Globalisierung. Für eine Hand voll Dollar. Wie funktioniert das mit der Globalisierung? Wo sind die Grenzen? Manchmal verstehe ich es nicht. Seit dem 23. Februar läuft hier eine kleine Story am Rande des Weltgeschehens, die ich euch kurz erzählen möchte.
An dem Tag kam Jim zu mir. Papa. Er sagt das dann immer sehr intensiv, wenn er etwas von mir möchte. Greift meine komplette Aufmerksamkeit. Papa, ich brauche für meinen iPod einen USB-Adapter, damit ich den auch ohne Notebook und PC aufladen kann. Können wir im Netz schauen? Klar. So’ne Vater-Sohn-Sache. Gemeinsam im Netz nach Technik gucken. Nun lesen hier ja fast nur Frauen, aber ich hoffe, ihr könnt dieses Gefühl enger Verbundenheit in Alltagskleinigkeiten nachvollziehen. Männliche Verbundenheit, Wurzeln. Das ist so ein Gefühl. Ach, ihr werdet das kennen. Irgendwie. Egal.
Wir gingen in mein Büro, fuhren die Systeme hoch und bemühten unseren amerikanischen Kooperationspartner Google um einige Antworten. Die Web-Cowboys schossen mal wieder schneller als ihr Schatten und so war die Mutter aller Antworten Zack da: AMAZON. Die halten zusammen wie Pech und Schwefel, diese Amis.
Wir gaben genauer ein was wir suchten und fanden es. Einen „Power Adapter USB Netzteil Ladegerät Power 700 mAh – Highspeed-Energie für Apple iPhone4 3gs 3g Touch Ipod etc.“. Anbieter: finegadgets aus China, Hong Kong. Okidoki. So weit alles schweineeasy und ohne Fragen. Aber dann. Die Bestellung. Warenkorb aktiviert, Passwort eingegeben, bestätigt und ab dafür. Was ich nicht glauben konnte, war der Preis. 2 Euro für das oben beschriebene Teil. Inklusive Versand. Von Hong Kong aus. Kaum hatte ich gedrückt, dachte ich: Never. Wie soll das funktionieren?
Das Teil kam nicht. Logo. Verarsche. Sorry, Jim. Wir hatten es schon abgeschrieben. Klar, idiotisch. Hatte ich meinen Sohn schlecht beraten. Konnte ich dann so nicht auf mir sitzen lassen und ich nahm Kontakt auf mit finegadgets in Hong Kong. Am 7. März schrieb ich eine Mail:
Hallo,
we are wating for this item? What is going on? Are there any problems?
Best Wishes
Jens Schönlau
Und bekam postwendend eine sehr nette Mail:
Dear Jens Schönlau ,
Thanks for your update. I have checked your order, it was sent out on 24th February 2012 by Hongkong Regular Mail without a tracking number ( Since the postage for a tracking number is really high and not included in the price,hope you can kindly understand).
As we are in China, for the long distance, the delivery time is longer than German and usually international shipment will takes about 14-28 business days.
But considering of the crowded traffic sometimes on the way, some items may have some delay . Hope you can kindly understand and can wait more time. Is this acceptable for you ?
Please feel free to directly contact me again if you not received till the estimated time, i promise, we will refund all as you want. Can you accept this solution? Looking foward to your reply. Thanks for your kindness.
Sincerely,
Swallow
Wow! Mann. War das nett. Kindly. 2 Euro. No Problem. Ich kam mir schon schlecht vor. You know. Da bestelle ich so einen Adapter für 2 Euro und der gute Herr Swallow in Hong Kong schreibt mir noch zurück. „Can you accept this solution?“ Ich war ein wenig gerührt ob der Freundlichkeit und schrieb zurück:
Hi,
thanx for the fast answer and detailled desbribing of the process. So we
will wait. It’s absolut O.K.
Best wishes
Jens
And Mr. Swallow antwortete wieder. Wir waren im Begriff, Mailfreunde zu werden:)
Dear Jens,
Thanks for your message. So kindness you are. Please feel free to contact me again if you not received till the estimated time, we will do the promise as we said. Thanks for your time again.
Sincerely,
Swallow
Mehr wollte ich dann auch nicht beanspruchen. Im April nun hatte ich die Lieferung eigentlich abgeschrieben. Nicht, weil ich dem guten Swallow nicht getraut hätte. Nein, weil ich dachte, in 2 Euro kann keine Transportsicherheit sein. Irgendwie ist das Teil verloren gegangen. Und dann. Lag es gestern im Briefkasten. 10. April. Und Jim hat es direkt ausprobiert und es funktioniert. Besser als das Teil seiner Schwester. Behauptet er zumindest. Und ich habe einen Blick von ihm bekommen, der ein wenig Stolz auf seinen Papa verriet. Und so hat diese Story am Rande der Globalisierung ihr Ende genommen.
Was bleibt, ist die Frage: Wie ist das möglich? Das Teil muss produziert werden, zum Händler gebracht, in Amazon eingestellt, verpackt, versendet, abgerechnet werden. Tausend Schritte. Amazon bekommt eine Gebühr. Der Zoll war beteiligt. Für 2 Euro. Allein das Schreiben von zwei Mails. Wahnsinn. Das Schöne für mich: Die netten Worte von Herrn Swallow. Ich weiß, da sitzt irgendwo in Hong Kong ein netter Typ, der Freundlichkeit und Menschlichkeit in die Globalisierung bringt. Und so wachsen wir weiter zusammen und das ist gut so.
Lieber Jens Schönlau,
ihr Männer habt die Technikversiertheit nicht für euch alleine gepachtet. Meine Story: Die so sehr geliebte X-Box meines Sohnes – wurde bereits 1 Mal repariert – hatte so seine kleinen Macken, die mein Sohn beherrschte. Und eines Tages ging nichts mehr. Schlau wie man ist, schaut man ins www und findet eine Anleitung, wie man in diesem Fall das Malheure beheben kann. Ich sage KANN. Die X-Box wurde ganz vorsichtig zerlegt, Staubteilchen wurden vorsichtig mit Wattestäbchen entfernt. Ja, leider wollte die X-Box nicht mehr. Was dann kam, war die langsame Zerstörung der Box. Frustabbau oder Frustaufbau – weiß ich nicht. Das nächste Wochenende war frustrierend. Mein Sohn litt – an Entzug. Ich schlug meinem Sohn vor, im www nach einer gebrauchten X-Box zu schauen. Da erhellten sich seine Gesichtszüge. Und schubdiewupp wurde das gefunden, was der Sohn brauchte: eine gebrauchte X-Box ohne Speicher und Kabelitis. Preis minimal, Sohn hocherfreut. Paket kam, Sohn hat alles zusammengebaut und war happy.
Leider nur für kurze Zeit. Da es sich um ein Gerät der ersten Generation handelte, trat das Problem wieder auf: ÜBERHITZUNG = AUS/ENDE
Und was macht die Mama? Hat ein wachsames Auge auf Preisknüller und die nächste Generation und erhält dafür 1000 Pluspunkte.
So oder so ist das Leben. Es wird nie langweilig.
Aber Deine Geschichte für 2 Euro ist der Reißer!
Regnerische Grüße
Annegret
Liebe Annegret,
keine Frage. Never ever spreche ich von Frauen können keine Technik oder können nicht mit ihren Söhnen und Technik. Ich sprach allein von diesem besonderen Gefühl zwischen Vater und Sohn. Das geht halt nur zwischen Vater und Sohn, weil sie eben Vater und Sohn sind. Dieses besondere, spezielle Gefühl ist reserviert. Ich bin sicher, dass es so ein Gefühl genauso zwischen Mutter und Sohn gibt – auch in bezug auf Technik. Aber ich gehe davon aus, dass es anders ist. Wertfrei:) Aber natürlich sind wir beide Eltern und freuen uns, wenn wir für die Kids was tun und erreichen können. Ist doch super. Egal. Die Story war nach meinem Geschmack. Diese kleinen Nebenstränge des Lebens. I like it. So much.
Herzliche Grüße
Jens
Ja, Väter und Söhne sind schon was Besonderes.
Am Ostersonntag durfte ich folgendes erleben: Mein Sohn battled mit seiner kleines Cousine (8 Jahre). Sie erzählen sich gegenseitig Witze. Ich im Hintergrund: Bitte keine Erwachsenenwitze! Nach den Witzen kommt Raten von Tieren. Und seine kleine Cousine ist schon sehr belesen! Mein jüngerer Bruder, Vater dieses süßen Fratzes, hat nur Mädels Zuhause (2 Töchter). Er hatte meinen Sohn schon längere Zeit nicht mehr gesehen und war sehr beeindruckt von ihm. Ich glaube, er hätte auch gerne einen Sohn gehabt. Irgendwann habe sie sich gekabbelt und miteinander gerungen. Mein Bruder hat gewonnen. Mein Sohn:“ Ich habe mich zurückgehalten. Ich wollte ihm nicht weh tun.“ Es ist schön zu sehen, wenn junge und ältere „Männer“ sich so gut verstehen.
Liebe Annegret,
es ist sehr schön, mit deinem sensiblen Blick in die Welt zu schauen. Manchmal, glaube ich, werden solche Dinge nicht gesehen. Dabei sind es diese Momente, die alles lebenswert machen. Bei aller Emazipation gibt es Dinge, die Männer und die Frauen auszeichnen. Männer fühlen sich anders an, Frauen auch. Und das ist gut so, weil beides besonders ist. Vielen Dank für diese schöne, schöne Geschichte.
Herzliche Grüße
Jens
Ich bin mir nicht sicher, ob „Swallow“ wirklich ein „Herr“ ist … vom Schreiben her klingt das alles sehr feminin. Who knows …
Wie komme ich auf die Idee des Mr. Swallows? Wieso denke ich, da würde ein Mann sitzen? Swallow. Schwalbe. Denke ich nun, sie wäre eine Frau und ihre Eltern hätten ihr den sanften Namen Schwalbe gegeben, dann sehe ich eine komplette Geschichte vor meinen Augen. Ein Leben, einen Weg. Jetzt hätte ich tatsächlich doch sehr gerne ein Foto von Mrs. Swallow, um die Geschichte weiterzuspinnen. Yes, who knows. You never know. It’s all incredible:)
Das ist wirklich eine tolle Geschichte! Globalisierung, die Spaß macht.
LG, Micha
Hi Micha,
einfach verrückt.
Liebe Grüße
Jens