Gestern hatte ich eine spezielle Aufgabe. Ich war für einen Abend Ersatztrainer unserer Fußballmannschaft. Unser Trainer war nicht da und hatte mich in der Woche zuvor gefragt, ob ich ihn vertreten könnte. Klar, kein Thema. Nun hatte ich aber diesen doofen Schnupfen. Trief. Also sah mein Plan vor, abends zum Training zu fahren, die Kabinen aufzuschließen, den Job zu deligieren und dann Haruki zu lesen. Dann aber, am Nachmittag, plötzliche Spontanheilung. Ein Wunder – er kann gehen. Die Nase lief nicht mehr und die Kraft war wieder da und ich war klar im Kopf. Soweit man als Texter jemals klar im Kopf ist, aber das ist ein ganz anderes Thema.
Also habe ich mich, ihr dürft jetzt ruhig sagen “Typisch Mann”, gegen alle Vernunft für eine Trainingsteilnahme entschieden. Vorher habe ich Jim vom Gitarrespielen aus der Schule abgeholt. Dann gab’s Abendbrot und plötzlich ging die Sirene. Alarm. Die Feuerwehr, mit der wir uns den Schulhof teilen, musste raus. Geht die Sirene, müssen alle kommen, weil es brennt. Nach weniger als drei Minuten und lautem Reifenquietschen auf dem Schulhof fährt dann das erste Auto, der Tankwagen, mit Blaulicht raus. Dramatische Atmosphäre. Menschen aus dem Dorf stehen zusammen: Was ist passiert? Die Angst vor dem Feuer ist da. Auch im Jahr 2010. Die Sirenen von Polizei, Notarztwagen und verschiedenen Feuerwehren bewegten sich das Tal entlang ins Nachbardorf. Zoe meldete akkurat: Hausbrand in der Heidbergerstraße.
Beim Abendbrot musste ich etwas Gas geben, weil ich ja der Ersatztrainer war und den Schlüssel sowie die Bälle hatte. Ohne mich wäre also nichts gegangen. Sonst komme ich immer fünf bis zehn Minuten zu spät und verpasse die ausgiebige Begrüßungszeremonie mit schnellem Abklopfen aller zentralen Themen. Gestern nun verließ ich um zwei Minuten vor Sieben das Haus und ich wäre absolut pünktlich gekommen, hätten mich die Feuerwehrleute nicht zugeparkt. Ein Bautransporter, ein Ford Mondeo unseres örtlichen Tankstellenbetreibers. Der begrüßt mich in der Tanke immer mit einem fröhlichen “Hi Jens”, was ich am Landleben besonders schätze. Beim Bäcker heißt es auch “Guten Morgen, Jens”. Ein kleines Schwätzchen ist immer drin. I like it. Nun aber, zugeparkt: Hi Jörg!!! Grrr. Was sollten sie tun? Sie mussten eventuell Menschenleben retten, da kommt es auf Sekunden an.
Jörg hatte sein Auto nicht abgeschlossen. Also habe ich versucht, es wegzuschieben. Ich brauchte zwei Meter, um mit Hängen und Würgen rauszukommen. So ein Ford Mondeo ist schweineschwer. Puh! Erst habe ist es mit geöffneter Tür und Hand am Lenkrad versucht. Denn: Kommt die Kiste ins Rollen, ist schnelles reinhüpfen und ziehen der Handbremse angesagt. Die Fußballjungs warteten! Herrje. Manchmal, also wirklich. Den Mondeo konnte ich so nicht bewegen, weil da eine klitzekleine Bordsteinkante war. Also Plan B. Bei offener Tür von hinten schieben. Mit dem Rücken gegen die Heckklappe lehnen und dann volles Programm. Und dann schnell zur Handbremse. So entstehen Millionenschäden, dachte ich noch. Der Wagen bewegte sich, rollte vor und es gelang mit rechtzeitig, bevor die Karre in unserer Hauswand einschlug, die Bremse zu ziehen. Geht doch.
So kam ich nur leicht verspätet zum Training, war aber schon Adrenalin vorgewärmt, wodurch mir einige Tore gelangen (mit feinfühligem Heber, zwischen zwei Verteidigern hindurch, als Bananenflanke ins obere Eck…), die mir sonst nie gelingen. “Was hast du denn gefrühstückt?” Ich sagte nur: “Jungs, Auge!” Als Trainer muss man einfach Vorbild sein. Grins. Dann wünsche ich euch mal, dass ihr heute dem täglichen Chaos gewachsen seid und nur Herausforderungen auftreten, die auch beherrschbar sind. So wie der Küchenbrand gestern – der Trafo einer in die Küchenzeile eingelassenen Halogenlampe war explodiert und hatte die Zeile kokeln und qualmen lassen. Kein Problem. Ein Feuerlöscher-Sprühstoß. Und dann nebenan auf die Geburtstagsfeier. Durstlöschen für die Feuerwehr. Die Jungs beim Fußball wussten schon Bescheid – von wegen “Männer reden nicht.” Ciao.