sogenanntes neues Herrchen mit dem Auto abgeholt und Stück für Stück in die Medien gebracht.
Schmitz: Wie ist es, sich jeden Tag groß im Internet zu sehen? Ihre beeindruckende Nase ragt ja quasi aus dem Bildschirm hinaus?
Cooper: Anfangs war es ungewohnt, das muss ich zugeben. Cooper hier, Cooper da. Vom Wesen her ist mir Bescheidenheit wichtig, ein zurückgenommenes Leben. Die Rampensau bin ich nicht. Dann habe ich mit dem Herrn Schönlau, meinem treuen Begleiter, angefangen zu arbeiten. Wir haben ein paar Schreibübungen rausgehauen und ich hab ihm gesagt „Nimm mal die Kamera mit raus“. Der eine oder andere Hinweis hat dann geholfen, dass er auch das fotografiert, was unser Leben hier ausmacht. Die ersten Fotos waren schrecklich. Eine halbe Pfote formatfüllend oder eine Krähe am Himmel in fünf Kilometern Entfernung. Aber mein Herr Schönlau ist lernfähig und so konnte er dazu beitragen, dass mein Onlineprojekt wächst.
Schmitz: Nun sind sie der erste Labradorrüde der Welt, der interviewt wird und hier Rede und Antwort steht. Was ist ihre zentrale Message?
Cooper: Sehen sie, aus der Sicht eines Hundes ist manches anders. Mir ist es wichtig, raus zu gehen. Wir können nicht da stehen bleiben, wo wir gerade sind. Wir müssen laufen. Äh sorry, Herr Schönlau, könnten Sie mir gerade noch eine Schale Wasser holen? Bitte das links herum drehende aus der spanischen Heilquelle, die dunklen Flaschen, danke, sehr nett. Zurück zum Thema. Wir müssen uns einfach bewusst bewegen in diesem Leben. Müssen auch mal Stellung beziehen, Reviere markieren und dazwischenbellen, wenn etwas nicht stimmt. Wir können nicht einfach immer nur Dinge holen, wieder und wieder apportieren. Das bringts nichts. Das ist reine, stupide Wiederholung. Meine Meinung ist: Mit den Pfoten fest auf der Erde stehen und sich auf Wesentliches konzentrieren.
Schmitz: Herr Cooper, in der Mode haben Sie einen neuen Trend ausgelöst. Sie tragen nur schwarz. Ist das ein neuer Existenzialismus? Lesen Sie Sartre?
Cooper: Ich gehöre zu einer späteren Generation. Mein Credo lautet: Poststrukturalismus leben. Ich gehe eher in die Richtung Derrida, Foucault. Auflösung und Neufindung. Ich denke, es ist wichtig, die Spuren zu lesen. Nachzuschnuppern, wo wir herkommen und daraus einen neuen Weg zu gestalten. Schwarz ist da eine Möglichkeit, Raum zu schaffen. Als Projektionsfläche für Farben, Spektren.
Schmitz: Wir haben gehört, es liegen erste Angebote für Filmrollen vor?
Cooper: Ja, definitiv. Um mich herum ist gerade einfach ein unheimlicher Hype entstanden. Allerdings bin ich da vorsichtig. Ich möchte das alte Lassie-Klischee nicht bedienen. Das ist mir zu abgerichtet, da fehlt das Feeling von Freiheit. Verstehen Sie? Der Hund im Kontext menschlicher Wünsche. Auch hier müssen wir neu denken. Als Hund kann ich viel dazu beitragen, Veränderungspotenziale aufzudecken. Als Tiere leben wir anders, sind näher dran, haben eine feinere Nase. Ein Gespür. Wir wissen, wo die Drogen, wo die Gefahren lauern. Manchmal könnte ich „Merde“ schreien, wenn ich zum Beispiel sehe, wie mein Assistent Herr Schönlau es in seiner menschlichen Art verbockt. Aber er lernt. Deshalb habe ich dieses Blogprojekt für ihn ins Leben gerufen.Das kriegen wir schon hin. Danke, Herr Schönlau, genau die richtige Temperatur. Haben Sie noch eines von diesen leckeren veganen Leckerlis von letzter Woche? Möchten Sie auch, Frau Schmitz?
Schmitz: Äh, äh, nein danke. Ich hab eben, also…
Cooper: Frau Schmitz, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.
Schmitz: Das sage normalerweise ich, aber…
Cooper: Es sind neue Zeiten, meine liebe Frau Schmitz. Ciao, ciao. Herr Schönlau, ziehen Sie sich warm an. Draußen ist mein sibirischer Namensvetter unterwegs und will meinen schwarzen Pulli auf Dichtigkeit testen. Nicht dass Sie mir wieder rumjammern, ne. Und los:)