Ja:)
Es geht voran und es geht aufwärts. Hinter mir liegen Tage, die sich das Prädikat außerordentlich tatsächlich verdient haben. Von Wochen könnte ich sprechen, von Monaten reden. Also dieses Jahr 2016 hatte ich mir ganz anders vorgestellt.
Nun, ich zitiere meinen geliebten Papa Rolf: Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. So in etwa ist das gelaufen. Überraschung. Nun finde ich mich also an einem 3. August 2016 wieder und tatsächlich kann ich kaum sagen, weshalb es plötzlich August ist. Und weshalb ist mein Zimmer leer? Nur noch Werkzeug, Leiter, Matratze?
3x schlafen. 2x räumen.
Seit Freitag habe ich Urlaub. Frank rief Freitagnachmittag an, ob ich noch könnte. Ein paar Zeilen, 200 g Text fein geschnitten. Keine Beilagen. Ich wollte nicht mehr. Am Morgen hatte ich mich durch einen Text über DIN-Normen gehangelt. Mit zwei Expertengesprächen als Briefing. Live und am Telefon. Per Mail waren zuvor Abhandlungen gekommen, ich hätte Krieg & Frieden reloaded schreiben können. O.K. Meine innere Stimme sagte was von Professionalität und Quäl dich, du Sau, was ich dann auch tat. Intensiv. Als Texter muss man zwingend masochistisches Potenzial haben. Manchmal. Ich fuhr auf der Felge, ging auf dem Zahnfleisch. Vielleicht habe ich ein wenig geflucht. Nein. Oder?
Abends war ich dann auf einem Geburtstag direkt nebenan. Bis in die Nacht. Am nächsten Tag auf einer Hochzeit im Sauerland. Auf einer katholischen Hochzeit im Sauerland. Auf der Mutter aller Hochzeiten. War die schön! In Weiß, in der Kirche. Mit einer Sängerin und einem Sänger. Und einem Pfarrer, der eine so schöne Stimme hat. Jochen Andreas. Es wurde eine Karnevalslied gesungen, weil sich Schmidti und Anne Karneval kennengelernt haben. Die Kirche war beseelt. Und als Buddhist muss ich sagen, das hätte niemand besser, schöner, freudvoller machen können. Und dann wurde gefeiert in einer Scheune mitten im Grünen. Und die Sonne schien, später spielte eine Band, Wunderkerzen wurden zum Brautpaartanz gezündet.
Und Sonntag dann hier die Verabschiedung im Dorf. Mit Amelie, Stefan und ihren Kindern, die hier demnächst die Schule beleben werden, haben wir gemeinsam die Nachbarschaft eingeladen. Vor 18 Jahren haben wir das auch getan. Weil es geregnet hat, sind wir in die Feuerwehr ausgewichen. Alex hat die Autos rausgefahren, Viveka und ich haben die Bänke und Tische der Dorfgemeinschaft aus dem Blockhaus geholt. Kuchen wurde mitgebracht, der Tisch war reichlich gedeckt, Reden wurden gehalten, Geschenke gab es und Tränen sind geflossen, nicht zu knapp. Solche, die man sehen kann, und solche, die wie Regenschauer auf die Seele trommeln.
Seit Montag packe ich. Viveka war bis heute Früh hier und hat mir geholfen. Alles habe ich gekauft. Kartons, Luftpolsterfolie, Verpackungsvlies, Klebeband. Erst das Büro, um Platz für die Kisten vom Speicher zu schaffen. Dann den Speicher. Heute mein Zimmer. Alles raus. Nur noch die Matratze. Das Feuerlöscher-Bild von der Wand, die Lampe von der Decke, mit Max die Klamottenblechschränke rausgetragen. In den letzten Tagen betreibe ich ein intensives Fitnesstraining. Treppe rauf, Treppe runter. Und dann den alten Ofen vorgnommen. Komplett auseinander gebaut. Tonnen alter Asche weggesaugt. Die Einzelteile, das Innenleben, die Speichersteine schwer wie Sau. Steht jetzt schon in Mühlhausen, im neuen Haus.
Ja, ich habe ein Haus verkauft und ein Haus gekauft. Ab Samstag habe ich eine neue Adresse. Jetzt freue ich mich drauf, weil das Alte einen guten Schluss gefunden hat und ich nun auch nicht ewig jammern kann. Dienstag-Abend habe ich eine Karte für Damien Rice in Köln und hole das Konzert nach, das ich in Paris verpasst habe. Damals. Ich hatte eine Karte 2012, aber keine Zeit. Ein Job am nächsten Morgen. Ich wäre nach Paris gekommen, aber nicht pünktlich zurück. Das Schicksal macht manchmal Geschenke. Dienstag-Abend vor der Haustür. Bis Köln sind es jetzt nur noch unter 50 Kilometer. Man muss auch das Gute sehen…
Und dann: Ab nach Frankreich. In den Süden mit Zoe, Max und Viveka. Ela leiht uns ihren Kombi. Süd-Frankreich ohne eine Ahnung, wo es hingeht. Is mir egal. Hauptsache raus. Meer, Sonne, Rotwein, Kaffee, Baguette. Wir schmeißen unsere Zelt hinten rein und dann: Abenteuer oder Hauptsache, es macht Spaß. Arsch lecken. Sind dann mal weg.
Das Gröbste ist geschafft, habe keine Lust mehr, traurig zu sein und so nimmt die Zukunft ihren Lauf. Allmählich kommen die Ideen für das neue Haus. Bislang habe ich es einfach nur gekauft und ansonsten ignoriert. Das ändert sich jetzt. Ich habe einen neuen Schlüssel und hinter der Tür, die ich damit aufschließe, wartet ein neues Leben.
Lieber Jens,
ich wünsche Dir wunderbare Fereintage!
Liebe Grüsse
Danièle
Liebe Danièle,
herzlichen Dank. Vom neuen Haus aus geht es heute nach Frankreich.
Viele, viele, viele Grüße
Jens