Hamburg, August, Rolf und ich

Weiß nicht
was geschieht
muss nach Hamburg
auf Rolfs Spuren

Das raue Haus
St. Pauli
die Jungs

Weite Fahrt auf einem Schiff
voll Holz

Ein Vater, noch ein Vater
noch ein Vater
alle namens August
außer Rolf

Der spielte wunderschön Klavier
bis 76
das Jahr
der Sommer

Ende
Anfang
Abschied

Auf Wiedersehen
Realität

Ich lebe jetzt in Seelenwelten
Himmelsgruften
Stürmen

Halt, Schutz, Wichtigkeit
gebaut auf Liebe
Liebe, Liebe, Liebe
Liebe
Papa, Vater, Rolf

jens schönlau, märz 2010

Erinnerungen ans Meer

Der Wald duftet
im leichten Rauschen
des Windes
am Morgen

Die Promenade
Nizza
eine weiße Bank
Mittagessen
im Hafen
Wein
Segelboote

Ela weckt mich
der Regenbogen
über dem Fenster
hochgetrieben
aufgespannt
von der Sonne
im Osten
aufgepustet
vom Westwind

Ihr Rücken
sie fotografiert
ein Cappuccino
im Bett
verwöhnt

Ein Kaffee in Chania
eine Moschee
aus alter Zeit
Sarazenen – Sarrazin
Sara
meine Katze
damals
angeschossen
Wer tut so etwas?

In großen Lettern
das Boot ist voll
dann brannten Menschen
Klu-Klux-Klan
mitten in Deutschland
im Westen
nebenan
Worte sind
Waffen
Schwerter
Pistolen
Fackeln

Die Wellen stoßen mich
schubsen
drängeln
necken, lachen
Salzwasser
dringt ein

Bin ich der Kaleu?
Kapitänleutnant zur See
auf der
Andrea Gail

Mach die Schoten
dicht
hör nicht hin

Rockmusik
die feste Frauenstimme
im Klang des Gewitters
Regen läuft über
meine nackte Haut
Ela
bei mir
an mir
in mir
Amsterdam
Himbeertorte
Wein
Kaffee

Kommen jetzt wieder
Fahnen?
Die Halterung
des dritten Reiches
am Fenster des Speichers
demontiert

Sehne mich
nach weichen Wellen
Sanftmut

In Leichtigkeit
taumeln
den Blick
ins Zarte

Türkisfarbenes
Wasser
Licht
Freundlichkeit
endlich

Ela
gib mir
die Hand
Bitte

jens schönlau, september 2010

 

Blume im Wind

Ein Flugzeug, eine Schnecke
ein Stromkabel über Land
Löwenzahn in voller Blüte
du meine Güte
wie lang?

Schweben, gehen
streicheln, straucheln
aufrecht
im freien Fall

Durch Löcher und Gräben
mit Sonne und Mond
St. Martin und Ostern
Mc Donalds und Autobahnen
hinter dem Meer
und vor dem Gebirge
im flachen Land

Küssen

Anschmiegsam leise
Hände
wie Worte

Lächeln und Lachen
mit Augen und Lippen

Blick nach rechts
Blick nach links

Nach vorne, nach oben
Pusteblume im Wind

mai 2006

Ich, Hund

Du hast mir gezeigt
dass wir zwei Löffel sind
passend verschlungen
in duftender Wärme

Dann hast du gesagt
geh raus, sieh dich um
wage es, traue dich
spring über Gräben

Ich hatte mir die Pfote verletzt
traute mich nicht ins Wasser
wollte nicht springen

Nur auf der Decke liegen
die Nase auf den Pfoten
der Blick streift Tisch, Bett, Schrank

Nur ein Bild an der Wand
das Lachen

Dann hast du dich zu mir gelegt
mich wach geküsst
ein Prinz wollt ich nicht werden

Mir wurde es gut
und es ging besser
jetzt wusste ich was Sehnsucht ist

Du hast mir gut getan
warst meine strenge Lehrerin
die Ohren tun mir jetzt noch weh

Wir haben uns geküsst, geleckt
haben alles ausprobiert
um immer tiefer ranzukommen

Dann kam ein Schlaf
tief voller Träume
Po an Po

Ich wurde wach auf meiner Decke
leckte Pfoten, Ohren, Schwanz

Du warst nicht da
das Bild war weg
und auf dem Tisch
da lag ein Blatt

januar 2006

Frühlingsgrüner Tag

Der frühlingsgrüne Tag

hat mich mit leichtem Staunen

im Klang der Vogelstimmen

sanft geweckt

Küss mich

himmelblauiger Morgen

Dort

genau dort

an dieser Stelle

aufsteigend vom Nacken

gleich unter dem Ohr

Lasse mich gehen

in den Fluten meiner Kissen

umgarne, umhülle, verzaubre

mich

Was mehr

kann nun noch kommen?

Ein ganzer Sommer

voller

tanzend leichter Wärme

Wie hoch kann ich mich schrauben

im vogelfreien Flug

bis an den höchsten Punkt

im klaren Blau

des satt getränkten Himmels

mai 2010