Pause im Sonnenaufgang:)

Hi, hi – der Blog nimmt gerade etwas zu viel Zeit in Anspruch. Gut so. Viele Besucher/innen. Interessante Kommentare. Intensive Diskussion. Die Kommentare im Homöopathie-Artikel aber verschlingen im Lesen, Bearbeiten, Links Nachsehen einiges an Zeit. Deshalb heute nur einige Fotos vom Morgenspaziergang, weil ich ein paar Jobs auf dem Schreibtisch liegen habe, die erledigt werden wollen. Wenn ihr Lust habt, stöbert ein wenig im Blog in den Texten, Gedichten und Fotos der letzten Monate. Heute ist dafür mal Zeit:)

Spiegel Online verurteilt Homöopathie

Esoterik ist dem Spiegel ein Graus. Die streng materialistische Grundeinstellung verbietet die Akzeptanz von allem, was nicht ins Bild passt. So kämpft das Magazin gegen Homöopathie und auch gegen Waldorfschulen. Anfangs dachte ich, das wären journalistische Ausrutscher, jetzt zeigt sich, die Hamburger Redaktionen von Spiegel und Spiegel Online haben sich den Kampf dagegen auf die Fahnen geschrieben.

Wo es eine Möglichkeit gibt, die Homöopathie als Spinnerei und Placeboeffekt abzutun, da schlagen die Hamburger zu. Jüngstes, wirklich peinliches Beispiel ist die Unterstützung einer Kampagne der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaft e.V. Da haben sich im Rahmen eines Aktionstages „Aktivisten“ den kompletten Inhalt von Fläschchen mit Globoli vor laufenden Kameras in den Mund geschüttet, um medienwirksam zu zeigen, dass Homöopathie Scharlatanerie ist. Der Spiegel ist dabei, dreht ein Video und der Sprecher Benjamin Braden bemerkt am Ende mit überheblich süffisant lächelnder Stimme: „Damit die Kügelchen wirken, muss man wahrscheinlich einfach dran glauben.“ Den Satz hat ihm die Spiegel-Autorin Leila Knüppel in den Mund gelegt, die seit 2010 bei Spiegel Online ist. Redaktion Multimedia. Ah.

Im Bericht versucht die Wissenschaftsjournalistin Julia Offe als Vertreterin der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaft e.V. die Homöopathie lächerlich zu machen. Ihr Argument: Da ist nichts drin, kein Molekül des Wirkstoffes, also kann das nicht helfen. Sie ist von Hause Biologin. Muss sie sich ja auskennen. Müssen Moleküle drin sein, sonst ist da ja nichts. Ende Denken. Vor laufender Kamera betont sie dann: „Süß. Ganz lecker. Könnte man so auch übers Eis streuen.“ Da ist die Rede von klinischen Studien, in denen die Homöopathie ihre Wirksamkeit nicht nachweisen müsse. Der Spiegel betont dann auch im flankierenden Bericht, dass hier eher der Placeboeffekt wirke. Komplett überzeugt. Homöopathen, Heilpraktiker, Anwender – alles Spinner, die sich was einreden.

Spiegel Online? Niveau? Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaft e.V.? Sorry, aber das ist absolut nicht seriös. Und ziemlich arrogant. Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen – auf Stammtischniveau. Das ist er, der Spiegel Online Textschrubber-Journalismus. Selbst der Kölner Stadtanzeiger ist mit dem Thema deutlich sensibler umgegangen und hat sich nicht, wie Spiegel Online, lustig gemacht. Da wurde zumindest offen gelassen, ob Homöopathie wirke. Ich verfolge es seit geraumer Zeit, dass ein Kesseltreiben herrscht, eine Jagd auf die „Gutmenschen“, auf die Esoteriker, die Andersdenkenden – der Spiegel und Spiegel Online scheinen sich da gemeinsam mit dem Fokus ganz vorne positionieren zu wollen. Die Fokus „Fakten, Fakten, Fakten“ halten Einzug.

Meine Meinung: Homöopathie wirkt. Das sage ich aus eigener Erfahrung und aus der Erfahrung eines Vaters, der seine Kinder mit homöopathischen Mitteln behandelt. Seit 14 Jahren. Nur ist es so, dass Homöopathie ganz anders eingesetzt wird als klassische Medikamente. Viel filigraner. Kein Antibiotika, das einfach alles umhaut. Ist natürlich viel einfacher zu denken. Und die Mechanismen sind viel klarer: Krankheitserreger, Antibiotika, Krankheitserreger tot. Klar.
In der Homöopathie gibt es nicht ein Mittel, das immer gegen eine Krankheit hilft. Bei allen. Deshalb kann es auch keine klinischen Studien geben, wo man 1.000 Probanden tausend Mal ein Mittel gibt und schaut, was passiert. Herauszufinden, welches Mittel zu wem passt, dauert ewig. Das passt natürlich nicht in die Zeit und die allgemeine Denke. Ja und tatsächlich, da muss man auch nachfühlen. Vollkommen unwissenschaftlich. Wissenschaft ist eine super Sache, absolute Wissenschaftsgläubigkeit ist Scheuklappendenken. Für den Spiegel scheint es zu kompliziert zu sein, sich da tiefer einzuarbeiten und die ausgelatschten Wege zu verlassen. Weshalb? Was ist da beim Spiegel los? Ich weiß es nicht…

Dame, König, Schachmatt

Die Königsdisziplin unter den Gesellschaftsspielen, der feine Klassiker. Im Ruf, das Spiel der Nerds zu sein, der pickeligen Mathegenies mit dem Hang zur quälenden Auflösung jedweden Rätsels. Strategiegenies, die Dinge sehen, die zumindest für mich gar nicht vorhanden sind. Schach. Während des Abis besuchte ich ein Internat im Westerwald. In meinem heimischen Dorf in der Eifel gab es so ein Matheass, gegen das ich am Wochenende manchmal Schach gespielt habe. In einem Jahr haben wir uns verabredet, Sylvester kurz nach Mitternacht eine Partie zu spielen. Ich wollte das Jahr mit einem grandiosen Sieg beginnen. Schmach, Schande und trotzdem ein gutes Jahr. Meine Talente liegen woanders. Das Matheass ist heute Wirtschaftsmathematiker. Ich habe nie auch nur eine Partie gegen ihn gewonnen. Ein Mal ein Remis erreicht. Bittere Pille.

Schach klingt für mich nach Männerdomäne. Kasparow & Co. Momentan gibt es da so ein junges deutsches Genie, das wohl richtig abräumt. Ich las einen Artikel, irgendwo, irgendwann. Dieses Gedächtnis. Egal. Wir sprachen ja kürzlich über Männer- und Frauen-Literatur und hatten einen kleinen Disput hier im Blog. Da hatten sich jung und alt in den Haaren. Wie sieht es nun mich Schach aus? Kann man sagen: Ein Männerspiel?

Wie ich darauf komme? Zoe kam jetzt nach Hause. „Papa, bring mir Schach bei.“ Normalerweise spielen wir, nachdem wir jahrelang Mensch ärgere dich nicht, Backgammon und das Gänsespiel gespielt haben, Rommee. Wir spielen, bis einer 1.000 Punkte erreicht hat. Nach einem halben Jahr steht es zurzeit 7 zu 7. Ausgeglichen. Zoe liegt in der aktuellen Serie in Führung und es müsste mit dem Teufel zugehen, sollte ich diese Partie noch für mich entscheiden. Jim spielt übrigens nicht mit, oder wenn, dann nur im Team mit Zoe. Er hasst es wirklich, zu verlieren.

Schach. Zoes Klassenlehrerin hat das initiiert. Es gibt da so eine Übstunde, wo sie jetzt Schach spielen können. Mehrere Schachbretter sind da. Zoe sagt, es spielen mehr Mädchen als Jungs. Allmählich muss ich da so ein paar Klassikervorstellungen über den Haufen werfen. Kommt da wirklich eine neue Frauen- und Männergeneration? Zoe und ich haben also das Schachbrett aufgebaut. Ein nebliger Morgen, die Truppen formieren sich. Noch ist es ruhig, bevor der Schlachtlärm sich erhebt. Die Bauern sind aufgereiht, einander das Licht auszuknipsen. Bewaffnet mit allem, was weh tut. In feiner Distanz die Herrschenden. Der stolze König thront neben allem, ist aber in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt. Einen vor, einen zur Seite. Höfischer Tanz. Ganz anders die Dame. Lange Wege geht sie, stürmt sich nötigenfalls ins Getümmel und mischt mit. Schräg, geradeaus, kein Halten. Die Zinnen der Türme rahmen das Spiel, statuarisch sind sie an den Ecken eingeklemmt. Läufer und Springer versuchen wie edle Ritter mitzuwirken, während die Bauern schon die ersten Leben gelassen haben. Ein buntes Treiben. Fahnen, Posaunen, Schreie, Schlachtenlärm, Trommeln.

Im zweiten Spiel nimmt mir Zoe die Dame ab. Peinlich, ein Unaufpasser. Unpässlich, kam mir das. Erst wehten meine Fahnen über allem, dann musste ich tatsächlich das Visier runterklappen, um mein Gesicht zu wahren. Mit knapper Not entkam ich dem Fall. Heiner Müller: Titus Fall of Rome. Konnte meiner Tochter ja nicht den Sieg überlassen, was hätte sie über dieses Spiel Schach sonst gedacht? Ein Heimspiel? Eine sichere Kiste? Mitnichten. Dem Leben so ähnlich, mit Haken und Ösen.

Am nächsten Tag kam sie aus der Schule. Zehn Züge haben gereicht. „Bin durchgebrochen. Habe den Turm freibekommen, den Bauern vor dem gegnerischen Turm weggeräumt und dann hat meine Gegnerin gepennt. Ich nahm ihr den Turm und räumte von der Seite bis zum König ab. Sie hatte keine Chance.“ Oje. Martialisch. Was, wenn sie nun die falschen Dinge lernt? Ellenbogen, wegräumen, in den Boden rammen? Ist das nicht die fiese Arbeit, die sich Männer so stolz auf die Fahnen schreiben? Oder lernt sie einfach, sich durchzusetzen? Ich werde den Weg mal vorsichtig beobachtend begleiten und schauen, was passiert. Aber Mensch ärgere dich nicht oder Monopoly sind ja nun auch nicht gerade die politisch korrekten Alternativen. Überall geht es Mann gegen Mann, Frau gegen Frau…

Ich wünsche euch einen entspannten Tag ohne sinnlose Scharmützel. Vielleicht lieber einen Fehdehandschuh begraben oder einfach ganz schön locker durchgehen.

It seems to be nebulös

Die Überschrift entspricht den Wetterbedingungen um unser Dorf herum, die gleichzeitig den Zustand des hier schreibenden Bloggers wiedergibt. Nebulös. Heute Morgen habe ich Twitter geöffnet und bin über Hermann Kantak, einen Fotografen und Schreiber aus Kiel, auf diesen Artikel gestoßen: TEXTSCHRUBBER ODER EDELFEDER? Darin geht es um das Verhältnis zwischen Online- und Offline oder Internet- und klassischem Journalismus.

Herangezogen als primäres Beispiel wurden in dem unendlich langen Text die Redaktionen von Spiegel und Spiegel online. Die einen lesen Bücher, um ihre Artikel zu schreiben, die anderen haben zwei bis drei Stunden Zeit, um auf den Punkt und auf den Bildschirm zu kommen. Die Spiegel-Redakteure werden ein wenig besser bezahlt, weil sie älter sind und länger dabei. Bei den jungen Online-Redakteuren dagegen kommt es eher selten dazu, dass sie länger dabei sind. Die Fluktuation ist hoch. Da sprach jemand von Durchlauferhitzer. Die Jungs und Mädels geben Vollgas, heizen richtig ein und dann kommen neue, jüngere, die dann wieder neu einheizen. Dafür werden die Spiegel-Online-Redakteure/innen im Branchenschnitt am besten bezahlt.

Hartes Schreiberpflaster in Hamburg. Hat was von Sternschnuppen. Derweil überlege ich, was ich denn nun bin. Hier, auf dem Lande, wo es keine Onlineredaktionen gibt. Abgesehen von meiner kleinen fiftyfiftyblog-Ein-Mann-Redaktion. Morgens kurze Redaktionssitzung mit Cooper und dann hinaus ins Weltgeschehen. Tatsächlich hätte ich heute Morgen gerne über Ägypten geschrieben, weil mir da so einiges nicht klar ist. Weshalb Revolution, O.K., so weit komme ich mit. Da gibt es richtig viele Menschen, die richtig arm sind und keine Perspektive haben. Unzufriedenheit. Schnauze voll. Dann lebt es sich in einer Diktatur einfach immer nicht gut, weil zu einer Diktatur nun einmal Unterdrückungsmechanismen gehören, die wohl auch in Ägypten mit Folter einhergehen. Das will auch keiner. Auch in anderen Kulturen nicht. Bestimmt nicht.

Was ich aber noch nicht verstanden habe, ist, was die Menschen in Ägypten, die jetzt auf der Straße sind, nach einem eventuellen Sturz von Mubarak wollen. Demokratie? Einen muslimischen Staat? Nach welchem Vorbild? Eine Regierung unter Führung von El Baradei, der wofür steht? Ziemlich viele Fragen, die ich im Kopf habe und auf die ich keine Antworten habe. Muss ich warten, bis die Textschrubber von Spiegel-Online mehr wissen. Ich hab hier leider keine zwei bis drei Stunden Zeit, um mich ins Geschehen einzulesen und zu recherchieren. Schade, eigentlich. Würde mir gerade Spaß machen, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.

Aber, ich bin Landblogger. Mein Job ist ein anderer. Hier geht es um 50/50 und die kleine Welt, nicht die große da draußen. Blogger, bleib bei deinem Leisten. Muss jetzt eh erst mal Geld verdienen mit Werbetextschrubben. Oder geb’ ich die Edelfeder? Wir werden sehen, was der Tag bringt. Nebulös, nebulös.

Ich hoffe, ihr seht heute ein wenig klarer als ich und geht aufrecht durch den Tag.

Tag am Meer!



Im Januar einen Tag am Meer verbringen. Wie singen die Fantastischen Vier – das macht uns zu Brüdern. Traumhaft. Draußen ist es sowas von kalt und drinnen scheint die Sonne. Drinnen, in den Hallen der Boot auf dem Düsseldorfer Messegelände. Die Kinder haben mich genötigt. Und ich habe mich gerne nötigen lassen. Es ist zu einer Familientradition geworden, dorthin zu fahren.

Und tatsächlich hat unsere Familie dort ihren Anfang genommen. Damals, auf der Boot 1996. Ela und ich waren von Köln aus mit dem Zug hingefahren. In der Surferhalle, dort, wo es am lautesten, hektischsten, coolsten ist, waren wir auf ein Angebot von Michi Bouwmeesters Windsurfschule am Hotel Pier, Gardasee, gestoßen. Ab Ende April. Ela und ich haben ein paar Tage gebucht. Ela machte einen Anfängerinnenkurs, ich lernte von Roberto Hofmann, einem Ex-World Cup-Fahrer, die Powerhalse. Nach vier Tagen Surfen in eiskaltem Wasser war der Kurs zu Ende und wir hatten noch drei Tage Venedig vor uns. Ich kannte Venedig von der italienischen Reise während des Studiums her und wollte Ela gerne Palladios Werke zeigen. Vor allem San Giorgio Maggiore gegenüber vom Markusplatz.

Es waren himmlische Tage, auch wenn wir einen unvergessenen Streit während einer Romantik-Bootsfahrt auf dem Canale Grande hatten. Wie doof kann man sein. Wir waren jung, wild, gefährlich. Die Tage waren intensiv. Viel Kunst, viele Kirchen, viel Bootfahren, viel in Kneipen sitzen – im Univiertel, in den Studentenkneipen. Die waren günstiger und gemütlicher. Wir hatten ein kleines Zimmer mit Blick auf einer der unzähligen Kanäle. So gemütlich. Apero Freitagabend auf einem der Plätze, zwischen lachenden Venezianern. Das waren schöne Tage am Meer.

Als wir wiederkamen, war Ela schwanger. Ich hatte mich nach einem Textpraktikum gerade selbständig gemacht, wir hatten eine neue Wohnung und ein neues Büro in Köln Ehrenfeld bezogen. Ein Kind. Ein Reiseangebot auf der Boot entdeckt und gebucht und als werdende Eltern zurückgekommen. Im Januar 1997 wurde Jim geboren und wir sind mit ihm gleich wieder auf die Boot. Und seither sind wir jedes Jahr da – erst Jim und ich, jetzt Jim, Zoe und ich. Ela nutzt den Tag immer für sich. Ihr ist das zu hektisch geworden.

Was es auf der Boot zu sehen gibt, ist schon beeindruckend. Riesige Yachten. Nicht nur protzige, sondern auch wunderschöne. Überall laufen verführerische Videos von den schönsten Destinationen der Welt der Meere. Diese Werbefilme und der World Ocean Review, zwei Seiten einer Medaille. Dennoch ist es einfach gut, diese bloße Schönheit zu sehen.

Darüber hinaus gab es jede Menge Action, in die sich vor allem Jim gestürzt hat. Zoe wollte nicht. Noch nicht. Jim ist im 70 m Wasserbecken Wakeboard gefahren, hat mit einem Kiteschirm fast unterm Hallendach gehangen und hat mit einen Simulator einen Frontloop, einen Salto vorwärts mit einem Surfbrett hingelegt. Letzteres habe ich mir auch nicht entgehen lassen. Worldcup-Fahrer Dany Bruch, der springt in den richtig hohen Wellen doppelte Frontloops und trainiert gerade den dreifachen, hat erklärt, wie es geht. Kopfsache, meint er. Die Technik ist so simpel. Mit dem Kopf über die Schulter nach hinten sehen und das Segel ganz nach hinten ziehen. Ein wenig Beineinsatz und es geht ab. Hm. Mal sehen.

Euch wünsche ich auch einen schönen Tag am Meer.