Das Leben läuft schnell. Oder langsam. Oder so, wie wir es wollen. Sind wir der Spielball oder sind wir der Master. In letzter Zeit war ich Spielball. Habe zu viel in zu kurzer Zeit gewollt, bin mit dem Kopf durch die Wand gegangen. Oder habe es scheiternd probiert. Widder, Horntier. Am Wochenende hatte ich zwei lange, gute Gespräche mit Ela. Wir mussten uns mal wieder fokussieren, uns mit uns beschäftigen. Das haben wir getan in Elas Zimmer. Draußen tobten die Kinder auf dem Trampolin. Während des Gespräches, das ich so mit keinem anderen Menschen auf der Welt führen könnte, fiel oft das Wort Achtsamkeit.
Nun klingen solche Gespräche nach, weil sie alles berühren. Den Körper, die Seele, den ganzen Menschen, den Alltag, die Ziele, die Visionen, die Hoffnungen, die Leidenschaft, das, was zu tun ist. Das Schöne daran ist, das sich die Banalität auflöst. Der Blick ändert sich, die Wahrnehmung. Heute Morgen war ich mal wieder mit Cooper und der Kamera in der Frühlingssonne unterwegs. Kürzlich hatte ich in ähnlicher Sonnenaufgangskonstellation ein Foto von einem gespaltenen Baum geschossen, in dessen vermonderndes Inneres die Sonne schien. Ein Gold-Orange-Grün-Kontrast. Weil ich an dem Tag in Eile war – bloggen, Hund, Arbeit, Wohnung, 1.000 Sachen – hatte ich es schnell, schnell geschossen. Es war nicht so, wie ich es wollte. Am Ende. Ich habe es in Photoshop nachbearbeitet, so gut ich das kann, und auf meine Facebook-Foto-Pinwand geheftet.
Auf dem Foto war es mir nicht gelungen, zum Wesentlichen vorzudringen. Ich wollte das Licht, das Leuchten in der Mitte fokussieren. Nun fehlt mir leider die fotografische Ausbildung. Die technische Seite. Das Verstehen des Zusammenspiels von Blende, Zeiten, Fokus. Als Seelenmensch scheue ich mich da auch, weil ich nicht in die Ratio will. In die Zahlen. Verbocktes Hornvieh. Glaubenssätze, selbstverschuldetes Hindern, innere Programmierung. Manchmal möchte ich meinen Kopf wie eine Tafel reinwaschen. Den Kreidestaub mit einem dicken nassen Schwamm wegwischen.
Vor Kurzem hatte mir Ela einen Tipp gegeben. Sie hat Fotografieren im Studium richtig gelernt. Ein kleiner Hinweis. Dreh mal an dem Kranz vorne am Objektiv. Sie kann so etwas so feinfühlig sagen, unterbringen. So unaufdringlich. So achtsam. Heute Morgen nun war ich wieder an dem Baum. Wieder schien die Sonne durch den Spalt, gleiches Farbenspiel. Ich habe mir Zeit genommen, habe ausprobiert und konnte das Licht einfangen. Ihr habt das Foto oben gesehen oder seht es gerade.
Zeit des Frühlingserwachens. Die Natur verändert sich. Der Mensch ist Natur. Der Mensch ändert sich. Die Samen brauchen einen Temperaturimpuls, um zu keimen. Die Menschen brauchen Licht. Glaube ich. Deshalb mein Wunsch, die Mitte des Baumes einzufangen. Mit dem Licht erwacht der Stoffwechsel neu. Die Vitamin D-Produktion in unserem Körper zum Beispiel braucht Licht. Unser Geist braucht Licht. Frühlingserwachen. Ein Stück von Frank Wedekind und der Titel eines Werbeblättchens, das bei uns auf dem Küchentisch liegt. Erwachen bedeutet aber nicht nur, die körperlichen Systeme hoch zu fahren, sondern auch einen psychischen Frühjahrsputz hinzulegen. Hat sich viel Staub angesammelt in den dunklen Monaten. Jetzt ist es an der Zeit, mal wieder genauer hinzusehen, die aktivierten Lebenskräfte in die Achtsamkeit zu führen. Nachfühlen, was wichtig ist. Wer wichtig ist. Was zu tun ist. Die Reise beginnt wieder von Neuem. Die immer wieder gleiche Reise. Sehen, was da ist. Sich darüber freuen, was da ist. Das Gute sehen durch den achtsamen Blick. Handeln. Bewahren.
Viel Spaß dabei. Wünsche euch einen leuchtend hellen Tag:)
Hallo Jens,
das Baum-Bild präsentiert gut das Thema Achtsamkeit, aufmerksames Bewußtwerden von äußeren (in diesem Fall die besonderen Lichtverhältnisse) und – über das Bild hinaus – inneren Situationen, Begebenheiten, Verhältnissen. Und der jetzt aufkeimende Frühling ist eine Zeit abzustauben, aufzuräumen, zu überdenken, vielleicht zu korrigieren, zu verbessern.
Danke für den Anstoß.
Sonnige Grüße.
Annegret
Hi Annegret,
gerne geschehen. Immer wieder überraschend, wie unterschiedlich die Welt aussehen kann. Frisch bleiben.
Dir auch sonnige Grüße
Jens