Ey, Leute, kommt, ihr kennt das.
Ja, wenn man nicht gerade 17 ist und in den ganzen Kram reingeboren, dann lebt man die Social Media zwischen Faszination und Abneigung. Hat man ein Problem, wenn man mehr facebooked als ins Kino geht oder Bücher liest?
2010 bin ich eingestiegen. fiftyfiftyblog begann und ich wollte ein berühmter Blogger und Influencer werden. Ja, manchmal mache ich mich ein wenig lächerlich. Aber, das ist nicht schlimm. Ich komme damit klar. Um den Blog nach ganz oben in den Himmel des Interesses zu hieven, wollte ich die sozialen Medien nutzen. So macht man das. Verlinkt, posted usw. Hat auch irgendwie funktioniert. Und hätte besser funktioniert, wenn ich das Ganze, wie ich das aus meinem Job kenne, zielgruppenspezifisch angegangen wäre. Hatte ich keine Lust zu. Wollte dann doch eher spielen und frei schreiben und tun und lassen, was ich will.
Das hat mir viel Freude bereitet und tatsächlich habe ich im Blog gute Stunden verbracht. Habe mit Sprache gespielt, mich ausgetauscht, habe die Fotografie entdeckt, weil ich Fotos brauchte und bin oft an die Schamgrenze gegangen. Das hat mich verändert. Lockerer gemacht. Mir ist es heute ziemlich egal, was Menschen von mir denken.
Und parallel bin ich in die Social Media eingestiegen. Habe alles mal ausprobiert. Zunächst Twitter. Das habe ich sehr ernsthaft betrieben und heute sind da immer noch über 6.000 Follower. Allerdings bin ich nie richtig mit diesen 140 Zeichen klargekommen. Das tut weh. Trotzdem mag ich Twitter und habe zuletzt auch wieder mehr Engagement gezeigt. Zwischendurch habe ich Tumblr und Pinterest ausprobiert. Aber: Nicht wirklich mit warm geworden.
Facebook ist mein Ding. Ab und an lade ich neue Freunde hinzu, die natürlich keine Freunde sind. Menschen, die mich interessieren könnten. Ich mag es, in der Küche zu sitzen, und die Bilder und Geschichten durchlaufen zu lassen. Da sind meine Kinder, meine Brüder, Kollegen, Freunde aus Nosbach, Köln, Kollegen, Schulfreunde, Künstler, Gleichgesinnte. Es ist bunt. Viel besser als die Nachrichten. Obwohl. Erst lese ich Spiegel Online am Morgen, dann öffne ich Facebook. Allerdings nicht jeden Tag. Oft lebe ich auch tagelang ohne. Freue mich dann zu sehen, was geschehen ist. Oben diese kleine rote Zahl. Benachrichtigungen.
Der angenehme Nebeneffekt: Ich arbeite in der Branche. Kommunikation. Eigentlich wollte ich Bauingenieur, Meeresbiologe, Surflehrer auf Fuerteventura und letztlich Theaterregisseur werden. In einer alten Fabrikhalle wohnen, mit Freunden über das Leben sprechen, die Zeit diskutieren, die Welt retten. Mindestens. Hat sich anders entwickelt. Mein Papa sagte immer: Erstens kommt es anders, und zweitens, als man denkt. Yep. Hat sich als durchaus wahr erwiesen.
Kommunikation. Die Social Media gehören dazu. Für uns sind das Kanäle. Wenn man sie für Kunden nutzen möchte, muss man wissen, wie sie funktionieren. Wie sie ticken. Welche Sprache dort gesprochen wird, wie die Mechanismen sind. Nach sieben Jahren habe ich ein ganz gutes Gespür. Allerdings: Die Zeit bleibt nicht stehen. Manches war gestern, manches kommt heute neu hinzu und auch morgen werden neue Möglichkeiten auftauchen.
Aktuell war ich nun gefragt, Instagram zu verstehen. Was ist der Reiz? Was ist die Methodik? Was ist das Herz? Am Wochenende habe ich einen Account eröffnet. Direkt am Anfang habe ich dort meine Kinder getroffen, die sich von Facebook verabschiedet haben. Ich weiß jetzt, weshalb. Die Psychologie einer Generation. Mit Jim habe ich mich unterhalten und er konnte mir ziemlich genau sagen, weshalb.
Nun könnte man rein theoretisch den Social Media absagen und sein Leben elektronisch-digital auf Null schrauben. Askese. Klingt verheißungsvoll und rein. Om. Nur. Die Neugierde. Das Neue entdecken. Vasco da Gama. Um den nächsten Felsen herum segeln. Was mag da sein? Es ist ganz einfach spannend und unterhaltsam. Manchmal wahrhaft befremdlich. Weil unbekannt. Weil anders als alles andere vorher. Hat Social Media Nebenwirkungen? Bekomme ich Akne oder Krebs oder psychisch-soziale Störungen?
Wer weiß? Aber: Egal. Hauptsache es macht Spaß. Mein Papa: Leute, wollt ihr ewig leben?
Letzten Endes werden wir zu keinem Ergebnis kommen. Wir sind die ersten Affen, die diesem Versuch beiwohnen. Später einmal wird man über uns lächeln. Und, bitte, löscht alle meine Posts. Es könnte peinlich werden. So, als wäre man ein Mensch, der zum ersten Mal ein Feuer sieht. Wahrscheinlich alles ein wenig eckig und unbeholfen. Wie erste Funksprüche.
Aber: Ich möchte sie nicht missen. Und ich freue mich über dieses leichte Prickeln, das Instagram in mir auslöst. Entdecken, wie es funktioniert. Tatsächlich möchte ich immer nur spielen. Ausprobieren. Den Social Media Baukasten zum Glühen bringen. In diesem Sinne. Wir posten uns auf Facebook, Twitter, Instagram…