Gänseblümchen werden meist von kleinen Kindern verschenkt. Im Sommer, wenn sie barfuß über den Rasen laufen, sie pflücken und dann ankommen: Hier. Ich mag Gänseblümchen sehr und lasse beim Rasenmähen immer welche stehen. Ein wenig sentimental bin ich, vielleicht. Als ich letzte Woche aus Berlin zurück kam, lag ein Gänseblümchen in Buchform in unserem Briefkasten. Oh wie schön, Post. Ein Geschenk von Gitta Becker. Vielen, vielen Dank.
Gitta habe ich über Twitter kennengelernt. Wir folgen uns gegenseitig und schauen, was die/der andere so treibt und schreibt. Da lag es natürlich nahe, dass ich ihr Buch lese. Nun gab es aber einen Grund, weshalb ich mich gesträubt habe. In dem Buch geht es um ihren Sohn Andreas, der gestorben ist. Ein eigenes Kind, das stirbt. Puh! Ich wollte nicht. Als Vater zweier Kinder ist das für mich der Worst Case. Eine schreckliche Vorstellung. Deshalb hat mein Inneres die Krallen ausgefahren und Nein gesagt. Hinzu kam, dass Andreas mit einer geistigen Behinderung geboren wurde und unter Anfällen litt, die ihn immer wieder ins Krankenhaus gebracht haben. Auch hier hat mein Inneres zunächst Nein gesagt. Mein Vater ist behindert, seit er im Alter von 42 Jahren einen Schlaganfall hatte. Ich war damals elf Jahre alt, als er fast gestorben wäre. Einen Vater zu haben, der linksseitig gelähmt ist, ist für einen Jungen nicht ganz einfach. Kein gemeinsames Fußballspielen. Den eigenen Vater anziehen, von der Toilette heben. Ich hätte mir etwas anderes gewünscht. Es ist ein Thema, das für mich nicht ganz einfach ist.
Als Gittas Buch dann vor mir lag und ich Andreas Foto auf der Rückseite gesehen habe, da war das ungute Gefühl weg. Vorstellungen, die nichts mit der Realität zu tun haben. In ihrem Buch hat Gitta, getragen von ihrer Mutterliebe, etwas Faszinierendes geschafft. All die Probleme, die auftauchten, die Zeiten im Krankenhaus, die Anfälle, die Verletzungen, erzeugen kein Unbehagen. Beim Lesen des Buches war es so, als stünde Andreas bei mir im Zimmer. In seiner beschriebenen Fröhlichkeit, mit seinem mitreißenden Lachen. Einer, den man mögen muss. Mir hat das Buch gut getan, weil es so optimistisch ist. Weil es nicht um Verlust und Trauer geht, sondern um Lebenslust und Gewinn.
Wie Gitta und Ihre Familie, ihre Töchter mit allem umgegangen sind und wie sie das alles in ihrem Buch beschreibt, ist einfach toll. In einem Kapitel schreibt ihre Tochter Claudia über ihren Bruder. Beeindruckend. Für mich ist Gänseblümchen ein wirklich gutes Buch und ich bin froh, dass ich es trotz meiner anfänglichen Skepsis gelesen habe. Eine Bereicherung, eine Horizonterweiterung. Eine Möglichkeit mit dem umzugehen, was unsere, meine Ängste wachsen lässt. Gänseblümchen zeigt, wie viel Gutes und Kraftvolles auch in dem liegt, was wir, was ich als Schrecken sehe und empfinde. In diesem Fall irrtümlich gesehen und empfunden habe. Ich möchte euch empfehlen, euch das im ACABUS-Verlag erschienene Buch zu kaufen und zu lesen.
Möchtet ihr mehr über Gitta Becker und ihr Buch Gänseblümchen erfahren, klickt hier. Möchtet ihr Gitta auf Twitter folgen, dann hier.
Ich wünsche euch einen richtig guten Tag. Ciao.


