Glen Hansard ist im fiftyfiftyblog schon öfter vorgekommen. Weil er hier in der Alten Schule neben Damien Rice zu den Lieblings-Singer-Songwritern gehört und oft läuft. Nun ist seine neue CD erschienen – das erste Soloalbum. Rhythm and Repose. Letztes Jahr im Herbst habe ich ihn in Berlin gesehen. Da war er solo auf Tour – ohne die Frames und ohne Markéta Irglová, mit der er im Film Once ein Liebespaar gespielt hat, das dann im Leben ein Liebespaar wurde, das unter dem Namen The Swell Season gemeinsam CDs veröffentlicht hat und getourt ist. Ich habe die beiden in Düsseldorf live gesehen. Falling slowly…
Sie sind kein Paar mehr. Glen ist solo, Markéta auch – zumindest musikalisch. Ansonsten, keine Ahnung. Ist auch egal. Glen ist im Frühjahr nach Amerika gegangen, ist mit Eddie Vedder von Pearl Jam getourt und hat in New York gelebt, wo er die neuen Songs geschrieben und im Studio mit guten Musikern eingespielt hat. Am 15. Juni ist es rausgekommen. Hier liegt es nun vor mir und ich habe es mehrfach gehört.
Nun bin ich kein Musikjournalist, es ist schon verwegen, dass ich mir anmaße, über Kunst zu schreiben, nur weil ich gerne in Museen gehe. Aber auch hier: Egal. Blogger dürfen ja fast alles. Wilder Freestyle.
Die Platte klingt erwachsen. Als wäre etwas mit Glen Hansard geschehen dort drüben in Amerika, wo die Verrückten wohnen, die keine Grenzen akzeptieren. Heißt es. Im Land der Träumer. Der Klang ist voller, variantenreicher, spannender. Er spielt mit seiner Stimme, geht tief ins Gefühl. Geht durch die Genre, färbt seinen Folk. Mein Liebling auf der CD: Bird of Sorrow.
“Even if a day feels too long, if you feel like you can’t wait another one
and you’re slowly giving up on everything, love is gonna find you again.
Love is gonna find you, you better be ready then.”
Yes. Wie aus der Seele gesprochen, gesungen. Der Mann weiß, wovon er singt. Er traut sich, ist authentisch, mutig, leidenschaftlich. All das, was einen Singer-Songwriter ausmacht. Er hat gesagt, ein Busker, ein Straßenmusiker muss da raus gehen und alles geben, komplett ins Gefühl gehen, sonst kann er einpacken.
“well I’m not leaving you here, I’m not leaving you here. I’m not leaving.
I’m hanging on
hanging on, with the faithful.”
Das kann er, wie kaum ein anderer. 1970 ist er in Dublin geboren, hat mit 13 die Schule geschmissen und sich auf den Weg gemacht, den er nun seit fast 30 Jahren geht. Wer ihn auf der Bühne sieht, weiß, dass er für die Musik lebt. Er geht nicht. Bleibt. Auf der Bühne. Singt, singt, singt. Streichelt seine Gitarre, haut auf sie ein, liebt sie. Das Holzdeck ist zerschlissen, die Stege darunter scheinen durch. Auf seine Stimme nimmt er keine Rücksicht, er singt, was gesungen werden muss, koste es, was es wolle. Und wenn die Saiten reißen, reißen die Saiten. Dann nimmt er eine andere Gitarre, bis seine zurück ist zum nächsten Song. Und es passiert, das bei diesem Song wieder eine Saite reißt, weil er manchmal wie ein Irrer spielt. Irrer Ire.
What are we gonna do. Ich habe eine schöne, pure Version auf Youtube gefunden.
“What are we gonna do
if we lose that fire?
…
I don’t want to change you.
But you’re a long long way from the path you came
I’m trying to show you something.
A good good heart will always find the way.”
Es sind 11 Songs auf der Platte, die sich alle lohnen. Weil die Musik Spaß macht, weil sie gut ist, weil die Texte nicht vom Himmel gefallen sind, weil viele gute Musiker mitgespielt haben und weil sogar Markéta Irglová mitsingt. Geht doch. Zusammenarbeiten, auch, wenn man sich getrennt hat. Wo ist das Problem?
Noch einmal, ja: Mir singt Glen aus der Seele. Er hat eine Platte gemacht, die er in jedem Ton, in jeder Silbe gespürt hat. Authentisch. Wer Glen Hansard immer schon gemocht hat, sollte sich Rhythm and Repose zulegen und dem Album einen würdigen Platz im Plattenschrank einräumen. Alle anderen sollten das auch tun:) Es ist wie mit dem Kinderbuchtitel “Buster, so einen kann man nicht von den Bäumen pflücken.” So ein Album kann man nicht machen, das ist da. In der Seele, im Herzen, im Körper, in den Fingern, in der Erinnerung, in der Luft, in all den Momenten, die da waren, die weh taten, die sich aufgelöst haben in Neuem, in Licht, in Lachen, Küssen, Vergessen.
Eine Zugabe noch. Glen würde 11 geben und mehr. Maybe tonight.
“Well I want to do what’s right
but maybe not tonight.”
Geht mir auch oft so.
Ach, und noch einen. Weil die Hoffnung bekanntlich zuletzt stirbt: Song of good hope.
“Take you time babe, it’s not as bad as it seems” :)))))
Lieber Jens,
was für ein schöner Eintrag heute!
Gute Musik macht er, der Glen Hansard.
Danke Dir.
Schönen Abend und einen guten Start in den neuen Tag morgen.
LG, Danièle
Hi Danièle,
danke. War heute spät dran – Rhythm and Repose:) Ist schön, die Pltte zu hören.
Dir wünsche ich auch einen schönen Abend
Jens
Da war ich doch neugiereig, lieber Jens, was du zu diesem Künstler zu sagen hast. Ich muss gestehen, ich kannte ihn nicht und bin absolut begeistert. 2 Alben sind gekauft! So schön…. Danke für den Tipp! LG Uta
Liebe Uta,
gerne geschehen. Wenn ich die Welt und Glen, Glen und die Welt zusammenbringen kann, mache ich das gerne. Mit meinen Mitteln. Sie wird ein wenig klangvoller, emotionaler, beseelter.
Ich wünsche dir viel Spaß mit ihm – und leih dir mal den Film ONCE.
Liebe Grüße
Jens
Lieber Jens,
ich lese hier schon länger immer mal wieder rein, bin irgendwie durch Zufall hier gelandet, über brigitte woman, vernazza, ich weiß nicht mehr. Schreibe eigentlich nie Kommentare, eigentlich doof, denn ein Blog lebt natürlich durch die Resonanz der Leser und deren Eindrücke. Also deshalb heute doch. Ich danke Ihnen sehr für das Teilhabenlassen an Privatem und Beruflichem in dieser Intensität. Die Ateliergespräche sind auch eine Bereicherung, entdecke ich doch da jemanden wieder den ich kenne und komme wieder mehr ins Gespräch über Kunst. Das hatte ich leider vernachlässigt.
Und jetzt das…Glen Hansard, kenne ich noch aus dem Film “Die Commitments” und ich wußte gar nichts von seiner Musik jetzt. Falling slowly, wunderbarer Song, sehr berührend (fanden meine Kinder auch)….. Die anderen Songs auch. Danke dafür.
Herzliche Grüße von Patricia
Liebe Patrcia,
vielen Dank für den schönen, herzlichen Kommentar. Ich freue mich natürlich immer sehr über neue Gesichter im Blog. Das belebt und zeigt, wie weit fiftyfifty reicht und was der Blog bewirkt. Schön.
Die Kunst hat es mir momentan angetan. Ich habe sie auch vernachlässigt. Familienphase, Haus, Job – alles andere hatte Wert und Wichtigkeit, da ist diese Kunstecke zugestaubt. Dabei ist sie so wichtig, wie ich jetzt spüre.
Glen, ja. Ich kann nur den Film ONCE empfehlen. Low Budget, high Emotion.
Liebe Grüße
Jens
P.S. Ich bitte mal frecherweise das Du an:)
Lieber Jens,
ja gerne “du”. Habe auch noch einen kleinen Musiktipp. Gysbert zu Knyphausen. Singt auf deutsch, ganz schöne Texte und ganz netter Mensch, zumindest auf dem schönen Konzert in diesem Jahr in Köln. Ganz authentisch und bescheiden.
http://www.youtube.com/watch?v=7x4NIPIvkhs
sonnige grüße
Patricia
Liebe Patricia,
danke für das Du und den Tipp. TVnoir, die zaubern wirklich so viele gute Singer-Songwriter aus dem Hut. Schön, freche, eindringliche Texte – wie bei Gysbert zu Knyphausen. Was für ein Name! Authentisch – das ist das Stichwort der Zeit. Das ist so schwierig, wahrhaft authentisch zu sein.
Sonnige Grüße
Jens